Die Macht der Instinkte (eBook)
288 Seiten
Ariston (Verlag)
978-3-641-31903-8 (ISBN)
Die Ausbildung zum Kampfpiloten gehört zu den anspruchsvollsten und schwierigsten der Welt. Einen Jet bei über 1.000 Meilen pro Stunde zu fliegen, bedeutet, dass jede Entscheidung in Sekundenbruchteilen katastrophale Folgen haben kann. Hasard Lee hat gelernt, dieses Risiko zu beherrschen.
Jetzt berichtet er über seine Zeit als Kampfpilot und fasst das Wissen der besten Piloten der Welt so zusammen, dass es jede*r in der Geschäftswelt und im Leben einsetzen kann. Er zeigt, wie man besser und schneller lernt, mentale Stärke entwickelt und die Fähigkeit erwirbt, schnell zu bewerten, auszuwählen und umzusetzen.
Von diesen kampferprobten Techniken profitierten bereits CEOs, Astronauten und CIA-Agenten, ab jetzt wird Die Macht der Instinkte jedem ermöglichen, Höchstleistungen zu erbringen.
- Er trifft Entscheidungen in Sekundenbruchteilen: Hasard Lee ist ehemaliger Kampfpilot der United States Air-Force
- Praxisnahe Ansätze und Techniken, die im Alltag und im beruflichen Umfeld sofort angewendet werden können
- Mit dem Wall-Street-Journal-Bestseller lernen Sie, schnellere und bessere Entscheidungen zu treffen!
HASARD LEE ist ein ehemaliger US-Air-Force-Kampfpilot, der unter anderem im Afghanistan-Krieg im Einsatz war. In seiner letzten Rolle im aktiven Dienst war Hasard Lee als Chef der Trainingssysteme für die größte Ausbildungsstätte der Welt zuständig, in der er die Entwicklung neuer Technologien und Lehrmethoden zur Ausbildung zukünftiger Kampfpiloten voranbrachte. Heute spricht Lee vor Organisationen und berät sie darüber, wie sie ihre Entscheidungsfindung verbessern, Innovationen steigern und mentale Stärke fördern können. Über seine Social-Media-Kanäle erreicht er jährlich über 290 Millionen Menschen.
1
Evaluation
Am 31. Mai 2009 startete am Flughafen Rio de Janeiro-Galeão in Brasilien der Air-France-Flug 447 mit Zielflughafen Paris-Charles-de-Gaulle, Frankreich. Das Flugzeug hob pünktlich um 19:03 Uhr ab. An Bord befanden sich 216 Passagiere – 208 Erwachsene und acht Kinder, darunter ein Kleinkind –, außerdem neun Flugbegleiter sowie drei Piloten mit einer Gesamtflugzeit von mehr als 20000 Stunden.
Bei dem Flugzeug handelte es sich um einen Airbus A330, eine zweistrahlige Maschine, die bis heute zu den modernsten Flugzeugen zählt. Ihr digitales Fly-by-Wire-Flugsteuerungssystem und die Flugcomputer unterstützen ein ausgeklügeltes System von Sicherheitsroutinen zum Schutz vor unkontrollierten Flugzuständen etwa durch einen Strömungsabriss beim sogenannten Überziehen (Stalling) oder durch die Belastung des Flugzeugs über seine strukturellen Grenzen hinaus. Im Cockpit des A330 wurden die konventionellen Steuerhörner und die mechanischen Messgeräte durch handliche Sidesticks und sechs große LCD-Bildschirme ersetzt, die die Piloten mit allen Informationen versorgen. Das Flugzeug ist auf zwei Piloten ausgelegt, jedoch befanden sich an Bord von Flug 447 drei Piloten, damit sie sich während des geplanten elfstündigen Flugs über den Atlantik abwechselnd ausruhen konnten.
Der Steigflug auf die vorgesehene Reiseflughöhe verlief reibungslos. Die Maschine folgte zunächst mehrere Stunden der brasilianischen Küstenlinie, bevor sie schließlich über den Atlantik einschwenkte. In Äquatornähe gelangte das Flugzeug in die innertropische Konvergenzzone, wo durch das Zusammentreffen der Passatwinde der südlichen und der nördlichen Hemisphäre regelmäßig starke Unwetter auftreten. So auch in jener Nacht. Es gab Berichte über starke Gewitter in der Region, doch diese typischen Wetterverhältnisse hatten keinerlei Auswirkungen auf mehr als ein Dutzend weiterer Flüge gehabt, die auf einer ähnlichen Route wie Flug 447 unterwegs gewesen waren.
Während das Flugzeug seinen Weg über den Atlantik fortsetzte, verloren die brasilianischen Fluglotsen irgendwann den Kontakt zu der Maschine. Doch dies ist bei einer Ozeanüberquerung keineswegs ungewöhnlich. Allerdings gelang es dem nächstgelegenen Flugkontrollzentrum an der afrikanischen Küste nicht, Kontakt zu dem Flugzeug herzustellen. Da es unvorstellbar erschien, dass eine moderne Maschine einfach so verschwinden konnte, wurde ein »virtueller Flugplan« erstellt, der die voraussichtliche Flugroute simulierte. Wie nicht anders zu erwarten, folgte das fiktive Flugzeug in den kommenden Stunden seinem berechneten Weg. Erst am Morgen wurde die Sorge um das Flugzeug so groß, dass Air France schließlich die Behörden alarmierte und von beiden Seiten des Atlantiks Suchaktionen aus der Luft gestartet wurden.
Es sollte mehrere Tage dauern, bis ein Aufklärungsflugzeug schließlich rund 1000 Kilometer vor der brasilianischen Küste auf erste Wrackteile des Flugzeugs stieß. Insgesamt wurden mehr als 1000 Helfer und Dutzende Flugzeuge und Schiffe für die Suche aufgeboten, die sich auf eine Meeresfläche von rund 250000 Quadratkilometern erstreckte und zum Fund von Trümmerteilen und Leichen führte. Es stand fest, dass niemand an Bord überlebt hatte. Die Frage war jedoch, wie es dazu hatte kommen können.
Die Antwort darauf hätten der Cockpit Voice Recorder und der Flight Data Recorder – die beiden sogenannten Blackboxes – liefern können, jedoch lagen diese vermutlich irgendwo auf dem Meeresgrund. Das Problem war, dass das Meer im vermuteten Absturzgebiet von Flug 447 bis zu 4500 Meter tief und der Boden zudem stark zerklüftet war. Wie ein Experte erklärte: »Dort unten ist ein Gebirge, so groß wie die Alpen. Man musste damit rechnen, dass die Wrackteile des Flugzeugs in eine Schlucht gerutscht waren. Das Gebiet ist alles andere als eben.«
Kurz nach dem Absturz wurde ein Spezialschiff mit einem Tiefsee-U-Boot und einem ferngesteuerten Tauchroboter in die Gegend entsandt, um nach dem Wrack zu suchen. Die Zeit drängte, da die Blackboxes zwar mit Unterwassersendern ausgestattet waren, die Batterien aber nur eine Lebensdauer von 30 Tagen hatten. Sobald sie kein Signal mehr aussandten, verringerte sich die Chance, sie zu finden, drastisch. Die US-Navy unterstützte die Suchaktion durch hochsensible Ortungssysteme. Sogar ein französisches Atom-U-Boot beteiligte sich an der Suche.
Doch Ende Juli, knapp zwei Monate nach dem Absturz, bestand keine Hoffnung mehr, die Blackboxes über ihre Sender aufzuspüren. Die Suche trat in eine zweite Phase ein, in der man den Meeresboden mit Schleppsonaren systematisch absuchte, um so die Trümmer und die so wichtigen Blackboxes zu finden. Eine europäische Untersuchungskommission zu den Absturzursachen hatte bis dahin nur magere Erkenntnisse zusammengetragen:
- Auf der geplanten Flugroute herrschten schlechte Wetterbedingungen.
- Die Bordsysteme des Flugzeugs hatten mehrere automatische Meldungen abgesetzt, aus denen hervorging, dass es in den letzten Minuten des Flugs widersprüchliche Geschwindigkeitsanzeigen gab.
- Gefundene Trümmerteile deuteten darauf hin, dass das Flugzeug nicht in der Luft auseinandergebrochen war, sondern merkwürdig auf dem Meer aufgeschlagen sein musste: in normaler Fluglage, jedoch bei schneller Sinkgeschwindigkeit, beinahe so wie bei einem Bauchklatscher.
Durch diese Erkenntnisse konnten anfänglich kursierende Theorien ausgeschlossen werden, etwa dass eine Bombe an Bord explodiert wäre oder die Flügel durch extreme Turbulenzen abgerissen wären. Höchstwahrscheinlich waren aufgrund des schlechten Wetters die Staudrucksensoren zur Geschwindigkeitsmessung vereist, was dann zu den automatischen Meldungen über widersprüchliche Geschwindigkeitsmessungen geführt hatte.
Doch das allein konnte den Absturz des Flugzeugs nicht verursacht haben. Tatsächlich waren allein im vorangegangenen Jahr allein in der Airbus-A330-Flotte von Air France 15 vergleichbare Vorfälle aufgetreten. Doch jedes Mal hatten die Piloten das Flugzeug problemlos durch alle Schwierigkeiten steuern können. Die angezeigte Geschwindigkeit hat nämlich, wie ein kaputter Tacho eines Autos, keine Auswirkungen auf das Verhalten des Flugzeugs. Die Piloten können sie einfach ignorieren, bis das Eis schmilzt und die Geschwindigkeitsmessung wieder funktioniert. Im Fall von Air-France-Flug 447 gingen die Ermittler davon aus, dass die Vereisung eine katastrophale Kettenreaktion ausgelöst haben musste, in deren Folge die Crew schließlich die Kontrolle über das Flugzeug verlor. Ohne die Blackboxes gelang es in den folgenden zwei Jahren jedoch nicht, das Unglück genauer zu rekonstruieren. Vorkehrungen wurden getroffen, damit die Staudrucksensoren nicht mehr vereisten, außerdem wurde die Übergabe zwischen den Flugsicherungszentralen neu geregelt, um eine ähnliche Verzögerung auszuschließen, sollte erneut ein Flugzeug vom Radar verschwinden.
Erst im April 2011 wurde das Flugzeugwrack schließlich im Zuge der vierten Suchphase gefunden. Autonome, über Seitensichtsonar verfügende Tauchroboter entdeckten in mehr als 4000 Metern Tiefe ein Trümmerfeld auf dem schlammigen Meeresboden. Innerhalb des darauffolgenden Monats konnten auch die Blackboxes aufgespürt und geborgen werden. Diese wurden daraufhin versiegelt, von der französischen Marine in den Hafen von Cayenne gebracht und von dort umgehend nach Paris geflogen, wo die Daten ausgelesen und analysiert wurden.
Die Erkenntnisse der Ermittler waren ein Schock für die Luftfahrtgemeinschaft und können Generationen von Piloten als Lehrbeispiel dienen, worauf es bei der Entscheidungsfindung ankommt.
Stand-ups
Als Teil der Pilotenausbildung der U.S. Air Force finden jeden Morgen sogenannte Stand-ups statt, bei denen die Flugschüler entlang der Wände des Schulungsraums Platz nehmen, während der Ausbilder an der Stirnseite steht. Ein willkürlich ausgewählter Schüler muss in die Mitte des Raumes treten, wo ihm ein Notfallszenario geschildert wird. Die Situation ist bewusst stressig gestaltet, damit die Schüler zumindest ansatzweise die Angst und das Adrenalin spüren, denen ein Pilot bei einem Notfall in der Luft ausgesetzt ist. Wenn ein Schüler das notwendige Vorgehen unzureichend erläutert, muss er sich setzen, und ein anderer nimmt seine Stelle ein. Die Leistungen werden akribisch dokumentiert und fließen in die Entscheidung ein, welchem Flugzeugmuster die Schüler am Ende der Pilotenausbildung zugeteilt werden. Um den Druck noch zu erhöhen, kann bei einer übermäßig schwachen Leistung eines Schülers die gesamte Klasse bestraft werden.
Wie man sich vorstellen kann, sind die Stand-ups bei den Schülern nicht gerade beliebt – zumindest waren sie das bei mir nicht, als ich da durchmusste. Wurde mein Name aufgerufen, atmete ich tief ein, versetzte mich geistig komplett in die Situation und trat in die Mitte. Dann ratterte ich die Floskeln herunter, die wir als Allererstes aufsagen mussten: »Ich behalte die Kontrolle über das Flugzeug, analysiere die Situation, ergreife geeignete Maßnahmen und lande, sobald es die Bedingungen zulassen.« Anschließend ging ich jeden Handgriff und Funkspruch durch, als säße ich tatsächlich im Flugzeug.
Was wir hier lernten, war ein Entscheidungsfindungsmodell, das im Laufe der knapp einhundertjährigen...
Erscheint lt. Verlag | 20.3.2024 |
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Übersetzer | Sven Scheer |
Sprache | deutsch |
Original-Titel | The Art of Clear Thinking |
Themenwelt | Geisteswissenschaften ► Psychologie |
Schlagworte | 2024 • eBooks • Emotionale Intelligenz • Entscheidungsfindung • hazard lee • Kampfpilot • klares Denken • Kreatives Denken • Logisches Denken • Mindfulness • Neuerscheinung • Problemlösung • Psychologie • rationale gedankenprozesse • Rolf Dobelli |
ISBN-10 | 3-641-31903-X / 364131903X |
ISBN-13 | 978-3-641-31903-8 / 9783641319038 |
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