Krieger (eBook)

Roman
eBook Download: EPUB
2024 | 1. Auflage
608 Seiten
Heyne (Verlag)
978-3-641-30902-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Krieger -  Simon Scarrow,  T. J. Andrews
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Roms Albtraum beginnt
Als im Jahr 43 römische Schiffe in Britannien anlanden, rechnen die Befehlshaber mit einem raschen Sieg: Das Imperium wird sich die Insel einverleiben wie viele andere Territorien zuvor. Doch trotz ihrer Disziplin und der überlegenen Waffentechnik gelingt es den Legionen nicht, die über die Insel verstreut lebenden Clans durch einen Handstreich zu unterwerfen. Stattdessen formiert sich heftiger Widerstand gegen die Invasoren. Besonders ein Mann ist den Römern ein Dorn im Auge - Caratacus, der jüngste Sohn eines lokalen Königs, wurde von Kindesbeinen an in der hohen Kunst des Krieges geschult. Unter seinem Schwert versammeln sich die Einwohner Britanniens zur alles entscheidenden Schlacht.

Simon Scarrow wurde in Nigeria geboren und wuchs in England auf. Nach seinem Studium arbeitete er viele Jahre als Dozent für Geschichte an der Universität von Norfolk, eine Tätigkeit, die er aufgrund des großen Erfolgs seiner Romane nur widerwillig und aus Zeitgründen einstellen musste.

KAPITEL 1


Rom, 61 n. Chr.

Man sagt, dass Geschichte von großen Männern geschrieben wird – oder von großen Frauen, sofern man sie lässt. Wie vieles, was man so sagt, ist das völliger Blödsinn. Geschichte wird von Geschichtsschreibern geschrieben. Und die klammern sich am Togazipfel der Großen fest in der Hoffnung, dass etwas von deren Größe auf sie abfärben möge. Mit der Geschichte, die ich hier erzählen möchte, verhält es sich nicht anders.

Alles begann an einem warmen Sommerabend mit einem Gastmahl, das veranstaltet wurde, um die guten Nachrichten aus Britannien zu feiern. Der Aufstand, der drei der wichtigsten Städte in dieser Provinz in Schutt und Asche gelegt hatte, war niedergeschlagen worden, Zehntausende der Feinde Roms niedergemetzelt – und mit ihnen auch ihre barbarische Anführerin mit einem ebenso barbarischen Namen, die offenbar eine blindwütige Harpyie gewesen war. Allerdings waren Bankette im kaiserlichen Palast nicht so unterhaltsam, wie man sich das vielleicht vorstellt. Wenn man nicht zu Neros engstem Umfeld gehörte, musste man auf unbequemen Klinen liegen, und die Speisen wurden zwar zügig serviert, allerdings hatte man zu warten, bis der Kaiser mit dem Essen anfing. Bis dahin war alles kalt, die Soßen hatten eine Haut und den Gästen war der Appetit vergangen. Dazu kam der Lärm Hunderter Menschen, der von den hohen Wänden des Festsaals widerhallte. Wer sich unterhalten wollte, musste die Stimme heben, wodurch alle anderen drum herum gezwungen waren, dasselbe zu tun – bis man sich schließlich anstrengen musste, um sein Gegenüber zu verstehen, und die eigene Stimme vom Schreien heiser wurde.

Ruhe kehrte nur dann ein, wenn der Majordomus des Kaisers die Anwesenden zum Schweigen aufforderte, um den nächsten Gang oder die nächste Darbietung anzukündigen. Dieser Majordomus hatte ein lautes Organ, was nicht weiter verwunderte, war er doch einst Ausbilder bei der Prätorianergarde gewesen. Seine Gabe, sich verständlich zu machen, war meiner Ansicht nach in seiner jetzigen Position im Palast verschwendet – er hätte als Schauspieler auf einer Bühne stehen sollen. Von seinem Herrn und Meister konnte man dies allerdings nicht behaupten. Dessen dünne, näselnde Stimme reichte kaum über die ersten zehn Reihen hinaus, es sei denn, er fing an zu schreien. Das wiederum war so schrill, dass es einem durch Mark und Bein ging.

Noch schlimmer war es jedoch, wenn die Gäste zur Ruhe gerufen wurden, um sich die neuesten poetischen oder musikalischen Werke ihres Kaisers anzuhören. Manchmal versuchte er sich an einer Komödie. Dann musste der Majordomus hinter ihm stehen und dem Publikum zu verstehen geben, wann es zu lachen hatte. Neros Vorliebe gehörte jedoch der Tragödie. Die dabei im Publikum vergossenen Tränen waren durchaus echt – allerdings weinten die Menschen aus anderen Gründen als den von Nero intendierten, die meisten schlicht aus Langeweile. Ich verkniff mir die Tränen, um ihn nicht zu weiteren Darbietungen zu ermutigen. Kurz gesagt: Bei den Banketten des Kaisers bekam man Ungenießbares, gefolgt von Unverdaulichem.

Auch die Gäste machten die Angelegenheit nicht erfreulicher. Einige wenige, von Nero handverlesen, durften auf dem Podium am Kopfende des Festsaals in unmittelbarer Nähe zur goldenen, mit purpurnem Polster ausgestatteten Kline des Kaisers zu Tische liegen. Dabei handelte es sich um die üblichen Günstlinge – zu denen der adrette und redegewandte Seneca gehörte, dessen an Lächerlichkeit kaum zu überbietende Schöntuerei Nero stets für bare Münze nahm, sowie Burrus, der Kommandant der Prätorianer, dem Senecas Talent für gefällige Plattitüden fehlte, was er aber mit seiner hündischen Ergebenheit mehr als wettmachte – dazu die derzeitigen Lieblingsschauspieler des Kaisers, die momentan in seiner Gunst stehenden Senatoren und mehrere der besten Dichter und Musikanten Roms und sogar der ein oder andere Geschichtsschreiber. Schließlich war es von Vorteil, sich einige davon gewogen zu machen, wenn man verhindern wollte, dass die Nachwelt den eigenen Namen in den Schmutz zog.

Die übrigen Gäste, ein wild zusammengewürfelter Haufen, waren einer knappen, von den Schreibern des Majordomus verfassten Einladung gefolgt. Wir gehörten zu jener Gruppe, die gerade gut genug war, um die leeren Bänke zu füllen. Dazu zählten die Senatoren, die nicht zu Neros Vertrauten gehörten und jenen, die es in diesen verschworenen Zirkel geschafft hatten, immer wieder giftige Blicke zuwarfen, ihre Gemahlinnen – sichtlich unglücklich darüber, dass man ihnen beim Arrangement ihrer Ehe eine solche Niete zugeteilt hatte –, junge Aristokraten und aufstrebende Politiker und schließlich eine Reihe nicht ganz so bedeutender Künstler und Gelehrter, darunter sich verächtlich gebende Philosophen, einigermaßen erfolgreiche Poeten und Dramatiker, die auf lukrative kaiserliche Patronage hofften, Maler und Bildhauer, die geringschätzig das Dekor des Bankettsaals begutachteten, und viele andere, zu denen auch ich zählte.

Wenn ich mich vorstellen darf: Mein Name ist Caius Placonius Felicitus, und ich bin Geschichtsschreiber.

Man hatte mich zu diesem Gastmahl eingeladen, weil ich vor Kurzem wieder einmal die wohlwollende historische Darstellung einer römischen Adelsfamilie veröffentlicht hatte. Mein Werk war gut angekommen, vor allem bei dem Senator, der es in Auftrag gegeben hatte – und der außerdem reich genug war, um jedem einzelnen Mitglied des Senats ein Exemplar zukommen zu lassen, wodurch sich in den nächsten Monaten hoffentlich weitere Aufträge ergeben würden. Es war eine angenehme und gut bezahlte Arbeit, die sich fast im Schlaf erledigen ließ. Ich begann stets mit der selbstverständlich unbegründeten Behauptung, es gebe eine Verbindung des Auftraggebers mit einer legendären Gestalt aus der römischen Geschichte, abhängig von seiner Großzügigkeit vielleicht sogar einer mythologischen Figur – eine kleinere Gottheit im Stammbaum sorgte zuverlässig für große Freude bei meinen Kunden. Danach musste ich nur noch die Annalen durchsehen und die mehr oder weniger unbekannten Vorfahren des Auftraggebers mit Schlüsselmomenten der römischen Geschichte in Verbindung bringen. So hatten überraschend viele Vorfahren meiner Klienten eine wichtige Rolle bei Horatius’ Verteidigung des Pons Sublicus gegen die etruskische Horde des Lars Porsenna gespielt oder waren am Sturz von Tarquinius Superbus beteiligt gewesen. Geschichte wird nun mal für jene geschrieben, die es sich leisten können.

Obwohl mir diese Arbeit ein angenehmes Leben ermöglichte, machte sie nicht besonders viel Spaß. Ich träumte davon, einmal ein wahres historisches Werk zu verfassen, die Geschichte eines echten Helden niederzuschreiben, die keine großen oder kleinen Lügen und Verbrämungen notwendig machte. Es versteht sich von selbst, dass kein römischer Senator Interesse an einer schonungslos wahrhaftigen Geschichte seiner selbst oder seiner Familie hatte. Im Senat sprachen sie, in prächtige Togen gehüllt, von Ehre und Anstand, während sie in Wirklichkeit so käuflich waren wie der Anführer irgendeiner römischen Straßenbande. Die meisten waren schon für kleines Geld dazu bereit, sich für eine beliebige Sache einzusetzen, und umgekehrt zahlten sie bereitwillig jeden Preis oder fielen sich gegenseitig in den Rücken, um sich selbst, einem Familienmitglied oder einem ihrer Günstlinge zu größerer politischer Macht zu verhelfen.

Als ich die Gesichter der Aristokraten um mich herum betrachtete, wurde mir einmal mehr klar, wie satt ich es hatte, ihre Geschichten zu erzählen.

Dann fiel mir ein verspäteter Neuankömmling ins Auge, der gerade zu seinem Platz ganz in meiner Nähe geführt wurde. Ein großer, breitschultriger Mann mit langen grauen, mit einem einfachen Lederriemen zusammengebundenen Haaren. Ich schätzte ihn auf Mitte fünfzig. Sein langer Schnauzbart hing zu beiden Seiten des Kinns herunter, auf seine Wangen war ein verblasstes Wirbelmuster tätowiert. Wo die Ärmel der einfachen, gegürteten Tunika endeten, waren weitere Tätowierungen auf seinen Armen erkennbar. Er hätte schwerlich noch keltischer aussehen können, weshalb er hier so fehl am Platz wirkte wie ein Paar Eier bei einem Eunuchentreffen. Trotzdem war er nicht irgendwer, sonst hätte er selbst unter den Senatoren und anderen unwichtigeren Gästen wie mir nichts zu suchen gehabt. Ich hatte ihn noch nie gesehen und konnte nicht anders, als ihn unverwandt anzustarren, während alle anderen um mich herum einander wissend zunickten oder seine Ankunft mit einem abfälligen Blick quittierten. Er war also kein unbekannter Schmarotzer, der es irgendwie geschafft hatte, sich an den Prätorianern vorbei in den Palast zu schmuggeln, manchen Blicken nach zu urteilen aber dennoch nicht unbedingt willkommen.

Ich beugte mich zu meinem Tischnachbarn vor, einem mäßig bekannten stoischen Philosophen, der sich gerade einen großen Kelch Falerner-Wein und eine mit Kalbshackfleisch gefüllte Pastete schmecken ließ.

»Dieser Mann da …« Ich deutete unauffällig auf den Neuankömmling. »Wisst Ihr, wer das ist?«

Der Stoiker drehte sich um und nickte, kaute schnell fertig und schluckte. »Ja, den kenne ich. Oder sagen wir besser, ich habe von ihm gehört. Er stammt aus Britannien. Dort war er Anführer der Stämme, die sich während der Eroberung der Insel unter Kaiser Claudius gegen unsere Legionen erhoben haben. Er hat uns beinahe ein Jahrzehnt lang Ungemach bereitet, dann wurde er gefangen genommen und nach Rom gebracht. Eigentlich sollte er zusammen mit seiner Familie auf dem Forum Romanum hingerichtet werden, doch er hat sich als geschickter Redner entpuppt und dem alten...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2024
Übersetzer Kristof Kurz
Sprache deutsch
Original-Titel Warrior
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 2024 • Altes Rom • Britannien • Britannienfeldzug • caratacus • Dein Spiegel Bestseller Autor • Druiden • eBooks • Historische Romane • Historischer Roman Bestseller • Historische Schlachten • Kämpfe und Schlachten • Legionäre • Macro und Cato • Neuerscheinung • neuerscheinung 2024 • Römisches Reich • Rom-Serie • simon scarrow neu 2024
ISBN-10 3-641-30902-6 / 3641309026
ISBN-13 978-3-641-30902-2 / 9783641309022
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