Mein abenteuerliches Leben auf der Calypso (eBook)

Erinnerungen eines modernen Odysseus
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2016 | 1. Auflage
366 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-561288-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Mein abenteuerliches Leben auf der Calypso -  Albert Falco,  Yves Paccalet
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Wer Jacques Cousteau und seine «Calypso» kennt, der kennt Falco - den Cheftaucher, Kapitän, Entdecker, die Seele der Mannschaft. Ohne ihn wären Jahrzehnte moderner Meeresforschung undenkbar. Seine Lebensgeschichte ist buchstäblich weltumspannend. Mit der gelassenen Selbstsicherheit des Profis nimmt er den Leser mit auf seine Odyssee, führt ihn durch einen Strom von Abenteuern und Entdeckungen, von Begegnungen und Erfahrungen, die für viele ein Traum bleiben werden. (Dieser Text bezieht sich auf eine frühere Ausgabe.)

Albert Falco (1927-2012) kam gewissermaßen mit Schwimmhäuten auf die Welt; schon als kleiner Junge war er ein Wasserfan, der bald mit seinem Vater hinaus aufs Meer fuhr und der fast so früh schwimmen und tauchen konnte wie laufen.Falcos Leidenschaft wird zum Beruf, als 1952 ein merkwürdig aussehendes Schiff in Marseille vor Anker geht - die «Calypso», das Forschungsschiff von Jacques Cousteau. Er sucht Taucher, Falco wird engagiert und ist bald Cheftaucher.Der «Mann des Meeres», den seine Freunde den «menschlichen Delphin» nennen, befährt die Weltmeere von der Karibik bis Alaska, vom Indischen Ozean bis in die Antarktis. Er wird zum Unterwasserforscher, dreht den berühmten Film «Die schweigende Welt», wird Kapitän der «Calypso». Erst sein unermüdlicher Einsatz macht die wissenschaftliche Arbeit an Bord des Forschungsschiffes möglich.

Albert Falco (1927–2012) kam gewissermaßen mit Schwimmhäuten auf die Welt; schon als kleiner Junge war er ein Wasserfan, der bald mit seinem Vater hinaus aufs Meer fuhr und der fast so früh schwimmen und tauchen konnte wie laufen. Falcos Leidenschaft wird zum Beruf, als 1952 ein merkwürdig aussehendes Schiff in Marseille vor Anker geht – die «Calypso», das Forschungsschiff von Jacques Cousteau. Er sucht Taucher, Falco wird engagiert und ist bald Cheftaucher. Der «Mann des Meeres», den seine Freunde den «menschlichen Delphin» nennen, befährt die Weltmeere von der Karibik bis Alaska, vom Indischen Ozean bis in die Antarktis. Er wird zum Unterwasserforscher, dreht den berühmten Film «Die schweigende Welt», wird Kapitän der «Calypso». Erst sein unermüdlicher Einsatz macht die wissenschaftliche Arbeit an Bord des Forschungsschiffes möglich.

Prolog – Sonnenaufgang in Tahiti


Verdorbenes Neu-Kythera

Ich werde sechzig!

Mannschaftsgeist

Abenteuerfahrt um die Welt

Der Pascha vertraut mir

 

 

 

Der Wachhabende trägt das Datum vom 17. Oktober 1987 ins Logbuch ein.

Er vermerkt die Beobachtungen der Nacht, unterschreibt und kommt mich in meiner Kabine wecken.

«Kapitän, es ist 5 Uhr!»

Ich springe aus meiner Koje, schlüpfe in Shorts und ein Matrosenhemd. Auf der Brücke überprüfe ich die Position des Schiffs, wie ich es immer mache. Und ich betrachte den Sonnenaufgang, meine Belohnung.

Seit fünfunddreißig Jahren auf der Calypso habe ich keinen Sonnenaufgang verpaßt. Auch nicht bei Regen, Nebel oder Schnee. Ich begrüße schöne Dinge gern, wenn sie anfangen … Bei einer gelungenen Vorstellung nimmt der Himmel märchenhafte Farben an, eine Mischung aus Gold, Rot und Violett. Seemöwen oder Albatrosse kreisen stumm vor dieser Kulisse. Am 17. Oktober 1987 findet diese Morgendämmerung vor einer berühmten Insel statt, einer Insel der Träume. Im achtzehnten Jahrhundert hatte sie der große Entdecker Louis Antoine de Bougainville «Neu-Kythera» getauft. Tahiti …

Ich habe Dutzende von Inselgruppen vom Mittelmeer bis zur Karibik, von der Antarktis bis zum Indischen Ozean besucht. Tahiti seltsamerweise bisher noch nicht. Auch für mich wird damit ein Traum wahr. Die Szenerie ist großartig: Nur die Natur, diese unübertroffene Künstlerin, kann diesen gelben Himmel und dieses dunkelblaue Meer mit diesem Saum von Kokospalmen am Horizont wagen.

Ich verstehe, was es für die Seefahrer der Aufklärung bedeutet hat, in dieses Paradies zu geraten. Es war ein Schock. Ein Augenblick, in dem sie von Gefühlen überwältigt wurden.

Heute ist Tahiti noch immer schön – aber nur von weitem. Kommt man der Hauptstadt Papeete (neunzigtausend Einwohner) näher, schwindet der Zauber. Motorboote tuckern, Autofähren stampfen, Flugzeuge brummen. Die türkisfarbene Lagune, in der früher goldglänzende Fische schwammen, ist verödet. Zu viele Fischer. Zu viele Touristen. Zu viele Unterwasserjäger. Zu viele Häuser und zu viele Straßen. Die Utopie geht unter im Fauchen von Düsenturbinen, in Ölschlieren und im Geknatter von Außenbordmotoren. Außenborder haben die gemächlichen und eleganten Auslegerpirogen ersetzt, die von braunhäutigen Athleten gerudert wurden und in denen Frauen mit blauschwarzem Haar mit einer Tiarablüte saßen. Von diesem Zauber ist nur noch der Duft der Jasminbäume und der Nachthyazinthen geblieben, der mit dem Wind heranweht …

Im Papeete verliert sich das Bild eines Gartens Eden im Rauch der Schornsteine, in den Auslagen der Souvenirläden und in den Gossen, die überquellen von Bierdosen und Plastikflaschen. Selbst die Parks mit ihrer üppigen Vegetation sind von der Zivilisation geschädigt. Alles ist verdorben. Wie ein kaputtes Spielzeug.

In Tahiti ist nicht der Mensch aus dem Paradies auf Erden vertrieben worden, sondern er selber hat das Paradies ausgetrieben.

Mir sind die Marquesas-Inseln lieber, wo wir gerade herkommen. Sie sind von den Menschen noch nicht so verdorben. Ich liebe sie wegen ihrer herben Großartigkeit. Paul Gauguin und Jacques Brel haben diesen wilden Archipel gemalt, beschrieben oder besungen, diese steil aus dem Meer aufragenden Berge, wo die Wogen des Ozeans sich an schwarzer Lava brechen. Dort war ihre Suche nach dem Absoluten von Erfolg gekrönt; dort hat sich ihr Schicksal vollendet, und dort haben sie ihre letzte Ruhe gefunden.

Die Marquesas sind weder freundlich noch sanft. Sie sind anspruchsvoll. Aber es lohnt sich, hinzufahren. Alles dort erinnert an die wagemutige polynesische Kultur, die seit dem zweiten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung Seefahrer auf ihren zerbrechlichen Pirogen in die unendliche Weite des Pazifiks sandte. Ich gedenke dieser Männer, Frauen, Kinder, die Tausende Meilen auf unbekanntem Meer zurücklegten, Stürme, Durst, Hunger ertrugen, zu Hunderten umkamen, aber schließlich alle bewohnbaren Gestade des großen Ozeans besiedelten – bis hin zu Neuseeland und zur Osterinsel.

Ich befehlige das Anlegemanöver. Die Calypso macht fest. Ich gehe zurück in meine Koje, traurig und enttäuscht. Ich sehne mich zurück nach der wilden Schönheit der Marquesas, wo wir zwei Monate verbracht haben. Gern würde ich die ursprüngliche Schönheit von Neu-Kythera kennenlernen; aber Neu-Kythera ist nur noch eine schwache Erinnerung alter Tahiter. Heute setzen die berühmten Polynesierinnen ihre Waschmaschine in Gang und kaufen im Supermarkt ein. Und die braunhäutigen Athleten, die einst das Paddel schwangen, arbeiten in den Ämtern des Verteidigungsministeriums und bereiten den nächsten Atomversuch auf Mururoa vor.

Ich strecke mich auf meiner Koje aus und lasse die Gedanken wandern. Gitarrenakkorde wecken mich aus meiner Träumerei. Ich nehme den Niedergang und eile den Backbord-Laufgang entlang. Ein kurzer Blick in die Offiziersmesse.

Die Mannschaft erwartet mich schon. Als ich eintrete, schmettert der Chor der Calypso (musikalisch mit Vorsicht zu genießen, aber welche Inbrunst!) ein lautes Geburtstagslied.

Simone Cousteau (Madame Cousteau, «la Bergère», die Hüterin, wie wir sie alle nennen) leitet die Zeremonie. Eine bewundernswürdige Frau, deren Bescheidenheit und Diskretion nur noch von ihrer Courage übertroffen werden. Seit den ersten Einsätzen des Schiffes hat sie mehr Zeit auf der Calypso verbracht als ihr berühmter Mann. Sie ist die einzige Seemannsbraut, die auf hoher See auf ihren Mann wartet!

Sie ist Mutter, Großmutter, Freundin und Vertraute der Mannschaft. Sie hört den Männern zu. Sie rät ihnen. Sie macht ihnen Mut, wenn der Einsatz schwierig wird und die Moral nachläßt. Sie will immer genau wissen, ob sie von ihrer Frau, ihrer Braut, ihren Kindern oder Angehörigen gehört haben. Und sie versucht darauf zu achten, daß diese Trennung nicht zu viele Probleme aufwirft. (Es sind weiß Gott allerhand Probleme!) Sie hat alles im Blick.

Noch nie hat sie einen Geburtstag vergessen. Zu meinen Ehren hat sie ein großartiges tahitisches Essen ausgerichtet: gebratenes Ferkel, Riesenkürbis, roher Fisch mit Zitrone, Brotfrüchte, gedämpfte Bananen und Bananen in Gelee.

Auf dem Zuckergußkuchen brennen sechzig Kerzen, die ich ausblasen muß.

Sechzig Jahre!

Ich werde in Tahiti sechzig …

Die Stimmung ist herzlich, ein wenig wegen des Champagners, aber zum großen Teil ob der Freundschaft, die mir meine Gefährten bezeugen. Jeder bringt einen kurzen Glückwunsch an, manchmal ungeschickt, aber immer voller Gefühl. Da schlägt das Herz des abgebrühtesten Seebären schneller … Mir fällt ein, welches Glück ich doch habe, auf eine solche Gruppe zählen zu können. Zusammengeschmiedet. Verantwortungssicher. Der Risiken und Gefahren bewußt, denen sie sich stellen müssen, um den Titel Forscher zu verdienen. Sich klar darüber, welches Privileg ihr Beruf ist, der sie zu Weltreisen verpflichtet – dort hinzufahren, wo niemand sonst hinkommt.

Diesen Geist brennender Neugier, diesen Wissensdurst hat Kommandant Cousteau Einsatz für Einsatz hervorgelockt. Er hat ihn sich nicht nur gewünscht, sondern ihn auch in den schlimmsten Zeiten aktiv gefördert, indem er selbst Vorbild war. Ich habe immer danach gestrebt, dem Vorbild des Paschas gerecht zu werden – JYC, wie wir ihn nach seinen Anfangsbuchstaben nennen. Wie Jacques-Yves Cousteau versuche ich, neuen Generationen von Matrosen, Mechanikern, Funkern, Filmemachern und Tauchern Abenteuer und Erkenntnisgewinnung schmackhaft zu machen.

Das Geburtstagsfest geht zu Ende. Ich bin wieder allein in meiner Kajüte, die Arme voller Geschenke. Ich setze mich auf meine Seemannskiste.

Sechzig Jahre! Ein Wendepunkt … Vielleicht der richtige Moment, in mich selbst einzutauchen – nachdem ich so oft ins Meer getaucht bin. Der Moment, einen Blick auf meine Vergangenheit zu werfen – meinen Lebenslauf unnachsichtig zu mustern.

Ich überlege, wie sehr mir doch das Glück gelacht hat: Mit zwanzig Jahren hatte ich nichts – weder eine reiche Familie noch eine glänzende Ausbildung, noch besondere Eigenschaften (außer vielleicht der Fähigkeit, wie ein Fisch zu schwimmen). Ich war nur ein junger Marseiller, ohne Sorgen oder Ehrgeiz – voll Liebe zur Natur und zum Wasser, gewiß, und erfüllt von der Sehnsucht, auf große Fahrt zu gehen.

Doch das Leben hat mir so viel mehr beschert! Viel mehr als alles, was ich mir in den wildesten Kindheitsträumen dachte … Es hat mir das Meer geschenkt – das ganze Meer, von den Polen bis zum Äquator, von der Oberfläche bis zu den tiefsten Abgründen. Die Schönheit der Welt. Sonne und Eis. Sümpfe und Korallen. Wüsten und Wälder. Kleines und Großes – Plankton und Wale. Üppigkeit und Vielfalt …

Ich habe tausend verborgene Orte gesehen. Ich habe auf so viel jungfräuliches Festland meinen Fuß gesetzt und in so vielen jungfräulichen Gewässern mit meinen Flossen gepaddelt … Ich habe alle diese Reichtümer genossen, zunächst als einfacher Matrose und Taucher, dann als Cheftaucher und Einsatzleiter, schließlich als Kapitän der Calypso – als alleiniger Herr an Bord nach Gott (und dem Pascha, wenn er da ist).

Ein Schicksal, das sich sogar mein Vater für mich nicht zu erträumen gewagt hätte, als er mich mitnahm, seine Welt zu erforschen – die kleinen Buchten von Marseille: Sormiou, En-Vau,...

Erscheint lt. Verlag 15.8.2016
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Geisteswissenschaften Geschichte Allgemeines / Lexika
Schlagworte Autobiographie • Besatzung • Expedition • Forschungsschiff • Jacques Cousteau • Lebensgeschiche • Seereise
ISBN-10 3-10-561288-2 / 3105612882
ISBN-13 978-3-10-561288-0 / 9783105612880
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