Religionsgeschichte Israels (eBook)

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2015 | 1. Auflage
220 Seiten
wbg Academic in der Verlag Herder GmbH
978-3-534-73468-9 (ISBN)
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Die Menschen der Bibel - wie lebten sie, was dachten sie und vor allem: Was glaubten sie? Zwei ausgewiesene Experten führen hier in einer einmaligen, interdisziplinären Übersichtsdarstellung, die sich nicht nur an Theologen wendet, in die wesentlichen Epochen, Menschen, Probleme und Theorien ein. Anhand zahlreicher Textquellen und archäologischer Funde zeichnen Michael Tilly und Wolfgang Zwickel die Religionsgeschichte des Heiligen Landes von den Anfängen sesshafter Siedlungen vor rund 10.000 Jahren bis zu den Anfängen des Christentums im 2. Jahrhundert n. Chr. und der Entstehung des Rabbinats im Judentum nach. So werden die Voraussetzungen für unsere jüdisch-christlich geprägte Welt verständlich und die geschichtliche Situation greifbar. Ein kommentiertes Quellenverzeichnis sowie ein Register runden den Band ab.

Wolfgang Zwickel, geb. 1957, ist Professor für Altes Testament und Biblische Archäologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ein besonderer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Kulturgeschichte Israels.

Wolfgang Zwickel, geb. 1957, ist Professor für Altes Testament und Biblische Archäologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Ein besonderer Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich der Kulturgeschichte Israels. Michael Tilly, geb. 1963, studierte Evangelische Theologie in Mainz und Heidelberg und ist Professor für Neues Testament und Antikes Judentum und Leiter des Instituts für antikes Judentum und hellenistische Religionsgeschichte an der Eberhard Karls Universität Tübingen.

»Ein differenziertes Zeugnis lebendiger Religionsgeschichte im Heiligen Land, das zeigt, dass zum Verständnis der jüdisch-christlichen Religion mehr nötig ist als das Alte und Neue Testament. Ein Buch, nicht nur für Fachleute oder Studenten der Thematik, sondern für jeden, der mehr über die Hintergründe der jüdisch-christlichen Religion wissen möchte.« lipola.de

»Ein empfehlenswerter Lesestoff, der Aufschluss zu geben vermag über unterschiedliche ursprüngliche Zugänge zu religiösem Kult.« Bn-Bibliotheksnachrichten

»Das neue Buch gewährt eine knappe, klare Darstellung des Themas und einen guten Überblick dazu, breiter und ausgewogener als manche anderen Darbietungen.« Zeitschrift für katholische Theologie

»Breit gefächert, ausgewogen, informativ, aber auch innovativ und zur weiteren Reflexion anregend...« Studien zum Neuen Testament und seiner Umwelt

1    Was ist Religion?


In diesem Buch kann und soll keine umfassende Analyse des Begriffes „Religion“ im Sinne einer Entwicklungsgeschichte dieses Begriffes oder einer systematisch-theologischen, philosophischen oder religionswissenschaftlichen Erörterung des Wortes geboten werden. Dies ist mehrfach an anderer Stelle von kompetenteren Leuten durchgeführt worden.1 Dieses kurze Einstiegskapitel will vielmehr deutlich machen, wie die Autoren des Buches den Begriff „Religion“ verstehen und in diesem Buch verstanden haben wollen.

Eine wichtige Einstiegsbeobachtung ist, dass das Hebräische den Begriff „Religion“ eigentlich nicht kennt, ebenso wenig wie das Griechische. Die Wörterbücher bieten allenfalls yir’at YHWH bzw. theosebeia „Gottesfurcht“ als Äquivalente an, doch beschreiben diese Begriffe nur einen Teilbereich von „Religion“. Am umfassendsten, aber vielleicht auch am einfachsten ist eine pragmatische Definition, wie sie Gustav Mensching vorgelegt hat: Religion ist „erlebnishafte Begegnung mit heiliger Wirklichkeit“ und kann „als antwortendes Handeln des vom Heiligen existentiell bestimmten Menschen“ verstanden werden.2

Diese offene Definition bietet viele Möglichkeiten, die Religion der biblischen Zeit und Umwelt angemessen zu erfassen. Mensching spricht von „heiliger Wirklichkeit“, ohne sich dabei auf eine bestimmte Religion festzulegen. Alle Ebenen religiösen Erlebens und religiöser Ideen sind hiermit umschrieben, ohne dass von vornherein eine wertende Einschränkung hinsichtlich des Zugangs zu dieser Religion vorgegeben wäre. Es geht z.B. nicht (allein) um die Religion des Alten und Neuen Testaments, wie sie in den biblischen Texten vermittelt wird.3 Es geht schlichtweg um alle Formen der Erfahrung von heiliger Wirklichkeit, die sich heute auf Grund von Texten, Bildern oder archäologischen Artefakten aus der Welt und Umwelt der Bibel erschließen lassen. Sofern sie in irgendeiner Art und Weise von den Menschen als „heilig“ aufgefasst wurden, bilden sie einen Bestandteil ihrer Religion.

Die von Mensching so bezeichnete „heilige Wirklichkeit“ kann nur im Erleben wahrgenommen werden und ist damit einer objektivierenden Beschreibung entzogen. Der antike Mensch konnte diese „heilige Wirklichkeit“ nur subjektiv in Wort, Bild oder Architektur festhalten. Auch wir „modernen Menschen“ können diese „heilige Wirklichkeit“ nur ansatzweise und auf dem Hintergrund unseres Erlebnishorizontes nachvollziehen. Eine zu beschreibende Religion, aber auch schon das Verständnis, was als „heilig“ und was als „profan“ gilt, ist damit stets subjektiv. Jedes Ereignis, das als ein solches religiöses Ereignis verstanden wird, kann von verschiedenen Menschen unterschiedlich interpretiert werden.

Religion drückt sich in den unterschiedlichsten Gestalten aus. Hierzu gehören vielfältige Formen wie meditatives Gebet, Tanz, Malerei, schriftstellerische Tätigkeiten und vieles anderes mehr. All diese Formen religiösen Handelns sollen nach Möglichkeit in diesem Buch berücksichtigt werden, auch wenn schon der Umfang des Bandes hier enge Grenzen setzt. Allerdings sind viele religiöse Ausdrucksformen der Antike für uns auf immer und ewig verloren gegangen. Neben den (biblischen) Texten, die bislang zumeist allein im Mittelpunkt der Darstellung der diversen Religionsgeschichten standen, sollen in diesem Band auch zahlreiche andere erhalten gebliebene Relikte zumindest ansatzweise mitberücksichtigt werden.

Die jüdische Bibel und das christliche Alte Testament haben einen definierten Kanon und sind damit sowohl in ihrer hebräischen als auch in ihrer griechischen Fassung begrenzt. Auch die Zahl der religionsgeschichtlich relevanten Umwelttexte ist überschaubar. Die nichttextlichen Relikte sind dagegen nahezu grenzenlos. Ob ein Gegenstand jedoch als relevant für eine religiöse Betrachtung erachtet wird, oder ob er schlichtweg als profan zu betrachten ist, unterliegt der Ansicht des Betrachters bzw. des wissenschaftlichen Bearbeiters. Kochtöpfe sind im Normalfall ein Bestandteil des Alltags ohne jegliche religiöse Konnotation. Wurde der Kochtopf jedoch zur Bereitung eines Kultmahls in einem Tempel verwendet, bekommt er eine religiöse Dimension und kann, ja muss zur Auswertung der religiösen Praxis herangezogen werden. Das Beispiel macht deutlich, dass ein archäologisches Relikt für die Rekonstruktion der Religion dann relevant werden kann, wenn es in einem bestimmten Umfeld benutzt wurde. Umgekehrt muss aber nicht jeder Gegenstand, der in einem Tempel gefunden wurde, zwangsläufig religiös gedeutet werden. Eine Münze, die in einem Tempel gefunden wird, kann u.U. eine Opfergabe sein, sie kann aber u.U. auch versehentlich dort verloren worden sein. Die Auswahl der heranzuziehenden archäologischen Relikte unterliegt häufig der Interpretation des modernen Betrachters.

Jeden Betrachter von archäologischen Artefakten leiten eigene Kenntnisse und Erfahrungen bei der Interpretation eines Artefakts. Es gibt deshalb keine wirklich objektive Interpretation von Funden, sondern stets nur eine Interpretation auf dem Hintergrund der eigenen Vorstellungswelt! Da wir nicht Zeitgenossen der antiken Menschen sein können, vergleichen wir die Ausgrabungsfunde und Kontexte mit unserer eigenen kulturellen Enzyklopädie, d.h. mit dem, was wir aus eigener Erfahrung oder Überlieferung kennen und uns dementsprechend vorstellen können. Eine wirklich zuverlässige und unabhängige Rekonstruktion der religiösen Welt der Antike ist daher allenfalls immer nur in Annäherungen möglich.

Eine Absicherung gegenüber völlig individuellen und wissenschaftlich nicht mehr überprüfbaren Interpretationen ist durch die Einordnung der Texte und Funde in einen Gesamtzusammenhang möglich. Allerdings ist unser derzeitiges Wissen über die Antike immer begrenzt und wird ständig durch neue Funde erweitert und korrigiert. Unser Verständnis von antiker Religion ist daher immer nur vorläufig und unvollkommen.

Die Religion des antiken Palästina ist stark von der Landschaft dieser Region geprägt. Der jährlich wiederkehrende, aber auch gelegentlich über Wochen ausbleibende Winterregen, der die Landwirtschaft erst ermöglichte, prägte den Lebensalltag der Menschen und die Religion in ganz anderer Weise als etwa in Ägypten oder Mesopotamien, wo das Wasser der Flüsse Nil, Eufrat und Tigris den Lebensalltag und die Religion bestimmen. Andererseits ist der „Fruchtbare Halbmond“, also die Region Ägyptens, der Levante und Mesopotamiens, auch stark von gemeinsamen kulturellen Vorstellungen geprägt. Bei der Betrachtung der Religionen des syrisch-palästinischen Raumes sind daher sowohl die gemeinsamen kulturellen Wurzeln des Vorderen Orients als auch die Besonderheiten dieser speziellen Region zu betrachten. Die religiösen Ideen Palästinas entwickelten sich häufig entweder in einer Abgrenzung von religiösen Praktiken und Ideen der Umwelt, aber ebenso häufig auch in einer bewussten Auf- und Übernahme fremden Ideengutes.

Der große Vorteil eines Menschen des 3. Jt.s n. Chr., der die Religion der südlichen Levante in der Vergangenheit betrachtet, ist der Abstand zu den Ereignissen. Menschen, die innerhalb einer religiösen Gemeinschaft leben, erleben diese anders als Menschen, die diese religiösen Praktiken von außen betrachten. Der Blickpunkt von außen macht die Betrachtung zwar nicht objektiver, denn die Sichtweise des Betrachters ist stets subjektiv, aber unbefangener. Viele Entwicklungen und Einflüsse lassen sich so besser aufzeigen, langfristige Tendenzen beobachten und Randerscheinungen, die von einer religiösen Gemeinschaft gern ausgegrenzt werden, können gleichfalls mitbetrachtet werden.

Dieser Blick von außen ermöglicht es damit auch, möglichst das gesamte Spektrum der religiösen Praxis zu einer bestimmten Zeit zu erfassen. Eine Dogmatik will die ideale religiöse Denkweise beschreiben, der religionsgeschichtliche oder religionswissenschaftliche Ansatz ermöglicht dagegen einen Blick auf die religiöse Praxis. Gelebter Glaube weist oft eine viel größere Vielfalt auf, als die religiösen Traditionen und Dogmen es zulassen würden. Das galt für die Antike ebenso wie für die weitere Geschichte des Judentums und des Christentums bis in unsere Gegenwart. Indem auch nichtliterarische religiöse Zeugnisse ausgewertet werden, wird ein umfassendes Spektrum der religiösen Wirklichkeit der damaligen Menschen sichtbar, während Texte, wie sie im Alten oder Neuen Testament (aber auch in Umwelttexten) enthalten sind, oft eher die Forderung einer idealen Glaubensgestaltung umschreiben. Damit sind religiöse Texte häufig „Propaganda“ für eine bestimmte Form der Religion, während archäologische Relikte eher die vielfältige Wirklichkeit der Religionsausübung beschreiben können. Andererseits können Texte wie z.B. die Psalmen auch Ausdruck von gelebtem Glauben sein. Sie sind dann ein beredtes Zeugnis für eine Glaubenspraxis, wenngleich sie häufig, da meist konkrete Anhaltspunkte fehlen, schwer zu datieren sind und sie zudem oft nur die Glaubenszeugnisse einer gelehrten Oberschicht...

Erscheint lt. Verlag 24.11.2015
Verlagsort Darmstadt
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Religion / Theologie Judentum
Schlagworte Archäologie • Bibel • Christentum • Geschichte • Israel • Judentum • Religion
ISBN-10 3-534-73468-8 / 3534734688
ISBN-13 978-3-534-73468-9 / 9783534734689
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