Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon (eBook)

Die Darstellung marxistischer Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie - Klassiker der politischen Ideengeschichte

(Autor)

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2015 | 1. Auflage
148 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-4031-2 (ISBN)

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Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon -  Karl Marx
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Dieses eBook: 'Der achtzehnte Brumaire des Louis Napoleon: Die Darstellung marxistischer Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Der achtzehnte Brumaire des Louis Bonaparte ist eine erstmals im Mai 1852 veröffentlichte Schrift. Marx analysiert dort den Verlauf des Staatsstreichs Louis Napoleons (1808-1873) in Frankreich 1851. Dabei bildet die Analyse des konkreten, noch nicht abgeschlossenen historischen Ereignisses die Basis für Marx, um seine eigenen Theorien weiterzuentwickeln. Für ihn stellen die Februarrevolution und der darauf folgende Staatsstreich gesellschaftliche Klassenkämpfe dar. Marx entwickelt sein Verständnis der Klasse weiter wie seine geschichtsphilosophischen Annahmen. Generell gilt das Werk als eine Darstellung marxistischer Gesellschaftsanalyse und Geschichtstheorie. Es finden sich in ihm einige der bekanntesten Marx-Zitate. Karl Marx (1818-1883) war ein deutscher Philosoph, Ökonom, Gesellschaftstheoretiker, politischer Journalist, Protagonist der Arbeiterbewegung sowie Kritiker der bürgerlichen Gesellschaft und der Religion. Zusammen mit Friedrich Engels wurde er zum einflussreichsten Theoretiker des Sozialismus und Kommunismus.

II



Nehmen wir den Faden der Entwicklung wieder auf.

Die Geschichte der konstituierenden Nationalversammlung seit den Junitagen ist die Geschichte der Herrschaft und Auflösung der republikanischen Bourgeoisfraktion, jener Fraktion, die man unter dem Namen trikolore Republikaner, reine Republikaner, politische Republikaner, formalistische Republikaner usw. kennt.

Sie hatte unter der bürgerlichen Monarchie Louis-Philippes die offizielle republikanische Opposition und daher einen anerkannten Bestandteil der damaligen politischen Welt gebildet. Sie besaß ihre Vertreter in den Kammern, und in der Presse einen bedeutenden Wirkungskreis. Ihr Pariser Organ, der »National«, galt in seiner Weise für ebenso respektabel als das »Journal des Débats«. Dieser Stellung unter der konstitutionellen Monarchie entsprach ihr Charakter. Es war dies keine durch große gemeinsame Interessen zusammengehaltene und durch eigentümliche Produktionsbedingungen abgegrenzte Fraktion der Bourgeoisie. Es war eine Koterie von republikanisch gesinnten Bourgeois, Schriftstellern, Advokaten, Offizieren und Beamten, deren Einfluß auf den persönlichen Antipathien des Landes gegen Louis-Philippe, auf Erinnerungen an die alte Republik, auf dem republikanischen Glauben einer Anzahl von Schwärmern, vor allem aber auf dem französischen Nationalismus beruhte, dessen Haß gegen die Wiener Verträge und gegen die Allianz mit England sie fortwährend wachhielt. Einen großen Teil des Anhangs, den der »National« unter Louis-Philippe besaß, schuldete er diesem versteckten Imperialismus, der ihm daher später unter der Republik als ein vernichtender Konkurrent in der Person Louis Bonaparte gegenübertreten konnte. Die Finanzaristokratie bekämpfte er, wie die ganze übrige bürgerliche Opposition es tat. Die Polemik gegen das Budget, die in Frankreich genau mit der Bekämpfung der Finanzaristokratie zusammenhing, verschaffte eine zu wohlfeile Popularität und zu reichhaltigen Stoff zu puritanischen leading articles [Leitartikeln], um nicht ausgebeutet zu werden. Die industrielle Bourgeoisie war ihm dankbar für seine sklavische Verteidigung des französischen Schutzzollsystems, das er indes auf mehr nationale als nationalökonomischen Gründe hin aufnahm, die Gesamtbourgeoisie für seine gehässigen Denunziationen des Kommunismus und Sozialismus. Im übrigen war die Partei des »National« rein republikanisch, d.h. sie verlangte eine republikanische statt einer monarchischen Form der Bourgeoisherrschaft und vor allem ihren Löwenanteil an dieser Herrschaft. Über die Bedingungen dieser Umwandlung war sie sich durchaus nicht klar. Was ihr dagegen sonnenklar war und auf den Reformbanketten in der letzten Zeit Louis-Philippes öffentlich erklärt wurde, war ihre Unpopularität bei den demokratischen Kleinbürgern und insbesondere bei dem revolutionären Proletariat. Diese reinen Republikaner, wie reine Republikaner denn sind, standen auch schon auf dem Sprunge, sich zunächst mit einer Regentschaft der Herzogin von Orléans zu begnügen, als die Februarrevolution ausbrach und ihren bekanntesten Vertretern einen Platz in der provisorischen Regierung anwies. Sie besaßen natürlich von vorn herein das Vertrauen der Bourgeoisie und die Majorität der konstituierenden Versammlung. Aus der Exekutivkommision, welche die Nationalversammlung bei ihrem Zusammentritt bildete, wurde sofort die sozialistischen Elemente der provisorischen Regierung ausgeschlossen, und die Partei des »National« benutzte den Ausbruch der Juni-Insurrektion, um auch die Exekutivkommission abzudanken und damit ihre nächsten Rivalen, die kleinbürgerlichen oder demokratischen Republikaner (Ledru-Rollin usw.) loszuwerden. Cavaignac, der General der bourgeois-republikanischen Partei, der die Junischlacht kommandierte, trat an die Stelle der Exekutivkommission mit einer Art diktatorischer Gewalt. Marrast, ehemaliger Redakteur en chef des »National«, wurde der perpetuierliche Präsident der konstituierenden Nationalversammlung, und die Ministerien, wie sämtliche übrigen bedeutenden Posten, fielen den reinen Republikanern anheim.

Die republikanische Bourgeoisfraktion, die sich seit lange als legitime Erbin der Julimonarchie betrachtet hatte, fand sich so in ihrem Ideal übertroffen, aber sie gelangte zur Herrschaft, nicht, wie sie unter Louis-Philippe geträumt hatte, durch eine liberale Revolte der Bourgeoisie gegen den Thron, sondern durch eine niederkartätschte Emeute des Proletariats gegen das Kapital. Was sie als das revolutionärste Ereignis sich vorgestellt hatte, trug sich in Wirklichkeit zu als das kontrerevolutionärste. Die Frucht fiel ihr in den Schoß, aber sie fiel vom Baum der Erkenntnis, nicht vom Baum des Lebens.

Die ausschließliche Herrschaft der Bourgeois-Republikaner währte nur vom 24. Juni bis zum 10. Dezember 1848. Sie resümiert sich in der Abfassung einer republikanischen Konstitution und im Belagerungszustand von Paris.

Die neue Konstitution war im Grunde nur die republikanisierte Ausgabe der konstitutionellen Charte von 1830. Der enge Wahlzensus der Julimonarchie, der selbst einen großen Teil der Bourgeoisie von der politischen Herrschaft ausschloß, war unvereinbar mit der Existenz der bürgerlichen Republik. Die Februarrevolution hatte sofort an der Stelle dieses Zensus das direkte allgemeine Wahlrecht proklamiert. Die Bourgeois-Republikaner konnten dieses Ereignis nicht ungeschehen machen. Sie mußten sich damit begnügen, die beschränkende Bestimmung eines sechsmonatlichen Domizils am Wahlorte hinzuzufügen. Die alte Organisation der Verwaltung, des Gemeindewesens, der Rechtspflege, der Armee usw. blieb unversehrt bestehen, oder wo die Konstitution sie änderte, betraf die Änderung das Inhaltsregister, nicht den Inhalt, den Namen, nicht die Sache.

Der unvermeidliche Generalstab der Freiheiten von 1848, persönliche Freiheit, Preß-, Rede-, Assoziations-, Versammlungs-, Lehr- und Religionsfreiheit usw. erhielt eine konstitutionelle Uniform, die sie unverwundbar machte. Jede dieser Freiheiten wird nämlich als das unbedingte Recht des französischen Citoyen proklamiert, aber mit der beständigen Randglosse, daß sie schrankenlos sei, soweit sie nicht durch die »gleichen Rechte anderer und die öffentliche Sicherheit« beschränkt werde, oder durch »Gesetze«, die eben diese Harmonie der individuellen Freiheiten untereinander und mit der öffentlichen Sicherheit vermitteln sollen. Z.B.: »Die Bürger haben das Recht, sich zu assoziieren, sich friedlich und unbewaffnet zu versammeln, zu petitionieren und ihre Meinungen durch die Presse oder wie sonst immer auszudrücken. Der Genuß dieser Rechte hat keine andre Schranke als die gleichen Rechte andrer und die öffentliche Sicherheit.«(Kap. II der französischen Konstitution, § 8.) – »Der Unterricht ist frei. Die Freiheit des Unterrichts soll genossen werden unter den vom Gesetze fixierten Bedingungen und unter der Oberaufsicht des Staats.« (A.a.O., § 9.) – »Die Wohnung jedes Bürgers ist unverletzlich außer in den vom Gesetz vorgeschriebenen Formen.« (Kap. II, § 3.) Usw. usw. – Die Konstitution weist daher beständig auf zukünftige organische Gesetze hin, die jene Randglossen ausführen und den Genuß dieser unbeschränkten Freiheiten so regulieren sollen, daß sie werde untereinander noch mit der öffentlichen Sicherheit anstoßen. Und später sind diese organischen Gesetze von den Ordnungsfreunden ins Lebens gerufen und alle jene Freiheiten so reguliert worden, daß die Bourgeoisie in deren Genuß an den gleichen Rechten der andern Klassen keinen Anstoß findet. Wo sie »den andern« diese Freiheiten ganz untersagt oder ihren Genuß unter Bedingungen erlaubt, die ebenso viele Polizeifallstricke sind, geschah dies immer nur im Interesse der »öffentlichen Sicherheit«, d.h. der Sicherheit der Bourgeoisie, wie die Konstitution vorschreibt. Beide Seiten berufen sich daher in der Folge mit vollem Recht auf die Konstitution, sowohl die Ordnungsfreunde, die alle jene Freiheiten aufhoben, wie die Demokraten, die sie alle herausverlangten. Jeder Paragraph der Konstitution enthält nämlich seine eigene Antithese, sein eignes Über- und Unterhaus in sich, nämlich in der allgemeinen Phrase die Freiheit, in der Randglosse die Aufhebung der Freiheit. Solange also der Name der Freiheit respektiert und nur die wirkliche Ausführung derselben verhindert wurde, auf gesetzlichem Wege versteht sich, blieb das konstitutionelle Dasein der Freiheit unversehrt, unangetastet, mochte ihr gemeines Dasein noch so sehr totgeschlagen sein.

Diese auf so sinnige Weise unverletzlich gemachte Konstitution war indes wie Achilles an einem Punkte verwundbar, nicht an der Ferse, aber am Kopfe oder vielmehr an den zwei Köpfen, worin sie sich verlief - gesetzgebende Versammlung einerseits, Präsident andererseits. Man durchfliege die Konstitution, und man wird finden, daß nur die Paragraphen, worin das Verhältnis des Präsidenten zur gesetzgebenden Versammlung bestimmt wird, absolut, positiv, widerspruchslos, unverdrehbar sind. Hier galt es nämlich für die Bourgeois-Republikaner, sich selbst sicherzustellen. §§ 45 – 70 der Konstitution sind so abgefaßt, daß die Nationalversammlung den Präsidenten konstitutionell, der Präsident die Nationalversammlung nur inkonstitutionell beseitigen kann, nur indem er die Konstitution selbst beseitigt. Hier fordert sie also ihre gewaltsame Vernichtung heraus. Sie heiligte nicht nur wie die Charte von 1830 die Teilung der Gewalten, sie erweiterte sie bis zum unerträglichen Widerspruch. Das...

Erscheint lt. Verlag 23.6.2015
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Schlagworte Arthur Schopenhauer • Francis Wheen • Friedrich Engels • Fritz Mauthner • Gotthold Ephraim Lessing • Immanuel Kant • Kommunismus • Oskar Panizza • Rosa Luxemburg • Sozialismus
ISBN-10 80-268-4031-3 / 8026840313
ISBN-13 978-80-268-4031-2 / 9788026840312
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