Entfachte Wut (eBook)
308 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7597-5731-9 (ISBN)
Sabine Buxbaum ist eine österreichische Autorin und Ärztin, die als Ausgleich zum Arbeitsalltag gern schreibt. Dabei lässt sie die medizinische Welt hinter sich und widmet sich verschiedenen Genres, von historischen Romanen über Fantasy und Thriller bis hin zu Liebesromanen und Krimis. Romantik und Spannung stehen dabei im Vordergrund. Ihre Inspiration zieht sie aus dem täglichen Leben und ihren Träumen. Dabei lässt sie ihrer Fantasie freien Lauf und erschafft einzigartige Charaktere und Handlungsstränge, die ihre Leserinnen und Leser fesseln. Sabine Buxbaum lebt auf dem Land und liebt es, die Natur zu genießen. Auch das Reisen gehört zu ihren Leidenschaften, da sie dadurch neue Eindrücke und Inspirationen für ihre Geschichten sammeln kann.
KAPITEL
8
Northome
Wie gerädert erwachte Carrie am frühen Morgen der ersten Nacht in Northome. Erwartungsgemäß hatten sie auch in dieser Nacht wieder Albträume heimgesucht und sie aus dem Schlaf gerissen. Sie liefen immer gleich ab: Der Serienkiller lag auf ihrem gefesselten Körper, presste sich hart gegen ihre Knochen, sodass sie kaum atmen konnte. Dann vergewaltigte er sie. Dabei leckte er sich über seine gekreuzten Schneidezähne und sein Speichel tröpfelte auf ihre Haut. Ein übler Geruch nach Schweiß und altem Leder ließ sie würgen. Als er nach einem Hammer fasste, um ihn auf ihren Kopf niederfahren zu lassen, erwachte sie. Meist herzrasend und schweißgebadet mit dem Wissen, dass es nicht nur ein Traum gewesen war. Sie hatte nicht erwartet, dass eine Ortsveränderung ihre Albträume beendete. Die Stille der neuen Umgebung ließ sie Geräusche wahrnehmen, die ihr sonst nicht auffielen. Wie das Knarzen von Holz und das Heulen des Windes. Allein einer Bedrohung ausgesetzt zu sein, machte alles schwerer. Sie hatte sich gewünscht, dass ihre Mutter sie begleiten könnte, doch die US-Marshals lehnten ab. Eine weitere Person barg nur noch mehr Gefahr, den Standort zu verraten. Nachdem ihre Mutter für ihr Leben gern telefonierte, bestand tatsächlich eine realistische Bedrohung, dass sie den Aufenthaltsort versehentlich an eine Freundin verraten könnte. Carrie musste lernen, allein mit ihrer Angst klarzukommen. Vielleicht würde sie sich in ein paar Tagen sicherer fühlen. Noch war hier alles fremd. Sie wollte sich ihrer Furcht stellen und der erste Schritt dazu war, in den Ort zu gehen, um einzukaufen.
Nachdem sie einen Kaffee getrunken hatte, brach sie auf. Auf der Fahrt zum Haus hatte sie sich den Weg eingeprägt. An Orientierung im Freien mangelte es ihr nicht. Carrie war immer viel draußen unterwegs. Auch wenn mittlerweile Programme die Wetterprognose berechneten, war es für sie immer noch am faszinierendsten, die Wolken zu beobachten. Sie erzählten mit ihren bizarren Formationen genauso gut, ob in den nächsten Tagen mit Sonne oder Regen zu rechnen war. Auf dem Weg in den Ort begegnete Carrie niemandem. Erst kurz vor den ersten Häusern kam ihr eine Frau mit einem Hund entgegen, die sie freundlich grüßte.
Wahrscheinlich hielt sie Carrie für eine Wanderin, weil sie einen Rucksack mit sich führte. Carrie hielt sich auf der Hauptstraße, wo sie ein Schild Richtung Bartlett Lake entdeckte. Die US-Marshals hatten ihr gesagt, der größere See liege auf der anderen Straßenseite Richtung Norden. Durch die dichte Bewaldung sah sie das Ufer nicht. Northome war eine winzige Stadt und überschaubar, ein eindeutiges Zentrum fehlte. Eine Frau, die ihr mit einer Einkaufstüte begegnete, wies ihr den Weg zum einzigen Laden. Zuerst kam sie an einem Postoffice vorbei, gleich daneben stand ein Café und dann erreichte sie schon die Kreuzung mit der Tankstelle, wo sie laut Auskunft links abbiegen musste. Keine fünfzig Meter weiter war sie am Ziel angekommen. Sie betrat den Store und stellte fest, dass es das mit Abstand kleinste Geschäft war, das sie je betreten hatte. Die wenigen Leute im Laden nahmen kaum Notiz von ihr. Vermutlich waren es die Einwohner gewohnt, dass hier Touristen auf der Durchreise nach Kanada vorbeikamen. Fragen würde man ihr erst stellen, wenn sie sich öfter im Ort blicken ließe. Und sie hatte nicht vor, das zu tun.
Nachdem sie alles eingekauft hatte, was sie benötigte, verließ sie das Geschäft und schlenderte zur Hauptstraße zurück. Als sie um die Ecke Richtung Osten bog, entdeckte sie Ryan. Er hatte sie ebenso schnell erfasst und kam auf sie zu. Wie zuletzt hielt er mehr Abstand als es für zwei Leute, die sich unterhalten wollten, üblich war. Sie hatte wohl abweisende Signale ausgesandt, als sie sich das erste Mal getroffen hatten. Jetzt, wo sie wusste, dass sie von Ryan nichts zu befürchten hatte, konnte sie ihm offener gegenübertreten. Er wirkte weniger bedrohlich wie bei ihrer ersten Begegnung. Und sie hatte mit sich vereinbart, gegen ihre Furcht zu kämpfen. Obwohl ein normales Leben für sie in nächster Zeit undenkbar war, wollte sie zumindest daran arbeiten, ihr Trauma zu überwinden. Die vergangenen Wochen hatte sie außer mit ihrer Mutter mit niemandem reden wollen. Schon gar nicht mehr mit den Agents des FBI. Es erschauderte sie immer noch, wenn sie daran dachte, wie sie von diesen Leuten behandelt worden war. Nachdem sie endlich eingesehen hatten, dass sie die Wahrheit sagte, wurde sie von ihnen unter Schutzhaft gestellt. In eine kleine Wohnung eingesperrt, ganz sich selbst überlassen. Bis beschlossen worden war, sie in das Zeugenschutzprogramm der US-Marshals aufzunehmen. Wenigstens hatte ihr Bewegungsradius dadurch zugenommen, trotzdem war die Situation belastend. Wem konnte sie noch trauen?
Einen Schritt auf Ryan zuzugehen, kostete sie enorme Überwindung. Aber jeder dieser Schritte würde ihr den Weg in ein normales Leben ebnen. Also machte sie zwei Schritte vorwärts.
„Hi“, grüßte sie und ärgerte sich, wie dünn ihre Stimme klang.
„Hi, Carrie.“ Ryan warf einen Blick auf ihre schwere Einkaufstasche. „Sind Sie zu Fuß hier?“
„Ja, ich habe kein Fahrzeug“, gab sie zu.
„Soll ich Sie mitnehmen?“ Er zeigte auf ein kleines blaues Auto, das am Straßenrand parkte. Es passte für sie nicht zu einem Geologen. Sie hätte einen Geländewagen erwartet. Bei näherem Hinsehen erkannte sie aber, dass es sich um einen Mietwagen handelte. Auch wenn sie die schwere Tasche ungern den ganzen Weg zurücktragen wollte, fühlte sie sich unwohl beim Gedanken, zu einem Mann ins Auto zu steigen, der ihr noch fremd war.
„Ich kann allein Ihre Tasche mitnehmen und sie Ihnen vor die Tür stellen, wenn Sie selbst lieber laufen wollen“, bot er an. War ihre Unsicherheit so offensichtlich? Sein Angebot ließ ihre Zweifel fallen, dass er ihr schaden wollte.
„Ich fahre mit“, sagte sie schließlich. Sie bemerkte, wie Ryan seine Lippen zu einem Lächeln verzog und dieses Mal wirkte es echt. Sogar um seine Augen bildeten sich kleine Fältchen. Vermutlich fühlte er sich im Blockhaus ebenso allein und einsam wie sie und war auf Gesellschaft aus.
„Fein, ich wollte davor aber noch einen Kaffee trinken gehen“, erwiderte er und deutete auf das Café neben dem Postoffice. „Kommen Sie mit?“
Carrie erinnerte sich an die Worte des US-Marshals, dass sie von Ryan Abstand halten sollte. Um sich nicht zu verplappern. Andererseits wäre es ein gutes Training, ob sie so gut lügen konnte, wie man das von ihr erwartete. Und es bot ihr die Möglichkeit, mehr über Ryan und seine Arbeit zu erfahren.
„Okay“, willigte sie ein. Es war besser, sich ihren Ängsten zu stellen, als sich von ihnen vereinnahmen zu lassen.
Ryan war überrascht, dass sich Carrie bereit erklärte, mit ihm ins Café einzukehren. Sie schien ihre Angst vor ihm abzulegen. Dabei hatte er noch nichts getan, um ihr Vertrauen zu verdienen. Er hoffte, mehr über sie herauszufinden. Vielleicht konnte er die US-Marshals bitten, ihm etwas zu erzählen. Immerhin arbeitete er für das FBI. Es hatte jedenfalls keinen Zweck, sie mit Fragen zu durchlöchern. Ihr wurde bestimmt aufgetragen, alle Leute anzulügen. Und Lügen interessierten ihn auf keinen Fall. Also hielt er sich mit seiner Neugier zurück, als sie im Café Platz nahmen. Es waren ein paar andere Leute im Raum und Ryan vermutete, dass es Touristen waren. Auf dem Parkplatz hatte er ein paar Autos mit Kennzeichen aus anderen Bundesstaaten entdeckt. Und der Werkstattleiter der einzigen Autowerkstatt im Ort, bei dem er unter falschem Namen einen Leihwagen gemietet hatte, hatte ihm erklärt, dass er hauptsächlich durch Touristen seinen Laden finanziere. Der Ort warf zu wenig Geld ab, denn er hatte nicht einmal zweihundert Einwohner.
„Was möchten Sie trinken?“, fragte Ryan und beobachtete, wie Carrie mit der Hand vorsichtig ihren Hals berührte. Es war eine Geste, die Leute zur Beruhigung ausführten.
„Einen Tee.“
Ryan winkte die Kellnerin herbei, die aufgrund der vielen Falten im Gesicht schon etwas älter wirkte. Er bestellte für sich Kaffee und für Carrie eine Tasse Tee. Als sie die Hand von ihrem Körper nahm und auf die Tischplatte legte, hoffte er, dass sie sich ein wenig entspannte. Das Letzte, das er wollte, war, dass sie Angst vor ihm hatte. Er durfte ihr nicht verraten, dass er für das FBI arbeitete und zu den Guten gehörte.
„Wie gefällt es Ihnen in Northome?“ Er stellte zunächst einmal unverfängliche Fragen. Carrie würde ihm kaum anvertrauen, warum sie hier war.
„Ich bin erst seit zwei Tagen in der Gegend. Noch kenne ich nicht viel davon.“
„Es ist schön hier, wenn auch ein wenig abgelegen. Um die Ecke gibt es den Bartlett Lake. Dort treiben sich vor allem Fischer herum“, erklärte er. Er hatte sich am Abend noch einige Infos zum Ort reingezogen und war schon kurz die Gegend abgefahren.
„Ich mag Seen. Wasser hat...
Erscheint lt. Verlag | 2.10.2024 |
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Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Krimi / Thriller / Horror |
ISBN-10 | 3-7597-5731-6 / 3759757316 |
ISBN-13 | 978-3-7597-5731-9 / 9783759757319 |
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