Studieren in Ruinen (eBook)

Die Studenten der Universität Bonn in der Nachkriegszeit (1945-1955)
eBook Download: PDF
2010 | 1. Auflage
418 Seiten
Vandenhoeck & Ruprecht Unipress (Verlag)
978-3-86234-111-5 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Studieren in Ruinen -  Christian George
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Nur ein Jahr nach ihrer Zerstörung im Bombenkrieg öffnet die Universität Bonn im Herbst 1945 wieder ihre Tore. Doch die Gebäude sind nur notdürftig hergerichtet, weite Teile der Dozentenschaft aus politischen Gründen untragbar, die Studenten hungern und leiden unter Wohnungsnot und Kohlenmangel. Und doch sind sie von Idealismus beseelt und bereit, den Neuanfang zu wagen. Sie kommen erstmals in den Genuss einer freien, unzensierten Wissenschaft, die schnell auch internationale Bindungen knüpft. Sie verfügen über lange ungekannte Möglichkeiten zur Selbstorganisation und zur freien Formulierung ihrer Wünsche und Ziele. Die Studenten der Universität Bonn stehen repräsentativ für eine ganze Studentengeneration, die in den 60er Jahren zur politischen und gesellschaftlichen Führungsschicht der Bundesrepublik heranwächst. Anfang der 50er Jahre beginnt sich der universitäre Alltag zu normalisieren. Gleichzeitig vollzieht sich ein Generationswechsel in der Studentenschaft, der sich in einer geänderten Haltung zu politischen und gesellschaftlichen Fragen widerspiegelt. Ausgezeichnet mit dem Albert-Steeger-Preis des Landschaftsverbands Rheinland 2012.

Dr. Christian George, Jahrgang 1975, hat Rheinische Landeskunde in Bonn studiert und ist 2009 promoviert worden. Seit 2009 ist er Archivar am Landeshauptarchiv Koblenz.

Dr. Christian George, Jahrgang 1975, hat Rheinische Landeskunde in Bonn studiert und ist 2009 promoviert worden. Seit 2009 ist er Archivar am Landeshauptarchiv Koblenz.

Inhalt 6
Danksagung 10
Einleitung 12
1. Die Grundlagen 26
1.1. Die Bonner Studentenschaft im ›Dritten Reich‹ 26
1.2. Die britische Militärregierung und die Universitäten der britischen Zone 41
1.3. Universitärer Neubeginn in Bonn 47
1.4. Die University Education Control Officers (UECOs) 56
1.5. Die Universität Bonn und ihre übergeordneten Behörden 63
2. Der lange Weg zum Studium 68
2.1. Der Numerus clausus 69
2.2. Die fachliche Auswahl der Studenten 81
2.3. Die politische Überprüfung der Studenten 91
2.3.1. Aktive Offiziere 97
2.3.2. Politisch Verfolgte 100
2.4. Die studentischen Bau- und Einsatztrupps 101
2.5. Zusammenfassung und Ergebnisse 107
3. Die Struktur der Studentenschaft 110
3.1. Die Zahl der Studenten 116
3.2. Das Frauenstudium 121
3.3. Das Alter der Studenten 131
3.4. Studienfächer und Studienverhalten 137
3.5. Die geographische Herkunft der Studenten 144
3.6. Die gesellschaftliche Herkunft der Studenten 152
3.7. Die Qualifikation der Studenten 155
3.8. Die Konfession der Studenten 6
3.9. Die politische Vergangenheit der Studenten 162
3.10. Die militärische Vergangenheit der Studenten 166
3.11. Displaced Persons 171
3.12. Ausländische Studenten 186
3.13. Zusammenfassung und Ergebnisse 194
4. Die Studiensituation in der Nachkriegszeit 198
4.1. Die Lebensverhältnisse der Studenten 199
4.1.1. Die Wohnsituation 199
4.1.2. Die Lebensmittelversorgung 209
4.1.3. Der Gesundheitszustand der Studenten 219
4.1.4. Materielle Not und Studienfinanzierung 223
4.2. Hilfe für Studenten 229
4.2.1. Der Verein Studentenwohl 229
4.2.2. Studentische Selbsthilfe 235
4.2.3. Die GEFFRUB 239
4.2.4. Studienförderung 241
4.3. Universitäres Leben in der Nachkriegszeit 245
4.3.1. Die Situation der Lehre 245
4.3.2. Die Bemühungen um eine Studienreform 250
4.3.3. Studium Generale 254
4.4. Kontakte zum Ausland 256
4.4.1. Die Akademische Auslandsstelle und das AStA-Auslandsreferat 256
4.4.2. Ferienkurse 260
4.4.3. Studentenaustausch 264
4.5. Zusammenfassung: Die allmähliche Normalisierung 269
5. Organisation und Einstellung der Studentenschaft 274
5.1. Die studentische Selbstverwaltung 275
5.2. Die studentischen Vereinigungen 287
5.2.1. Die Studentengemeinden 289
5.2.1.1. Die katholische Studentengemeinde 290
5.2.1.2. Die evangelische Studentengemeinde 296
5.2.2. Politische Vereinigungen 305
5.2.3. Korporationen 312
5.2.4. Sonstige Vereinigungen 325
5.3. Studentische Zeitungen 330
5.4. Die politische Haltung der Studentenschaft 334
5.4.1. Das Fortleben nationalsozialistischen Gedankengutes . . 337
5.4.2. Das Verhältnis zur britischen Besatzungsmacht 343
5.4.3. Die Haltung zu politischen Fragen 346
5.4.3.1. Die Frage nach der deutschen Einheit 346
5.4.3.2. Die Frage der Wiederbewaffnung 353
5.5. Studenten und Professoren 356
5.6. Zusammenfassung: Der Umbruch zu Beginn der 50er Jahre 359
Fazit 362
Anhang 368
1. Tabellen 368
2. Abbildungen 370
3. Abkürzungsverzeichnis 379
4. Verzeichnis der Diagramme 381
Quellen- und Literaturverzeichnis 382
1. Archivalien 382
1.1. Archive in Bonn 382
1.1.1. Archive innerhalb der Universität Bonn 382
1.1.2. Weitere Archive in Bonn 387
1.2. Archive außerhalb Bonns 388
1.2.1. Archive in Köln 388
1.2.2. Archive in Düsseldorf 388
1.2.3. Weitere Archive außerhalb Bonns 390
2. Periodika 391
3. Selbstzeugnisse 392
4. Veröffentlichte Quellen und Forschungsliteratur 395

4. Die Studiensituation in der Nachkriegszeit (S. 197-198)


Die Notsituation der Nachkriegszeit traf Studenten besonders hart. Nur notdürftig untergebracht, mit nur einer Garnitur Kleidung und leerem Magen begannen sie ihr Studium an einer Universität, die selbst gezeichnet war von den Folgen des Krieges. »Wahrscheinlich war niemals eine Studentengeneration so sehr von Nahrungsmangel, Kleidermangel und Wohnraumnot betroffen wie diese.« Die vom Mangel bestimmten Studienbedingungen prägten die Studenten, forderten und förderten bestimmte Verhaltensweisen und ließen ein Zusammengehörigkeitsgefühl entstehen. Die Zeit des Mangels bildete den Erfahrungshorizont, der die erste Nachkriegsstudentengeneration deutlich von den nachfolgenden Studenten unterschied. Daher ist neben der Zusammensetzung der Studentenschaft die Studiensituation der Nachkriegszeit ein wichtiger Faktor für die Ausbildung eines Generationsbewusstseins der Nachkriegsstudenten. Wurden im vorangegangenen Kapitel die generationskonstituierenden Elemente der studentischen Biographien vor 1945 und die sich daraus ergebende Zusammensetzung der Studentenschaft analysiert, so wird der Blick nun auf die äußeren Einflüsse gelenkt, denen die Studenten nach Beginn bzw. Wiederaufnahme ihres Studiums in der Nachkriegszeit ausgesetzt waren.

Im Mittelpunkt stehen vor allem die von Not und Mangel geprägten Studienbedingungen der ersten Nachkriegssemester. Wohnungsnot, Hunger, Krankheit und Mangel an allen Gütern des täglichen Bedarfs charakterisierten die Studiensituation in unterschiedlicher Intensität und Rangfolge bis zum Beginn der 50er Jahre. Unabhängig voneinander und doch zeitlich parallel vollzogen sich in den Jahren um 1950 der Wandel der Lebensverhältnisse und der Generationswechsel in der Studentenschaft.

Im Folgenden wird zunächst die Studiensituation der ersten Nachkriegsjahre untersucht. Anschließend werden in einem weiteren Schritt die Maßnahmen beleuchtet, welche Studenten oder Universitätseinrichtungen ergriffen, um der Not zu begegnen. Die Nachkriegszeit ist oft als »Blütezeit der Improvisation« gekennzeichnet worden. Dies lässt sich auch im Hinblick auf die Studiensituation an den Universitäten der Nachkriegszeit bestätigen. Die akute Notlage in Fragen der Wohnung, Ernährung und des akademischen Alltags erforderte oft unorthodoxe Lösungen. In diesem Abschnitt stehen vor allem die verschiedenen universitären Hilfsinstitutionen, angeführt vom Verein Studentenwohl, im Vordergrund. Neben der sozialen Notlage der Studenten ist der akademische Alltag Thema dieses Kapitels.

In einem letzten Abschnitt wird der Frage nach der Situation der Lehre und der Diskussion um die Reform der Universität, die in den ersten Nachkriegsjahren intensiv geführt wurde, nachgegangen. Als besonderer Indikator des Wandels können die sich allmählichwieder ausbildenden Kontakte zumAusland gewertet werden, auf die der Blick abschließend gelenkt wird. Die Verbindung mit ausländischen Universitäten und Kommilitonen eröffnete den deutschen Studenten die Möglichkeit, ihren eigenen Horizont zu erweiten, eine fremde Sichtweise gerade im Hinblick auf den Nationalsozialismus kennen zu lernen und einen Beitrag zum Anschluss der deutschen Universitäten an die internationale akademische Welt zu leisten. Gerade die Beziehungen zum Ausland sind ein Gradmesser für die Normalisierung des Studienalltags an den Universitäten der Nachkriegszeit.

Erscheint lt. Verlag 16.6.2010
Reihe/Serie Bonner Schriften zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.
Bonner Schriften zur Universitäts- und Wissenschaftsgeschichte.
Mitarbeit Herausgeber (Serie): Thomas Becker, Hans Pohl, Mathias Schmoeckel, Joachim Scholtyseck, Heinz Schott
Verlagsort Göttingen
Sprache deutsch
Themenwelt Geschichte Allgemeine Geschichte Zeitgeschichte
Geisteswissenschaften Geschichte Regional- / Ländergeschichte
Schlagworte Bonn • Nachkriegszeit (Weltkrieg II) • Wissenschaftsgeschichte
ISBN-10 3-86234-111-9 / 3862341119
ISBN-13 978-3-86234-111-5 / 9783862341115
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