Die unbekannte Mitte der Welt

Globalgeschichte aus islamischer Sicht

(Autor)

Buch | Hardcover
367 Seiten
2010
Campus (Verlag)
978-3-593-38837-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die unbekannte Mitte der Welt - Tamim Ansary
32,00 inkl. MwSt
Die vergessene Geschichte der Welt
Jahrhundertelang war die islamische Welt das Zentrum der Zivilisation. Heute aber wird der Islam viel zu oft auf Islamismus und Terrorismus reduziert, scheinen wir dauerhaft gefangen in einer Konfrontationshaltung: "der Westen" gegen "den Islam", "wir" gegen "die". Der Hauptgrund für die gegenwärtigen Probleme liegt für Tamim Ansary in der Unkenntnis der islamischen Vergangenheit und der Missachtung ihrer Bedeutung auf westlicher Seite. Detailreich und spannend, mitreißend und lebendig zeigt er Weltgeschichte aus einer ganz anderen Perspektive: der Sicht der islamischen Welt. Indem er den Bogen spannt von den Kulturen des Zweistromlandes über das Osmanische Reich bis zum modernen Extremismus, lässt er den Leser das Wesen des Islam neu entdecken und verstehen. Ein wichtiges Buch zu einem der drängendsten Themen unserer Zeit.

Tamim Ansary, geboren 1948 in Kabul, wuchs in Afghanistan auf, der Heimat seines Vaters. Seine Mutter war Amerikanerin mit finnischen Wurzeln. Der interkulturelle Blick war Ansary damit bereits in die Wiege gelegt. Sein Buch »West of Kabul, East of New York« wurde zum Bestseller. Tamim Ansary hat zwei Töchter und lebt mit seiner Frau in San Francisco.

Inhalt

Verzeichnis der Karten
Ein Hinweis zu den Namen und Jahreszahlen

Einleitung

1.Die Welt der Mitte
2.Die Hidschra
3.Die Geburt des Kalifats
4.Die Spaltung
5.Das Reich der Umayyaden
6.Das Zeitalter der Abbasiden
7.Gelehrte, Philosophen und Mystiker
8.Die Türken
9.Chaos
10.Wiedergeburt
11.Es war einmal in Europa
12.Der Westen kommt nach Osten
13.Die Reformbewegungen
14.Industrie, Verfassung und Nation
15.Der Aufstieg der laizistischen Modernisierer
16.Die Krise der Moderne
17.Gezeitenwechsel

Nachwort
Dank

Anmerkungen
Literatur
Register

Zwischen Dekadenz und Unterdrückung
"Ansary gelingt es hervorragend, das abendländische Schulbuchwissen zu relativieren." (Handelsblatt)

Von Mohammed bis Afghanistan
"Was 'Die unbekannte Mitte der Welt' von anderen Büchern dieses Genres abhebt, ist sein universeller, informativer und gleichzeitig so unverkrampfter Zugang zur Geschichte und Entwicklung des Islam." (Profil, 15.02.2010)

Tanz durch die Epochen
"Tamim Ansary brilliert als Erzähler und Analytiker ... Der Autor tanzt leichtfüßig durch Epochen und Kontinente, ohne es an Systematik mangeln zu lassen." (Märkische Allgemeine, 13.03.2010)

Islamische Aufklärung
"Angetreten ist der Autor mit der Absicht, eine Leerstelle im westlichen Bildungskanon auszufüllen: die im hergebrachten Narrativ des Westens gleichsam systematisch anmutende Auslassung der islamischen Zivilisation. Diese Leerstelle aufzufüllen gelingt Tamim Ansary in ausgesprochen gewinnender Weise ... Der gelungene Versuch einer eingängigen historischen Erzählung."
(Süddeutsche Zeitung, 29.03.2010)

Eine muslimische Globalgeschichte
"Ansary bürstet die allgemein verbreitete Erzählung gegen den Strich - das ist hilfreich, um seinen eigenen Blickwinkel zu erweitern." (Rheinischer Merkur, 03.06.2010)

Die andere Sicht der eigenen Welt
"Ein Buch, das jene gegenseitige Verständnis fördert, das Voraussetzung für Toleranz ist." (Kleine Zeitung, 27.06.2010)

Islamische Sicht
"Die Lektüre bietet Bildung im besten Sinn ... öffnet es doch die Augen für die Sicht des Anderen." (Junge Welt, 05.07.2010)

Als die Europäer im Urwald wohnten
"Ansarys Buch lebt vom spielerischen Kontrast zur europäischen Sicht, von der amüsanten Entlarvung alter Geschichtslektionen und von seinem leichten Ton, seiner feinen Ironie." (Die Zeit, 05.08.2010)

Religion als Kultur
"Gut lesbar, spannend und reich an Überraschungen." (Spiegel Geschichte, 07.10.2010)

Wenn wir in der islamischen Geschichte zurückblicken, entdecken wir dort ebenfalls ein idealisiertes Weltreich, das die Vision eines universellen Staates verkörpert. Doch das ist nicht Rom, sondern das Kalifat aus den Ursprungsjahren des Islam. In beiden Geschichten bricht dieses frühe Weltreich irgendwann unter der Last seiner eigenen Größe zusammen. In der Phase des Niedergangs wird es von barbarischen Nomadenvölkern aus dem Norden erobert - nur dass in der islamischen Welt mit "Norden" die zentralasiatischen Steppen gemeint sind und die barbarischen Nomaden nicht die Germanen, sondern die Türken waren. Hier wie da zerschlagen die Eindringlinge den großen Staat in eine Ansammlung kleiner Königreiche, die jedoch eine einheitliche religiöse Orthodoxie gemeinsam haben: das katholische Christentum im Westen und den sunnitischen Islam im Osten. Eine Geschichte der Welt ist immer eine Erzählung, die uns erklärt, wie "wir" zum "Hier und Jetzt" gekommen sind. Die Form dieser Erzählung hängt also entscheidend davon ab, wen wir mit "wir" meinen und was wir unter "Hier und Jetzt" verstehen. Die westliche Version der Weltgeschichte geht üblicherweise davon aus, dass mit "Hier und Jetzt" eine demokratische und industrialisierte (oder postindustrielle) Gesellschaft gemeint ist. In den Vereinigten Staaten geht man zudem davon aus, dass die Geschichte zielstrebig auf die in ihrer Verfassung festgeschriebenen Ideale von Freiheit und Gleichheit hinausläuft, und diese wiederum den Aufstieg der Vereinigten Staaten zur Supermacht ermöglichen, die den Planeten in die Zukunft führt. Diese Annahme gibt der Geschichte eine bestimmte Richtung und projiziert deren Schlusspunkt an das Ende des Weges, auf dem wir uns gerade befinden. Das wiederum verführt zu der Annahme, dass alle Menschen in die gleiche Richtung unterwegs sind, wenn auch einige noch nicht so weit vorangekommen sind wie wir selbst, vielleicht weil sie sich später auf den Weg gemacht haben, oder weil sie langsamer vorwärtskommen - deshalb bezeichnet man deren Nationen auch als "Entwicklungsländer". Wenn wir das Ideal einer postindustriellen westlichen Demokratie als den Endpunkt der menschlichen Geschichte postulieren, dann sieht die Erzählung, die uns zum Hier und Jetzt gebracht hat, ungefähr so aus: 1.Geburt der Zivilisation (Ägypten und Mesopotamien) 2.Das klassische Zeitalter (Griechenland und Rom) 3.Das Mittelalter (der Aufstieg des Christentums) 4.Wiedergeburt: Renaissance und Reformation 5.Die Aufklärung (Forschung und Wissenschaft) 6.Die Revolutionen (demokratisch, industriell, technologisch) 7.Der Aufstieg der Nationalstaaten: Der Kampf ums Weltreich 8.Die beiden Weltkriege 9.Der Kalte Krieg 10.Der Triumph des demokratischen Kapitalismus Aber was passiert, wenn wir die Weltgeschichte aus islamischer Sicht betrachten? Sollten wir unsere Geschichte dann etwa als eine zurückgebliebene Version des Westens betrachten, die sich grundsätzlich in dieselbe Richtung bewegt, wenn auch weniger geradlinig? Wohl kaum. Zum einen würden wir beim Blick durch die islamische Brille einen ganz anderen Wendepunkt sehen, der die Geschichte in ein "Vorher" und ein "Nachher" einteilt: Das Jahr Null wäre für uns nun das Jahr der Flucht des Propheten Mohammed aus Mekka nach Medina, die Hidschra, die den Anfang der muslimischen Gemeinschaft markiert. Diese Gemeinschaft wäre unser Inbegriff von "Zivilisation", und der Versuch, dieses Ideal zu erreichen, gäbe unserer Geschichte Form und Richtung. Gleichzeitig hätten wir das Gefühl, dass in den letzten Jahrhunderten irgendetwas schiefgelaufen ist. Wir würden erkennen, dass diese Gemeinschaft irgendwann nicht mehr gewachsen ist, dass sie ihre Richtung verloren hat, dass sie von einer gegenläufigen Strömung erfasst und von einer konkurrierenden Erzählung gestört wurde. Als Erben der muslimischen Tradition müssten wir versuchen, die Geschichte nicht von einem Triumph, sondern von einer Niederlage her zu verstehen. Wir würden uns zwischen zwei Möglichkeiten hin- und hergerissen fühlen: Wir könnten unseren Zivilisationsbegriff ändern, um ihn mit dem Verlauf der Geschichte in Einklang zu bringen, oder wir könnten uns gegen den Verlauf der Geschichte stemmen, um sie mit unserem Zivilisationsbegriff in Einklang zu bringen. Wenn das Hier und Jetzt, zu dem die Weltgeschichte führt, also die verkümmerte Gegenwart ist, wie sie die muslimischen Gesellschaften der Gegenwart erleben, dann durchläuft unsere Erzählung etwa die folgenden Stationen: 1.Vorzeit: Mesopotamien und Persien 2.Die Geburt des Islam 3.Das Kalifat: Die Suche nach der Einheit 4.Zerfall: Das Zeitalter der Sultanate 5.Katastrophe: Kreuzfahrer und Mongolen 6.Wiedergeburt: Das Zeitalter der drei Reiche 7.Durchdringung des Ostens durch den Westen 8.Die Reformbewegungen 9.Der Triumph der weltlichen Modernisierer 10.Die islamistische Reaktion Mit dem Islam und dem Westen stehen zwei gewaltige Welten nebeneinander, doch es ist bemerkenswert, wie wenig sie einander zur Kenntnis genommen haben. Wenn der Islam und der Westen zwei Menschen wären, dann würden wir vermutlich Symptome der Verdrängung diagnostizieren und uns fragen, ob zwischen beiden etwas vorgefallen sein könnte, ob sie vielleicht früher einmal ein Liebespaar waren. Ich kann mir eine weit weniger reißerische Erklärung vorstellen: Über lange Zeiträume hinweg verhielten sich der Westen und das islamische Kernland wie zwei unterschiedliche Universen. Jedes war mit seinen eigenen Angelegenheiten beschäftigt, jedes hielt sich selbst für den Mittelpunkt der Weltgeschichte, jedes lebte nach seiner eigenen Erzählung. Erst im 17. Jahrhundert begannen diese beiden Erzählungen, einander zu überschneiden. An diesem Punkt musste eine der beiden Erzählungen Platz machen, denn sie standen in Konkurrenz zueinander. Und da der Westen mächtiger war, siegte seine Erzählung und unterdrückte die andere. Doch damit endete die verdrängte Geschichte keineswegs. Denn diese andere Erzählung blieb unter der Oberfläche bis heute erhalten, wie eine Art gegenläufige Unterströmung. Wenn wir uns die Konfliktgebiete der Welt ansehen - Kaschmir, den Iran, Tschetschenien, den Balkan, Israel und Palästina oder den Irak -, dann sehen wir die Grenzen eines Gebildes, das zwar von den Landkarten verschwunden ist, das sich aber heftig gegen seine endgültige Auslöschung aufbäumt. Das ist die Geschichte, die ich auf den folgenden Seiten erzählen möchte. Geschichte im Sinne von Erzählung, denn dieses Buch ist kein Schulbuch und keine wissenschaftliche Abhandlung. Es ist eher das, was ich Ihnen in einem Café erzählen würde, wenn Sie mich fragen würden, was es denn mit dieser parallelen Weltgeschichte auf sich hat. Die zugrundeliegende These können Sie in zahlreichen Büchern finden, die in den Regalen der Universitätsibibliotheken verstauben. Wenn Sie der akademische Jargon und die Fußnoten nicht abschrecken, können Sie diese Erzählung auch dort nachlesen. Aber wenn es Ihnen um den Gesamtzusammenhang geht, dann können Sie ihn hier lesen. Ich selbst bin kein Historiker, aber ich beziehe mich auf Historiker, die das Rohmaterial der Geschichte auswerten, um daraus ihre Schlüsse zu ziehen, und auf Geschichtsphilosophen, die wiederum das Material der Historiker auswerten, um zu übergreifenden Schlussfolgerungen zu gelangen.

Erscheint lt. Verlag 8.2.2010
Übersetzer Jürgen Neubauer
Verlagsort Frankfurt
Sprache deutsch
Original-Titel Destiny Disrupted. A History of the World through Islamic Eyes
Maße 161 x 234 mm
Gewicht 725 g
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Allgemeines / Lexika
Geisteswissenschaften Geschichte Allgemeine Geschichte
Schlagworte 11. September • Abbassiden • Afghanistan • Al-Ghazali • Araber • Atatürk • Bagdad • Dschihad • Dschingis Khan • fruchtbarer Halbmond • Fundamentalismus • Geschichte • Globalgeschichte • Hardcover, Softcover / Sachbücher/Geschichte/Allgemeines, Nachschlagewerke • Harun ar-Raschid • Hassan al-Banna • Hidschra • Hisbollah • Ibn Sina • Irak • Iran • Islam • Islam, Geschichte • Islamische Geschichte • Islamische Welt • Islamismus • Israel • Istanbul • Kalifat • Kerbela • Konstantinopel • Kreuzzüge • Libanon • Medina • Mekka • Mohamed • Mohammed • Muslime • muslimische Welt • Orient • Osman • Osmanisches Reich • Palästina • Persien • Saladin • Samarkand • Sayyid Ahmad Khan • Schiiten • Schlacht am Berg Uhud • Sechs-Tage-Krieg • Seeschlacht von Lepanto • Seldschuken • Süleyman der Prächtige • Sunniten • Sykes-Picot-Abkommen • Syrien • Turkvölker • Weltgeschichte • Wien
ISBN-10 3-593-38837-5 / 3593388375
ISBN-13 978-3-593-38837-3 / 9783593388373
Zustand Neuware
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