Jakob (eBook)
400 Seiten
SCM Hänssler im SCM-Verlag
978-3-7751-7659-0 (ISBN)
Damaris Kofmehl ist Bestsellerautorin und erzählt wahre Begebenheiten als True-Life-Thriller, Fantasy und Biografien. Ihre Buchrecherchen führten sie unter anderem nach Brasilien, Pakistan, Guatemala, Chile, Peru, Australien und in die USA. Sie lebte lange unter Straßenkindern in Brasilien und heute wieder in ihrem Heimatland, der Schweiz. www.damariskofmehl.ch
Damaris Kofmehl ist Bestsellerautorin und erzählt wahre Begebenheiten als True-Life-Thriller, Fantasy und Biografien. Ihre Buchrecherchen führten sie unter anderem nach Brasilien, Pakistan, Guatemala, Chile, Peru, Australien und in die USA. Sie lebte lange unter Straßenkindern in Brasilien und heute wieder in ihrem Heimatland, der Schweiz. www.damariskofmehl.ch
Großvater
Fünf Jahre zuvor, in Abrahams Zeltlager in Mamre
»Erzähl uns noch eine Geschichte, Großvater!«
»Noch eine? Was für eine Geschichte wollt ihr denn hören?«
»Die von Ägypten und dem Pharao!«, rief ich eifrig.
»Nein, die von Sodom und Gomorra und wie Feuer vom Himmel fiel und alles zerstörte!«, rief mein Bruder Esau. »Oder die, wo du in den Krieg gezogen bist und Kedor-Laomer besiegt hast!«
»Wie wär's, wenn ihr Großvater jetzt in Ruhe lasst? Es ist sowieso langsam Zeit, schlafen zu gehen«, warf Mutter ein und sah uns Zwillinge mit jenem Blick an, der keinen Spielraum mehr für Betteln ließ. »Morgen ist auch noch ein Tag.«
»Ach Mutter, bitte!«, flehte ich.
»Nichts bitte. Euer Vater und ich gehen jetzt auch schlafen. Es ist schon spät.«
»Ist es gar nicht!«, wandte Esau ein, aber Mutter ließ sich nicht erweichen. Sie erhob sich vom Lagerfeuer und Vater stand ebenfalls auf.
»Vater, bitte«, bestürmte mein Bruder nun Vater. »Wir sind noch überhaupt nicht müde!«
»Überhaupt nicht!«, pflichtete ich ihm bei. »Lass Großvater noch eine Geschichte erzählen, nur eine! Danach gehen wir schlafen. Versprochen.«
Vater kratzte sich seinen Bart und lenkte schließlich ein. »Na schön. Aber nur, wenn Großvater damit einverstanden ist. Vater?«
»Ich kann euch gerne noch eine Geschichte erzählen«, meinte Großvater, woraufhin wir beide im Chor »Ja!« brüllten.
Mutter warf Vater einen vielsagenden Blick zu, als sei sie gar nicht damit einverstanden. Aber die Sache war entschieden. Und so zogen sich unsere Eltern zum Schlafen zurück und ließen Esau und mich mit Großvater beim Feuer zurück.
»Kommt her, ihr beiden«, sagte Großvater und winkte uns zu sich. Wir gingen um das Feuer herum und kuschelten uns links und rechts an unseren Großvater. Das Feuer war schon fast niedergebrannt. Großvater legte einen Ast auf die glühende Kohle und tanzende Funken stoben wie kleine Leuchtkäfer in den Nachthimmel hinauf. Ich blickte gespannt zu Großvater auf. Sein Gesicht schimmerte golden im Schein des Feuers.
Er überlegte eine Weile, dann fragte er: »Habe ich euch je erzählt, wie alles angefangen hat? Wie ich zum ersten Mal Gottes Stimme gehört habe?«
Wir schüttelten eifrig den Kopf und Großvater begann zu erzählen.
»Ich war damals fünfundsiebzig Jahre alt und lebte zusammen mit meiner geliebten Frau Sara in Haran, im Norden von Mesopotamien. Das ist weit weg von hier, drei Wochen auf dem Dromedar oder mehr. Ich hätte ehrlich gesagt nie gedacht, dass es einen Gott gibt, der spricht. Die Götter, denen meine Familie damals diente und die ich von meiner Kindheit aus Ur kannte, hatten nie irgendein Interesse an mir gezeigt. Es waren allesamt rachsüchtige, unberechenbare und launische Götter, die mir Angst einjagten. Die Menschen bauten ihnen riesige Tempel, Stufentürme, die bis in den Himmel ragten, und brachten ihnen blutige Opfer dar, um ihren Zorn zu besänftigen. Aber die Götter schienen trotzdem nie zufrieden zu sein. Sie waren nicht für die Menschen da, sondern die Menschen für sie, immer darauf bedacht, ja nichts falsch zu machen, damit die Götter sie nicht bestraften und die Welt ins Chaos stürzten. Ich betete zu Nanna, dem Mondgott. Er hörte mich nicht. Ich betete zu den Unterweltgöttern. Auch sie hörten mich nicht. Ich wusste nicht, zu wem ich sonst noch beten sollte. All die Jahre war ich auf der Suche und wusste nicht einmal, wonach oder nach wem. Bis zu jener Nacht, als er mich fand. Der Ewige, der höchste Gott, der Himmel und Erde erschaffen hat, der vor aller Zeit war, der ist und immer sein wird, sprach zu mir. Ich konnte seine Stimme hören, so klar und deutlich, wie ihr meine jetzt hört.«
Großvater machte eine bedeutende Pause. Ich schaut ihn mit großen Augen an und platzte fast vor Neugier. »Und was hat er gesagt?«
»Seine Worte werde ich niemals vergessen«, antwortete Großvater und dann wiederholte er, was Gott ihm fünfundneunzig Jahre zuvor gesagt hatte: »Verlass deine Heimat, deine Verwandten und die Familie deines Vaters und geh in das Land, das ich dir zeigen werde! Ich will dich segnen und du sollst in der ganzen Welt bekannt sein. Ich will dich zum Segen für andere machen. Wer dich segnet, den werde ich auch segnen. Wer dich verflucht, den werde ich auch verfluchen. Alle Völker der Erde werden durch dich gesegnet werden.«
Die Worte hatten etwas Feierliches, Gewaltiges, beinahe Mystisches an sich, etwas, das ich nicht wirklich begreifen konnte, aber das mich unweigerlich in seinen Bann zog. Es fühlte sich an, als würden die Worte mir gelten, als sei ich auf geheimnisvolle Weise in die Erfüllung dieser Verheißung miteingewoben wie ein Faden in einen Teppich, auch wenn das nicht den geringsten Sinn ergab. Mein Herz pochte auf einmal schneller und meine Hände waren ganz heiß und schweißnass.
»Und dann?«, fragte ich. »Was hast du dann gemacht, Großvater?«
»Ich bin losgezogen. Ich habe meine Heimat und meine Verwandtschaft verlassen und bin losgezogen, ohne zu wissen, was mich erwarten würde. Alles, was ich hatte, war Gottes Stimme in meinem Ohr und die Gewissheit, dass er einen Plan für mein Leben hatte und es gut mit mir meinte. Mein Bruder Nahor und seine Frau Milka hielten mich für verrückt, was nicht anders zu erwarten gewesen war. Aber ich wusste, was ich gehört hatte, und ich wusste, dass ich diesem namenlosen Gott folgen wollte, egal wohin. Ich spürte in meinem Herzen, dass ich ihm vertrauen konnte. Und so landete ich hier in Kanaan, wo der Herr mir auf dem Berg Garizim erschien und mir versprach, dieses Land meinen Nachkommen zu geben.«
»Er ist dir erschienen?«, fragte Esau ungläubig. »Heißt das, du hast Gott gesehen?«
Großvater nickte. »Ja, das habe ich. Drei Mal. Nein, genau genommen vier Mal.«
»Und wie sah er aus?«, wollte ich wissen.
»Anders, als ihr ihn euch vorstellen könnt.«
»Wie anders?«, fragte mein Bruder.
»Das erste Mal, auf dem Berg Garizim, ist er mir als Hirte begegnet, als ganz gewöhnlicher Mensch.«
»Aber wie hast du dann gewusst, dass es Gott ist?«, fragte ich interessiert.
»Wenn der lebendige Gott dir begegnet, dann weißt du es, glaub mir«, sagte Großvater mit einem geheimnisvollen Lächeln.
»Und das zweite Mal?«, drängte Esau.
»Das zweite Mal sah ich ihn, als ich vom Sieg über die vier Großkönige zurückkam. Da hat er mir bestätigt, dass er dieses Land hier mir und meinen Nachkommen geben wird und meine Nachkommen so unzählbar sein werden wie die Sterne am Himmel. Als Zeichen, dass sein Wort gilt, schloss er einen Bund mit mir, den er mit einem Blutschwur besiegelte. Da sah ich ihn als eine gigantische Feuersäule, die aus dem Himmel auf die Erde herabschoss. Die ganze Erde bebte davon. Und es krachte und knackte, als würde der Himmel zerbersten.«
»Hattest du Angst?«, fragte ich mitfiebernd.
»Ich habe am ganzen Leib gezittert«, gestand Großvater. »Es war unheimlich zu sehen, wie mächtig er ist. Der Schrecken saß mir in allen Knochen. Gleichzeitig glühte mein Herz vor Ehrfurcht. Es war, als wäre die Trennung zwischen Himmel und Erde für diesen einen Augenblick aufgehoben und von Gott selbst durchbrochen worden. Seine Gegenwart war unglaublich stark. Ich kann es nur schwer beschreiben. Es war ein Erlebnis, das mich durchschüttelte wie ein Sandkorn in einem Wüstensturm. Es war …« Er suchte nach dem richtigen Wort. »Gewaltig. Ja, gewaltig.«
Ich hörte Großvater wie gebannt zu. Ich klebte förmlich an seinen Lippen und ich sah eine Ergriffenheit in seinen Augen, als käme er noch immer nicht aus dem Staunen heraus über all das, was er gehört und gesehen hatte.
»Und das dritte Mal?«, fragte ich und vergaß vor Aufregung beinahe, mit den Augen zu zwinkern.
»Das dritte Mal erschien er mir auf einem Berg, hier ganz in der Nähe«, sagte Großvater. »Er begegnete mir wieder in Menschengestalt und sagte mir, dass Sara einen Sohn von mir bekommen würde und ich ihn Isaak nennen solle. Er sagte, Völker und Könige würden von ihm abstammen und der Bund, den er mit mir geschlossen habe, würde später Isaak und seinen Nachkommen gelten und bis in alle Ewigkeit Bestand haben. Es war ein unglaubliches Versprechen, das er mir dort gab. Aber ich konnte es nicht wirklich glauben und lachte still in mich hinein, weil ich dachte: Wie um alles in der Welt soll das geschehen? Ich war neunundneunzig Jahre alt zu diesem Zeitpunkt und Sara neunundachtzig. Wir waren beide viel zu alt, um noch Kinder zu bekommen. Ich schlug dem Herrn vor, er solle doch seine Verheißung durch Ismael erfüllen, den Hagar mir geboren hatte. Aber Gott sagte mir klar, er würde Ismael zwar um meinetwillen segnen, doch seinen Bund würde er mit Isaak schließen. Etwa drei Monate später begegnete mir der Herr erneut. Dies ist das vierte und letzte Mal, dass ich ihn gesehen habe. Er stand nur einen Steinwurf von hier entfernt, gleich da drüben, gekleidet als einfacher Wanderer auf der Durchreise.«
Großvater deutete mit der Hand in die Dunkelheit. »Er war in Begleitung von zwei Männern. Sie haben nicht viel gesprochen. Aber ich spürte, dass sie nicht zu dieser Welt gehörten. Es müssen Engel gewesen sein.«
»Engel?«, wiederholte ich aufgeregt.
Großvater nickte. »Ja, Engel. Da bin ich mir ziemlich sicher. Sie hatten eine ganz besondere Ausstrahlung. Sie waren es auch, die später nach Sodom hinabgingen und euren Verwandten Lot retteten, bevor Feuer und Schwefel vom Himmel fiel und alles vernichtete.«
»Warst du dabei, als es geschehen ist?...
Erscheint lt. Verlag | 8.1.2025 |
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Reihe/Serie | Bibel-Thriller |
Verlagsort | Holzgerlingen |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Altes Testament • Berufung • Betrug • Bibelroman • Biblischer Roman • Biblische Themen • Blickwechsel • Brüder • Esau • Flucht • Glaube • Inspiration • Intrigen • Isaak • Rache • Rebekka • spannend • Thriller christlich • True life • Vergebung |
ISBN-10 | 3-7751-7659-4 / 3775176594 |
ISBN-13 | 978-3-7751-7659-0 / 9783775176590 |
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