Lüge als Prinzip (eBook)
219 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-0046-4 (ISBN)
Wolfgang Engler, geboren 1952 in Dresden, Soziologe, Dozent an der Schauspielhochschule »Ernst Busch« in Berlin, von 2005 bis 2017 dort Rektor. Langjähriger Lehrbeauftragter an der Universität St. Gallen. Bei Aufbau erschienen »Unerhörte Freiheit. Arbeit und Bildung in Zukunft«, »Lüge als Prinzip. Aufrichtigkeit im Kapitalismus«, »Die Ostdeutschen. Kunde von einem verlorenen Land«, »Die Ostdeutschen als Avantgarde« und »Bürger, ohne Arbeit. Für eine radikale Neugestaltung der Gesellschaft«. Zuletzt, zusammen mit Jana Hensel, 'Wer wir sind. Die Erfahrung, ostdeutsch zu sein'.
Inhalt 6
In der Wahrheitsfalle 10
Aufrichtigkeit als Gebot der Gegenwart 22
Regeln für den Hausgebrauch 22
Die Regeln des Marktes 31
Das Theater der Aufrichtigkeit 62
Hommage an Michel Foucault Philosophisches Geleit: Gorgias 62
Zeigen und Schweigen 64
Aufrichtigkeit im Grundriss 78
Aufrichtigkeit in der Entfaltung 95
»Aufrichtige« Soziologie 115
Aufrichtigkeit im Umbruch 130
Aufrichtig, authentisch, echt 148
Anhang 174
Das Theater der Aufrichtigkeit Hommage an Michel Foucault (S. 61-62)
Philosophisches Geleit: Gorgias
Der Zweifel an der Brauchbarkeit der menschlichen Sprache für Verständigungszwecke ist alt. Auch innerhalb der europäischen Denktradition reicht er weit zurück. Ausgangs des fünften vorchristlichen Jahrhunderts zieht Gorgias ein erstes Resümee. Angenommen, es gäbe ein Seiendes (das es nicht gibt) und dieses Seiende wäre erkennbar (was es nicht ist), so ließe sich diese Erkenntnis den Mitmenschen gleichwohl nicht adäquat vermitteln. Denn erstens erlischt im Wort die lebendige Vorstellung der Dinge. Wie »könnte das [Ding] dem deutlich werden, der es gehört, aber nicht gesehen hat?
Denn gerade wie das Auge nicht die Töne wahrnimmt, so hört auch das Gehör keine Farben, sondern Töne. Und es spricht der Sprechende [Worte], aber keine Farbe und überhaupt kein Ding. Wovon jemand nun [überhaupt] keine Vorstellung hat, wie könnte er das von einem anderen vermittels eines Wortes oder irgendeines Zeichens, das doch von dem Dinge selber verschieden ist, geistig aufnehmen?«43 Wären die Vorstellungen im Wort mitteilbar, so bedeuteten sie zweitens für den Sprecher und den Hörer nicht dasselbe. »Denn es ist doch nicht möglich, daß dasselbe [Ding] zugleich in mehreren Personen, die voneinander getrennt sind, vorhanden ist!
Denn dann wäre ja das Eine zwei! Wenn es aber auch in mehreren Personen vorhanden und dasselbe wäre, so spricht doch nichts dagegen, daß es ihnen nicht gleich erscheint, wenn sie nicht in jeder Hinsicht gleich sind und in demselben [Körper]. Denn wenn es so wäre, dann wäre es eine einzige, aber nicht zwei Personen!« Die Worte sind nicht die Dinge und repräsentieren sie auch nicht. Zumindest nicht so, dass auch nur zwei Menschen dasselbe darunter verstünden.
Falls doch, dann handelte es sich gar nicht um verschiedene Personen, sondern nur um eine einzige. In diesem Fall wäre das Verständnis gesichert, die Kommunikation hingegen entbehrlich. Bemerkenswert an diesen Äußerungen ist, dass sie von einem Meister der Rhetorik stammen. Aber vielleicht war es gerade die rhetorische Praxis, die Gorgias an der Sachdienlichkeit der Worte zweifeln ließ. Viele Bedingungen mussten zusammentreffen, ehe man die Unmöglichkeit, im Wort das Seiende unmittelbar auszusagen, als Tragödie statt als Eigenart der sprachlichen Kommunikation begriff.
Erscheint lt. Verlag | 17.9.2010 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Sachbuch/Ratgeber ► Geschichte / Politik ► Politik / Gesellschaft | |
Geschichte ► Allgemeine Geschichte ► Zeitgeschichte | |
Sozialwissenschaften ► Politik / Verwaltung | |
Sozialwissenschaften ► Soziologie | |
Schlagworte | Aufklärung • Bürgertum • Eigennutz • Kapitalismus • Kultur • Lüge • Sozialmoral • Vertrauen • Wahn • Wahrhaftigkeit |
ISBN-10 | 3-8412-0046-X / 384120046X |
ISBN-13 | 978-3-8412-0046-4 / 9783841200464 |
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