Der Fürst (eBook)

(Autor)

Max Oberbreyer (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2014
160 Seiten
Anaconda Verlag
978-3-7306-9067-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Der Fürst - Niccolò Machiavelli
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Machiavellis 'Der Fürst' ist der berühmteste staatsphilosophische Traktat der Weltliteratur. Unter dem Begriff des Machiavellismus fasst man noch heute die Haltung skrupelloser Machtpolitik, einst wirkungsvoll kritisiert von Friedrich dem Großen in seinem 'Antimachiavell'. Schockiert und fasziniert hat durch die Jahrhunderte vor allem der schonungslos rationalistische Realismus, mit dem sich Machiavelli in seinen Analysen und Empfehlungen über bestehende Moralvorstellungen hinwegsetzt, sofern es dem höheren Ziel der Erhaltung des Staates dient. Sein Werk wurde mal als grundlegender Beitrag zur Fürstenerziehung, mal als Rechtfertigungstheorie tyrannischer Regentschaft, mal als Legitimierung der Staatsraison gedeutet.

3. Von vermischten Herrschaften


Aber die neuen Herrschaften sind ganz anderen Schwierigkeiten unterworfen. Und zwar erstens, wenn nicht das ganze Reich neu ist, sondern nur ein Teil davon und es also ein vermischtes Reich genannt werden könnte, so entstehen gewaltsame Veränderungen aus einer natürlicher Schwierigkeit, welche allen neuen Herrschaften gemein ist und daher rührt, dass die Menschen gern ihren Herrn verändern in der Hoffnung, dass es ihre Lage verbessern könne, und hierauf die Waffen ergreifen: Darin aber irren sie, denn sie erfahren bald, dass es schlimmer wird. Und das liegt wieder in der Natur der Dinge: Weil der neue Herr seine Untertanen mit Soldaten und auf manche andere Art niederzuhalten genötigt ist, bloß weil die Herrschaft neu ist. Du wirst also all diejenigen zu Feinden haben, die du durch die Eroberung selbst geschädigt hast, ohne diejenigen, durch deren Hilfe du Herr geworden bist, zu Freunden zu behalten, weil du sie nicht nach ihren Wünschen befriedigen kannst und auch keine kräftigen Heilmittel anwenden darfst wegen der Dankbarkeit, die du ihnen schuldig bist. Denn auch der Mächtigste bedarf der Begünstigung von Einheimischen, um in das Land einzudringen. Aus dieser Ursache hat Ludwig XII. von Frankreich Mailand so geschwind erobert – und so geschwind wieder verloren. Das erste Mal war die eigene Kraft des vertriebenen Herzogs Ludovico Sforza hinreichend, weil das Volk, das jenen eingeführt hatte und sich in seiner Hoffnung getäuscht fand, den Widerwillen gegen die neue Herrschaft nicht ertragen mochte. Es ist wahr, dass auf solche Weise zum zweiten Mal eroberte Länder nicht wieder so leicht verloren gehen, weil der Herr von der Rebellion Veranlassung nimmt, sich durch strenge Maßregeln zu sichern, Verbrecher zu strafen, Verdacht aufzuklären und an den schwachen Stellen Vorkehrungen zu treffen. Wenn es, um Mailand den Franzosen wieder zu entreißen, das erste Mal hinreichend war, dass Herzog Ludovico an der Mailänder Grenze Rumor anfing, so musste sich beim zweiten Mal die ganze Welt dagegen vereinigen, um die französischen Heere zu vernichten oder zu vertreiben. Die Ursachen sind oben angegeben. Dennoch verlor Frankreich das mailändische Gebiet zum zweiten Mal. Die allgemeinen Veranlassungen der ersten Begebenheit sind erzählt; es bleibt also noch übrig, die Ursachen der zweiten zu betrachten und die Mittel anzugeben, wie man sich in solcher Lage besser behaupten kann, als der König von Frankreich es getan hat. Ich sage also, dass solche Provinzen, welche erobert und mit den alten Staaten des Eroberers verbunden werden, entweder zu demselben Land gehören und dieselbe Sprache reden oder dies nicht tun. In dem ersten Fall ist es sehr leicht, sie festzuhalten, vorzüglich wenn sie nicht an Unabhängigkeit gewöhnt gewesen sind. Um sie mit Sicherheit zu beherrschen, ist es hinreichend, die Familie ihrer vorigen Beherrscher auszurotten; denn weil die Einwohner ihre alten Gewohnheiten und Verhältnisse beibehalten, auch übrigens gleiche Sitten mit ihren neuen Mituntertanen haben, so leben sie ruhig; wie man es in der Bretagne, der Gascogne und der Normandie gesehen hat, welche schon lange mit Frankreich verbunden sind. Wenngleich zwischen diesen Provinzen und dem übrigen Frankreich in der Sprache geringer Unterschied ist, so stimmen doch die Sitten überein und daher vertragen sie sich leicht miteinander. Wer solche Provinzen erobert hat und sie behalten will, muss auf zwei Dinge Rücksicht nehmen. Erstens: Die Familie der vorigen Regenten muss ausgelöscht werden. Zweitens: Die alten Gesetze und Verfassungen darf er nicht verändern. So werden alte und neue Staaten baldmöglichst zu einem Ganzen zusammenschmelzen. Aber wenn Provinzen eines Landes erobert werden, das an Sprache, Sitten und Verfassung verschieden ist, so entstehen Schwierigkeiten und es gehört viel Glück und große Bemühung dazu, sie zu behalten. Eines der kräftigsten Mittel ist, dass der Eroberer selbst sich dorthin begebe, um daselbst seinen Wohnsitz aufzuschlagen. Dadurch wird der Besitz gesichert und dauerhaft. So haben es die Türken mit dem griechischen Reich gemacht, welches sie trotz aller übrigen angewandten Bemühungen nicht hätten behaupten können, wenn sie nicht die Residenz in Konstantinopel genommen hätten. Denn wenn der Regent sich selbst dort befindet, so sieht er alle Unordnungen in ihrer Entstehung und kann geschwind abhelfen. Ist er jedoch nicht an Ort und Stelle, so vernimmt er sie erst, wenn sie schon sehr angewachsen sind und keine Abhilfe mehr möglich ist. Außerdem wird das Land nicht von den Beamten des Regenten ausgeplündert: Es beruhigt die Einwohner, dass sie zu ihm selbst ihre Zuflucht nehmen können. Ist er gut, so wird er geliebt; ist er es nicht, so wird er doch gefürchtet. Fremde, die den Staat angreifen möchten, haben mehr Rücksicht zu nehmen. Solange der Regent dort wohnt, ist es schwer, ihn dessen zu berauben.

Das zweite vorzügliche Mittel ist, Kolonien an ein oder zwei Orten zu errichten, die Schlüsselstellen des Landes sind. Dies ist notwendig; wer es unterlässt, muss dorthin wenigstens eine hinreichende Kriegsmacht entsenden. Die Kolonien kosten den Fürsten nicht viel. Er besetzt sie ohne großen Aufwand und fügt nur denjenigen einen Schaden zu, die von Haus und Hof vertrieben werden, um neuen Bewohnern Platz zu machen. Dies ist immer nur der kleinere Teil. Diese Geschädigten leben zerstreut und sind arm: Sie können selbst wenig Schaden anrichten; und alle Übrigen werden leicht beruhigt oder sie fürchten sich, dass es ihnen so ergehen könnte wie jenen, wenn sie sich rühren. Wohl zu merken ist, dass die Menschen entweder zur Ruhe geschmeichelt oder vernichtet werden müssen. Denn wegen geringer Bedrängnisse rächen sie sich; wegen großer vermögen sie das nicht. Jede Verletzung muss also so zugefügt werden, dass keine Rache zu befürchten ist. Wird statt der Kolonien Besatzung gehalten, so kostet das so viel, dass die gesamten Einkünfte des neuen Staats dafür aufzuwenden sind. Die Eroberung schlägt also zum Schaden aus und verletzt weit mehr, weil sie den ganzen neuen Staat trifft. Jeder fühlt die Last der Einquartierung und jeder wird Feind; diese Feinde aber bleiben, wenn sie geschlagen sind, in ihren eigenen Wohnungen. Nach allen Seiten also ist diese Besatzung schädlich: Die Kolonien hingegen sind nützlich. Ferner muss der Herr einer solchen für sich bestehenden und abgesonderten Provinz sich zum Oberhaupt und Beschützer der schwächeren Nachbarn machen und die mächtigen unter ihnen zu schwächen suchen: Vor allen Dingen aber muss er verhindern, dass ein anderer Fremder, der so mächtig ist wie er selbst, hereindringt. Solche werden immer von Unzufriedenen, aus Ehrgeiz oder aus Furcht hereingelassen. Man hat einst gesehen, dass die Römer durch die Ätolier nach Griechenland gelassen wurden. Ebenso wurden sie in alle Länder, in die sie eingedrungen sind, durch die Einwohner hereingerufen. Es geht damit folgendermaßen zu: Sobald ein Fremder in einem Land Fuß fasst, so hängen sich alle Mindermächtigen in demselben an ihn aus Neid gegen denjenigen, der im Land selbst der Mächtigste war. Gegen jene Mindermächtigen ist also nur wenig zu tun. Sie sind leicht gewonnen und machen gemeinschaftliche Sache mit dem neu Eingedrungenen. Dieser hat nur dafür zu sorgen, dass jene nicht mächtiger werden; und er kann leicht diejenigen, welche das Haupt emporheben, niederdrücken und also selbst die Oberhand behalten. Wer diese Verhältnisse nicht gut zu regieren weiß, verliert seine Eroberung und hat unendliche Mühe und Verdruss, solange er sie behält. Die Römer führten ihre Sache in den eroberten Provinzen sehr gut, sandten Kolonien hin, unterstützten die Schwachen, ohne sie zu stark werden zu lassen, demütigten die Mächtigen und ließen mächtige Fremde zu keinem Ansehen aufkommen. Griechenland dient hinlänglich zum Beispiel. Sie hielten die Achäer und Ätolier aufrecht, sie erniedrigten die Könige von Mazedonien, vertrieben den Antiochus. Achäer und Ätolier konnten trotz all ihrer Verdienste um sie doch nicht die Erlaubnis erwirken, irgendeinen Staat mit sich zu verbinden; durch alle Schmeicheleien des Philipp ließen sie sich nicht dazu verleiten, seine Freunde zu sein, ohne ihn niederzuhalten; Antiochus konnte mit all seiner Macht nicht erreichen, dass sie ihm zugestanden hätten, in Griechenland festen Fuß zu fassen. Die Römer taten in diesen Fällen, was alle vorsichtigen Regenten tun müssen, welche nicht allein auf die gegenwärtigen, sondern auch auf die künftigen Unruhen achten und diesen begegnen. Was man von ferne kommen sieht, dem ist leicht abzuhelfen; wenn man aber wartet, bis das Übel da ist, so kommt die Arznei zu spät und es geht, wie die Ärzte von der Lungensucht sagen: dass sie am Anfang zwar leicht zu heilen, aber schwer zu erkennen sei; wenn sie aber am Anfang verkannt werde, sei sie in der Folge zwar leicht zu erkennen, jedoch schwer zu heilen. Ebenso geht es dem Staat. Auch in ihm sind die Übel, die man von fern erkennt, (das vermag aber nur der, welcher Verstand hat) leicht und geschwind geheilt; hat man sie aber so weit anwachsen lassen, dass jeder sie erkennt, so ist kein Mittel mehr dagegen zu finden. Die Römer also sahen die Verlegenheiten, ehe sie entstanden, von ferne und ließen sie...

Erscheint lt. Verlag 17.4.2014
Reihe/Serie Große Klassiker zum kleinen Preis
Große Klassiker zum kleinen Preis
Übersetzer Wilhelm Rehberg
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Philosophie der Neuzeit
Schlagworte eBooks • Fürsten • Herrschaft • Machtpolitik • Neuzeit • Philosophie • Politik • Staatsphilosophie • Strategie
ISBN-10 3-7306-9067-1 / 3730690671
ISBN-13 978-3-7306-9067-3 / 9783730690673
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