Der Irak-Krieg 2003 im Lichte der Wiederkehr des gerechten Krieges. -  Jan-Andres Schulze

Der Irak-Krieg 2003 im Lichte der Wiederkehr des gerechten Krieges. (eBook)

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2011 | 1. Auflage
210 Seiten
Duncker & Humblot GmbH (Verlag)
978-3-428-51896-8 (ISBN)
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Der 'gerechte Krieg' und seine widersprüchliche Bewertung - hochaktuelles wie klassisches Thema der Politischen Theorie - stehen im Mittelpunkt der vorliegenden Studie. Jan-Andres Schulze zieht bei der Frage nach der Legalität bzw. Legitimität des Vorgehens der USA gegen den Irak 2003 die bedeutendsten historischen und zeitgenössischen Theoretiker der Lehre des 'gerechten Krieges' heran. Als Hauptzeuge dient ihm insbesondere der spanische Spätscholastiker Francisco de Vitoria, der als Begründer des Völkerrechts gilt. Denn viele Indizien und gemeinsame 'Meta-Bedingungen' sprechen dafür, daß die Kriege im zivilisatorischen Altersstadium der Staaten eindrucksvolle Parallelen zu den Kriegen der fünfhundert Jahre zurückliegenden Entstehungsphase der Staaten - die Zeit Franciso de Vitorias - aufweisen. Der Autor wendet die klassischen Rechtfertigungsgründe des 'gerechten Krieges' auf die 'Operation Iraqi Freedom' an. Dabei wird u. a. die historische und strukturelle Parallelität zwischen dem Verhältnis der Vereinten Nationen und den USA einerseits und den Universalmächten zu Zeiten der Conquista andererseits diskutiert. Angesichts der Wiederkehr illegaler Kombattanten und des Söldnerwesens untersucht der Autor, ob die aus der spanischen Epoche des Völkerrechts entnommene religiös-honorable Komponente eine ähnlich begrenzende Wirkung auf die Kriegführung zukünftiger Konflikte haben könnte, wie dies bereits im französischen Völkerrechtszeitalter der Kabinettskriege der Fall gewesen ist. Fazit: Die erarbeiteten Vergleichsschemata von Irak-Krieg und spanischer Conquista erlauben eine einordnende Bewertung der 'Operation Iraqi Freedom', die wie die Conquista hinter den völkerrechtlichen bzw. theologischen Normierungen und Forderungen zurückbleibt. Abschließend diskutiert Jan-Andres Schulze die Chancen einer Lehre vom gerechten Krieg für die Gegenwart.

Vorwort 6
Inhaltsverzeichnis 8
1. Prolog 10
1.1 Der Analyserahmen des Irak-Krieges 2003 10
1.2 Bedeutende Theoretiker der Lehre des gerechten Krieges 15
1.3 "Prima Cathedra de Salamanca" –Francisco de Vitoria 25
1.4 Zeitgenössische Kritiker und Erneuerer der Lehre des gerechten Krieges 28
2. "Ius ad bellum" –das Recht zum Krieg 32
2.1 "Legitima auctoritas" –die Berechtigung zur Kriegführung 32
2.1.1 "Quis iudicabit" –Vereinigte Staaten oder Vereinte Nationen? 32
2.1.2 Kaiser, Papst oder Fürst? –die Lösung Vitorias 40
2.2 "Iusta causa" –gerechte Gründe und Rechtstitel 48
2.2.1 Die Verteidigung des Lebens und der Habe 49
2.2.2 Der Tyrann und die humanitäre Intervention 54
2.3 "Recta intentio" –die Wiederherstellung einer gerechten Ordnung 66
3. "Ius in bello" –Periodizität und Interdependenzen der Kriegführung 77
3.1 Wiederkehr und Symbiose "illegaler Kombattanten" 78
3.1.1 Vom maritimen Flibustier ... 78
3.1.2 ... über den tellurischen Partisanen ... 82
3.1.3 ... zum Terroristen 87
3.2 Die Bekämpfung der "hostes generis humani" 92
3.2.1 Die Renaissance der Renaissance –moderne Söldner 92
3.2.2 Das luftgestützte Massaker 98
3.2.3 Die Gefangennahme 103
3.3 Interdependenz von Kriegführung und Kriegsbegründung 106
3.3.1 Der gerechte Krieg und seine Mutation 106
3.3.2 Die Mediatorie des Krieges 124
3.4 Der Standpunkt der Theorie des gerechten Krieges 129
4. Hegung des Krieges –eine Frage der Ehre? 134
4.1 Ritterliche Ehre und Kriegführung 138
4.2 Hegung in der Epoche des gerechten Feindes 146
4.3 Ehre als normatives Moment soldatischen Handelns 154
5. Epilog oder die Zukunft des gerechten Krieges 163
5.1 Die Lehre Francisco de Vitorias in der Gegenwart 163
5.2 Der Irak-Krieg und die Chancen einer Theorie des gerechten Krieges 168
Literaturverzeichnis 182
Personenverzeichnis 208
Sachwortverzeichnis 210

5. Epilog oder die Zukunft des gerechten Krieges (S. 162-163)

5.1 Die Lehre Francisco de Vitorias in der Gegenwart


Der einflußreiche amerikanische Völkerrechtsgelehrte James Brown Scott befindet, daß Francisco de Vitoria das heutige Weltbild bereits insofern mitgeschöpft habe, als daß er die mittelalterliche Auffassung, wonach nur die Staaten der Christenheit eine internationale Gemeinschaft gebildet hätten, zugunsten einer Gemeinschaft aller Staaten ohne Unterschied von Geographie, Rasse oder Religion aufgegeben hätte:

It was obvious to him that nations, large and small, must have relations one with another, and he therefore thought of them as a constituting society of states, an international community which existed because of the coexistence of the states. And just as a state possessed the power to make laws for the government and well-being of its citizens, so this international commonwealth possessed, in Victoria’s opinion, a right to legislate for the good of society as a whole2 [. . .] for he employs the term ius gentium [. . .] in the sense of the law applicable among nations.

Doch ist Vitorias „ius gentium“ nicht als Gesetz zwischen den Nationen definiert, sondern als die bei allen Völkern festzustellende natürliche Vernunft: Was durch die Natur der Sache selbst gerecht ist, gehört zum Naturrecht. Was recht ist durch Gesetzeskraft oder kraft einer privaten Vereinbarung und nicht durch die Natur der Sache selbst, gehört zum positiven Recht.4 [. . .] Das, was die natürliche Anschauung bei allen Völkern darstellt, wird Recht der Völker genannt.

Vitoria scheint sich hierbei direkt auf die Definition der Institutionen des Gaius zu beziehen – „Quod naturalis ratio inter omnes homines constituit, vocatur ius gentium“ –, wobei er nur „inter omnes homines“ durch „inter omnes gentes“ ersetzt.6 Das Naturrecht ist für Vitoria erste und oberste Quelle des Völkerrechts. Wenn das Völkerrecht seinerseits „nicht immer aus dem Naturrecht hergeleitet werden kann, scheint es doch ausreichend, wenn es die Zustimmung des größeren Teiles der ganzen Erde hat.“

Die in diesem Kontext erhobene Mehrheitsregel nach „Zustimmung des größeren Teiles“ erscheint auf den ersten Blick revolutionär, angesichts des im Oktober 1522 durch Carlos I. niedergeschlagenen Aufstands der Communeros, die zu dieser Zeit die bedeutendste und breiteste Bewegung gegen den spanischen Absolutismus ist.  Doch trägt die Formulierung Vitorias ganz den Duktus des politischen Aristotelismus, in dem der Begriff Mehrheit durch Anzahl, aber insbesondere auch durch die Bedeutung der sie bildenden Personen bestimmt ist.9 Außerdem gilt es zu berücksichtigen, daß eine Mehrheitsregel in denjenigen Fällen „unmenschlich und unvernünftig ist“10 und ergo keine Gesetzeskraft erlangen kann, in denen gegen natürliches und göttliches Recht verstoßen wird. Denn das im Lichte der „lex aeterna“ – der „Vernunft der göttlichen Weisheit“11 – auf den Menschen ausstrahlende „lex naturalis“, das natürliche Sittengesetz, verpflichtet den Menschen unabhängig von positiven Satzungen.

Erscheint lt. Verlag 2.2.2011
Reihe/Serie Beiträge zur Politischen Wissenschaft
Zusatzinfo 210 S.
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung Politische Theorie
Schlagworte Gerechter Krieg • Irak-Krieg (2003) • Krieg /Legitimation • Vitoria, Francisco de
ISBN-10 3-428-51896-9 / 3428518969
ISBN-13 978-3-428-51896-8 / 9783428518968
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