Der ruhelose Rebell
In den frühen zwanziger Jahren, der fieberhaft erregten Nachkriegszeit, war er der Schrecken der Bürger: Karl Plättner. Nach dem gescheiterten mitteldeutschen Aufstand vom März 1921 scharte er einen Kreis gleichgesinnter Draufgänger um sich und praktizierte die "individuelle Expropriation der Expropriateure". Über Monate verbreitete die Plättner-Gruppe Furcht und Schrecken im besitzenden Bürgertum. Sie überfiel Bankfilialen und plünderte Werkskassen, nicht um sich zu bereichern, sondern um - wie sie glaubte - die soziale Revolution voranzubringen. Volker Ullrich holt in seinem brillant geschriebenen Buch den "mitteldeutschen Bandenführer" aus der Vergangenheit zurück und zeichnet das Lebensbild dieses Sozialrebellen.
lt;p>In den frühen zwanziger Jahren, der fieberhaft erregten Nachkriegszeit, war er der Schrecken der Bürger: Karl Plättner. Nach dem gescheiterten mitteldeutschen Aufstand vom März 1921 scharte er einen Kreis gleichgesinnter Draufgänger um sich und praktizierte die " individuelle Expropriation der Expropriateure" . Über Monate verbreitete die Plättner-Gruppe Furcht und Schrecken im besitzenden Bürgertum. Sie überfiel Bankfilialen und plünderte Werkskassen, nicht um sich zu bereichern, sondern um - wie sie glaubte - die soziale Revolution voranzubringen. Volker Ullrich holt in seinem brillant geschriebenen Buch den " mitteldeutschen Bandenführer" aus der Vergangenheit zurück und zeichnet das Lebensbild dieses Sozialrebellen.Volker Ullrich ist in zahlreichen Archiven den Lebensspuren Karl Plättners nachgegangen und hat vielfach gänzlich unbekanntes Material zutage gefördert. Einfühlsam und zugleich distanziert zeichnet er das Portrait eines Sozialrebellen, der seine politische Prägung in der sozialdemokratischen Organisationswelt vor 1914 erhielt, im Weltkrieg und in der Novemberrevolution jedoch, wie viele andere enttäuschte SPD-Anhänger, sich schrittweise radikalisierte und endlich vor der letzten Konsequenz, dem "organisierten Bandenkampf" , nicht mehr zurückschreckte. Im Mittelpunkt dieses Buches stehen die spektakulären Enteignungsaktionen der Plättner-Gruppe mit ihren abenteuerlichen, mitunter auch skurrilen Aspekten, doch geht der Autor auch auf den großen Prozeß vor dem Staatsgerichtshof 1923 und auf die langen Jahre hinter Kerkermauern ausführlich ein. Am Ende stehen Plättners Martyrium in verschiedenen nationalsozialistischen Konzentrationslagern und sein Tod nur wenige Wochen nach der Befreiung Anfang Mai 1945.
Dr. Volker Ullrich, geboren 1943, studierte Geschichte, Literaturwissenschaft und Philosophie. Er ist Redakteur im Ressort Literatur der ZEIT und hier verantwortlich für das 'Politische Buch'.
"1. Herkunft und Milieu
Mitten in Deutschland, zwischen Saale und Harz, liegt das Mansfelder Land. Einst war es eine wirtschaftlich blühende Region. Hier wurde seit Ende des 12. Jahrhunderts Kupferschiefer abgebaut und verarbeitet. In ihren besten Zeiten versorgten die Mansfelder Gruben ganz Westeuropa mit dem begehrten Edelmetall. Noch heute ragen die Spitzkegelhalden wie Pyramiden in den Himmel - stumme Zeugnisse einer vielhundertjährigen Bergbaugeschichte, die mit der Wende von 1990 ein jähes Ende fand.
Von ihrer anstrengenden, in liegender Haltung verrichteten Tätigkeit in den niedrigen Stollen bekämen die Bergarbeiter 'nicht selten einen krummen Hals', beobachtete der Arzt und gelehrte Humanist Georgius Agricola in seiner Darstellung des Berg- und Hüttenwesens aus dem Jahre 1556. Ein krummer Hals muß nicht am aufrechten Gang hindern. Die Berg- und Hüttenleute im Mansfeldischen waren ein aufsässiges Volk, das die Botschaft der Reformation auf eigensinnige Weise deutete - an ders jedenfalls als der Reformator selbst, der berühmte Sohn des Mansfelder Hüttenmeisters Hans Luther. Im Bauernkrieg von 1525 erfaßte die Flamme der Empörung auch das Mansfelder Revier. Vergeblich predigte Martin Luther den Bewohnern seiner Heimat Gehorsam gegenüber der Obrigkeit. 'Doktor Luther ist im mansfeldischen Lande', heißt es in einem zeitgenössischen Bericht, 'aber er kann solchen Aufruhr ... nicht wehren'. Von Mühlhausen aus richtete Thomas Müntzer, der große Gegenspieler Luthers, Ende April 1525 einen flammenden Appell an die Bergknappen im Mansfeldischen - das 'leidvollste, rasendste Revolutionsmanifest aller Zeiten', wie Ernst Bloch gemeint hat:
'Dran, dran, dyeweyl das feuer hayß ist. Lasset euer schwerth nit kalt werden, lasset nit vorlehmen! Schmidet pinkepanke auf den anbossen Nymroths, werfet ihne den thorm zu bodem! Es ist nit mugelich, weyl sie leben, das ir der menschlichen forcht soltet lehr werden, mann kan euch von Gotte nit sagen ...'"
Erscheint lt. Verlag | 17.8.2000 |
---|---|
Zusatzinfo | mit 17 Abbildungen im Text |
Sprache | deutsch |
Maße | 121 x 203 mm |
Gewicht | 396 g |
Themenwelt | Literatur ► Biografien / Erfahrungsberichte |
Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik | |
Geisteswissenschaften ► Geschichte ► Regional- / Ländergeschichte | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung ► Politische Theorie | |
Schlagworte | Arbeiterschaft • Autor • Berlin • Biografie • Biographie • Deutschland • Deutschland, Geschichte; Biografien • Eros • Geschichte • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Geschichte/Biographien, Autobiographien • HC/Sachbücher/Geschichte/Biographien, Autobiographien • Karl Plättner • Kommunist • KPD • Märzkämpfe • Plättner, Karl • Plättner, Karl /Biographie • Sexualität • Soziale Revolution • Sozialgeschichte • Sozialrevolutionär |
ISBN-10 | 3-406-46585-4 / 3406465854 |
ISBN-13 | 978-3-406-46585-7 / 9783406465857 |
Zustand | Neuware |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |
aus dem Bereich