The devil lies in the detail (eBook)
320 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-30850-1 (ISBN)
Peter Littger, geboren 1973 in Aachen, ist ein genauer Beobachter der englischen Sprache im deutschen Sprachraum - und umgekehrt. Er besuchte ein britisches Internat und studierte in Berlin und London. Er war u.a. Redakteur der ZEIT und ein Gründungsredakteur des Magazins Cicero. Heute ist er »Der denglische Patient« und verfasst Kolumnen für n-tv.de sowie Videokolumnen für spiegel.de. Als Berater, Coach und Vortragsgast unterstützt er die interkulturelle Kommunikation von Unternehmen im deutschen und englischen Sprachraum. Und als Juror im »Bundeswettbewerb Fremdsprachen« engagiert er sich für die Förderung von Schülern. Seine Buchreihe »The devil lies in the detail - Lustiges und Lehrreiches über unsere Lieblingsfremdsprache« führte mehrere Wochen die Bestsellerlisten an. Im Herbst 2018 erschien sein Bilderbuch »Lost in Trainstation - wir versteh'n nur Bahnhof« (KiWi 1623), das den oft brüllend komischen deutsch-englischen Sprachmix im öffentlichen Raum präsentiert.
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 39/2017) — Platz 18
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 31/2016) — Platz 14
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 30/2016) — Platz 16
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 20/2016) — Platz 16
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 19/2016) — Platz 19
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 18/2016) — Platz 20
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 17/2016) — Platz 14
- Spiegel Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch (Nr. 16/2016) — Platz 14
- Spiegel Jahres-Bestseller: Sachbuch / Taschenbuch 2015 — Platz 2
Peter Littger, geboren 1973 in Aachen, ist ein genauer Beobachter der englischen Sprache im deutschen Sprachraum – und umgekehrt. Er besuchte ein britisches Internat und studierte in Berlin und London. Er war u.a. Redakteur der ZEIT und ein Gründungsredakteur des Magazins Cicero. Heute ist er »Der denglische Patient« und verfasst Kolumnen für n-tv.de sowie Videokolumnen für spiegel.de. Als Berater, Coach und Vortragsgast unterstützt er die interkulturelle Kommunikation von Unternehmen im deutschen und englischen Sprachraum. Und als Juror im »Bundeswettbewerb Fremdsprachen« engagiert er sich für die Förderung von Schülern. Seine Buchreihe »The devil lies in the detail – Lustiges und Lehrreiches über unsere Lieblingsfremdsprache« führte mehrere Wochen die Bestsellerlisten an. Im Herbst 2018 erschien sein Bilderbuch »Lost in Trainstation – wir versteh'n nur Bahnhof« (KiWi 1623), das den oft brüllend komischen deutsch-englischen Sprachmix im öffentlichen Raum präsentiert.
Der Telefonjoker
Für ganz alltägliche Situationen, und vor allem für die brenzligen, zahlt es sich aus, einen Telefonjoker zu haben, den man immer anrufen kann. Er kann sogar helfen, die richtige Eiscreme zu bestellen und ist besser als jede Wörterbuch-App. Meiner heißt Richard.
Vergangenen Sommer beobachtete ich im (für mich vollkommen unaussprechlichen) walisischen Seebad Aberystwyth eine ältere deutsche Touristin. Sie stand vor einer Eisbude und fragte: »Can I have two ice balls?« Nein, sie war sogar freundlich, wie es sich gehört, und sagte: »Can I please have two ice balls?«
Ich hatte zuvor bemerkt – I had noticed –, dass sie mit ihrem Mann Deutsch sprach. Beide schienen etwas gelangweilt zu sein – they both seemed somewhat bored. Nun brachte sie den Eisverkäufer zum Lachen – he burst out laughing: »My ice balls are not for sale, Ma’am!« Das bedeutete, ganz im Ernst – all jesting aside: »Meine geeisten Hoden verkaufe ich nicht, gnädige Frau!«
Ob die Dame den Scherz verstanden hat, weiß ich natürlich nicht, ich habe sie nicht gefragt. Auf jeden Fall hatte sie mit ihrer Frage allen Anlass zu dieser zweideutigen Anspielung gegeben – man nennt sie »sexual innuendo«, kurz »innuendo«. Oder »nudge nudge wink wink«. (Ein Zitat aus einem Sketch von »Monty Python«, den Sie sich bei YouTube einmal ansehen sollten).
Hätte unsere deutsche Touristin in Wales »two scoops of ice-cream« gesagt, wäre ihre Bestellung keine Erwähnung wert gewesen – her order wouldn’t have been worth a mention.
Immerhin hatte sie der Eisverkäufer angesprochen wie eine Dame: »Ma’am«. Das in den USA eher gebräuchliche »Madam« ziemt sich im Vereinigten Königreich nicht. Es ist sogar eine Beleidigung, weil es eigentlich »Puffmutter« bedeutet. Und diesen Anschein machte die deutsche Touristin wahrlich nicht.
Feine Damen werden also mit »Ma’am« (Mäm oder/und in den USA: Mahm) gerufen (eine albern-eiserne Regel im britischen Englisch sagt, es müsse sich auf »ham«, also häm, reimen), wenngleich die allerhöchsten Stände zuerst einmal mit ihren Titeln (Your Majesty, Your Ladyship etc.) adressiert werden, und dann für den Rest der Unterhaltung Ma’am folgt. Aber das alles führt hier viel zu weit.
Natürlich verstand der Eisverkäufer, was die Dame aus Deutschland wollte, und er brachte ihre Bestellung in versöhnlich-freundlichem Ton auf die nächste Schwierigkeitsstufe: »What would you like?«
Herrgott, was heißt denn jetzt noch mal Vanille, Pistazie, Zitrone? Oder gar Brombeere, Johannisbeere? Und wie sagt man »im Becher« oder »in der Waffel«, »mit Sahne« und »mit Streuseln«? Die neuen Herausforderungen waren der Eishungrigen anzusehen.
Was in solchen Situationen helfen kann, ist ein Hochgeschwindigkeitsnetz und eine Wörterbuch-App, am besten eine, die auf Sprechbefehle hört. Aber so etwas nutzt man im Ausland ja meistens nicht, schon weil die notwendige Verbindung ins Internet zu viel Geld kostet. Außerdem lassen derlei mobile Geräte – gadgets – ihre Benutzer in freier Wildbahn und vor Eisbuden dastehen wie verirrte Käpt’n Kirks – like someone totally displaced from outer space. Andererseits ließe sich eben vieles sehr leicht abfragen:
Vanille | vanilla (einfach! Aussprache wah-nilla); hier kommt auch oft das Angebot »frozen custard« ins Spiel: die Eisvariante einer speziellen Vanillecreme, die vor allem in den USA und Großbritannien verbreitet ist. (Franzosen sprechen deshalb von der »crème anglaise«.) |
Pistazie | pistachio (pistascho) |
Zitrone | lemon |
Brombeere | blackberry |
Johannisbeere | currant (nicht »cassis« – heißt zwar unter Gärtnern auch schwarze Johannisbeere, ist aber außerhalb von Gärten der Schnaps) |
in der Waffel | a cornet please (»Hörnchen«, ist eher britisch); cone; wafer |
im Becher | a cup please, oder mit viel Sahne als »sundae« (sann-däy) |
am Stiel | an ice lolly (oder iced lolly; in den USA: popsicle, ausgesprochen: popsi-kl) |
mit Sahne | with cream please |
Streusel | with flakes, brittle, granules please; topping (eher Glasur); crumble, streusel (eher auf Kuchen) |
Dass der Streusel in der englischsprachigen Welt ungefähr so viele Bedeutungen hat wie der Schnee bei den Eskimos, war mir früher nie aufgefallen. Ob es noch mehr sind? Spätestens hier wäre es gut, jemanden dabeizuhaben, der weiß, wie Streusel schmecken und wie man sie bestellt. Keine Maschine, sondern einen Menschen, der einem einen Rat geben kann, wenn man mit dem eigenen Englisch oder mit einer App nicht mehr weiterkommt – someone who can help out with the right word. Jemanden, den man anrufen darf und der im richtigen Moment abhebt.
Ich kenne zum Glück so jemanden. Er heißt Richard. Mit ihm könnte ich zum Millionär werden, würde Günther Jauch endlich eine Spezialsendung für Englischkenntnisse machen. Mit Richard im Hintergrund fühle ich mich sicher. In that sort of quiz show, Richard would be my trump card. With him, I feel safe. He could stand in as a proper phone-a-friend lifeline. (So heißt der Telefonjoker in der Fernsehsendung »Who Wants to Be a Millionaire?«, dem Original von Jauchs Ratespiel.)
Die deutsche Touristin in Wales hatte weder das eine – ein Sprechtaschentelefonwörterbuch – noch das andere: den Telefonjoker. So ist es nur der Geschäftstüchtigkeit des Eisverkäufers zu verdanken, dass sie am Ende mit zwei Kugeln Vanille und einem Schokoladenüberguss abgespeist wurde, obwohl sie eigentlich zwei Kugeln Stracciatella wollte, wie sie recht ausführlich ihrem Mann erklärte, der erneut gar nicht lachte.
Mir wäre das bestimmt nicht passiert! Schließlich habe ich Richard, mein wandelndes Wörterbuch – a kind of walking dictionary. Obwohl es mich natürlich frustriert, dass er selbst noch nie etwas gefragt hat, denn er spricht tadellos Deutsch. Das macht unsere Beziehung etwas einseitig – in this regard, it’s a one-sided relationship. Somewhat frustrating. Is my English really so much worse than his German? Oder bin ich einfach zu ehrgeizig? Am I overambitious, should I relax more?
Vor allem wer britisches Englisch mag, weiß Richard zu schätzen: Er klingt wie ein Sprecher des »Radio Four Today«-Programms der BBC – was kein Wunder ist, denn dort hat er früher gearbeitet. Heute leitet er eine Redaktion des TV-Senders ITV in London. Das hält mich nicht davon ab, ihn immer wieder anzurufen, sodass ich mein Leben quasi bilingual führen kann:
Ich: Richard, wie heißt der Mittelstreifen auf der Autobahn?
Richard: Central reservation.
Ich: Richard, was ist eine Gratwanderung?
Richard: Balancing act, or tightrope walk.
Ich: Richard, wie schreibt man: Zahlungsziel: 30 Tage?
Richard: Payment terms: 30 days.
Ohne Richard wäre ich aufgeschmissen. In all honesty, without him I’d be lost.
Und dann neulich, plötzlich, rief er mich an. Eventually, I got a call from him. Er reiste gerade durch Süddeutschland, und wir plauderten ein wenig über Städte, die fast keiner kennt, obwohl sie zu den schönsten zählen: Dinkelsbühl, Rottweil, Meersburg. Dann der Moment, auf den ich immer heimlich gewartet hatte. Richards erste Frage!
»Peter, what’s that green shit: Waldmeister?«
Ich muss hier erklären, dass er »shit« anerkennend meinte, in einer Art Anwandlung von Jugendlichkeit – in a somewhat juvenile mood. Ich nehme an, ihm hat der Waldmeister geschmeckt und an früher erinnert. Doch diesen nun zu übersetzen? Seine erste Frage drohte eine Blamage für mich zu werden – an impending humiliation. Ich dachte nach. Mein Telefonjoker war gerade nicht erreichbar, ich sprach ja mit ihm.
Rein botanisch ist Waldmeister »woodruff«. Doch dann fiel mir ein, dass schon Werner Lansburgh in seinem herrlichen Buch »Dear Doosie« erklärt hatte, dass es sich bei Waldmeister schlicht um Farbstoff – artificial colouring – handelt (zum Beispiel in der Version von Dr. Oetker). Anders gesagt: dass es für dieses »unsäglich zarte, waldschattig scheu und gleichwohl schillernd zitternde Grün« einfach keine adäquate Übersetzung gibt. Es bleibt also »Waldmeister«.
I am very sorry, Richard! Werner Lansburgh was quite right in pointing out: »Auch Wörter haben eine Seele.« Und das deutsche »Waldwunderwort« hat sie allemal! Hat es dir denn geschmeckt? Did you like the green shit?
Yes, it was an excellent ice-cream, he replied. In a wafer with sprinkles.
Thank you, Richard. We got off to a good start!
- aids
-
ist kein schönes Wort, um eine Liste typischer Patzer anzuführen. Es muss aber sein, da es einen Plural von »aid« (»Hilfe«) nicht gibt. »Aids« ist also ausschließlich eine Krankheit – rein sprachlich gesehen leider auch eine deutsche. Denn immer wieder hört man...
Erscheint lt. Verlag | 2.4.2015 |
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Verlagsort | Köln |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Sprach- / Literaturwissenschaft ► Sprachwissenschaft |
Schlagworte | Alltag • Alltagsenglisch • Bastian Sick • Denglisch • Deutsch • England • Englisch • Fakten • Fehler • Fluent english • Folge 1 • Fremdsprache • Hintergrund-Wissen • Humor • humorvoll • Kolumne • Kolumnist • lustig • Missverständnis • Patzer • Peter Littger • Redakteur • Spiegel • Spiegel Online • spon • Sprache • Verständigung |
ISBN-10 | 3-462-30850-5 / 3462308505 |
ISBN-13 | 978-3-462-30850-1 / 9783462308501 |
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