Die Vorsokratiker (eBook)

Matthias Hackemann (Herausgeber)

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2016
160 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-7306-9133-5 (ISBN)

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Die Vorsokratiker -
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Mit den 'Vorsokratikern' beginnt in Griechenland die Philosophie: Nicht mehr der Mythos, sondern der Logos, die Vernunft gibt nun Antworten auf die immer tiefgründigeren Fragen nach dem Sein der Welt. Der Band vereint die fundamentalen Gedanken, Erkenntnisse und Aussprüche der großen vorsokratischen Philosophen des 7. bis 5. Jahrhunderts v. Chr.: von Thales, Pythagoras und Heraklit bis Parmenides, Zenon und Demokrit.

THALES


Zur Person

Apollodor schreibt in seiner Chronik, dass Thales im ersten Jahr der 39. Olympiade [624/623 v. Chr.] geboren und mit 78 Jahren gestorben sei. Sein Tod sei nämlich in die 58. Olympiade gefallen [548–544], und gelebt habe er zur Zeit des Krösus. Diesem soll er auch versprochen haben, den Halys ohne Brükke überqueren zu können, indem er [Thales] den Fluss umleiten würde.

(Diogenes Laertios I 37 = DK 11 A 1)

Das Todesjahr lässt sich also auf 546/545 v. Chr. datieren.

Wie Herodot, Duris und Demokrit vermerken, entstammte Thales als Sohn des Examyos und der Kleobouline dem phönizischen Geschlecht der Theliden: einer hochadligen Linie, die sich auf Kadmos und Agenor zurückführte. […] Die meisten sagen indes, dass Thales vollbürtiger Milesier aus einer angesehenen Familie war.

(Diogenes Laertios I 22 = DK 11 A 1)

Die Nachricht von Thales’ phönizischen Wurzeln geht wahrscheinlich einerseits darauf zurück, dass sich Kadmeer aus Böotien in den ionischen Küstenstädten angesiedelt hatten, und ist andererseits durch orientalische und speziell phönizische Parallelen in seinen naturphilosophischen Erkenntnissen motiviert.

Kosmogonie und Kosmologie

Von den frühesten Philosophen waren die meisten der Ansicht, dass die einzigen Prinzipien für alle Dinge Prinzipien stofflicher Art seien. Denn das, woraus das Seiende in seiner Gänze besteht, woraus es im Anfang geworden ist und worin es schließlich verschwindet – sein Wesen verweilt dabei, seine Eigenschaften verändern sich aber –, das also stellt ihrer Überzeugung nach Urstoff und Prinzip alles Seienden dar. Infolgedessen meinen sie, dass nichts schlechthin entstehe oder vergehe, da eine derartige Natur ja ewig erhalten werde. […] Unabdingbar gibt es nämlich eine Natur, entweder genau eine oder mehrere, gemäß welcher alles Übrige entsteht, während die Natur selbst bestehen bleibt. Hinsichtlich Menge und Art eines derartigen Prinzips sagen sie allerdings nicht alle dasselbe.Vielmehr behauptet Thales, der Urheber dieser Art von Philosophie, dass Wasser das Prinzip sei: Deshalb erklärt er auch, die Erde existiere auf der Grundlage von Wasser.

(Aristoteles, Met. Α3,983b6–20 = DK 11 A 12)

Es heißt, dass Thales von Milet, einer der Sieben Weisen, sich als Erster mit Naturphilosophie beschäftigt habe. Ihm zufolge ist Ursprung und Ende von allem das Wasser. Aus diesem nämlich bestehe alles, durch Verfestigung und erneutes Zerfließen. Auch schwimme alles auf Wasser, wodurch unter anderem die Erdbeben, die dichten Sturmfronten und das Wandern der Gestirne zustande kämen. Alles werde getragen und befinde sich im Fluss, denn es harmoniere mit der Natur des ersten Urhebers seines Werdens. Dieser aber, der weder Anfang noch Ende habe, sei Gott.

(Hippolytos, Ref. I 1)

Thales […] behauptet, die Erde werde von Wasser getragen, und zwar schwimme sie darauf wie ein Schiff. Wenn man sagt, dass sie bebt, schwanke sie in Wirklichkeit durch die Bewegung des Wassers.

(Seneca, Quaest. nat. III 14 = DK 11 A 15)

Andere behaupten, dass sie [die Erde] auf Wasser ruhe. Diese Lehre ist die älteste, die auf uns gekommen ist: Thales von Milet soll sie formuliert haben, weil die Erde schwimme und folglich so wie Holz oder irgendetwas Ähnliches ruhe (denn auch solche Dinge können nicht auf Luft, wohl aber auf Wasser ruhen).

(Aristoteles, de caelo Β13,294a28 f. = DK 11 A 14)

Anhand der Quellen kann nicht mit Sicherheit geklärt werden, ob Thales lediglich der Ansicht gewesen ist, alles sei einmal aus Wasser entstanden, oder ob er sogar meinte, dass alles Dasein weiterhin aus Wasser bestehe und somit in irgendeiner Form auch Wasser sei.

Für Thales’ kosmogonische und kosmologische Vorstellungen – Ursprung der Dinge ist Wasser, auf dem auch die Erde schwimmt – finden sich indes grobe Vorläufer: zum einen zwar bei Homer und Alkman, zum anderen aber vor allem in babylonischen und ägyptischen Quellen. Dort sind auffallend ähnliche Konstruktionen, allerdings mit einem mythischen Grundverständnis, beschrieben. Die Entkopplung solcher Konzepte von religiösen Aspekten und ihre (fast vollständige) Reduzierung auf eine physikalische Kosmogonie, die auf der Basis von Gesetzmäßigkeiten schlüssig in sich ruht, ist allerdings offenbar die Leistung von Thales, dem »Urheber dieser Art von Philosophie«. Innerhalb dieses Systems sieht Thales gleichwohl in der Welt nicht ausschließlich leblose physikalische Abläufe am Werk: Bestimmte Bereiche der Natur sind seiner Meinung nach aufgrund ihrer Seinsweise als beseelt anzusehen. In ihnen scheint Thales die Götter verortet zu haben.

Der Überlieferung zufolge hat anscheinend auch Thales der Seele die Fähigkeit zugemessen, eine Bewegung zu verursachen; denn er sagt ja, dass der Magnetstein eine Seele besitze, weil er das Eisen bewegt.

(Aristoteles, de anima Α2,405a19 f. = DK 11 A 22)

Aristoteles und Hippias merken an, dass Thales auch den unbelebten Dingen Seelen beigemessen habe: dies habe er aus dem Magnetstein und dem Bernstein gefolgert.

(Diogenes Laertios I 24 = DK 11 A 1)

Bernstein entwickelt durch Reibung magnetische Kraft.

Manche behaupten, dass die Seele auch dem All beigemischt sei, weswegen vielleicht unter anderem Thales die Meinung vertrat, dass alles von Göttern erfüllt sei.

(Aristoteles, de anima Α5,411a7 = DK 11 A 22)

Astronomie und Geometrie

Als die Lykier und Meder ihren Krieg das sechste Jahr mit ausgeglichenem Erfolg fortführten und die Heere gerade eine Schlacht eröffnet hatten, ereignete sich Folgendes: Mitten im Kampf wurde der Tag plötzlich zur Nacht. Diese Verwandlung des Tages hatte Thales von Milet den Ioniern als Ereignis vorhergesagt und ebendieses Jahr, in welchem die Verwandlung schließlich auch eingetreten ist, als spätestmöglichen Zeitpunkt dafür angesetzt.

(Herodot I 74 = DK 11 A 5)

Diese Vorhersage erfordert eine langfristige Beobachtung entsprechender astronomischer Phänomene, um eine periodische Systematik abzuleiten und künftige Erscheinungen zeitlich ansetzen zu können. Die Grundlage für Thales’ Berechnung ist abermals in babylonischen (Priester-) Texten zu suchen: spätestens seit 721 v. Chr. wurden Sonnenfinsternisse dort methodisch beobachtet und schriftlich archiviert. Vorhersagen besaßen allerdings eine erhebliche Fehlertoleranz. Thales hat diese Methode nicht unbedingt weiterentwickelt – es ist offenbar lediglich von einem mehrjährigen Zeitrahmen die Rede – und kann einen der statistisch »unvermeidlich« korrekten Treffer erzielt haben.

Die Reputation, die Thales von diesem Zeitpunkt an besaß, dürfte jedoch ungeachtet dieser Detailproblematik erheblich zur Ausbreitung seiner naturphilosophischen Lehren in Griechenland beigetragen haben: Es hatte sich für die Hellenen erwiesen, dass die Himmelsphänomene Regeln unterworfen und diese wiederum dem menschlichen Verstand zugänglich waren.

Einigen zufolge hat Thales als Erster Astronomie betrieben, insbesondere habe er Sonnenfinsternisse und Sonnenwenden vorhergesagt, wie Eudemos in seiner Darstellung der Astronomie schreibt. Dafür bewundern ihn auch Xenophanes und Herodot. Aber auch Heraklit und Demokrit bezeugen es für ihn.

(Diogenes Laertios I 23 = DK 11 A 1)

Eudemos berichtet in seiner Astronomie, Oinopides habe als Erster die Schräglage des Tierkreises und den Umlauf des Großen Jahres ermittelt, Thales hingegen eine Sonnenfinsternis und die Ungleichheiten im Zyklus der Sonnenwenden.

(Derkylides bei Theon Smyrn. 198,14 Hiller)

Der Arkader Bathykles lag im Sterben und ordnete deshalb seinen Besitz. Dem Amphalkes, seinem mittleren Sohn, legte er einen goldenen Becher mit dem Auftrag in die Hände, ihn dem Besten der Sieben Weisen zu schenken:

Er segelte nach Milet: Der Sieg gehörte nämlich
Dem Thales, der überhaupt sehr verständig war
Und von dem es heißt, er habe die Sternchen
Des Wagens vermessen, nach dem die Phönizier segeln.
Nun fand der Arkader unter glücklichen Vogelzeichen
Im Heiligtum des Apollon von Didyma den Greis,
Wie der auf der Erde schabte, um die Figur einzuzeichnen,
Auf die der Phryger Euphorbos einst kam – der als erster
Mensch ein ungleichseitiges Dreieck gezeichnet hat –,
Und einen Kreis darum.

(Dieg. VI 1 und Kallimachos, fr. 191 Pf.)

Kallimachos von Kyrene (ca. 320 bis ca. 240 v. Chr.) erzählt diese Geschichte in seinen Jamben. Neben der Feststellung, dass Thales also noch in alexandrinischer Zeit als der bedeutendste der Sieben Weisen angeführt werden konnte, liefert der Text u. a. auch eine astronomische Information:

Während die Phönizier nach den »Sternchen des Wagens«, d. h. den »Sternen des kleinen Wagens« segelten, nutzten die Griechen den Großen Wagen zur Navigation, was auf längeren Distanzen zu größeren Ungenauigkeiten...

Erscheint lt. Verlag 7.4.2016
Übersetzer Matthias Hackemann
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Geschichte der Philosophie
Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie Altertum / Antike
Schlagworte Antike • Atomisten • eBooks • Eleaten • Ethik • Heraklit • Leukipp • Milesier • Naturphilosophen • Naturphilosophie • Naturwissenschaft • Parmenides • Philosophen • Philosophen der Antike • Philosophie • Pythagoras • Pythagoreer • Sieben Weise • Thales • Ursprung
ISBN-10 3-7306-9133-3 / 3730691333
ISBN-13 978-3-7306-9133-5 / 9783730691335
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