Zeit meines Lebens (eBook)

Erinnerungen eines Journalisten | Das Vermächtnis des langjährigen Chefredakteurs und Herausgebers der ZEIT

(Autor)

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2022 | 1. Auflage
512 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2885-0 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Zeit meines Lebens -  Theo Sommer
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Die bewegenden Lebenserinnerungen eines der wichtigsten deutschen Publizisten Theo Sommer hat mehr als neunzig Jahre und vier deutsche Staaten erlebt: das »Dritte Reich«, die Bonner Republik, die DDR und das wiedervereinigte Deutschland. Als langjähriger Chefredakteur und Herausgeber der Zeit war er einer der führenden politischen Publizisten in Deutschland. Dies ist sein Vermächtnis. Theo Sommer beginnt seine Erinnerungen mit der Schulzeit in der NS-Ordensburg Sonthofen, dem großen Zusammenbruch und seinem demokratischen Erweckungserlebnis als einer der ersten Studenten in Schweden und den USA nach dem Krieg. Er beschreibt seinen Weg an die Spitze des deutschen Journalismus und porträtiert mittlerweile legendäre Kolleginnen und Kollegen wie Marion Gräfin Dönhoff, Rudolf Augstein, Henri Nannen und Helmut Schmidt. Kaum jemand, den der begabte Netzwerker auf der internationalen politischen Bühne nicht kannte. Theo Sommer nimmt den Leser mit auf die aufregende Reise eines politischen Beobachters durch neunzig Jahre deutscher Geschichte und liefert ein Glanzstück der politischen Memoirenliteratur.

Dr. Theo Sommer, geboren 1930, Journalist und Historiker, war von 1973 bis 1992 Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, danach zusammen mit Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt deren Herausgeber. Er ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschien China First (2019). Theo Sommer verstarb am 22. August 2022.

Dr. Theo Sommer, geboren 1930, Journalist und Historiker, war von 1973 bis 1992 Chefredakteur der Wochenzeitung Die Zeit, danach zusammen mit Marion Gräfin Dönhoff und Helmut Schmidt deren Herausgeber. Er ist Autor zahlreicher Bücher, zuletzt erschien China First (2019). Theo Sommer verstarb am 22. August 2022.

Vorwort


Der strahlende große Junge mit den kräftigen Pranken

Mehr als sechzig Jahre währte unsere Freundschaft, entstanden aus der gemeinsamen Arbeit für die Zeit. Eine Freundschaft, die großer Worte nicht bedurfte, nicht einmal des Wörtchens Du. Als ich im Sommer 1961 zu der Hamburger Wochenzeitung stieß, war Theo Sommer schon drei Jahre an Bord. 31 Jahre alt war er damals.

Marion Gräfin Dönhoff, die Chefin des politischen Ressorts des Blattes, hatte ihn aufgespürt im Seminar des Tübinger Politologen Theodor Eschenburg. Sie holte ihn an ihre Seite nach Hamburg ins Pressehaus am Speersort. Etwas Berufserfahrung hatte er da schon gesammelt, als Redakteur der Rems-Zeitung in Schwäbisch Gmünd; auch – und das war nicht selbstverständlich für einen Berufsanfänger in der frühen Nachkriegszeit – hatte er vor seinem Tübinger Abschluss zwei Jahre im Ausland verbracht, an der Heimvolkshochschule im schwedischen Asa bei Katrineholm und in den USA auf einem College in Manchester und der Universität in Chicago. Theo Sommer folgte Marion Dönhoff im Laufe der Jahre als Ressortchef Politik, als Chefredakteur und schließlich als Herausgeber. Er verkörperte an ihrer Seite, neben den Gründern des Blattes, eine neue Generation: atlantikorientiert, sozialliberal, kosmopolitisch. Die Zeit wurde zur Chance seines Lebens, und aus der Chance wurde sein Leben. Bis zu seinem Tod im August 2022 hatte er ein Büro im Pressehaus. Dieses Buch, an dem er buchstäblich bis zu seinem letzten Atemzug gearbeitet hat, zeigt sein Leben.

Theo Sommer, geboren 1930 in Konstanz als Sohn eines Angehörigen der Reichswehr, gehörte zu der Generation, die den Krieg, besonders sein Ende, als Jugendlicher noch bewusst erlebt hatte. Er genoss aber eben auch die »Gnade der späten Geburt«, die ihm eine Entscheidung für oder gegen den Hitler-Staat ersparte. Wie er in diesem Buch schreibt: »Die ›Gnade der späten Geburt‹ – ein Wort des sechs Wochen älteren Helmut Kohl, oft verspottet, indes absolut richtig – hat mich dieser existenziellen Entscheidung enthoben. Ich weiß nicht, wie sie ausgefallen wäre. Aber eines weiß ich: Ich bin froh, dass ich nicht das geworden bin, was ich hätte werden sollen.«

Und in der Tat: Das wahnhafte nationalsozialistische Weltbild, das dem Adolf-Hitler-Schüler auf der Ordensburg im bayerischen Sonthofen eingebläut worden war, schüttelte der Fünfzehnjährige schnell ab. Die Worte des um wenige Jahre älteren Wolfgang Borchert »Wir sind die Generation ohne Bindung und ohne Tiefe. Unsere Tiefe ist der Abgrund« machte er sich nicht zu eigen. Selbstbewusst und energisch ergriff er die Chancen, welche die junge Bundesrepublik ihm bot. Er wollte heraus aus der Enge des geistig verödeten Deutschlands in die weite Welt.

Er schaffte es. Theo Sommer wurde zum Weltbürger, zum Kommentator internationaler Medien und gefragten politischen Gesprächspartner vieler Institutionen – und in Hamburg zu einem Zeitungsmacher, der neben Rudolf Augstein, Marion Gräfin Dönhoff, Henri Nannen und Axel Springer die deutsche Pressegeschichte mitprägen sollte.

Sommer blieb zeitlebens ein Transatlantiker. Seine vielen Reisen in die USA, es mögen weit mehr als hundert gewesen sein, anfangs noch per Schiff, führten ihn in alle Ecken des Landes und zu den Handelnden in Washington. Die USA hatten Deutschland nicht nur von Hitler befreit, sie standen für Fortschritt. Wie so vielen seiner Altersgenossen wurde ihm Amerika ein Stück des eigenen Lebens. Sommers Begegnung mit Henry Kissinger in Harvard hatte für ihn zudem eine besondere Bedeutung. Hier liegen die Anfänge des weltweiten Freundeskreises, dessen Teil der junge Journalist mit den Jahren wurde.

Der blitzgescheite, redegewandte, liberale Deutsche aus Hamburg gefiel und wurde geschätzt. Er nahm an ungezählten Seminaren und Symposien teil. Nicht nur in den USA. Angesehene internationale Debattenforen baten ihn darum mitzumachen. Die exklusive Bilderbergkonferenz lud Sommer ein, der deutsch-englischen Königswinterkonferenz gehörte er dreißig Jahre lang an, zwei Jahrzehnte saß er im Kuratorium des Internationalen Instituts für Strategische Studien in London. Schließlich gehörte er zwölf Jahre zum Vorstand der Deutschen Welthungerhilfe, überdies war er leitendes Mitglied etlicher internationaler politischer Gesellschaften.

Vor allem nach Asien zog es ihn oft. Auf seiner ersten Reise 1961 machte er in Vietnam Station. Er bekannte: »Vietnam wurde eines der schwierigsten Themen meines journalistischen Lebens.« Ich erinnere mich noch gut an die heftigen Diskussionen in den wöchentlichen Konferenzen der Zeit-Redaktion. Es brauchte eine lange Zeit, bis Theo Sommer erkannte, dass »der notwendige Krieg«, wie er schrieb, ein »sinnlos gewordener« war. Warum er so lange an seiner falschen Einschätzung festgehalten hat, schildert er in diesem Buch mit einer Ehrlichkeit und Offenheit, wie sie in Memoiren selten anzutreffen ist. Auch Südkorea und Japan bereiste er immer wieder. Der japanischen Geschichte galt seine Dissertation, China widmete er 2019 noch sein letztes großes Buch vor den Memoiren, »China first«.

Sosehr sich Theo Sommer in der großen Welt heimisch fühlte, die Stätte seine Wirkens war das Pressehaus am Speersort in Hamburg. Über seine Rolle als Journalist, als Chefredakteur der Zeit hat er viel nachgedacht. In einer Rede vor Studenten der Ruhr-Universität Bochum 1979 zog er ein Fazit seiner ersten sechs Jahre als Chefredakteur: »Es ist heute fast unmöglich, dass ein einzelner alle Bereiche einer Zeitung überblickt, alle Bereiche mit Sachverstand führt oder beurteilt und außerdem noch ein zuverlässiger Verwalter ist. Der Chefredakteur ist Personalboss, Abzeichner von Honoraranweisungen von einer bestimmten Höhe an, der Mann, der den Etat aufstellt und ihn mit den Ressorts und dann mit dem Verlag aushandelt. Er ist der Grüßaugust des Blattes. Er ist der Journalist in dem Sinne, dass er die Meinungsbildung in vielerlei Konferenzen beeinflusst und dass er außerdem auch noch Schreiber ist – wenn es geht Starschreiber.«

»Autorität« kommt von »Autor« war ein Lieblingswort von Sommer, den Platz als Leitartikler ließ er sich von keinem nehmen. Und: »Schreiben heißt Lesen. Schreiben heißt mit Leuten reden. Schreiben heißt Reisen. Andererseits kann ich mir auch schwer vorstellen, dass je ein nichtschreibender Chefredakteur bei der Zeit das Regiment ergreift.«

Manches von der Kunst, Chefredakteur zu sein, hatte Theo Sommer sich von seiner Vorgängerin und Wegbegleiterin Marion Gräfin Dönhoff abgeschaut. Doch hatte sie auch von ihm gelernt. An seinem 70. Geburtstag gestand sie: »Egal wer von uns beiden Chef war, die Arbeitsweise blieb die gleiche. Wir berieten zusammen, diskutierten viel, stritten auch gelegentlich, aber immer freundschaftlich. Ich konnte nicht ohne Sommer, und er brachte seinen Aspekt unserer Zusammenarbeit auf die Formel: Mit keiner Frau habe ich es so lange ausgehalten wie mit der Dönhoff.«

1973 übernahm Sommer von Marion Dönhoff die Chefredaktion. Als Helmut Schmidt Zeit-Herausgeber seit Mai 1983, einmal in einem langen Sermon viele Gravamina auflistete, schrieb ihm Sommer einen gepfefferten Brief, in dem es hieß: »Eine Redaktion ist ein pulsierender Organismus, kein hierarchisch aufgebautes Ministerium, und der Chefredakteur kein weisungsausführender Staatssekretär. Ich will die Lebendigkeit der Redaktion, auch wenn sie mir zuweilen Schmerzen bereitet. Ich will Offenheit für Neues; ich will nicht regen Köpfen einbläuen, was sie zu denken haben.«

Ja, so war es. In den Konferenzen ging es hoch her. Argumente zählten, und Chefredakteur Sommer ließ sich belehren. Mit einem dröhnenden Lachen konnte er eingestehen, wenn seine Argumente nicht fruchteten. Er war der »Mann der offenen Feldschlacht«, charakterisierte die Reporterin Nina Grunenberg ihren Chef. Man sei aufgerufen, »seine sieben Sinne zusammenzuraffen und gegen ihn zu argumentieren«. Die Zeit, 1946 gegründet und in ihren Anfängen noch eine Wochenzeitung unter anderen, entwickelte sich in diesen Jahren zum auflagenstärksten und umfangreichsten deutschsprachigen Wochenblatt. Auch international stand sie nun in der ersten Reihe der großen Zeitungen.

Zweiundsiebzig Jahre nachdem Theo Sommer sein erstes Zeilenhonorar – 25 Pfennig – von der der Rems-Zeitung erhalten hatte, dachte er noch einmal über die Rolle des Journalisten nach. Er schreibt in diesem Buch: »Für mich war das Attraktivste an meinem Beruf, dass ich dabei Ideen mit Fakten verbinden, Meinungen mit sachlichen Belegen unterfüttern kann.« Er wusste aber auch: »Wir schwanken zuweilen zwischen Anpassung und Anmaßung. Manche unter uns neigen zur Skrupellosigkeit. Alles in Allem brauchen wir uns des Dienstes indes nicht zu schämen, den wir der Gesellschaft, dem Gemeinwesen leisten. Wir müssen unser Licht nicht unter den Scheffel stellen … Wir taten, was wir konnten.«

Einen Tag nach seinem 92. Geburtstag, am 11. Juni 2022, schon gezeichnet von den Folgen eines schweren Sturzes auf der Treppe seines Hauses in...

Erscheint lt. Verlag 24.11.2022
Zusatzinfo Mit zahlreichen Abbildungen
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Biografien / Erfahrungsberichte
Schlagworte Adolf-Hitler-Schule • Außenpolitik • Autobiografie • Chefredakteur • China • DIE ZEIT • Gerd Bucerius • Giovanni di Lorenzo • Hamburg • Hardy Krüger • Helmut Schmidt • Herausgeber • Hohenzollern • Journalist • Kissinger • Marion Gräfin Dönhoff • Nationalsozialismus • Polen • Vietnam • Wiedervereinigung
ISBN-10 3-8437-2885-2 / 3843728852
ISBN-13 978-3-8437-2885-0 / 9783843728850
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