Schulwege - Lebenswege - Schule in Langenhagen II -  Hans-Jürgen Jagau

Schulwege - Lebenswege - Schule in Langenhagen II (eBook)

Kaltenweide und Wagenzelle Altenhorst und 'Seestädte' Brink - Engelbostel und Schulenburg - Godshorn
eBook Download: EPUB
2016 | 1. Auflage
156 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7412-4339-4 (ISBN)
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Diese Schulgeschichte des ehemaligen Calenberger Amts Langenhagen habe ich zunächst aus praktischen Gründen in zwei Bücher geteilt. Die Aufteilung richtet sich im Kern nach den betroffenen Ortschaften. Regionale Besonderheiten, etwa bei den Kleinstschulen der 'Seestädte' können so besser berücksichtigt werden. Außerdem wird man herausfinden, dass in jedem Teil beider Bände spezielle historische Aspekte herausgestellt werden. Die oft sehr spezifischen Langenhagener Dokumente erlauben nebenbei Einsichten in den allgemeinen Lauf der Geschichte. Das erfreut historisch Interessierte. Im Text treten einige sehr menschliche Geschichten zutage. Sie sollen heutigen Bürgern dieser Stadt verständnisvolles Lächeln entlocken.

Geboren 25.09.1946, seitdem wohnhaft in Langenhagen, Walsroder Str. 199. Abitur - Berufsausbildung - Studium. Von 1972 - 1979 als Berufsschullehrer tätig, danach Fachleiter für Politik im Studienseminar für das Lehramt an berufsbildenden Schulen in Hildesheim. Von 1989 - 2008 als dessen Leiter tätig. Vielfache ehrenamtliche Aktivitäten neben der Verwaltung meines landwirtschaftlichen Betriebs sowie praktischer Forstwirtschaft. Publikationen in Lehrbüchern, Fachzeitschriften und zuletzt im Bereich der Lokalgeschichte des vormaligen Amts Langenhagen.

Der Altenhorster Reihetisch


Nun waren nicht nur die Einwohner der Dörfer Kaltenweide und Wagenzelle beharrliche Niedersachsen, auch in Oldenhorst, heute Altenhorst, wollte man nicht von der eigenen Zwergschule lassen. Schon 1768 lehnten die Einwohner – wie im ersten Teil dieser Schulgeschichte berichtet – den Vorschlag des Pastors aus Langenhagen einhellig ab, dass ihre Kinder zur Schule in Kaltenweide gehen sollten. Für die Altenhorster war diese Entscheidung leicht zu fällen. Die beteiligten Schulmeister hingegen mochten sie anders beurteilen. Da es im Dorf nur wenige Höfe gab, war die Schulstelle nämlich entsprechend klein und kümmerlich dotiert.

Im Jahr 1782 arbeitete der bereits erwähnte Hans Jasper Petersen seit 5 Jahren als Schulmeister in Altenhorst. Zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre alt, hatte er dort 1777 im Alter von 20 Jahren angefangen. Neun Kinder waren wöchentlich wechselnd der Reihe nach auf den Höfen zu unterrichten. Dafür erhielt Petersen jeweils 9 Mariengroschen Schulgeld, was in der Summe geringe 2 Reichstaler und 17 Mariengroschen für ein Vierteljahr ergab. Essen erhielt der Lehrer ebenfalls der Reihe nach auf einem der Höfe. Diese damals verbreitete Regelung nannte man „Reihetisch“. Über seine Schlafgelegenheit wurde nichts berichtet, wahrscheinlich nutzte er eine Bettstatt mit Strohsack in der jeweiligen Knechtekammer. Im Sommer fiel der Unterricht wie in Kaltenweide aus, da war er dann drei Mal „auff dem Seminario17. Ohne Unterstützung anderer hätte er in dieser Zeit weder Nahrung noch Unterkunft gehabt. So verwundert es nicht, dass Petersen von der Altenhorster Schulmeisterstelle so schnell wie möglich fortkommen wollte. Seine Vorgänger und Nachfolger hielten es ebenso. Am 4. September 1782 wurde Petersen auf die freie Stelle in Kaltenweide versetzt. Die besseren Einkünfte dort konnte er jedoch nicht lange genießen. Wie berichtet, erkrankte Petersen und verstarb.

Ab 1790 bemühte sich das Konsistorium als Schulbehörde um Verbesserung der geringen Schulstellen. Sie sollte zunächst durch „Ausweisung von Land“ erfolgen. Die Schulmeister konnten dann selbst etwas für Ihre „Nahrung“ gewinnen, mussten allerdings die ihnen zugeteilten, in der Regel sehr mageren Flächen, erst richtig urbar machen und natürlich selbst bewirtschaften. Infolgedessen ließen manche ihre Schüler mitunter einen kleinen Ausflug machen, der hauptsächlich Unkrautzupfen auf dem Acker des Lehrers zum Endzweck hatte. Darüber waren die Eltern keineswegs froh, denn das sollten ihre Kinder gewinnbringender auf den eigenen Feldern erledigen. Dahingehende Beschwerden wurden oben im Fall des Lehrers Schmedes bereits angedeutet.

Zurück zur Ortschaft Altenhorst, deren Schulstelle als besonders „mager“ und verbesserungsbedürftig galt. Seitens des Konsistoriums wurde „Verbesserung durch Landzuweisung“ vorgeschlagen und um Bericht gebeten. Am 11. Dezember 1791 schrieb der Altenhorster Schulmeister Dannebergk deshalb illusionslos:

»Verbesserung kann aus folgenden Gründen nicht geschehen; erstlich gehören noch andere Dörfer (Randbemerkung: Kaltenweide, Twenge, Maspe, Hainhaus) zu der Hude und Weide, zweitens würde dem Schulmeister mit Ackerland oder einer Wiese nichts geholfen seyn, weil er kein eigenes Hauß hat, da er die Früchte laßen könnte, und im Sommer gar nicht zur Altenhorst bleibt. Zu einer Verbesserung des Dienstes durch Geld werden die Einwohner den Schulmeister auch nicht verstehen, weil nur 5 bis 6 Kinder da sind, und den Schulmeister täglich speisen müssen, dieses ist, was ich zum theil von den Einwohnern selbst vernommen habe

Schulmeister Dannebergk dürfte die Meinung der Einwohner richtig getroffen haben. Aus ihrer Sicht genügte es vollkommen, wenn der Lehrer ihrer Kinder in der Zeit von Michaelis (29. September) bis Ostern Unterkunft, Kost und etwas Schulgeld erhielt. Das übrige Halbjahr hindurch mochte er sehen, wie er zurechtkam. Wenn er noch kräftig war und die Arbeit kannte, wäre ja Dienst als „veritabler Ackerknecht“ [s. o.] möglich. Für den Schulmeister wäre das nicht einmal „schlecht“ gewesen, denn ein Knecht hatte feste Unterkunft, Verpflegung und mäßigen Lohn. Der Lehrer musste dagegen von Woche zu Woche Tisch und Bett bzw. Strohsack wechseln.

Allzu lange verblieb Dannebergk nicht auf seinem wenig verlockenden Posten. Im Jahr 1796 bestellte man den Schulmeister Heuer auf die Altenhorster Stelle. Davon ist eine handschriftliche Urkunde des „Königlich Großbritannischen und Churfürstlichen Consistoriums“ vom 6. Dezember erhalten geblieben. Die „Confirmation“ [Bestätigung der Einstellung] erfolgte jedoch unter der Bedingung, dass er sich wegen seiner Aufnahme in das „Schulmeister Seminarium“ an dessen Inspektion wende. Man wollte sogar die Zwergschule in Altenhorst mit einem einigermaßen vorgebildeten Lehrer versorgen.

Heuer hielt nicht lange durch. Wahrscheinlich hatte er die Möglichkeit, auf eine besser dotierte Stelle zu wechseln. Im Jahr 1800 kam Schulmeister Münkel nach Altenhorst. Sein Lebenslauf in den Bewerbungsunterlagen ist recht aufschlussreich für Herkunft und Verhältnisse eines Dorflehrers zu dieser Zeit. Deshalb gebe ich ihn hier wortgetreu wieder:

»Lebenslauf Gottfried Ludwig Münkel

Ich bin im Jahre 1784 den 7ten May in Langenhagen gebohren, und den 12ten desselben Monaths daselbst getauft, wobey ich genannt worden bin Gottfried Ludwig. Mein Vater ist der jetzige Licentschreiber allhier Namens Johann Friedrich gebürtig aus einem Meierhofe hierselbst. Die Mutter ist eine gebohrene Hoppenstedt, dessen Vater auch hierselbst Gogräfe gewesen ist.

Ich bin der fünfte von 9 meiner Geschwister, wovon schon die beiden ältesten Brüder gestorben sind.

Sobald ich nur so weit herangewachsen war schickte mich mein Vater nach der Kircher Knaben=Schule, woselbst ich von dem damaligen Organist Gelbke der jetzt wieder zu Engelbostel als Organist angesetzt ist, unterrichtet wurde bis zu meiner Confirmation nemlich Ostern 1798.

Zwey halbe Jahre (als jedes Mal von Michaelis bis Ostern) vor meiner Confirmation habe ich im Christenthum Unterricht von den damaligen Herrn Pastor Hölscher erhalten, welcher verwichenen Johanni nach Heiligenrode versetzt ist.

Im Jahre 1798 gleich nach Michaelis wurde die hiesige Kircher Knaben=Schule, mit den zu Kirchwehren gestandenen Organist Schwiening wieder besetzt, bey welchem ich Privatstunden in schreiben und rechnen nahm, und auch dessen Schulunterricht sowohl den Vormittag als Nachmittag mit beywohnte. Da nun mit den Jahren auch mein Verstand sich bereicherte, so dachte ich über meine künftige Bestimmung nach, und hatte Neigung, ohne daß ich dazu von jemand verleitet wurde, ein Schullehrer zu werden; welches ich gegen meine Aeltern äußerte. Mein Vater ging gleich darauf nach meinem damaligen Lehrer, den Organist Schwiening, um selbigen meinen Wunsch zu offenbaren, und um guten Rath bey demselben wegen des wichtigen Schritts den ich zu machen gewillt sey, zu fragen, welcher meinen Vater auch gesagt hatte, wenn ich große Neigung dazu hätte so möchte er mir nicht zuwider seyn, wollte aber als dann wohl rathen, daß ich das Clavierspielen zu lernen anfinge, den Tag darauf wie ich mich wieder zu dem Unterricht bei dem Organist Schwiening einfand, sagte derselbe, er habe gehört, daß ich Neigung hätte Schullehrer zu werden, möchte aber doch ja überlegen, daß ein sehr wichtiges und schweres Amt sey, und daß dazu besondere Anlagen erforderlich wären, denn es wäre nicht allein genug die gehörigen Kenntnisse in dieser Sache zu haben, sondern es erfordere auch große Geduld, Liebe und Sanftmuth gegen die untergebenen Kinder.

Da ich demselben zu verstehen gab, daß ich bey Anhörung des Schulunterrichts jetzt da ich zu reiferem Verstande gekommen wäre, selbst wohl eingesehen hätte, daß alles dasjenige das dazu erforderlich sey, ich es aber ohngeachtet Kinder zu unterrichten für mein liebstes Geschäft hielte, so müßte ich den Anfang im Klavierspielen machen, welches ich auch bis jetzt fortgesetzt habe.

Im Jahr 1800 erhielt ich die Erlaubniß ein Vierteljahr: als von Weihnachten bis Ostern das Seminarium zu besuchen, wo hin ich mich bemühete meine wenigen Kenntnisse, so viel wie möglich zu vermehren, habe auch bey den damaligen Abgange von Seminarium, das erhaltene Zeugniß an eure Hochwürden gehorsamst abgegeben. Nach dem Abgange von Seminarium nemlich diesen vergangenen Sommer habe ich den Schulunterricht des Organisten Schwiening so oft als möglich besucht, selbiger hat mir auch einigemahl erlaubt, bey geringer Anzahl der Kinder in Gegenwart seiner selbst zu unterrichten, mich auch bemühet bey desselben Unterricht in Musik und anderen nützlichen Kenntnissen zuzunehmen.

Das wäre nun alles was ich Eure Hochwürden auf dero hohen Befehl von meinem Lebenslaufe mit wenigen in aller Unterthänigkeit habe anzeigen sollen und wünsche, daß ich es zu...

Erscheint lt. Verlag 2.6.2016
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Geschichte
ISBN-10 3-7412-4339-6 / 3741243396
ISBN-13 978-3-7412-4339-4 / 9783741243394
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