Instrumentenkoffer für den Praxisforscher -  Heinz Moser

Instrumentenkoffer für den Praxisforscher (eBook)

(Autor)

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2003 | 1. Auflage
157 Seiten
Lambertus Verlag
978-3-7841-1447-7 (ISBN)
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Praxisforschung ist SMART: Hinter diesem Begriff verbergen sich die Anfangsbuchstaben der fünf wesentlichsten Merkmale praxisorientierter Forschung, die der Autor zukünftigen und fortgeschrittenen Forscher/innen anschaulich erklärt. Sein Koffer enthält eine Vielzahl von praktischen und methodischen Instrumenten für Untersuchungen, Befragungen, Evaluationen, Auswertungen und Datensystematik. Nach einer Stellungnahme zu den kontrovers diskutierten Begriffen "Praxiswissen" und "wissenschaftliches Wissen" führt der Autor die angehenden Forscher/innen in die Planung von Forschungsprojekten ein und gibt ihnen Gelegenheit, die häufigsten fehler und Irrtümer von Anfänger/innen zu vermeiden. Die Beschreibung der einzelnen Methoden und Techniken enthält eine ganze Palette bewährter Verfahren und Hilfestellungen, die den Aufwand minimieren und eine systematische, optimale Auswertung ermöglichen. 

Inhalt 6
Was praxisorientierte Forschung auszeichnet 8
Small ist beautiful ... 8
... und weder naiv noch simpel 8
Theoretische Grundlagen 12
1. Vom «Praxiswissen» und vom «wissenschaftlichen Wissen» 12
2. Die Gütekriterien der Forschung 19
3. Zur Logik der Forschung 23
4. Sein und Sollen 34
5. Klare Begriffe und Kategorien 37
6. Forschungsansätze und -typen 41
Die Planung von Forschungsprojekten 52
1. Fünf allgemeine Prinzipien der Forschungsplanung 52
2. Das zielgerichtete Sampling 53
3. Die Erstellung einer Projektskizze 59
4. Forschung im Spannungsfeld politischer Interessen 61
5. Die Forschungsrollen 65
Die zehn gröbsten Fehler von Anfänger/ innen ... . 69
1. Die Macht der Zahlen 69
2. Der Fragebogen-Reflex 69
3. Das Formulieren von Fragen 70
4. Einfach mal hinschauen ... 70
5. Die kausale Erklärung 70
6. Der Sammeltrieb 71
7. Rosinen picken 71
8. Die Dürre der Darstellung 71
9. Vorschnelle Verallgemeinerungen 72
10. Die Hoffnung auf den Computer 72
Die einzelnen Methoden 73
1. Projektjournal 76
2. Projekttagebuch 78
3. Feldnotizen 80
4. Statistische Kenndaten 83
5. Portfolio 86
6. Ton-, Videodokumentation 87
7. Protokolle/Akten 88
8. Tagebücher 89
9. Selbstanalysen 89
10. Qualitative Interviews 95
11. Focus-Gruppen 100
12. Schriftliche Befragung 102
13. Die strukturierte Beobachtung 107
Auswertung 112
1. Quantitative Auswertung 113
2. Einfache statistische Auswertungen mit Epi-Info 2000 115
3. Qualitative Auswertung 123
4. Auswertungsverfahren in der qualitativen Forschung 126
5. Die Auswertung von Daten mit dem Computer 135
Nachwort: SMARTe Methoden 141
Literatur 144
Serviceteil 147
Über den Autor 157

Theoretische Grundlagen (S. 11-12)

1. Vom «Praxiswissen» und vom «wissenschaftlichen Wissen»

Der Anspruch der dargestellten Beispiele ist ganz unterschiedlich. Im ersten Fall ist er in engen Grenzen gehalten. Jedenfalls geht es hier in keiner Weise um eine wissenschaftliche Auswertung. Eher wäre – wie sehr häufig bei Ausbildungsprojekten – von forschendem Lernen zu sprechen. Sehr pragmatisch und ohne eigentlichen wissenschaftlichen Anspruch sind aber generell sehr viele Evaluationsstudien und Aktionsforschungsprojekte konzipiert – und dennoch bezeichnet man sie landläufig als «Forschung». Gemeinsam ist solchen Aktivitäten ihre Anwendungsbezogenheit und die Orientierung am Kriterium der Brauchbarkeit.

Nehmen wir zum Beispiel die Untersuchung zum Lehrgang für Zivildienstleistende. Hauptergebnis war hier das aufgrund des Datenmaterials sehr deutlich herausgearbeitete Resultat, dass die ganz konkrete Fahrpraxis der Teilnehmer/innen zu kurz kam, bzw. dass die Anbindung an die konkreten Tätigkeiten im Zivildienst gegenüber den theoretischen Inhalten zu kurz kam.

Ziel des Forschungsprojekts – auch hier im Rahmen der begrenzten Kapazität eines Ausbildungsprojekts – war der praktische Nutzen, nämlich die Empfehlungen zur Verbesserung der Ausbildung. Dazu kam der Bezug auf einige Überlegungen aus der gegenwärtigen didaktischen Theorie. Spezifisch neue Erkenntnisse auf der Ebene des wissenschaftlichen Diskurses wollte die Arbeit dagegen kaum erbringen. Diese hätten womöglich auch wenig zur weiteren Bearbeitung der Probleme mit den Einführungskursen der Zivildienstleistenden beigetragen.

Als aussenstehende/r Leser/in hätte man bei dieser Arbeit durchaus weitere Möglichkeiten gesehen, diese auf dem Hintergrund des gegenwärtigen didaktischen Diskurses zu diskutieren. Hier hätte man z.B. die Bedeutsamkeit des «Scaffolding» diskutieren können, also einer Form des praktischen Lernens, bei welcher Ausbildnerinnen und Ausbildner die Lernenden durch ein kognitives «Gerüst» unterstützen (vgl. Dubs 1977, S. 29 ff.). Bei Schwierigkeiten werden den Lernenden dabei bestimmte Hilfeleistungen gegeben. Diese sollen mit steigender «Expertenpraxis» der Lernenden all mählich ausgeblendet werden («fading»). Mit anderen Worten: Es wäre möglich gewesen, diese Arbeit stärker auch auf theoretische Diskussionen («cognitive apprenticeship», konstruktivistische Didaktikmodelle) zu beziehen. Allerdings könnte diese Darstellung der möglichen Annäherung einer sehr praxisorientierten Arbeit an den wissenschaftliche Diskurs auch missverstanden werden. Es geht nicht darum, dass man als Praxisforscher/in langsam eine Treppe hinaufsteigt, bis man zu einer Schwelle mit der Aufschrift kommt: «Hier beginnt die Wissenschaft.» Falsch ist an dieser Vorstellung zweierlei:

1. Der Weg von der Praxis zu der Wissenschaft ist kein kontinuierlicher.
2. Die Wissenschaft ist nicht per se jener Bereich, zu welchem hinaufgestiegen werden muss – also der Referenzbereich für alles, was mit Erkenntnis zusammenhängt.

Wir sind im Gegensatz dazu der Auffassung, dass professionelle Praxis und Wissenschaft gesellschaftliche Systeme darstellen, welche die Gesellschaft aus unterschiedlicher Perspektive beobachten. Dabei knüpfen wir an den Soziologen Niklas Luhmann an, der davon ausgeht, dass sich gesellschaftliche Teilsysteme funktional differenzieren, wobei jedes ein spezifisches Problem bearbeitet und dabei eine Leitunterscheidung trifft, an der sich die Kommunikationen des Systems orientieren. Kommunikationen können also vom eigenen System nur verstanden werden, wenn sie sich auf die eigene Leitdifferenz beziehen. Diese haben wir mit Bezug auf das Praxissystem als «Brauchbarkeit» bezeichnet. Hier wird also nur verstanden, was für das System und seine Entwicklung brauchbar und nützlich ist. Praktiker/innen brauchen bei ihrer Arbeit viel Know-how – also nützliches Wissen – über die Art und Weise, wie man in der jeweiligen Institution arbeitet und handelt.

Erscheint lt. Verlag 1.1.2003
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Psychologie Test in der Psychologie
ISBN-10 3-7841-1447-4 / 3784114474
ISBN-13 978-3-7841-1447-7 / 9783784114477
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