Das alte Kapitänshaus – Inselsehnsucht (eBook)
363 Seiten
Aufbau digital (Verlag)
978-3-8412-3581-7 (ISBN)
Drei Schwestern, ein Gästehaus, unzählige Herausforderungen.
Die drei Schwestern Lilly, Rose und Jasmin stehen vor einer unerwarteten Herausforderung: Sie erben das kleine Gästehaus ihrer Mutter auf der malerischen Insel Jersey. Doch es gibt eine Bedingung: Jede von ihnen muss die Pension mindestens drei Monate allein führen, bevor sie das Haus verkaufen dürfen.
Lilly übernimmt als Erste und findet sich bald in einem Strudel aus unerwarteten Ereignissen und Emotionen wieder. Während sie sich verzweifelt durch den Hotelalltag kämpft, trifft sie auf Simon, den Mann, der ihr einst das Herz brach. Um die aufkeimenden Gefühle für ihn zu verdrängen und sich abzulenken, beginnt sie, mit dem attraktiven Arzt George zu flirten.
Doch als Lilly glaubt, alles im Griff zu haben, droht ihr Leben plötzlich aus den Fugen zu geraten. Kann sie ihre Vergangenheit hinter sich lassen und gleichzeitig das Gästehaus retten?
Auftakt der Reihe 'Jersey-Träume' von Anne Labus.
Anne Labus, Jahrgang 1957, lebt mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Udo Weinbörner, in der Nähe von Bonn. Nach ihrer Ausbildung zur Bankkauffrau arbeitete sie unter anderem als selbstständige Fitness- und Pilatestrainerin. Die Leidenschaft für das Reisen hat sie an ihren Sohn vererbt, der auf Hawaii seinen Lebensmittelpunkt gefunden hat. Die Autorin entspannt sich beim Kochen, liebt Bergtouren und lange Strandspaziergänge. Inspirationen für ihre Romane findet sie in Irland und Italien oder auch auf Spiekeroog.
Kapitel 1
Der Wind hatte gedreht. Veränderung lag in der Luft. Sie konnte es förmlich riechen. Äußerlich die Ruhe selbst arbeitete Lily die Bestellungen ab. Doch innerlich kochte sie vor Wut. Wo blieb die versprochene Aushilfe, wo der zusätzliche freie Tag?
»Ihr Sandwich ist sofort fertig«, vertröstete sie einen ungeduldigen deutschen Urlauber. Vor Sam’s Seafood Fisheries herrschte der übliche Mittagsandrang. Arbeiter aus den Docks, Touristen, die sich im Hafen von St. Peter Port die Zeit bis zur nächsten Fähre vertrieben, und Angestellte der Reedereien warteten auf Fish und Chips oder Hummersandwiches.
Lily warf einen wütenden Blick Richtung Bürotür, hinter der ihr Chef sich verschanzte und über seinen Geschäftsunterlagen brütete. Lange würde sie sich das nicht mehr gefallen lassen. Seit Helen vor zwei Wochen fristlos gekündigt hatte, schmiss sie den Imbiss quasi allein. Ihr Chef kümmerte sich um den Einkauf und den lästigen Schreibkram. Falls das Gedränge am Ausgabefenster überhandnahm, half er widerwillig. Aber das war leider die Ausnahme. Nur weil sie mietfrei bei ihm wohnte und ab und zu das Bett mit ihm teilte, war das noch lange kein Grund, sie schamlos auszunutzen.
Dank ihres Engagements war der unscheinbare Imbiss gegenüber dem Trockendock inzwischen eine Institution. Stets frischer Fisch, dazu faire Preise. Und seit Lily selbst gebaute Sitzbänke aus Paletten vor das Haus gestellt hatte, avancierte die Fischbude zu einem angesagten Treffpunkt. Sie hätte zufrieden sein können. Doch eine innere Unruhe setzte ihr zu. Es war Zeit, weiterzuziehen. Mit achtundzwanzig verlangte sie mehr vom Leben als einen Aushilfsjob in einer Fischbraterei. Das war ihr endlich klar geworden.
Das mit ihr und Sam war nie wirklich ernst gewesen. Sie waren ein gutes Team, aber mehr als Zuneigung empfanden sie nicht füreinander. Sie hatte von Anfang an mit offenen Karten gespielt, und er wusste, dass sie nicht ewig bei ihm bleiben würde. Heute Abend würde sie sich nach einem anderen Job und einer günstigen Wohnung umschauen. Suchte der Golfclub nicht eine neue Servicekraft? Die Vorstellung, demnächst in schwarzem Minirock und Seidenstrümpfen in den noblen Räumen des Clubhauses Sekt zu servieren, statt mit Gummilatschen und Schürze vor der heißen Fritteuse zu schuften, zauberte ihr ein Lächeln ins Gesicht. In Gedanken kaufte sie sich schon das passende Outfit für den neuen Job, da flog die Bürotür auf.
»Telefon für dich.« Sam warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu. »Deine Schwester Jasmin.« Wenn er über seiner Buchführung brütete, duldete der groß gewachsene Mann nicht die geringste Störung. Sam hasste den leidigen Papierkram.
Lily wischte sich mit einer Papierserviette den Schweiß von der Stirn. »Sag ihr, ich rufe später zurück.« Schwungvoll wendete sie zwei Fischfilets gleichzeitig auf der Grillplatte. »Du siehst doch, dass ich alle Hände voll zu tun habe.« Die Vorhaltungen ihrer Schwester konnten warten. Sicher wollte Jasmin sie nur überreden, endlich mal wieder nach Jersey zu kommen.
Ihr Chef wedelte mit dem Handy vor ihrer Nase. »Geh schon ran. Sie sagt, es sei wichtig. Die klang richtig panisch«, betonte er. »Komm schon, ich mache hier weiter.« Er nahm ihr den Pfannenwender aus der Hand und drängte sie vom Herd weg. »Verzieh dich zum Telefonieren gerne in mein Büro.«
»Wie du willst.« Mit spitzen Fingern griff Lily nach dem Smartphone. »Pass auf, dass die Pommes nicht zu dunkel werden, und setz ein freundlicheres Gesicht auf, wenn du bedienst«, brummelte sie und verzog sich in das Kabuff, das Sam großspurig als Büro bezeichnete. Sie zwängte sich zwischen den Getränkekisten zum Klapptisch vor dem Fenster, kauerte sich auf den durchgesessenen Bürostuhl. »Was ist los, Jasmin? Warum rufst du mitten in der Rushhour an? Hat das nicht Zeit bis heute Abend?«
»Ma hatte einen Schlaganfall. Nimm die nächste Fähre und komm, so schnell du kannst, ins Krankenhaus«, japste ihre Schwester.
Lilys Herzschlag setzte einen Moment lang aus, dann beschleunigte sich ihr Puls. »Die Ärzte irren sich bestimmt. Letzte Woche hat sie mir am Telefon noch vorgeschwärmt, wie fit sie ist.«
»Rose sitzt schon im Flieger von London«, entgegnete ihre Schwester kurzatmig. »Nimm die Sechzehn-Uhr-Fähre.« Ohne ein Wort des Abschieds beendete sie das Gespräch.
Lily klammerte sich an das Handy, starrte auf das schwarze Display, unfähig, sich zu bewegen. Erst als Sams markantes Gesicht im Türspalt auftauchte, kam wieder Leben in sie.
»Wo bleibst du? Ich schaffe das hier vorne nicht allein.« Zerknirscht schaute er sie an.
Sie zuckte nur kraftlos mit den Schultern und schüttelte den Kopf. »Ma liegt im Krankenhaus. Ich muss nach Jersey.« Wie in Trance erhob sie sich und schob sich an dem kräftigen Mann vorbei. »Ich gehe hoch, mich umziehen«, sagte sie mehr zu sich selbst. Sie band sich die Schürze ab und drückte sie ihm in die Hand. »Du schaffst das schon. Bist ja früher auch ohne mich klargekommen.«
Sam raufte sich die blonden Haare. In seinen braunen Augen blitzte es auf. »Die nächste Fähre geht erst in drei Stunden.« Er verlegte sich aufs Betteln, streichelte ihr über die Wange. »Hilf mir wenigstens noch, den Mittagsansturm zu bewältigen. Bitte, Lily.«
Sofort regte sich ihr Gewissen. Sam hatte sie vor einem Jahr aus dem schäbigen Hotel an der Costa Brava geholt, wo sie ausgebrannt und vollkommen pleite als Zimmermädchen jobbte. Er hatte ihr auf Guernsey eine neue Perspektive und ein Heim geboten. Das war sie ihm jetzt schuldig. »Okay. Unter einer Bedingung.« Lily deutete mit dem Kopf auf den Tresen. »Du nimmst die Bestellungen entgegen und kassierst ab.« Wortlos nahm sie ihm die Schürze aus der Hand, band sie sich wieder um und stellte sich an den Herd. Wie ein seelenloser Roboter hantierte sie an der Grillplatte, holte frische Fischfilets aus der Kühlung, schnitt Zwiebeln und belegte Sandwiches.
Sam warf ihr hin und wieder einen besorgten Blick zu. Doch sie nickte nur und arbeitete stur weiter, bis der letzte Kunde abgefertigt war. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was, wenn Ma nach dem Schlaganfall nicht mehr auf die Beine kam, schlimmstenfalls ein Pflegefall würde? Jasmin war die einzige der drei Schwestern, die auf Jersey lebte. Als alleinerziehende Mutter eines sechsjährigen Jungen, die halbtags in der Stadtverwaltung arbeitete, konnte sie sich unmöglich allein um Ma kümmern. Rose, die älteste der Brown-Töchter, würde wohl kaum ihren hochdotierten Job bei einer angesehenen Bank in London kündigen, um wieder in der kleinen Filiale in St. Helier zu arbeiten und ihr zur Seite zu stehen. Was würde aus dem Alten Kapitänshaus, wenn Ma …?
Lily schnappte nach Luft. So weit würde es hoffentlich nicht kommen. Ihre Mutter hatte die Konstitution eines Ackergauls. Groß und kräftig, mit Händen, die zupacken konnten, hatte sie nach dem frühen Tod ihres Mannes die drei Töchter allein großgezogen. Als die Mädchen auf eigenen Beinen standen und nach und nach auszogen, baute sie das Wohnhaus zu einem Gästehaus um, öffnete den weitläufigen Garten für Fremde. Sie liebte es, Touristen aus aller Welt zu beherbergen. Schon bald genoss das Alte Kapitänshaus oberhalb der Bucht von St. Aubin einen ausgezeichneten Ruf.
»Ich schließe jetzt ab.« Sam klopfte ihr auf die Schulter. »Danke, Lily.«
Sie zuckte zusammen. »Was sagst du?« Mit dem Handrücken fuhr sie sich über die Augen, versuchte, die Bilder, die sich ihr aufdrängten, zu verscheuchen.
»Geh hoch, mach dich reisefertig. Heute putze ich den Herd.« Sam schob sie energisch Richtung Flur zu der schmalen Stiege, die in die Wohnung führte. »Vergiss nicht wieder, dein Handy einzustecken«, mahnte er. »Das liegt sicher noch auf dem Küchentisch.« Er war zwar nur vier Jahre älter, aber bisweilen spielte er sich auf wie ihr Vater.
»Jaja«, murmelte sie und tapste die Treppe hinauf. »Wo auch sonst?« Die letzten zwei Stufen nahm sie auf einmal, hastete den langen, schmalen Flur entlang in ihr Zimmer. In eineinhalb Stunden legte die Commodore Clipper der Condor Ferries ab. Wenn sie sich mit dem Duschen beeilte und ihre kurzen braunen Locken an der Luft trocknen ließe, reichte die Zeit, den leidigen Fischgeruch aus den Haaren zu...
Erscheint lt. Verlag | 1.3.2025 |
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Reihe/Serie | Jersey-Träume |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Alte Liebe • Barbara Erlenkamp • Das kleine Café an der Mühle • Geheimnisse • Hotel • Jenny Colgan • Jersey • Kapitänshaus • Kerstin Gier • Küste • Manuela Inusa • Meer • Neuanfang • Petra Hülsmann • Schwestern • Valerie Lane • verliebt |
ISBN-10 | 3-8412-3581-6 / 3841235816 |
ISBN-13 | 978-3-8412-3581-7 / 9783841235817 |
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