Psychopathologie (eBook)

Merkmale psychischer Krankheitsbilder und klinische Neurowissenschaft
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2007 | 2007
X, 346 Seiten
Springer Berlin (Verlag)
978-3-540-37254-7 (ISBN)

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Psychopathologie - Friedel M. Reischies
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Wie erklärt die Neurowissenschaft Bewusstsein? Was passiert im Gehirn z.B. bei Angstzuständen, Antriebslosigkeit oder Bedrücktheit? Psychiatrische Krankheitsbilder sind Merkmalskomplexe, die eine genaue Beobachtung und Wertung benötigen. Hier finden Leser zum ersten Mal die Psychopathologie mit ihren neurowissenschaftlichen Grundlagen umfassend dargestellt. Systematisch und übersichtlich sind alle Symptome beschrieben. Fallbeispiele vertiefen Beobachtung und klinische Erfahrung. Jedem Kapitel folgen Definitionen, klinische Gesichtspunkte und Diagnostik. Mit neurowissenschaftlichen Modellen für jede Merkmalsgruppe und spezielle Aspekte.

Vorwort 5
Inhaltsverzeichnis 7
Psychopathologie und Neurowissenschaft 11
Was ist Psychopathologie? 12
Einführung in die Kapitelstruktur 23
Wahrnehmung – neuropsychologische Störungen 29
Wahrnehmungselemente 30
Objektwahrnehmung 31
Klinik 32
Neurowissenschaft 33
Psychopathologische Merkmale der Wahrnehmung 38
Episodisches Gedächtnis 41
Einführung 42
Autobiographisches Gedächtnis 43
Gedächtnisprozesse 43
Modalitäten 45
Methoden 46
Klinik 46
Diagnostik 49
Neurowissenschaft 52
Psychopathologische Merkmale des episodischen Gedächtnisses 61
Aufmerksamkeit 68
Einführung 69
Definitionen 70
Störungen der Aufmerksamkeit, klinische Störungsbilder 75
Diagnostik 79
Neurowissenschaft 81
Psychopathologische Merkmale der Aufmerksamkeit 92
Zentrale Motorik 98
Abgrenzung und Überblick 99
Hierarchische Ebenen der Spontanmotorik 100
Klinik der Störung zentraler Motoraktskripte bzw. Aktionsschemata 103
Diagnostik 104
Neurowissenschaft 106
Psychopathologische Merkmale der zentralen Motorik 107
Exekutive Funktionen und Arbeitsgedächtnis 110
Einführung 111
Störung exekutiver Funktionen und des Arbeitsgedächtnisses 112
Neurowissenschaft 112
Neurowissenschaft der komplexen exekutiven Regulation 114
Psychopathologische Merkmale der exekutiven Kontrolle 114
Antrieb, Intentionsbildung – Handlungs- und Bewegungsstörungen 117
Das Konstrukt des Antriebs 118
Klinik 122
Diagnostik 124
Neurowissenschaft 125
Psychopathologische Merkmale des Antriebs 131
Bewusstsein 146
Einführung 147
Definitionen 149
Klinik 154
Diagnostik 156
Neurowissenschaft 158
Psychopathologische Merkmale des Bewusstseinsbereichs 166
Sprache 171
Einführung 172
Klinik 175
Diagnostik 177
Neurowissenschaft 179
Psychopathologische Merkmale der Sprache 183
Denken 185
Einführung 186
Funktionen des Denkens im Alltag 189
Elemente des Alltagsdenkens 190
Klinik 192
Diagnostik 194
Neurowissenschaft 196
Psychopathologische Merkmale des Denkens 205
Emotion und Affekt 216
Einführung 217
Klinik 225
Diagnostik 226
Neurowissenschaft 229
Psychopathologische Merkmale der Emotion und Aff ekte 246
Sinnestäuschungen 280
Einführung 281
Klinik 284
Diagnostik 285
Neurowissenschaft 287
Psychopathologische Merkmale 295
Wahn – inhaltliche Denkstörungen 310
Einführung 311
Erscheinungsformen des Wahns 313
Klinik 317
Diagnostik 319
Neurowissenschaftliche Erklärungsansätze 320
Psychopathologische Merkmale 326
Urteilsfähigkeit 333
Einführung 334
Störung der Urteilsfähigkeit 335
Diagnostik der Urteilsfähigkeit 336
Psychopathologische Merkmale der Urteilsfähigkeit 336
Ausblick 341
Sachverzeichnis 343

Aufmerksamkeit (S: 79-80)

4.1 Einführung –60
4.2 Definitionen –61
4.2.1 Kategoriale Unterscheidungen –62
4.2.2 Dimensionale Merkmale –63
4.2.3 Kontrolle/Faktoren der Aufmerksamkeit –64
4.2.4 Verlauf der Aufmerksamkeit –65
4.3 Störungen der Aufmerksamkeit, klinische Störungsbilder –66
4.3.1 Beispiele gestörter Aufmerksamkeitsfunktionen bei psychiatrischen Krankheitsbildern –66
4.3.2 Störung der Komponenten der Aufmerksamkeit –67
4.3.3 Inhaltliche Aufmerksamkeitsstörungen –69
4.3.4 Aufmerksamkeit und Alter –69
4.3.5 Neglekt –70
4.4 Diagnostik –70
4.5 Neurowissenschaft –72
4.5.1 Vigilanz und Müdigkeit –74
4.5.2 Arousal, Attentiveness –75
4.5.3 Fokussierte Aufmerksamkeit –77
4.6 Psychopathologische Merkmale der Aufmerksamkeit –83
Literatur –87


4.1 Einführung

Die Aufmerksamkeitsfunktionen sind vielfältig. Zunächst soll eine Reihe von Beispielen den weiten Bereich von Phänomenen anschaulich machen, um den es bei der Aufmerksamkeit geht.

Ungerichtete Aufmerksamkeit

Beispiel
Ein Mann döst auf dem Sofa, in seiner Wohnung in den oberen Etagen eines Hochhauses. Plötzlich klingelt es. Er schreckt hoch und drückt den Türöff ner, wobei er durch den »Spion« in der Tür schaut und sieht, dass nicht ein Nachbar vor der Wohnungstür steht. Es kommt off enbar jemand zu ihm mit dem Fahrstuhl hochgefahren. Der Mann ist »hellwach« im Vergleich zum vorigen Zustand auf dem Sofa.


Das Beispiel soll demonstrieren, dass Aufmerksamkeit vor allem auch eng mit Handlungsbereitschaft in der nahen Zukunft zu tun hat. In dieser Form der Aufmerksamkeit ist der Zustand reaktiv ausgelöst. Zuerst kam eine Phase des Schrecks und Alarmzustands und danach eine andauernde Phase aufmerksamer Wachheit. Diese Aufmerksamkeit kann aber noch nicht auf ein Objekt gerichtet sein, das zu sehen oder zu hören ist. Es laufen mentale Suchprozesse ab, in der Art »Wer könnte das sein?«. Bei psychiatrischen Krankheitsbildern wie der paranoiden Störung kommt es zur Veränderung des tonischen und ungerichteten Aufmerksamkeitsniveaus. Es wird eine hohes Aufmerksamkeitsniveau beobachtet, der Patient ist überwach und achtet auf alles in der Umgebung mit gespannter Aufmerksamkeit. Dieser Zustand ist im Kontrast zu wacher aber tiefer Entspannung zu betrachten. Man hat diesen Zustand als hypervigilant bzw. als Zustand gesteigerter Attentiveness bezeichnet.

Gerichtete Aufmerksamkeit

Beispiel
Eine Familie fährt im Auto in mittlerer Geschwindigkeit auf einer Schnellstraße. Das Auto wird von vielen anderen Autos überholt. Der Fahrer bemerkt, dass ein blaues Auto, das ihn gerade überholt hat, ein neuer Typ ist, den er nicht kennt. Er sagt zu seinem Sohn, »schau einmal, dort fährt ein neues Auto, ich versuche einmal es zu überholen«. Er versucht, das blaue Auto unter den vor ihm fahrenden zu fi nden und mit den Augen zu verfolgen und gibt Gas, um es zu erreichen.

In diesem Beispiel ist der Fahrer zwar beim Autofahren allgemein aufmerksam, seine Aufmerksamkeit wird aber beim Betrachten der vorbeifahrenden Autos auf eines besonders ausgerichtet, da es ihm nicht vertraut vorkommt. Er richtet die Aufmerksamkeit darauf. Hier ist die gerichtete Aufmerksamkeit wie im ersten Beispiel reaktiv ausgelöst. Auch die gerichtete Aufmerksamkeit hat mit Handlungsvorbereitung zu tun, allerdings mehr mit der konkreten Handlungskontrolle. Wenn eine Person eine Routinetätigkeit aufmerksam durchführen will, vielleicht weil ihr gerade dabei ein Fehler unterlaufen war, meint dies, dass sie im Gegensatz zur automatischen Durchführung im Alltag nun auf alle Details der Handlung achtet: sowohl die Zielrichtung der Handlungen, die sensomotorischen Rückmeldungen als auch die Schnelligkeit der Ausführung von motorischen Akten.

Verzichtbarkeit des psychopathologischen Symptoms Aufmerksamkeitsstörungen?

Bei einer Intoxikation mit Beruhigungsmitteln oder Alkohol und beim Delir springt eine Veränderung der Aufmerksamkeit ins Auge. Der dazu gerufene Polizist spricht wie jeder Laie in der Beschreibung von Personen mit derartigen Syndromen von gestörter Aufmerksamkeit, auch wenn er nicht defi nieren könnte, was Aufmerksamkeit ist. Jeder Mensch deutet das Hinwenden und Hinsehen eines Menschen als dessen »Aufmerksamsein« auf das, was er dort wahrnehmen könnte. Wenn diese Aufmerksamkeitsbegleitenden Bewegungen nicht nachvollziehbar sind oder ausbleiben, nehmen wir eine Störung der Aufmerksamkeit an. Der Begriff der Aufmerksamkeitsstörung ist aus den angedeuteten Gründen nicht verzichtbar.

Erscheint lt. Verlag 10.5.2007
Zusatzinfo X, 346 S.
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften
Medizin / Pharmazie Medizinische Fachgebiete Psychiatrie / Psychotherapie
Schlagworte Arbeitsgedächtnis • Aufmerksamkeit • Bewegungsstörung • Bewusstsein • Denken • Denkstörung • Diagnostik • Emotion • Exekutive Funktionen • Gedächtnis • Klinische Psychologie • Neurowissenschaft • Psychiatrie • Psychische Störung • Psychopathologie • Psychotherapie • Sinnestäuschung • Trieb • Wahn
ISBN-10 3-540-37254-7 / 3540372547
ISBN-13 978-3-540-37254-7 / 9783540372547
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