Toter geht's nicht (eBook)

Bröhmanns erster Fall
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
304 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01815-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Toter geht's nicht -  Dietrich Faber
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Irgendwann ist Sense! Faschingsumzug im Vogelsberg: Jubel, Trubel, Heiterkeit, und am Ende wird ein Mann erschlagen. Der Tote war verkleidet: als Tod. Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann passt das überhaupt nicht. Er ist nämlich just am selben Tag von seiner Frau verlassen worden und muss nun nicht nur einen Mord aufklären, sondern sich auch um Kinder, Haus und Hund Berlusconi kümmern. Wobei nicht ganz klar ist, was mehr schlaucht: die Suche nach dem Täter, der Alltagskampf mit einer schwer pubertierenden Tochter oder die Frondienste in der Kindertagesstätte «Schlumpfloch». Die Ermittlungen in Sachen Sensenmann führen direkt in die Schattenwelt der mittelhessischen Faschingskultur, zum Stimmungsmusiker Herr Bärt, der mit dem Schlager «Lass uns fummeln, Pummel» zu zweifelhaftem Ruhm gelangt ist. Sie führen außerdem zu jahrzehntelang totgeschwiegenen Schweinereien, mancherlei Liebeswirrungen, einem Verhör in einer finnischen Feng-Shui-Sauna zu einem so dramatischen wie überraschenden Finale ...

Dietrich Faber wurde 1969 geboren. Bekannt wurde er als ein Teil des mehrfach preisgekrönten Kabarett-Duos FaberhaftGuth.Bereits sein erster Roman «Toter geht´s nicht» schaffte es auf Anhieb auf die Bestsellerliste. Die Lesungen und Buchshows zu seinen Romanen um den wenig charismatischen Kommissar Bröhmann wurden zu Bühnenereignissen. Der Autor lebt mit seiner Familie in der Mittelhessenmetropole Gießen.

Dietrich Faber wurde 1969 geboren. Bekannt wurde er als ein Teil des mehrfach preisgekrönten Kabarett-Duos FaberhaftGuth. Bereits sein erster Roman «Toter geht´s nicht» schaffte es auf Anhieb auf die Bestsellerliste. Die Lesungen und Buchshows zu seinen Romanen um den wenig charismatischen Kommissar Bröhmann wurden zu Bühnenereignissen. Der Autor lebt mit seiner Familie in der Mittelhessenmetropole Gießen.

3. KAPITEL


So war das nicht gemeint.

Natürlich gibt es da irgendwo auch bei mir den Wunsch nach Veränderung. Natürlich sollte es so nicht ewig weitergehen, und natürlich war vieles auch in gewisser Weise festgefahren.

Aber dass innerhalb weniger Minuten mein Leben ein so derart ungemütliches Tempo aufnimmt, das kann ich nicht gewollt haben.

Natürlich ist auch mir nicht entgangen, dass Franziska in letzter Zeit ein wenig müde wirkte. Natürlich habe ich auch einige Male ihre Unzufriedenheit wahrgenommen, und es war natürlich auffallend, dass sie in den letzten Wochen nicht einmal mehr den Versuch unternahm, mit mir zu streiten.

Natürlich, natürlich, natürlich, aber das ist doch alles nur eine Phase und vor allem noch lange kein Grund, unsere Ehe und alles in Frage zu stellen.

Doch so wirklich gefragt hatte sie eigentlich gar nicht mehr.

 

Doch der Reihe nach:

 

Ungefähr zwei Stunden nachdem Melina gegen fünf aus ihrem häuslichen Gefängnis ausbrach, bin ich allein gewesen. Jetzt steht Franziska urplötzlich in unserem Wohnzimmer. Viel früher als erwartet ist sie vom Faschingsumzug zurückgekehrt. Ich hatte mich gerade mental auf die Live-Übertragung des Spiels Eintracht Frankfurt gegen 1. FC Nürnberg im Bezahlfernsehen vorbereitet und seit fast einer Stunde die nichtige Vorberichterstattung verfolgt.

Franziska starrt mich an. Eigentlich dachte ich alles an ihr zu kennen, doch dieser Blick, der ist neu. Ich versuche meine Irritation über ihr frühes Heimkehren zu verbergen und begrüße sie in betont freudigem Tonfall:

«Oh, hi … wo ist denn Laurin?»

«Bei Calvin-Manuel.»

Das ist ein Kind, das auch nichts für seinen Namen kann. Laurin kennt ihn aus dem Kindergarten. Kindergarten ist untertrieben, Laurin geht in die reformpädagogische elternselbstorganisierteundverwaltete Kindertagesstätte Schlumpfloch e.V. Richtig … nicht Schlupfloch, sondern Schlumpfloch.

Calvin-Manuels Eltern sind Wolle und Molli und sehen aus, wie sie heißen.

Wolle schreibt seit vierzehn Jahren an einer Philosophie-Doktorarbeit. Er hat somit genügend Zeit, sich als Vorsitzender des Elternvereins wichtig zu machen. Er mag mich nicht. Und das wiederum mag ich nicht. Ich konnte noch nie damit umgehen, dass mich jemand nicht mag, selbst wenn ich diesen Jemand selber gar nicht ausstehen kann. Und das ist bei Wolle der Fall. Wolle ist 44 Jahre alt, hört am liebsten Franz-Josef Degenhardt auf Vinyl und ist der unumstrittene Diktator unseres basisdemokratischen Kindergartens. Wolle gehört zu der bärtigen Spezies Mann, von der man glaubt, dass es sie nicht mehr gäbe.

Und Molli ist mollig.

Franziska sieht blass aus. Sie steht nun direkt vor der Fernsehhälfte, in der Oka Nikolov das Tor hütet. Ich entscheide mich dafür, die Liegeposition auf dem Sofa zu verlassen, und setze mich auf. Ich blicke sie an. Sie sagt:

«Wir haben Molle und Wolli …»

«Wolle und Molli», korrigiere ich.

«Jaaah, mein Gott, wir haben sie beim Umzug getroffen. Laurin wollte mit Manuel-Calvin …»

«Calvin-Manuel!», korrigiere ich sie wieder und komme mir dabei noch nicht einmal originell vor.

«FRESSE!!», schreit sie plötzlich. «Henning, es reicht!» Ich zucke zusammen, schaffe es aber nicht, den Freistoß von Caio komplett zu ignorieren. Weniger aus Ignoranz, mehr aus Unsicherheit. Er landet in der Mauer.

«Kannst du vielleicht einmal diese Scheißkiste ausmachen!»

Auch eine Frage, die keine ist. Kurz bevor ich den Ausschalter drücken will, fällt gerade das 1:0 für Nürnberg. Auch das noch. Nikolov läuft mal wieder bei einer Ecke unter dem Ball durch.

«Mach die Glotze aus!»

So laut habe ich sie in all den Jahren niemanden anschreien gehört. Nicht einmal Melina.

«Na ja, jetzt reg dich doch mal nicht gleich so auf», versuche ich etwas hilflos zu beschwichtigen.

«Gleich? Ich soll mich nicht gleich so aufregen? Seit Monaten reiße ich mich am Riemen, um nicht völlig auszurasten, und du sagst, ich soll mich nicht gleich aufregen?»

Nun gucke ich vermutlich wieder wie Berlusconi.

«Was ist das denn hier bitte?», schreit sie weiter. «Von dir kommt nichts. Du ziehst dich nur noch zurück. Die ganze Scheiße bleibt an mir hängen. Ach, ich hab keinen Bock mehr, das immer wieder durchzukauen. Ich gehe morgens in die Schule, habe Hunderte von Schülern am Hals, hol dann Laurin aus dem Kindergarten, koche Essen, lass mich von Melina beschimpfen, bereite den Unterricht für den nächsten Tag vor, bis irgendwann mein Mann zwar physisch eintrifft, aber doch nicht vorhanden ist. Da ist kein Interesse an den Kindern, an mir, an nichts, was hier ist. Da seh ich nur Selbstmitleid und Zynismus.»

«Na ja, also, äh, so würde ich das jetzt nicht …», versuche ich sie erneut zu besänftigen.

«Henning, ich kann nicht mehr, ich bin fertig. Ich habe die Nase voll. Verstehst du? Ich will das so nicht mehr. Ich gehe auf dem Zahnfleisch, verstehst du?»

«Hmm», mümmele ich.

«Ich bin ausgebrannt.»

«Na ja, das ist ja jetzt so ’ne Art Mode …»

«Sag jetzt nichts Falsches!», schreit sie. Noch lauter als zuvor.

«Hmm …»

«Ich kann so nicht mehr … so … ich dreh durch, so geht es nicht.»

«Hmm …»

Stille.

«Hmm», mache ich dann noch ein weiteres Mal, um die Stille zu beenden.

Franziska zittert. Auf ihrer Stirn sehe ich kleine Schweißperlen. Ihre Hände hat sie zu Fäusten geballt.

Das hier ist kein normaler Streit. Das hier ist etwas anderes. Das geht weiter. Das ist etwas, das ich nicht kenne. Da ist irgendein ungutes Gemenge aus Wut, Panik und Trauer zu spüren. Es macht mir Angst. Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll.

Franziska atmet dreimal durch, dann sagt sie:

«Ich muss weggehen … in eine Klinik oder so. Abstand brauch ich, irgendwie.»

Sie beginnt zu weinen. Noch immer zittert sie.

Unbeholfen versuche ich sie zu umarmen

«Fass mich jetzt nicht an», sagt sie darauf kaum hörbar. Hilflos ziehe ich meine Arme zurück und starre durch das Fenster ins Vogelsberger Nichts.

«Ich gehe jetzt. Verstehst du das?»

Gehen? Nein, das verstehe ich nicht.

«Ja … aber die Kinder und alles …?»

«Genau, du sagst es … die Kinder und alles …», sagt Franziska dann und starrt an mir vorbei.

Und genau in diesem Moment klingelt, ohne ein Spur von Sensibilität, mein Bereitschaftshandy. Es meldet sich mein Kollege und Stellvertreter Markus Meirich. Er teilt mir mit, dass ich zu einer Leiche kommen müsse. Ein Toter sei in der Nähe des Niddaer Faschingsumzuges aufgefunden worden, hinter dem Feuerwehrgerätehaus. Nun starre auch ich. Nicht so was bitte jetzt auch noch.

Franziska fragt: «Was ist?»

«Äh, ich muss los», stammele ich. «Da liegt ein Toter …»

«Wo?»

«Da, hier, also …»

«Hier?»

«Ja, hier bei uns in Nidda. Auf dem Faschingsumzug. Ich muss da jetzt hin. Können wir später nicht nochmal reden?»

Meine Knie beginnen zu zittern.

«Ich muss jetzt weg», sagt Franziska mit fester Stimme. «Laurin bleibt bis morgen bei Wolle und Molli –»

«Hmm …»

«– morgen und Faschingsdienstag ist kein Kindergarten. Du kriegst das hin.»

«Franziska, ich …»

«Du kannst das. Ich übernachte heute bei Petra. Und dann gebe ich dir Bescheid, wohin ich gehe. Ich kann wirklich nicht anders, glaub mir.»

«Warte doch noch bis morgen», flehe ich.

«Nein. Ich will nicht mehr warten. Ich kann nicht mehr warten.»

«Wann kommst du wieder?»

«Weiß nicht, ich weiß gar nichts mehr.»

Auch ich weiß nun gar nichts mehr. Weder, wie es weitergeht, noch, wie es überhaupt so weit kommen konnte. Habe ich das wirklich gerade selbst erlebt? Hat Franziska mich nun tatsächlich verlassen? Mich? Uns? Die Kinder? Oder nimmt sie nur, wie man so schön sagt, eine Auszeit? Werde ich nun zu einem alleinerziehenden Vater? Und wie soll ich das den Kindern beibringen, wenn ich es mir selbst nicht einmal erklären kann? Ich dachte immer, ich kenne meine Frau. Scheiße!

 

Franziska und ich kennen uns, seit wir vierzehn sind. Eigentlich war ich von dem Tag an, als wir in eine Klasse kamen, in sie verliebt. Doch natürlich waren für sie die Burschen, die schon Moped fuhren, deutlich interessanter. In der elften Klasse dann aber, als andere Auswahlkriterien die Oberhand übernahmen, wurden wir auf einer Klassenfahrt ein Paar. Ihre Freundin Gabi petzte mir, dass Franziska mich «süß» fände. Ich konnte dies nur schwer glauben, da ich von mir eine andere Selbstwahrnehmung hatte. Franziska, dachte ich, die spielt in einer anderen Liga. Da ich alles andere als ein fescher Aufreißertyp war, versuchte ich zaghaft und unbeholfen diese Süß-Botschaft auf ihren Realitätsgehalt zu überprüfen. Zunächst wusste ich nicht, ob ich tatsächlich in dieses Mädchen verliebt war oder nur in den Stolz, dass dieses Mädchen anscheinend ein Auge auf mich geworfen hatte. Doch dann warf ich mein Auge zurück.

So saßen wir schließlich auf einer Klassenfahrt irgendwo im Schwarzwald ganz plötzlich ganz alleine am Lagerfeuer. Ich spielte Westernhagen auf der Westerngitarre, und irgendwann, nachdem auch die dritte Saite riss, rückten wir näher zusammen, alberten noch ein wenig verlegen herum, ehe wir uns zum ersten Mal küssten. Ich war sechzehn...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Reihe/Serie Bröhmann ermittelt
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Andreas Föhr • Bröhmann ermittelt • Frankfurt • Gießen • Hessen • Humor • humorvoller Krimi • Kobr • Krimi • Kriminalroman • Kriminalromane • lustige Krimis • Mittelhessen • Provinzkrimi • Vogelsberg • Vogelsbergkreis • Wetterau
ISBN-10 3-644-01815-4 / 3644018154
ISBN-13 978-3-644-01815-0 / 9783644018150
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