Gesammelte Briefe (eBook)

323 Briefe in einem Band (An Papst Leo X., An Kaiser Carl V., An Friedrich von Sachsen, An Zwingli, An Erasmus von Rotterdam, An Spalatin...)
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2015 | 2. Auflage
920 Seiten
e-artnow (Verlag)
978-80-268-2763-4 (ISBN)

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Gesammelte Briefe -  Martin Luther
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Dieses eBook: 'Gesammelte Briefe' ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Aus dem Buch: 'Der Herr mit euch, mein tapfrer Held! Ich preise die Barmherzigkeit Gottes, die in euch ist, mein Hochgelehrter und Hochwerther Herr, dadurch ihr endlich die Mäuler derer zu stopfen vermocht, die unbillig wider euch geredet haben. Gewiß ihr seid ein Werkzeug des göttlichen Rathschlusses, wenn euch selbst unbewußt, doch Allen, welche die reine Gottesgelehrtheit lieben, sehnlichst erwünscht: so ganz anders hatte Gott es vor, als was durch euch zu geschehen das Ansehen hatte. Ich war einer von denen, die mit euch zu sein begehrten, aber die Gelegenheit fand sich nicht. Doch bin ich allezeit mit meinem Wunsch und Gebet an eurer Seite gewesen; was aber damals dem Gesellen nicht beschieden war, das ist dem Nachfolger aufs reichlichste gediehen...' Martin Luther (1483-1546) war der theologische Urheber der Reformation. Als zu den Augustiner-Eremiten gehörender Theologieprofessor entdeckte er Gottes Gnadenzusage im Neuen Testament wieder und orientierte sich fortan ausschließlich an Jesus Christus als dem 'fleischgewordenen Wort Gottes'. Nach diesem Maßstab wollte er Fehlentwicklungen der Christentumsgeschichte und in der Kirche seiner Zeit überwinden.

Sendbrief an den Papst Leo den Zehnten, 6. September 1520



Dem Allerheiligsten Vater in Gott,

Leo X., Papst zu Rom,

alle Seligkeit in Christo Jesu, unserm Herrn,

Amen!


Allerheiligster Vater in Gott! Es zwingt mich der Handel und Streit, in welche ich mit etlichen wüsten Menschen dieser Zeit nun bis ins dritte Jahr gekommen bin, zuweilen nach dir zu sehen und dein zu gedenken; ja, dieweil es dafür gehalten wird, du seiest die einzige Hauptursache dieses Streites, so kann ich's nicht lassen, dein ohne Unterlaß zu gedenken. Denn wiewohl ich von etlichen deiner unchristlichen Schmeicheler, welche ohn alle Ursach auf mich erhitzet sind, gedrungen bin, mich auf ein christlich, frei Concilium von deinem Stuhl und Gericht in meiner Sach zu berufen, so habe ich doch meinen Mut noch nie also von dir entfremdet, daß ich nicht aus allen meinen Kräften dir und deinem römischen Stuhl das Beste allezeit gewünscht und mit fleißigem, herzlichen Gebet, so viel ich vermocht, bei Gott gesucht habe. Wahr ist es, daß ich die, so bisher mit der Höhe und Größe deines Namens und Gewalt zu bedräuen sich bemühet haben, gar sehr zu verachten und zu überwinden vorgenommen habe. Aber eines ist nun vorhanden, welches ich nicht wage zu verachten, welches auch die Ursach ist, daß ich abermals zu dir schreibe; und ist nämlich, daß ich vermerke, wie ich verleumdet und mir übel ausgelegt werde, daß ich soll auch deiner Person nicht verschonet haben. Ich will aber frei und öffentlich das bekennen, daß mir nichts anders bewußt ist, denn daß ich, so oft ich deiner Person habe gedacht, allzeit das Ehrlichste und Beste von dir gesagt habe, und wo ich das irgend nicht hätte getan, könnt ich's selbst keineswegs loben und müßte meiner Kläger Urteil mit vollem Bekenntnis bekräftigen und wollte nichts Lieberes denn solches meines Frevels und Bosheit Widerspiel singen und mein sträflich Wort widerrufen. Ich habe dich genannt einen Daniel zu Babylon; und wie ich deine Unschuld so fleißig habe beschützt wider deinen Schändler Sylvester, kann ein jeglicher, der es lieset, überflüssig verstehen.

Es ist ja dein Ruf und deines guten Lebens Name in aller Welt berufen, durch viele Hochgelehrte herrlicher und besser gepriesen, denn daß es jemand könnte mit einiger List antasten, er sei ja, wie groß er möge. Ich bin nicht so närrisch, daß ich allein den angreife, den jedermann lobet, dazu hab ich allzeit die Weise gehabt und fortan sie haben will, auch die nicht anzutasten, die sonst vor jedermann ein böses Geschrei haben. Mir ist nicht wohl mit der anderen Sünde, der ich wohl weiß, wie ich auch einen Balken in meinem Auge habe und freilich der erste nicht sein kann, der den ersten Stein auf die Ehebrecherin werfe.

Ich habe wohl scharf angegriffen, doch insgemein hin, etlich unchristliche Lehre und bin auf meine Widersacher bissig gewesen, nicht um ihres bösen Lebens, sondern um ihrer unchristlichen Lehre und Schutzes willen, welches mich so ganz und gar nicht gereuet, daß ich mir's auch in den Sinn genommen habe, in solcher Emsigkeit und Schärfe zu bleiben, unangesehen, wie mir dasselbe etliche auslegen, da ich hier Christus' Exempel habe, der auch seine Widersacher aus scharfer Emsigkeit nennet Schlangenkinder, Gleißner, Blinde, des Teufels Kinder, und S. Paulus den Magus heißet ein Kind des Teufels und der voll Bosheit und Trügerei sei; und etliche falsche Apostel schilt er Hunde, Betrüger und Gotteswort-Verkehrer. Wenn die weichen, zarten Ohren solches hätten gehöret, sollten sie auch wohl sagen, es wäre niemand so bissig und ungeduldig als S. Paulus. Und wer ist bissiger den die Propheten? Aber zu unsern Zeiten sind unsre Ohren so gar zart und weich geworden durch die Menge der schädlichen Schmeichler, daß, sobald wir nicht in allen Dingen gelobt werden, schreien wir, man sei bissig. Und dieweil wir uns sonst der Wahrheit nicht erwehren können, entschlagen wir uns doch derselben durch erdichtete Ursache der Bissigkeit, der Ungeduldigkeit und der Unbescheidenheit. Was soll aber das Salz, wenn es nicht scharf beißet? Was soll die Schneide am Schwert, wenn sie nicht scharf ist zu schneiden? Sagt doch der Prophet: „Der Mann sei vermaledeiet, der Gottes Gebot obenhin tut und zu sehr verschonet..“

Darum bitte ich, Heiliger Vater Leo, du wollest diese meine Entschuldigung dir gefallen lassen und mich gewiß für den halten, der wider deine Person nie nichts Böses habe vorgenommen und der also gesinnet sei, der dir wünsche und gönne das Allerbeste, der auch keinen Hader noch Gezänk mit jemand haben wolle um jemands bösen Lebens, sondern allein um des göttlichen Wortes Wahrheit willen. In allen Dingen will ich jedermann gerne weichen, das Wort Gottes will ich und kann ich auch nicht verlassen noch verleugnen. Hat jemand einen andern Wahn von mir oder meine Schrift anders verstanden, der irret und hat mich nicht recht verstanden.

Das ist aber wahr: Ich habe frisch angetastet den römischen Stuhl, den man nennet Römischen Hof, von welchem auch du selbst, noch niemand auf Erden anders bekennen muß, denn daß er sei ärger und schändlicher, denn je kein Sodom, Gomorra oder Babylon gewesen ist. Und so viel ich merke, so ist seiner Bosheit hinfort weder zu raten. noch zu helfen. Es ist alles überaus verzweifelt und grundlos da geworden. Darum hat mich's verdrossen, daß man unter deinem Namen und der römischen Kirche Schein das arme Volk in aller Welt betrog und beschädigt; dawider hab ich mich gelegt und will mich auch noch legen, so lang in mir mein christlicher Geist lebet. Nicht daß ich mich vermesse solcher unmöglicher Dinge oder verhoffte, etwas auszurichten in dem allergreulichsten römischen Sodom und Babylon, besonders dieweil mir so viele wütende Schmeichler widerstreben; sondern daß ich mich als einen schuldigen Diener bekenne aller Christenmenschen, daher mir gebühret, ihnen zu raten und sie zu warnen, daß sie doch weniger zahlreich und mit geringerem Schaden verderbet würden von den römischen Zerstörern.

Denn das ist dir selbst ja nicht verborgen, wie nun viel Jahre lang aus Rom in alle Welt nichts anderes denn Verderben des Leibes, der Seelen, der Güter und aller bösen Stücke die allerschädlichsten Exempel gleich geschwemmt sind und eingerissen haben; welches alles öffentlich, am Tage, jedermann bewußt ist, dadurch die römische Kirche, die vor Zeiten die allerheiligste war, nun geworden ist eine Mordgrube über alle Mordgruben, ein Bubenhaus über alle Bubenhäuser, ein Haupt und Reich aller Sünde, des Todes und der Verdammnis, daß nicht wohl zu denken ist, was mehr Bosheit hier könne zunehmen, wenn gleich der Endchrist selber käme.

Indes sitzt du, Heiliger Vater Leo, wie ein Schaf unter den Wölfen und gleich wie Daniel unter den Löwen und mit Ezechiel unter den Skorpionen. Was kannst du einziger wider so viel wilder Wunder? Und ob dir schon drei oder vier gelehrte, fromme Kardinäle zufielen, was wäre das unter solchem Haufen? Ihr müßtet eher durch Gift untergehen, ehe ihr vornähmt, der Sache zu helfen. Es ist aus mit dem römischen Stuhl, Gottes Zorn hat ihn überfallen ohn Aufhören, er ist feind den gemeinen Conciliis, er will sich nicht unterweisen noch reformieren lassen und vermag doch sein wütendes, unchristliches Wesen nicht zu hindern, damit er erfüllet, was gesagt ist von seiner Mutter, der alten Babylon: „Wir haben viel geheilet an der Babylon, noch ist sie nicht gesund geworden; wir wollen sie fahren lassen.“

Es sollte wohl drein und der Kardinäle Werk sein, daß ihr diesem Jammer wehret, aber die Krankheit spottet der Arznei, Pferd und Wagen geben nichts auf den Fuhrmann. Das ist die Ursache, warum es mir allzeit ist leid gewesen. du frommer Leo, daß du ein Papst geworden bist in dieser Zeit, der du wohl würdig wärest, zu bessern Zeiten Papst zu sein. Der römische Stuhl ist deiner und deines Gleichen nicht wert, sondern der böse Geist sollte Papst sein, der auch gewißlich mehr denn du in der Babylon regiert.

O wollte Gott, daß Du, entledigt von der Ehre (wie sie es nennen, deine allerschädlichsten Feinde), etwa von einer Pfründe oder deinem väterlichen Erbe dich halten möchtest; fürwahr mit solcher Ehre sollte billig niemand denn Judas Ischarioth und seines Gleichen, die Gott verstoßen hat, geehret sein. Denn sage mir, wozu bist du doch nutz in dem Papsttum, denn daß, je ärger und verzweifelter einer ist, je mehr und stärker er deiner Gewalt und Titel mißbraucht, die Leute zu beschädigen an Gut und Seele, Sünd und Schand zu mehren, den Glauben und Wahrheit zu dämpfen. O du allerunseligster Leo, der du sitzest in dem allergefährlichsten Stuhl, wahrlich, ich sage dir die Wahrheit, denn ich gönne dir Gutes.

So St. Bernhard seinen Papst Eugenius beklagt, da der römische Stuhl, wiewohl er schon auch zu derselben Zeit auf's ärgste war, doch noch in guter Hoffnung der Besserung regierte, wieviel mehr sollen wir dich beklagen, dieweil in diesen dreihundert Jahren die Bosheit und das Verderben so unwiderstehlich hat überhand genommen. Ist's nicht wahr, daß unter dem weiten Himmel ist nichts Ärgeres, Vergifteteres, Gehässigeres denn der Römische Hof? Denn er weit übertrifft der Türken Untugend, so daß es wahr ist, Rom sei vorzeiten gewesen eine Pforte des Himmels und ist nun ein weit aufgesperrter Rachen der Hölle, und leider ein solcher Rachen, den durch Gottes Zorn niemand kann zusperren; und kein Rat mehr übrig ist, denn daß wir möchten etliche warnen und erhalten, daß sie von dem römischen Rachen nicht verschlungen würden.

Siehe da, mein Heiliger Vater, das ist die Ursach und Bewegung, warum ich so hart wider diesen pestilenzischen Stuhl gestoßen habe,...

Erscheint lt. Verlag 20.1.2015
Verlagsort Prague
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Briefe / Tagebücher
Geisteswissenschaften Religion / Theologie Christentum
Schlagworte Bibel • Jean Paul • Max Weber • Meister Eckhart • Memoiren • Protestantismus • Reformation
ISBN-10 80-268-2763-5 / 8026827635
ISBN-13 978-80-268-2763-4 / 9788026827634
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