My Dearest Lovers. The Heygate Girls (eBook)
416 Seiten
Verlagsgruppe Droemer Knaur
978-3-426-28467-4 (ISBN)
Anna Husen, geboren 1996, ist ausgebildete Medienkauffrau, arbeitet als Content Marketing Managerin in einer Software Firma und lebt an der wunderschönen Ostseeküste. Schon früh hat sie die Begeisterung fürs Schreiben gepackt, da sie das Lesen schon immer geliebt hat und gerne selbst eigene Geschichten erschaffen wollte. Die Autorin ist aktiv auf ihrem Instagramkanal @annathiessenhusen, wo sie sich mit anderen Lesebegeisterten über ihre Leidenschaft fürs Schreiben und die Liebe zu Büchern austauscht.
Anna Husen, geboren 1996, ist ausgebildete Medienkauffrau, arbeitet als Content Marketing Managerin in einer Software Firma und lebt an der wunderschönen Ostseeküste. Schon früh hat sie die Begeisterung fürs Schreiben gepackt, da sie das Lesen schon immer geliebt hat und gerne selbst eigene Geschichten erschaffen wollte. Die Autorin ist aktiv auf ihrem Instagramkanal @annathiessenhusen, wo sie sich mit anderen Lesebegeisterten über ihre Leidenschaft fürs Schreiben und die Liebe zu Büchern austauscht.
Kapitel 1
Lucie
Das Klirren der Gläser ließ meine Glieder vibrieren. Besteck kratzte auf Porzellan, und der Duft von frischem Brot erfüllte den aufgeheizten Salon. Die stickige Luft wurde zerrissen von einem hitzigen Gespräch zwischen meinem Vater und seinem Geschäftspartner über eine neue Handelsroute zwischen Deutschland, Großbritannien und Frankreich. Mein Vater erzählte, dass der Weinhandel mit Frankreich gut lief, doch sein Gesprächspartner war der Ansicht, man würde sich durch diese vertiefenden Handelsbeziehungen schneller abhängig machen von den anderen Ländern, allen voran England, das durch den Export von Stahl und Eisen große Summen einnahm.
Ich versuchte, dem Gespräch zu lauschen, doch neben mir saß Hilde, meine beste Freundin aus Kindertagen, die mir mit ihrem Geplapper über ihren Verlobten Heinrich Arnolds ein Ohr abkaute.
»Er ist ein wahrer Gentleman! Er hat mir heute ein Blumenbouquet zukommen lassen mit einer Einladung zum Ball bei den Arnolds, auf dem er mich allen als seine zukünftige Ehefrau vorstellen wird! Kannst du dir das vorstellen, Lu? Ich werde in einer großen Villa in Travemünde leben, die feinsten Kleider tragen und bald selbst Gesellschaften geben!«
Und ein schweigender Schatten an seiner Seite sein, ein elegantes Ding, das er zur Schau stellen kann. Mit dem er vor seinen Freunden und Geschäftspartnern angeben kann, und dann wirst du Kinder gebären und alt und grau werden, ohne jemals etwas erlebt zu haben.
Diese Worte lagen mir auf der Zunge, verbrannten meine Kehle, und am liebsten hätte ich sie in die Welt hinausgeschrien, doch ich biss mir eilig auf die Unterlippe und zwang mich zu einem Lächeln. Ich hatte viel über die Frauenbewegungen gelesen, die sich seit einiger Zeit in den größeren Städten bildeten. Von den Frauen, die dafür kämpften, in der Ehe auch einen Beruf ergreifen zu können, eigenständig zu leben, ohne sich an einen Mann zu binden. Doch davon wollte Hilde nichts wissen.
Wir waren seit Kindertagen beste Freundinnen, wie Feuer und Wasser, doch nun … war es anders. Seit ihre Eltern ihre Verlobung bekannt gegeben hatten, sprach Hilde von nichts anderem als von ihrem Verlobten. Davon, wie wunderbar es werden würde, wenn sie endlich verheiratet sei.
»Das klingt wirklich … schön«, entgegnete ich lahm und musste an mich halten, um das Gesicht nicht zu einer Grimasse zu verziehen, wobei ich ohnehin das Gefühl hatte, auf eine saure Zitrone gebissen zu haben.
Für mich klang eine Ehe einfach nicht so vielversprechend, sondern eher wie ein Gefängnis. Doch ich wollte Hilde nicht die Stimmung vermiesen oder ihre Vorfreude mindern.
»Schön?« Hilde zog eine ihrer fein gezupften Augenbrauen in die Höhe und musterte mich eingehend. »Es ist wunderbar, Lu! Ich werde bald meinem Elternhaus entfliehen und einen eigenen Haushalt führen. Endlich kein Ausgehverbot mehr am Abend und all die Freiheit, die ich mir gewünscht habe.«
»Freiheit? Das nennst du Freiheit?«, rutschte es mir nun doch heraus, und meine Stimme stolperte beinahe. Ein Zittern erschütterte meinen Körper, und mein Magen rumorte. In mir schien eine ungezügelte Wut zu blubbern, die mir sehr bekannt vorkam.
»Wie bitte?« Hilde sah mich verständnislos an und stellte ihr Weinglas etwas zu heftig wieder auf dem Tisch ab, sodass die kostbare rote Flüssigkeit auf das gestärkte Tischtuch schwappte. »Was meinst du damit, Lu?«
Verdammt, dass du auch niemals deine Klappe halten kannst, tadelte ich mich selbst und versuchte mich an einem entschuldigenden Blick, während meine Handinnenflächen feucht wurden.
»Gar nichts, Hilde«, begann ich zögernd und legte ihr eine Hand auf den Arm. »Du wirst eine wunderbare Ehe haben und eine großartige Mutter werden, aber für mich ist das nichts.« Ich versuchte, den Worten die Schärfe zu nehmen, und lächelte sie an.
Ich sah Hilde an der Nasenspitze an, dass sie mir kein Wort glaubte. Ihre Wangen waren gerötet, und sie schob sich mit einer fahrigen Bewegung eine braune Haarsträhne hinters Ohr. Gott, sie kannte mich leider zu gut, um mir diese Worte abzunehmen, und Zorn brodelte erneut in meinem Inneren auf, denn ich wusste beim besten Willen nicht, wie ich mich aus dieser Situation wieder herausmanövrieren konnte.
»Denkst du etwa, du verdienst etwas Besseres als eine Ehe mit einem guten Mann?«, zischte mir Hilde ungewöhnlich heftig zu und verschränkte die Arme vor der Brust.
Ja, dachte ich, sprach es aber nicht aus, sondern senkte den Kopf in der Hoffnung, dass Hilde es auf sich beruhen lassen und meine Worte nur als Trotzreaktion betrachten würde, denn sie heiratete bald und ich eben nicht.
Stattdessen sah ich auf das Foto herab, das ich immer sorgsam in meinem Retikül aufbewahrte. Die Ränder des Papiers waren ausgefranst, das Bildnis beinahe verblasst, aber es war mein Beweggrund, niemals zu heiraten.
Es zeigte meine Mutter und meinen Vater am Tage ihrer Hochzeit. Glücklich und zufrieden standen sie eng umschlungen vor der Kirche, und meine Mama schien mit der Sonne um die Wette zu lächeln. Sie sah wunderschön aus, die weizenblonden Haare waren zu einem Zopf geflochten, und ihre grünen Augen schienen zu strahlen, als wäre sie der glücklichste Mensch der Welt.
Tränen brannten hinter meinen Lidern, und ich biss mir auf die Unterlippe. Langsam hob ich wieder den Blick, versuchte, mich auf das Dinner zu konzentrieren, und schaute in das Gesicht meiner Mutter, so, wie es jetzt war.
Da war nichts mehr von diesem Lächeln, diesem Strahlen, das die ganze Welt hätte blenden können. Nein, mir gegenüber saß eine in sich zusammengesunkene Frau, die in ihrer Suppe löffelte und sich bewegte wie eine kaputte Maschine. Ihre Haut war zerknittert, weiß wie Papier. Schatten flirrten unten ihren Augen, und die weizenblonden Haare waren nun stumpf und glanzlos. Ein raues Husten entrann ihrer Kehle, und ihr ganzer Körper wurde von einem Zittern erschüttert.
»Liebling?«, fragte mein Vater besorgt.
Er legte eine Hand auf Mutters Rücken, und ich musste den Blick abwenden, konnte nicht hinsehen, weil mich alles daran zerbrechen ließ. Mein Herz in immer kleinere Fetzen zerriss, bis nichts mehr von mir übrig war. Diese vermaledeite Tuberkulose fraß meine Mutter von innen heraus auf, und es bekümmerte mich, dass sie all ihr Strahlen durch diese Krankheit eingebüßt hatte.
Zudem schien sie in der Ehe mit meinem Vater all ihren Antrieb verloren zu haben. Ich erinnerte mich noch daran, wie meine Mutter in meiner Kindheit war. So voller Tatendrang und Elan. Sie hatte ihn sogar auf Handelsreisen begleitet, doch ich hatte leider nie mitgedurft. Meine Eltern hatten mich oft allein gelassen. Dafür zürnte ich meinem Vater, denn er war mir fremd. Behandelte mich eher wie Luft, wie ein unwissendes Mädchen.
Und dann war meine Mutter irgendwann plötzlich krank geworden, ihre Lunge war schwach, und sie wurde von Tag zu Tag erschöpfter. Ich wusste nicht, ob sie sich auf einer dieser Reisen angesteckt hatte, aber ich vermutete es.
Jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass diese Reisen mir meine Mutter geraubt hatten. Und danach hatte sie kaum mehr Zeit für mich gehabt wegen der Krankheit, die sie so erschöpfte.
Ich glaubte, dass sie in dieser Ehe unglücklich war, und so unglücklich wollte ich nicht werden. Auf keinen Fall wollte ich mein eigenes Strahlen verlieren und das bloße Anhängsel eines Mannes werden.
»Willst du ihr nicht helfen?«, flüsterte Hilde mir zu, und ich zuckte zusammen.
Es war totenstill am Tisch geworden, alle Gespräche waren versiegt, kein Geschirr klapperte mehr, und die Luft fühlte sich zäh wie Marmelade an. Ich wollte schon aufstehen, doch da ebbte das grässliche Husten ab, und meine Mutter erhob die Hand.
»Setz dich … wieder … Liebes«, krächzte sie und hielt sich ein Tuch vor den Mund.
Ich konnte das Blut sehen, das an ihren Mundwinkeln klebte. Ohnmacht und Wut vermischten sich in meinem Inneren zu einer gefährlichen Masse, die zu explodieren drohte. Ich wollte hier nicht sein, ich wollte keine gehobene Konversation führen, und vor allem wollte ich nicht, dass Mama sich für solche Abende aus ihrem Bett quälte. Nur um neben meinem Vater eine gute Figur zu machen, um das Bild einer sittsamen Ehefrau aufrechtzuerhalten.
»Aber …«, begann ich unsicher, ich erinnerte mich daran, dass Mama mir heute vor dem Essen etwas hatte sagen wollen, doch dann waren wir unterbrochen worden, weil Hilde früher als verabredet in unserem Haus erschienen war. So gerne würde ich meine Mama in ihr Schlafzimmer begleiten, sie fragen, was sie mir hatte erzählen wollen, und einen ruhigen Abend mit ihr verbringen.
Doch mit einem Tisch voller Gäste war das nicht mehr als ein Wunschtraum.
Herr Rahms, der Geschäftspartner meines Vaters, und seine Frau Regina. Hildes Eltern, Berthold und Sieglinde, die ein großes Stadthaus außerhalb von Lübeck besaßen. Hildes Vater war in der Politik der Stadt tätig, er war ein einflussreicher Mann mit verkniffenem Gesichtsausdruck, der nun genüsslich seinen Wein trank und so tat, als würde er von dem ganzen Dilemma nichts mitbekommen.
»Es ist alles in Ordnung, mein Engel«, wisperte meine Mutter und setzte sich wieder aufrecht hin. Sie zwang sich zu einem Lächeln, das jedoch ihre Augen nicht erreichte, und erneut machte mein Herz einen unangenehmen Stolperer, und mein Magen zog sich zusammen.
Ich wünschte, meine Mutter hätte meinen Vater niemals geheiratet. Ich wünschte, sie hätte ihr Lächeln behalten, diese Freiheit, von der sie immer sprach, die jedoch nur in ihrer...
Erscheint lt. Verlag | 1.10.2024 |
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Reihe/Serie | The Heygate Girls |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Literatur ► Romane / Erzählungen | |
Schlagworte | 1860 • 19.Jahrhundert • Ablehnung der Ehe • Academy Romance • Anna Husen • Arcademia • Aufgedrängte Heirat • Aufgezwungene Traditionen • beziehung zwischen mutter und tochter • Bisexualität • bisexual romance • bridgerton ähnliche bücher • Buch zum Träumen • Coming-of-Age-Geschichte • enemies to friends to lovers • England • Erwachen der Liebe • forbidden love bücher • Forbidden Love Trope • Frauenfreundschaft Roman • Frauenunterhaltung • Freundschaft zwischen Frauen • Heirat • Heygate Boarding School for Girls • Historical romance meets New Adult • höhere Töchterschule • Internat • Internatsleben • Kaufmann • komplizierte Freundschaft • Lesbische Liebe • Lesbische Romance • Love Triangle • Lübeck • Mädcheninternat • Mädchenschule • matchmaking • Niederadel • Persönliche Weiterentwicklung • queere Liebe • Rebellion gegen Normen • Regency Romance • Rivals to Lovers • Schmetterlinge im Bauch • Selbstfindung • sommerbälle • Southend-on-Sea • trope death parent • Tuberkulose • Ungewohnte Gefühle • Verliebt in eine Frau • Victorianisches Zeitalter • Vorausgewählter Ehemann |
ISBN-10 | 3-426-28467-7 / 3426284677 |
ISBN-13 | 978-3-426-28467-4 / 9783426284674 |
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Größe: 3,3 MB
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