Die Frau aus dem Moor -  Rolf Dieckmann

Die Frau aus dem Moor (eBook)

Der Wendland-Krimi
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
248 Seiten
Ellert & Richter Verlag
978-3-8319-1051-9 (ISBN)
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In den letzten Minuten seines Lebens gesteht ein Mann seiner Frau einen Mord. Doch er stirbt, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. In ihrem Entsetzen sucht die Witwe Hilfe bei Erik Corvin, dem Ex-Polizisten aus Hamburg, der sich auf einen Resthof im Wendland zurückgezogen hat und mit Verbrechen nichts mehr zu tun haben will. Die Verzweiflung der attraktiven Rothaarigen stimmt ihn um. Zur gleichen Zeit gerät auch noch einer seiner besten Freunde unter Mordverdacht und die Begegnung mit einer Frau, die zu einem Bordellbetrieb mitten im Wald gehört, macht alles komplizierter. Durch sie gerät er zwischen die Fronten zweier konkurrierender Gruppen aus dem Milieu, die nicht gerade zimperlich sind. Aber er gibt nicht auf, denn langsam wird ihm klar, dass zwischen diesen scheinbar zusammenhanglosen Ereignissen eine Beziehung besteht.

Rolf Dieckmann freier Journalist und Autor, hat viele Jahre für Zeitungen und Magazine gearbeitet. Die längste Zeit für den stern. Sein erzählerisches Debut lieferte er mit zwei Romanen aus der Toskana um den charismatischen Spieleerfinder Robert Darling. Bei Ellert & Richter sind seine Krimis 'Es sind Wölfe im Wald', 'Kalthaus', 'Die Frau aus dem Moor' und 'Gespenster' lieferbar. Er wohnt im Wendland, wo sein altes Bauernhaus im Laufe der Zeit immer mehr zum Lebensmittelpunkt geworden ist.

2


„Also, nehmt’s mir nicht übel“, sagte Kalle, „aber irgendwie finde ich, unser Repertoire ist ziemlich ausgelutscht. Wir sollten das mal ein bisschen upgraden.“

„Jetzt geht das wieder los!“, maulte Rebus und stand von seinem Schlagzeughocker auf. Reiner Bussau, den man seit Schülerzeiten Rebus nannte, was sich auch bei seiner langjährigen Tätigkeit im Bauamt nicht geändert hatte, griff in seine Hosentasche und zog eine Packung Marlboro heraus. „Ich rauch, jetzt erstmal eine!“

Corvin blickte ihn streng an und zog den Gurt seiner Fender E-Gitarre über den Kopf.

„Aber nicht hier drin. Geh auf den Hof.“

Jürgen nickte.

„Genau. Hier drin ist schon genug dicke Luft.“

Corvin zuckte mit den Schultern.

„Okay, dann machen wir eine Pause und lüften mal durch.“

Obwohl er und die anderen drei Mitglieder der Band „Coincidence“ wenig Lust auf feste Übungstermine verspürten, hatte der Ex-Polizist aus Hamburg doch eines Tages die Ärmel hochgekrempelt und zusammen mit seinem Nachbarn Erwin Wohlleben und Willy, einem befreundeten Zimmermann, das alte Kalthaus, das dem Dorf seit den Fünfzigern als kollektive Kühlmöglichkeit gedient hatte, entkernt, ausgebaut, gedämmt und mit ausreichend Steckdosen versorgt. Für die Verstärker, das Mischpult und nicht zuletzt für den alten Kühlschrank, in dem immer reichlich Bier vorhanden war. Jedenfalls fast immer.

„Verdammt“, zischte Corvin, als er die Tür des betagten Bauknecht öffnete und in gähnende Leere starrte.

„Und ich hätte geschworen…“

Ärgerlich schlug er die Tür zu, richtete sich auf und stapfte über den Hof in Richtung Küchentür.

In der Küche fuhrwerkte seine resolute Haushälterin, Lieselotte Lorenz, von allen Lilo genannt, und summte „Atemlos durch die Nacht“, wobei sie die Töne nicht immer ganz genau traf.

Corvin erhob seine Stimme.

„Lilo, könnte es sein, dass du die letzten Bierflaschen aus dem Übungsraum entfernt hast?“

Lilo hörte auf zu summen und schaute ihn streng an.

„Jawohl, mein Herr. Ich habe mir erlaubt, eure versiffte Bude mal richtig sauber zu machen. Und den Kühlschrank auch.“

„Und was hast du mit dem Bier gemacht. Die Haare gewaschen oder womöglich sogar getrunken?“

Lilo setzte ihre Arbeit fort und schrubbte den Spülstein mit Scheuermilch sauber.

„Dann schau doch mal im Kühlschrank in der Speisekammer nach. Dort liegen die Fläschchen für die kleinen Jungs, säuberlich gestapelt. Und den Öffner habe ich jetzt mit einem Bindfaden an der Wand befestigt. Damit deine ewige Sucherei ein Ende hat.“

Corvin musste grinsen.

„Ach, Lilo, wenn ich dich nicht hätte!“

Rebus, Kalle und Jürgen saßen nebeneinander auf dem dreieinhalb Meter langen halbierten Baumstamm, der mit drei querstehenden Sockeln und einer Rückenlehne ausreichend Platz für vier sehr schlechtgelaunte Musiker bot.

Corvin grinste noch immer, als er mit vier eiskalten Bierflaschen zurückkam.

„Hier, Leute, jetzt trinken wir erst mal was.“

Dass die Ansage unmittelbar befolgt wurde, war nicht zu überhören, denn wenn vier durstige Musiker gleichzeitig einen Schluck Bier zu sich nehmen, entsteht ein Geräusch wie in einem Gully bei Starkregen.

Jürgen wischte sich den Schaum vom Mund und schaute Kalle an, dessen richtiger Name Karsten Hoppe war und der sein Geld als freischaffender Architekt verdiente.

„Was schwebt dir denn so vor?“

Kalle zog die Schultern nach oben und die Mundwinkel nach unten.

„Dire Straits zum Beispiel. Die frühen Sachen. So‚ wie ‚Walk of Life‘. Man könnte…“

Sofort fiel Rebus ihm ins Wort.

„Ach und wer ist der Tastendrücker? Zu den Stücken gehört ja wohl ein Keyboarder. Willst du das übernehmen? Bass spielen füllt einen ja wahrscheinlich nicht so aus.“

Für ein paar Sekunden sah es so aus, als würden Kalle und Rebus sich gegenseitig an die Gurgel gehen. Corvin registrierte das sofort und stellte sich zwischen die beiden, die ihre Oberkörper bereits kampflustig aufgerichtet hatten.

„Hab ich auch schon drüber nachgedacht. Ein Keyboarder wäre gar nicht mal so schlecht. Ich habe im letzten Jahr beim Elbrock in Langendorf einen gesehen, der war perfekt. Hatte keine feste Band und würde auch im Alter zu uns passen. Hat außerdem eine gute Stimme. Kommt immer noch ziemlich hoch. Der hat damals „A Whiter Shade of Pale“ gesungen und gespielt … und das ist verdammt ziemlich heftig.“

Rebus nahm einen Schluck Bier und lehnte sich zurück.

„Und wie heißt der Wunderknabe?“

Corvin zuckte mit den Schultern. „Weiß ich nicht mehr. Müsste aber leicht rauszukriegen sein. Ich glaube, Klaus oder so ähnlich. Lasst mich mal telefonieren.“

Jetzt machte Jürgen, der mit vollständigem Namen Jürgen Berger hieß und eine Herrenboutique in Lüchow besaß, ein beleidigtes Gesicht.

„Okay, wenn Euch meine Stimmlage nicht mehr reicht. Mich hat neulich Petra von den ‚Kincaids‘ gefragt, ob ich nicht…“

Corvin hob die Hand.

„Leute, ihr fangt jetzt wirklich an, kindisch zu werden. Es wird ja wohl noch erlaubt sein, mal über was Neues nachzudenken. Das heißt doch aber nicht, dass wir irgendjemanden abservieren wollen. Schauen wir uns den Typen doch erst einmal an. Wir sind doch nicht gezwungen, ihn in die Band zu holen. Wollen wir jetzt weitermachen?“

Der Vorteil des Übungsraumes im alten Kalthaus auf Corvins Hof am Rande des Dorfes Waddeweitz war, dass man alles so stehen und liegen lassen konnte, wenn die Lust zu musizieren plötzlich verebbte. Keiner musste mehr abbauen und aufräumen. Der Nachteil war, dass nachfolgende mit erheblichem Biergenuss gepaarte Endlosdiskussionen, die im Laufe des Abends immer unsachlicher wurden, stets dazu führten, dass alle die Auflösung der Band beschlossen. In der Regel dauerte es allerdings vier Tage, bis einer nach dem anderen zum Telefon griff, um zu beteuern, dass das, was er zu vorgerückter Stunde gesagt haben könnte, mit Sicherheit nicht so gemeint war und dass man sich auf den nächsten Termin freue.

So schlug auch an diesem Morgen Erik Corvin, der eigentlich auf den Namen Enrico getauft worden war, seine Augen auf und begann, die Zusammenhänge zu sortieren, die vor dem Eintreten des Tiefschlafs den Abend zu einem Dickicht von Gefühlsausbrüchen hatten werden lassen.

Sein Blick fiel auf den Wecker, der auf dem alten Holzstuhl neben seinem Bett stand. Oha, gleich elf. In wenigen Minuten kam Lilo und er hasste es, seiner Haushälterin in einem für den Tag noch nicht so sehr gefestigtem Zustand gegenüberzutreten. Lilo hatte ein animalisches Gespür, wann ihn ein schlechtes Gewissen plagte, und damit konnte sie hervorragend spielen.

Er stellte sich unter die Dusche, wartete nicht, bis das Wasser warm wurde und ließ den kalten Schauer auf seine kurzen braunen Haare prasseln. Beim Abtrocknen fiel sein Blick in den bodentiefen Ankleidespiegel. Erste Ansätze eines Bierbauches beunruhigten ihn. Er stellte sich auf die Waage. Zweiundneunzig Kilo bei einem Meter und achtzig. Ein bisschen viel für einen 47-jährigen, der immer stolz auf seine athletische Figur gewesen war. Offenbar hatte er das der radikalen Änderung in seinem Leben zu verdanken. Mit der unerwarteten Erbschaft des geräumigen Resthofes und der Tatsache, dass die großen verpachteten Ländereien ihm jeden Monat ohne eigene Anstrengung ein beträchtliches Sümmchen auf das Konto spülten, war auch eine gewisse Bequemlichkeit in sein Leben eingezogen, die jetzt auf dem Display der Waage dokumentiert wurde. Ab morgen wird alles anders, sagte er laut und zog sich an. Allerdings kam ihm dieser Satz ziemlich bekannt vor.

Als er in die Küche kam, war Lilo bereits eingetroffen, zeigte aber zu seiner Überraschung nicht die geringsten Ambitionen, ihn wegen seines desolaten Zustandes in Widersprüche zu verwickeln. Mit ungewöhnlich ernstem Gesicht deckte sie den Frühstückstisch.

„Moin Erik. Ich hatte gestern keine Gelegenheit mehr, dir zu sagen, dass Corinna hier war und dich sprechen wollte.“

Corvin hatte sich auf einen der alten Eichenstühle an dem langen Esstisch niedergelassen.

„Corinna? Welche Corinna?“

Lilo stemmte die Fäuste in ihre ausladenden Hüften.

„Welche Corinna? Corinna Harms natürlich. Du hast mich doch selbst beauftragt, zum Tode ihres Mannes ein Gesteck zu besorgen. Mit Schleife!“

Corvin fasste sich an die Stirn.

„Ach ja, Corinna. Die Frau von Georg. Und was wollte sie?“

Lilo zuckte mit den Schultern.

„Weiß...

Erscheint lt. Verlag 7.3.2024
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-8319-1051-0 / 3831910510
ISBN-13 978-3-8319-1051-9 / 9783831910519
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