Die Höllenfahrt (eBook)
274 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7583-4311-7 (ISBN)
L.C. Carpenter ist ein Pseudonym der Autorin Pola Swanson. "The Converted Ones - Die Höllenfahrt" ist ihr erster Fantasy-Roman. Mehr Informationen über Pola gibt es auf ihrer Homepage www.pola-swanson.com.
1
15. Mai 2003
Es war nichts Ungewöhnliches, den Tod zu schmecken. Als Banshee war es für sie normal, den Geschmack des Todes auf ihrer Zunge zu fühlen und damit zu erahnen, wer als Nächstes auf der Liste des Sensenmannes landete. Mittlerweile schaffte sie es ganz gut, die verschiedenen Aromen des Todes auseinanderzuhalten. So konnte sie schnell herausfinden, welcher Tod vermeidbar war und welcher leider zum Leben dazugehörte.
Visionen, auf der anderen Seite, waren neu für sie.
Schweißgebadet fuhr Áine Bailey aus ihrem Traum empor. Oder das, was sie zunächst für einen Traum hielt. Der bekannte, bittere Geschmack des Todes lag ihr noch auf der Zunge ... und doch ... hatte sie das untrügliche Gefühl, dass ein leiser Duff von Schwefel in der Luft lag. Den ganzen, vergangenen Tag hatte sie sich schon komisch gefühlt. Seitdem sie sich in der Schule aus Versehen an einem Rosenstrauch den Finger pikste. Zunächst dachte sie sich überhaupt nichts dabei, doch im Laufe des Tages fühlte sie sich immer kränker.
Ihr Pflegevater Graeme Wilder meinte, das rühre von der Aufregung her, schließlich stand ihr letzter Schultag unmittelbar bevor. Und doch, dieser Traum hatte sie mehr als nur aufgerüttelt. Ihr Magen rumorte und ehe sie sich versah, fand sie sich über der Toilettenschüssel wieder, wo sie ihr Abendessen erbrach. Erschöpft lehnte sich Áine zurück, ihr Hinterkopf ruhte auf den kalten Badezimmerfliesen. Der Uhr nach zu urteilen, war es mitten in der Nacht. Nicht die beste Zeit, um aufzuwachen. Für gewöhnlich passierte nie etwas Gutes zwischen Mitternacht und sechs Uhr morgens.
Wie gesagt, als Banshee war sie es gewohnt, dem Tode nah zu sein. Nicht umsonst nannte man sie Ahnfrau. Sie erahnte den Tod. Sie sah ihn nicht voraus. Der Legende nach konnte der Schrei einer Banshee Menschen töten. Ihrer reichte vielleicht gerade für ein paar geplatzte Trommelfelle. Aber je älter sie wurde, umso stärker wurde auch ihr Ruf. Neben dem berühmten Schrei war sie ebenso in der Lage, ihre eigenen Wunden durch die Berührung von toten oder sterbenden Wesen zu heilen. Das Stichwort lautete Lebensenergie. Während Leichen oft nur oberflächliche Blessuren heilten, war sie in der Lage, mit Energie von lebenden Menschen sogar schwere Verletzungen zu kurieren. Mit diesem Trick zeigte ihr Graeme vor einigen Jahren, dass sie eine Banshee war. Und genau dasselbe Spektakel führte sie durch, als ihr bester Freund ihr nicht glauben wollte, ein übernatürliches Wesen zu sein.
Momentan drehte sich in ihrem Kopf all ihre Fragen nur um eins: Ihren Traum. Was genau hatte sie gesehen? Angestrengt erinnerte sie sich zurück. Eine Höhle. Tropfstein. Ein See, bestehend aus Lava. Und eine Plattform. Sie spürte Hitze aus dem Boden aufkommen, Panik schürte ihr die Kehle zu. Plötzlich bemerkte sie einen stechenden Schmerz, direkt in den Magen, gefolgt von ihrem Torso. Ihr Blick fuhr an ihrem Körper herunter. Blut pumpte aus den Wunden heraus. Ihr wurde schummrig ... sie schaute auf... und erblickte das Antlitz des Teufels. Sein olivgrünes Gesicht durchzogen von blutigen Strähnen, aus dem Blut floss. Die Zähne lang und spitz verlaufend, doch gezackt, wie bei einer Säge. Die Augen schwarz und die Nase ... nonexistent.
Bevor mehr passierte, schreckte Áine aus dem Schlaf, gefolgt von ihrem Ausflug zur Toilette. Um ganz sicherzugehen, hob sie ihr Schlafshirt hoch, fuhr mit der Hand über ihren Bauch. Es gab keine Wunde. Im Gegenteil. Vielleicht sah sie das Resultat von zu viel Schokolade in Form einer kleinen Wampe, sonst war alles in Ordnung. Sie holte tief Luft. Es war nur ein Traum gewesen. Und doch ... es hatte sich so verdammt real angefühlt. Als ob ihre innere Stimme sie warnen wollte, dass aus ihrem Traum Wirklichkeit werden würde ... die Frage lautete bloß: Wann?
Nach ihrem Albtraum schaffte sie es nicht mehr, wieder in den Schlaf zu finden. Eine Schande, wo der heutige Tag ein wahrlich einschneidendes Erlebnis werden sollte. Man graduierte nicht jeden Tag von der Schule. Um halb fünf gab sie jegliche Versuche auf, sich im Bett herum zu wälzen, und stieg unter die Dusche. Danach zog sie sich an, schminkte sich dem Anlass entsprechend und begab sich gegen sechs Uhr in die Küche.
Als Banshee – oder Dämon, wie der Volksmund sie nannte – lebte sie nicht etwa in einem schnöden Haus oder einer Wohnung, sondern in einer Höhle. Ebendiese Wohnhöle befand sich ein paar Meter unter der Erde. Es gab zwei Etagen und beide waren durch eine gusseiserne Wendeltreppe miteinander verbunden. Oben fanden sich Schlaf-, und Badezimmer sowie Graemes Büro. Im unteren Stockwerk waren Wohnzimmer, Küche und ein kleines Waffenzimmer zu finden. Hier bewahrte Graeme diverse Schwerter, Äxte und andere Waffen auf. Zwar verdiente er sein Geld als Schulpsychologe ihrer Schule, trotzdem besaß ihr Pflegevater eine ansehnliche Waffensammlung. Soviel sie wusste, blickte er auf eine bewegte Vergangenheit zurück. Nichts Ungewöhnliches für jemanden, der über dreihundert Jahre alt war.
Ihr Wohnzimmer war ein ganz besonderes Zimmer, da es aus mehreren Elementen bestand. In der linken Ecke gab es eine Fernsehecke, während in der Mitte des Raumes ein etwa fünf Meter großes Bücherregal mit allerlei okkulten Büchern zu finden war. Das Regal, oval geformt, umrandete einen massiven, runden Esstisch. Die Leseecke auf der rechten Seite gehörte Graeme. Dort las er meistens in Ruhe, während Áine eher vor dem Fernsehen herumlungerte. Von der Höhle aus gab es zwei Ein- bzw. Ausgänge. Bog man in die eine Richtung ab, kam man im Wald heraus, die andere führte sie zu den Abwasserkanälen, die unter der Hauptstraße der Stadt angelegt waren.
Zur Feier des Tages trug Áine ihr schönstes Sommerkleid. Altrosa mit kleinen Blümchen. Daneben Silberohrringe mit einem grünen Edelstein, sowie ihre dazu passende Kette. Es waren nur noch ein paar Stunden, bis sie der Schule für immer Lebewohl sagte, und darauf freute sie sich riesig.
Es wunderte sie nicht, Graeme so früh in der Küche anzutreffen. Er galt als Frühaufsteher – leider regelmäßig einhergehend mit guter Laune. Er war ein großer Mann, durchtrainiert mit vollem, dunklen Haar und einem kleinen Hauch von Bart auf den Wangen. Graeme trug eine Brille, die mit Fensterglas ausgestattet war. Er vertrat die Meinung, die Brille verbessere das Vertrauensverhältnis zwischen ihm und seinen Patienten, da man Brillenträgern mehr Vertrauen schenke. Sie wusste nicht, ob das stimmte, aber im Grunde war es ihr egal. Es war komisch zu wissen, dass sie ab dem Herbst weniger Zeit miteinander verbringen würden, da sie sich nicht mehr in der Schule über den Weg liefen. Und doch freute sie sich auf ihren neuen Lebensabschnitt.
Die grünen Augen mit den goldenen Punkten blitzten auf, sowie sie Áine entdeckten. Graeme war ebenfalls ein Dämon. Besser gesagt, ein Berserker, jemand, der sich in eine Art Bär transformierte.
„Áine!“ Er lächelte breit. Wie immer lagen seine Haare ein wenig struppig auf seinem Kopf. Er trug einen weißen Pullover und eine beige Stoffhose. „Du bist früh auf. Nervös?“
Sie nickte. „Ein wenig. Was gibt's zu essen?“
„Pfannkuchen. Ich dachte mir, zur Feier des Tages mache ich uns etwas Besonderes. In weniger als drei Stunden findet schließlich deine Abschlussfeier statt.“
„Du scheinst mir übermäßig fröhlich zu sein.“ Als ob er es nicht erwarten könne, sie aus dem Haus zu kriegen.
Er grinste. „Ich bin einfach stolz auf dich. Dein erster Abschluss! Das ist ein großes Ereignis.“
„Ich werde wahrscheinlich noch ein paar Mal die Schulbank drücken müssen. Ein Dämon kann schließlich nicht die nächsten Jahrhunderte mit einem Zeugnis von 2003 rumlaufen.“
„Spiel nicht herunter, was du geschafft hast, Áine. Du weißt, du hast hart dafür gearbeitet. Und das kann dir keiner nehmen.“
Vielleicht hatte er Recht, dachte sie sich und zuckte nur mit den Schultern.
Graeme wandte sich wieder seinen Pfannkuchen zu. „Hast du etwas Schönes geträumt?“
Große Güte, ahnte er etwa von ihrem Traum? „Nö. Eigentlich nicht Vielleicht ein bisschen komisch.“
„Komisch?“ Er packte die fertigen Eierkuchen auf einen Teller und schüttete neuen Teig in die brutzelnde Pfanne. „Wie meinst du das?“
Sie winkte sofort ab. „Ist nicht wichtig. Vielleicht hätte ich gestern nicht den Horrorfilm im Fernsehen gucken sollen.“
„War das nicht eher eine Liebesschnulze?“
„Liebesschnulze, Horrorfilm ... wo ist da der Unterschied?“ Sie lächelte unsicher. Graeme hingegen durchbohrte sie mit eisernen Blicken. „Vielleicht kommt es von der Aufregung.“
Áine nickte. „Ja. Es ist nur ...“ Sie schüttelte den Kopf. „Egal.“
„Bist du sicher?“ Er war alarmiert. Seine gute Laune fort.
„Sicher, klar. Es ist nichts.“
Und...
Erscheint lt. Verlag | 24.1.2024 |
---|---|
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
ISBN-10 | 3-7583-4311-9 / 3758343119 |
ISBN-13 | 978-3-7583-4311-7 / 9783758343117 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |

Größe: 738 KB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich