Gedächtnis und Erinnerung am Beispiel des Nationalsozialismus in Kärnten
Bachelor + Master Publishing (Verlag)
978-3-95684-269-6 (ISBN)
Diese Arbeit behandelt verschiedene Theorien zum Begriff des Gedächtnisses, ausgehend vom Konzept des Kollektivgedächtnisses von Halbwachs bis hin zur Theorie der Erinnerungsorte von Pierre Nora. Es soll gezeigt werden, welche Orte der Erinnerung vor allem Denkmäler und Gedenkstätten an die Opfer des Nationalsozialismus in Kärnten existieren und welche Bedeutung diese für die Bevölkerung haben.
Textprobe:
Kapitel 2.3, Autobiografisches Gedächtnis:
Harald Welzer greift bei seinen Überlegungen den Begriff des kollektiven Gedächtnisses von Halbwachs auf, ebenso den Gedächtnisbegriff bei Aleida und Jan Assmann sowie Untersuchungen aus der Neurowissenschaft und der Psychologie. Biologische Reife, psychologische Entwicklung und soziale Umwelt spielen in seinen Überlegungen eine bedeutende Rolle für die Entwicklung des Gedächtnisses: Welzer spricht von einem autobiografischen Gedächtnis, das sich im sozialen Umfeld entwickelt (vgl. 2002a, S. 15ff.).
Welzer kritisiert den Begriff des Kollektivgedächtnisses von Halbwachs, denn er sei unscharf und ungenau. Anstatt von einem kollektiven Gedächtnis zu reden, solle dieses in verschiedene, differenzierte Gedächtnisformen gegliedert werden. Als eine teilweise gelungene Unterteilung des Gedächtnisses in verschiedene Formen sieht Welzer die Unterscheidung von individuellem, kollektivem, kulturellem und kommunikativem Gedächtnis bei Aleida und Jan Assmann. Laut Welzer ist diese jedoch noch immer unzureichend: Die Grenzen des kollektiven Gedächtnisses seien unscharf, das individuelle Gedächtnis sei ungenau definiert (vgl. 2002b, S. 230f.).
Gemäß Welzer geht der Gedächtnisbegriff von Aleida und Jan Assmann auf die kommunikative Praxis von Gruppen und Gesellschaften ein, nicht aber darauf, wie sich das kommunikative Gedächtnis auf Seite des Individuums verhält (2002a, S. 15). Er betrachtet dieses aus Sicht der Einzelperson und spricht von einem autobiografischen Gedächtnis, das sich durch soziale Interaktionen entwickelt und auch nur beim Kontakt zu anderen auflebt. Das autobiografische Gedächtnis hat die Aufgabe, unsere Erinnerungen anzuordnen und so zu beschreiben, dass sie dem gegenwärtigen Ich entsprechen (vgl. ibd., S. 208 222). Welzer geht von neurowissenschaftlichen Überlegungen aus und weist auf die zentrale Bedeutung von Emotionen für das Gedächtnis hin. Diese sind als Bewertungen zu sehen, die Erfahrungen mit Werten verbinden und erst dadurch subjektiv sinnvolles Handeln erlauben. Da diese Bewertungen vom Körper vermittelt werden, ist es notwendig, das individuelle Gedächtnis in Bezug auf die organischen Verbindungen zu betrachten. Gemäß Welzer müssen also neurowissenschaftliche Befunde berücksichtigt werden, um den Aufbau des Gedächtnisses zu begründen. Folglich hält er es für sinnvoll, zwischen einem bewussten kulturellen Gedächtnis und einem unbewussten sozialen Gedächtnis zu unterscheiden (vgl. ibd., 2002b, S. 230).
2.4, Formierung sozialer Gedächtnisse:
Von einem sozialen Gedächtnis ist auch bei Gerd Sebald und Jan Weyand (2011) die Rede. Sie entwickelten eine relativ junge soziologische Theorie und sprechen von der Formierung sozialer Gedächtnisse. Sebald und Weyand gründen ihre Überlegungen unter anderem auf die Unterscheidung von kommunikativem und kulturellem Gedächtnis nach Aleida und Jan Assmann sowie die Betrachtung des Gedächtnisses in Bezug auf das Individuum nach Welzer. Sie bauen auf der Theorie der sozialen Rahmen und den Aspekten der Rekonstruktivität und Funktionalität von Halbwachs auf (vgl. Sebald/Weyand, 2011, S. 175-178.).
Sebald und Weyand definieren soziale Gedächtnisse als das soziale Vermögen, Vergangenes gegenwärtig verfügbar zu halten bzw. zu machen (ibd., S. 174). Individuen und soziale Systeme können die Vergangenheit in der Gegenwart rekonstruieren. Dabei hängt die Erinnerung nicht nur vom rekonstruierten Bild der Vergangenheit ab, sondern auch von den sozialen Bedingungen der Gegenwart. Diese legen fest, wie sich Individuen und soziale Gruppen erinnern können. Sebald und Weyand bezeichnen die sozialen Bedingungen und den Prozess, diese zu strukturieren, als Formierung sozialer Gedächtnisse. Diese Theorie baut grundlegend auf Halbwachs auf, Sebald und Weyand kritisieren jedoch die Interaktionsbasiertheit in ihrer ursprünglichen Form: Diese sei in der modernen Zeit nicht mehr vertretba
Erscheint lt. Verlag | 3.3.2014 |
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Reihe/Serie | Bachelorarbeit |
Sprache | deutsch |
Maße | 155 x 220 mm |
Gewicht | 80 g |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Geschichte |
Sozialwissenschaften ► Ethnologie ► Volkskunde | |
Schlagworte | Erinnerung (Geschichte) • Gedächtnis (Geschichte) • Kärnten, Geschichte • Nationalsozialismus (Ideologie) |
ISBN-10 | 3-95684-269-3 / 3956842693 |
ISBN-13 | 978-3-95684-269-6 / 9783956842696 |
Zustand | Neuware |
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