Mädchenkarma -  Holger Niederhausen

Mädchenkarma (eBook)

eBook Download: EPUB
2019 | 1. Auflage
296 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7504-4680-9 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die schüchterne fünfzehnjährige Clara begegnet auf einem Ferienlager der zwei Jahre älteren Dora und schließt sich eng an diese an. In ihren Gesprächen offenbart sich oft ihre Gegensätzlichkeit - so über die Frage nach dem Karma, nach Christus oder nach Claras Schüchternheit -, dennoch gewinnt Dora das tiefsinnige Mädchen sehr schnell lieb. Dann werden all diese Fragen überraschend, ja dramatisch konkret, als Clara sich hoffnungslos in einen fünf Jahre älteren Helfer verliebt.

HOLGER NIEDERHAUSEN, geb. 1969 in Berlin, Biologie-Studium, Fortbildung zum Waldorflehrer, Mitgründung eines freien Kindergartens. Seit 1996 intensive Beschäftigung und Verbindung mit der Anthroposophie, damit verbunden mit der sozialen Frage im Großen wie im Kleinen und dem Weg innerer Vertiefung und Entwicklung. Freiberuflich tätig als Mediator, Berater, Fotograf und Autor. Veröffentlichung zahlreicher Bücher für Kinder, Jugendliche und Erwachsene.

Sie war aufrichtig verwundert, als nach dem Frühstück, als die Wanderung sich fortsetzte, Dora wieder an ihre Seite fand.

„Hast du gut geschlafen...?“, erkundigte diese sich vorsichtig.

Sie schüttelte nur schwach den Kopf.

Dann gingen sie eine Weile schweigend.

Dora machte einen neuen Versuch:

„Hast du ... gestern nicht mit ihm gesprochen?“

Wieder schüttelte sie nur den Kopf.

Zögernd fragte Dora:

„Sprichst du auch mit mir nicht mehr...?“

Diesmal ein hilfloses Schulterzucken...

Und wieder schweigende Schritte.

„Wirst du jetzt nur noch schweigen?“

Schulterzucken...

„Du kannst mir den Kopf abschlagen...“

Schweigen.

Ich hab Christoph gestern zu dir geschickt.“

Erschüttertes Schweigen.

Stumme Schritte.

„Ich dachte, das wäre die Rettung. Ich dachte, ihr müsst euch nur begegnen. Das war etwas naiv. Ich dachte, es findet sich alles. Das Hindernis wäre nur, dass ihr euch eben nicht begegnet...“

Schweigen...

„Ich dachte, wenn er dich so einsam und traurig findet, passiert etwas, irgendetwas. Ich dachte, es kann gar nicht anders sein...“

Schweigen...

„Clara, sag doch was...“

Schweigen.

Und dann leise, aufrichtig:

„Danke...“

„Danke!?“

„Danke“, noch einmal leise, „dass du an mich gedacht hast...“

„Aber ich hab alles vermasselt!“

Schweigen...

„Clara... So kann es doch nicht weitergehen... Wirst du jetzt neun Tage so rumlaufen?“

Schweigen.

„Das geht doch gar nicht...“

Schweigen.

„Ich geh ihn jetzt holen!“, sagte Dora entschlossen. „Ich sag ihm, wie es ist!“

Plötzlich kam Leben in Clara.

„Nein!“, rief sie fast und hielt Dora entsetzt mit beiden Händen an ihrem Handgelenk fest.

Völlig überrascht von der Reaktion hielt auch Dora inne und setzte ihren normalen Schritt fort.

Wieder gingen sie schweigend.

„Clara...“

Keine Reaktion.

„Bist du mir böse?“

Kopfschütteln.

„Was soll ich denn jetzt machen?“

Schulterzucken.

„Hab ich es vermasselt?“

Schweigen. Kopfschütteln.

„Clara – rede doch bitte wieder...“

Schweigen. Dann:

„Vielleicht ist das ja mein Karma...“

Schweigen.

Diesmal war Dora erschüttert. Vorsichtig, wie wenn man mit einem Kranken redete, sagte sie, fast auch mit gedämpfter Stimme:

„Das glaubst du doch nicht wirklich...“

„Und wenn schon...“

„Was – und wenn schon? Von welchem Karma sprichst du überhaupt?“

„Alles.“

„Was alles?“

„Dass es so ist.“

„Was ist?“

„Dass er mich nicht beachtet.“

„Das ist doch kein Karma!“

„Für dich nicht.“

„Für dich etwa? Clara, man kann so etwas auch nicht erzwingen!“

„Das will ich ja auch gar nicht. Gerade deswegen ist es ja mein Karma...“

„Aber umgekehrt könnte man auch etwas dafür tun – ich meine, dass es ... aussichtsreicher wird.“

Stumme Abwehr.

„Du redest wieder wie ein Geschäftsmann!“

„Und du verhältst dich wie ein hilfloses Entlein!“

Bestürztes Schweigen...

Nach einer ganzen Weile sagte Dora:

„Karma gibt es nicht. Und manchmal muss man für sein Glück etwas tun. Man muss auch mal mutig sein. Man darf sich auch nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen. Vielleicht hat er nur gedacht, er darf dir nicht zu nahe kommen – verstehst du? Vielleicht liegt es gar nicht an ihm. Das würde bedeuten, du musst aktiv werden. Weil er es von sich aus nicht tun wird, selbst wenn er sich für dich interessiert...“

Nachdenkliches Schweigen.

„Vielleicht war das gestern sogar eine Art Grundstein. Es sieht jedenfalls auch nicht so aus, als ob er dich nicht mag...“

„Ich bin ihm einfach egal, Dora!“, sagte Clara mit erstaunlichem Nachdruck.

„Hurra, sie spricht!“, entfuhr es Dora aufrichtig erfreut, was Clara jedoch gleich wieder verstummen ließ.

Und wieder folgten schweigende Schritte...

Schließlich sagte Dora:

„Wenn du ihm wirklich egal bist, dann ist es eben dein ,Karma’, nur sage ich noch einmal: Karma gibt es nicht. Das ist so was von beliebig! Es ist doch völliger Zufall. Wenn zwei Menschen sich nicht ,auf einen Blick’ verlieben – dann brauchen sie eben etwas länger! Vom Karma hängt das überhaupt nicht ab! Sondern nur davon, was sie beide tun. Verstehst du das? Woher soll er denn wissen, dass du dich in ihn verliebt hast? Wer weiß, was er tun würde, wenn er es wirklich wüsste! Weißt du es? Nein, du weißt es nicht – weil du es nicht wissen kannst, da er es nicht weiß. Er weiß nicht, dass du ihn liebst. Und erst wenn er das wüsste, könntest du wissen, ob du ihm wirklich egal bist. Ich glaube es jedenfalls nicht...“

„Wirklich nicht?“

„Nein.“

„Das sagst du nur so.“

„Wieso denn? Ich sage auch nicht, dass er dich sicher auch mögen oder lieben würde, wenn er es wüsste, aber ich glaube auch nicht, dass du ihm egal wärst. Jetzt bist du ihm egal, weil er gar nicht weiß, was er machen soll – oder du eben nur eine Teilnehmerin bist wie wir alle. Aber wenn er wüsste, dass du ihn liebst ... dass er für dich auch nicht einfach nur ein Helfer ist wie die anderen ... dann sähe die Sache ganz anders aus – auch für ihn.“

„Denkst du das wirklich?“

„Das kann ich mir vorstellen, ja.“

Clara schöpfte plötzlich neue Hoffnung.

„Was ist denn da los?“, fragte Dora.

Beide blickten nach vorne, wo die Gruppe sich ein wenig staute.

Als sie zu den übrigen aufgeschlossen hatten, sahen sie es.

Acht, neun Wanderer umstanden einen toten Mäusebussard.

Als Clara ihn erblickte, regte sich unmittelbar ihr Mitleid mit dem edlen Tier.

„Dass der noch nicht weggefressen wurde!“, sagte einer.

Clara wollte schnell weitergehen. Solche Worte entsetzten sie – nicht wegen des Inhalts, sondern wegen der Empfindungslosigkeit, die sie offenbarten.

Schon im Weggehen wurden sie von Christine und Nina in den Blick genommen, die unmittelbar vor ihnen wieder den Weg aufgenommen hatten.

Nina grinste zu Clara zurück und fragte:

„Na – bist du wohl in Christoph verliebt...?“

Sie blickte das andere Mädchen entsetzt an.

Dieses grinste nur.

„Ei, ei, sie ist es... Sie ist in Christoph verliebt, Nina – was hab ich dir gesagt?“

Clara war völlig unfähig, etwas zu sagen. Dora tobte dafür um so mehr:

„Was geht euch räudige Schnepfen das an? Verzieht euch, bevor ich mit euch dasselbe mache, was dem Vogel passiert ist...“

Christine baute sich vor ihr auf und fragte:

„Und was genau willst du machen?“

Bevor Dora ihr tatkräftig erwidern konnte, ging ein Junge dazwischen:

„Hey, beruhigt euch mal!“

Das allein hätte jedoch kaum genügt, doch als die Situation weiterhin kritisch blieb, kam eine der zwei Helferinnen an und erkundigte sich, was los sei.

Christine erwiderte:

„Dora will mich umbringen, weil Clara in Christoph verliebt ist.“

Bevor Dora etwas erwidern konnte, aufgehalten durch eine einzige perplexe Sekunde, sagte die Helferin:

„Ich glaube auch nicht, dass dich das etwas angeht, wer hier in wen verliebt ist oder auch nicht. Ich würde einfach vorschlagen, dass ihr aufhört, euch zu streiten, denn den Sinn dessen kann ich gerade nicht ganz erkennen...“

Christine fiel fast die Kinnlade herunter, aber sie verbarg es, ihre geballte Antipathie gegen diese Antwort war dennoch zu spüren. Mit gefasster Wut drehte sie sich um, nahm Nina im Schlepptau mit sich und zog von dannen.

Die Helferin sah Clara einmal kurz an und fragte:

„Alles gut?“

Clara nickte.

„Okay...“

Dann war die Sache für die Helferin erledigt, zumindest hier, denn nun steuerte sie die beiden anderen Mädchen an, um mit ihnen doch noch ein Wörtchen zu sprechen.

Dora sah es mit Befriedigung, doch Clara blieb absichtlich so weit zurück, dass sie nicht einmal hören konnte, was da noch gesprochen wurde.

„Diese Schnepfen!“, zischte Dora wieder.

Clara schien wie am Boden zerstört, ein Häufchen Elend.

Dora streichelte ihr den Rücken.

„Mach dir da einfach gar nichts draus... Das sind einfach nur Hühner.“

Und als Clara einfach nur stumm weiterging, fügte sie...

Erscheint lt. Verlag 18.12.2019
Sprache deutsch
Themenwelt Kinder- / Jugendbuch
ISBN-10 3-7504-4680-6 / 3750446806
ISBN-13 978-3-7504-4680-9 / 9783750446809
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Ohne DRM)
Größe: 332 KB

Digital Rights Management: ohne DRM
Dieses eBook enthält kein DRM oder Kopier­schutz. Eine Weiter­gabe an Dritte ist jedoch rechtlich nicht zulässig, weil Sie beim Kauf nur die Rechte an der persön­lichen Nutzung erwerben.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich

von Stefanie Rietzler; Nora Völker-Munro; Fabian Grolimund

eBook Download (2023)
Hogrefe AG (Verlag)
14,99