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Was ihr uns versprochen habt (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
368 Seiten
Penguin Verlag
978-3-641-32075-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
18,99 inkl. MwSt
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Ein schmerzhaft schöner Roman über das Aufwachsen zweier Schwarzer Mädchen in einem zerrütteten Land
Die Schwestern Ezra und Cinthy Kindred wachsen wohlbehütet in Salt Point an der Ostküste der USA auf. Sie verbringen die Tage mit ihrer gemeinsamen besten Freundin Ruby, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass jemals etwas zwischen ihnen stehen könnte. Doch als im Sommer 1957 die Rufe nach Freiheit und Gleichberechtigung der Schwarzen Bevölkerung nach Salt Point dringen, verschiebt sich etwas in der Gemeinschaft. Denn plötzlich werden die Kindreds, eine der einzigen beiden Schwarzen Familien im Ort, von den anderen Bewohnern als Bedrohung angesehen. Ezra und Cinthy müssen all ihre Hoffnung und ihren Mut zusammennehmen, um sich dem Hass, der das ganze Land überflutet, entgegenzustellen

Mit einer Sprache, die so gewaltig ist und dabei von einer einzigartig klaren Zärtlichkeit, lässt uns Rachel Eliza Griffiths ein dunkles Kapitel der amerikanischen Geschichte nachspüren. Eine Geschichte aus der Vergangenheit, die aktueller jedoch kaum sein könnte.

Rachel Eliza Griffiths ist Künstlerin, Dichterin und Autorin. Für ihre Lyrik wurde sie vielfach ausgezeichnet. Ihre Texte wurden in The New York Times, The New Yorker, The Paris Review und The Georgia Review veröffentlicht. »Was ihr uns versprochen habt« ist ihr Debütroman.

1


Der letzte Tag der Ferien markierte stets das Ende der Zeit, die Ezra und ich am meisten liebten. Nicht Zeit im Sinne von tickenden Uhren und klingelnden Weckern; wir wussten, dass diese Art von Zeit keinen wirklichen Anfang und kein Ende hatte. Mit Zeit meinten wir ein Glücksgefühl, eine unbeschwerte Freude, die unsere Tage und Träume acht glorreiche Wochen lang mit ihren warmen, sonnengebräunten Armen umfing, bis unsere Lehrer wieder in unser Leben traten und unsere Eltern sich an ihre Regeln in Bezug auf Schuhe, Sauberkeit, Vokabeltests und Hausaufgaben erinnerten.

Wir beteten inbrünstig, dass die Luft noch so lang wie möglich mild bleiben möge, vielleicht sogar bis Mitte Oktober, sodass wir ein Stück unserer sommerlichen Freiheit behalten konnten, um in der Landschaft umherzustreifen, die wir kannten und liebten. Wir waren noch nicht groß, aber selbst die Erwachsenen konnten sehen, dass wir bald nicht mehr klein sein würden.

Wir trauerten um das Ende des Sommers und trafen Vorhersagen über den Herbst und uns selbst. Dabei zählten wir die verschiedenen Dinge auf, die den Sommer echter machten als den Rest des Jahres. Es war die einzige Zeit, in der wir kurze Hosen und bauchfreie Tops tragen konnten und sich unsere Mutter nur wenig daran störte. Ezra und ich durften beinahe überall herumspazieren – während der anderen Jahreszeiten mussten wir schon um Erlaubnis fragen, wenn wir nur zum Hafenbecken im Dorf gehen wollten. Und das Essen! Was wir alles essen durften! Im Sommer ließ Mama bei Salz und Zucker fünfe gerade sein. Es kam uns jeden Tag so vor, als würden wir von der Speisekarte unserer Träume bestellen – frischer Mais, Eisbecher, geschnittene Tomaten mit grobem Salz und Pfeffer, kalter Hummer, Root Beer Floats, Wassermelone, Austern, Krebs- und Krabbensalate, frittiertes Hühnchen, selbst gemachtes Zitronen- oder Himbeersorbet, gegrillte Pfirsiche, Kartoffelsalat und rotes Wassereis.

Im Sommer blühten die Wildblumen, sogar auf dem Dorfplatz. Den Platz mit einem kleinen Teich in der Mitte und ein paar Bänken hatte irgendein toter Amtsträger früher für eine gute Idee gehalten. Und es hätte ein ganz charmanter Ort sein können, wäre da nicht das Meer gewesen. Nur wenige Schritte vom Dorfplatz entfernt, am Ende der engen Hauptstraße, befand sich ein schmaler, glänzender Pier, an dem immer viel los war.

Gott schaute in Richtung Wasser.

Eine einsame Kirche, St. Mary Star of the Sea, ragte so hoch auf, dass sie während der wunderschönen Sommergewitter zahlreiche Blitze anzog. In die groben Türen waren Fische, Delfine, Engel, Pilger und geplagte Heilige geschnitzt. Das Meer verhöhnte die salzverkrusteten Glocken, die zu jeder Stunde schlugen, während die Dorfbewohner gegen das Klatschen der Wellen anbeteten.

Zu der Kirche gehörte ein gepflegter öffentlicher Garten mit gesprenkelten Bänken und einer Steinstatue der Heiligen Jungfrau, die jedes Jahr neu gestrichen wurde. Der Winter riss die Farbe vom Gesicht der Madonna und hinterließ einen schuppigen alten Stein, der an etwas Primitives erinnerte. Die Dorfbewohner dachten nie daran, die Statue abzudecken, wenn sich Eis und Schnee ankündigten. Stattdessen schienen sie merkwürdig stolz auf das zu sein, was die Elemente der Mutter Gottes antaten.

Unsere Eltern trauten dem Dorf nicht. Nie gingen wir zum Beten oder an Feiertagen in die Kirche St. Mary Star of the Sea. Mama und Daddy hatten jahrelang betont, dass wir nur nach Salt Point in Maine gezogen waren, weil mein Vater hier eine gute Stelle gefunden hatte. Er war Lehrer. Unsere Eltern hatten ein Stück Land kaufen können, das sonst niemand haben wollte, weiter im Hinterland, abseits der Küste.

Doch ich wusste, dass es auch andere Gründe gab. Nach der Geburt meiner großen Schwester Ezra wollten meine Eltern Damascus gegen einen Ort eintauschen, an dem niemand von der Tragödie der Familie Kindred wusste.

In Salt Point würde keiner meinen Vater an die Ambitionen seiner Großeltern erinnern. Niemand würde den Verlust von Daddys linkem Arm hinterfragen, weil es hier im Dorf Fischer gab, die wussten, was es hieß, Beine, Arme, Glauben und Augenlicht zu verlieren. Die tollkühne Jugend meines Vaters irgendwo im Süden würde in Neuengland niemanden interessieren, und man würde diese auch nicht mit der Tatsache in Verbindung bringen, dass er Wut und Ärger jeglicher Art umging.

Daddy glaubte, dass sich ein Mann Gnade und Würde mit dem eigenen Leben verdienen musste. Er lehnte die Vorstellung an einen unbekannten Vater ab, der ihm nie erschienen war, außer im schlimmsten Höllenfeuer. Womöglich wusste Daddy nicht, wie er nach einem solchen Vater suchen sollte, weil er seinen eigenen nie gekannt hatte. Daddy musste nach seinem eigenen Gesicht suchen. Doch er blieb unentschlossen, wenn es um Himmel oder Auferstehung ging. Dort, wo wir lebten, wären wir im sonntäglichen Gottesdienst keine gern gesehenen Gäste gewesen.

Es vergingen ganze Jahre, in denen sich mein Vater weigerte, vor einem Gott niederzuknien, der ihm seinen Arm und seinen jüngeren Bruder genommen hatte, über den er nie sprach. Wir hörten den Namen unseres Onkels nur, wenn mein Vater sich durch die eigenen Schreie aus seinen Albträumen riss. Unsere Mutter sagte, Daddy gebe sich die Schuld, auch wenn jeder andere die Tragödie als Dummheit verbuchen würde. Nur zwischen den Seiten der Bücher, die er liebte und unterrichtete, war mein Vater frei von Angst.

Abgesehen von der Kirche setzte sich das Dorf aus unvollständigen, asymmetrischen Häuserreihen zusammen, hinter denen man sich kleine Gärten mit frei laufenden Hühnern, bunt schillernden Hähnen, an Pflöcke gebundenen Ziegen, durchhängenden Wäscheleinen und kargen Gemüsebeeten teilte. Am anderen Ende der Hauptstraße, in einiger Entfernung zu St. Mary Star of the Sea, befand sich eine weitere Gruppe wichtiger Gebäude – die Bar, der Schönheitssalon und ein kleiner Komplex mit vermieteten Büros. Gegenüber von diesen ausgeblichenen Bauten gab es eine freie Fläche, die sich samstags in einen Wochenmarkt verwandelte. Im Sommer wurde die Fläche manchmal für Jahrmärkte, Antiquitätenbörsen und einen Wanderzirkus genutzt, zu dem eine sagenhafte Freakshow gehörte. Wurde die Fläche nicht gerade vermietet, fuhren dort Jugendliche Autorennen und machten finstere Gesichter, in dem Bewusstsein, dass sie höchstwahrscheinlich alle irgendwann miteinander verheiratet sein würden.

Hinter dem leeren Grundstück krümmte sich das Land wie ein knochiger Finger in Richtung Meer. Dieser wilde Boden war Asche und Kies. Abseits der Hauptstraße und der Kirche brachte die raue Luft das wahre Gesicht der Dorfbewohner zum Vorschein. Es war der ideale Ort für Picknicks, Liebespaare, Kinderspiele, Streitgespräche und einsame Stunden des beherzten Angelns und Trinkens. An der Spitze der Landzunge stand ein gedrungener Leuchtturm aus Beton, der nicht mehr in Betrieb war. Schiefe Bäume, vom Meereswind nach hinten gepustet, säumten das Felsufer. Die hinterhältige Landschaft warnte niemanden vor ihren steilen Klippen, was meine Eltern von Anfang an nervös machte.

Dort, wo wir wohnten, war das Land kaum weicher, aber umso verlassener. Unser Zuhause an der Clove Road lag mitten in den Wäldern, die zu den höchsten Steilklippen führten, und wirkte durch den Teich und die kurvigen Anhöhen ein wenig absonderlich. Jenseits unseres Hauses, noch weiter oben, lag das karge Gelände von Ezras und meiner Schule, an der mein Vater unterrichtete und die von einem Mann namens Benedict Hobart gegründet worden war.

In früheren Zeiten hatte das Anwesen bereits eine opulente Privatresidenz, ein Mönchskloster, ein Nonnenkloster, eine Nervenheilanstalt, ein Kinderheim und ein Militärkrankenhaus verkörpert. Alle Kinder des Dorfes, auf die bei den häuslichen Pflichten verzichtet werden konnte, gingen hier kostenlos zur Schule.

• • •

Als mein Vater an der Hobart angestellt wurde, hatten viele Dorfbewohner etwas dagegen. Ihnen missfiel der Gedanke, ein Schwarzer solle in der Nähe ihrer Familien wohnen und ihre Kinder unterrichten. Als sie merkten, dass mein Vater für sich bleiben und keinerlei Integration einfordern würde, die über einen knappen Gruß am Lenkrad seines Wagens hinausging, ließ man uns in Ruhe.

Im Jahr 1957 waren wir eine von zwei Schwarzen Familien, die am Rande des Dorfes wohnten. Die andere Schwarze Familie, die Junketts, waren unsere einzigen wirklichen Nachbarn und Freunde.

Caesar und Irene Junkett und ihre vier Kinder, Ernest, Lindy und die Zwillinge Rosemary und Empire, waren nach Salt Point gezogen, als ich neun Jahre alt war. Unsere Familien freundeten sich durch die warme Vertrautheit der Südstaaten miteinander an. Meine Eltern waren in Damascus geboren, einer kaum integrierten Gemeinde mitten in Sussex County, Delaware. Die Junketts stammten aus einem Ort namens Royal, tief im ländlichen Teil Virginias. Beide Orte rühmten sich mit einer Lebensfreude, die wir Kinder nur anhand der Geschichten verstehen konnten, die erzählt oder nicht erzählt wurden, und die uns zeigten, was es hieß, jene üppigen, handgeschnitzten Wiegen der Kindheit hinter sich zu lassen. Mr Junkett, den wir Mr Caesar nannten, hatte einen Job als leitender Schulhausmeister an der Hobart angenommen. Mr Caesar sprach oft über die Entscheidung, in den Norden umzusiedeln, und erklärte, dass er vermutlich nicht so viel hätte verdienen können, wenn er, wie sein Vater, in den Südstaaten geblieben wäre. Ein weiterer Grund, wie Mr Caesar sagte, war die Tatsache, dass die weißen Männer im Norden umgänglicher waren als die weißen Männer im Süden, und ihn und seine Familie eher in...

Erscheint lt. Verlag 18.9.2024
Übersetzer Jasmin Humburg
Sprache deutsch
Original-Titel Promise
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte 2024 • Amerika der 1950er • Black lives matter • Bürgerrechtsbewegung • Civil Rights Movement • Coming of Age • eBooks • Freundschaft • Großeltern • Hass • Kleinstadt • knife • Literatur • Neuengland • Neuerscheinung • People of Color • Rassismus • Roman • Romane • Salman Rushdie
ISBN-10 3-641-32075-5 / 3641320755
ISBN-13 978-3-641-32075-1 / 9783641320751
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