Endlich allein (eBook)

Thriller
eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
352 Seiten
Goldmann (Verlag)
978-3-641-29211-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Endlich allein -  Sarah Alderson
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Ein junges Ehepaar auf einer romantischen einsamen Insel. Doch sie sind nicht allein ...
Die junge Laura und ihr frisch gebackener Ehemann Liam verbringen ihre Flitterwochen auf einer abgelegenen einsamen Insel vor der Küste Schottlands. Nur sie beide, ein gemütliches kleines Cottage und die wildromantische Natur von Shura Island. Doch kurz nach ihrer Ankunft finden sie heraus, dass die Insel eine düstere Vergangenheit hat. Und sie werden das Gefühl nicht los, dass jemand sie auf Schritt und Tritt beobachtet. Als sie ein paar Tage später eine verstörende Botschaft entdecken, die in eine Fensterscheibe des Ferienhauses geritzt wurde, ist klar: Sie sind nicht allein auf der Insel ...

Sarah Alderson ist eine britische Roman- und Drehbuchautorin. Sie ist in der ganzen Welt herumgereist und lebte u. a. in London und Bali, bevor sie mit ihrem Ehemann und ihrer Tochter nach Kalifornien zog.

1


Tag 1


Die Insel liegt verborgen da. Finstere Wolken hängen wie nasse Laken über dem Fjord; es ist nicht zu erkennen, wo der Horizont endet und der Himmel beginnt. Mich fröstelt. Ich schlinge die Arme um den Leib, um mich gegen die kühle, feuchte Luft zu schützen. Eigentlich hatte ich auf Sonne gehofft – immerhin haben wir August –, aber so ist Schottland eben. Und dieses klamme, scheußliche Wetter passt auch irgendwie, es ist fast, als hätte ich es aus meinem Kopf heraufbeschworen.

Ich versuche mir ins Gedächtnis zu rufen, warum ich hier bin. Dies sind unsere Flitterwochen, wenngleich mit zwei Monaten Verspätung und auch nicht mehr in dem griechischen Inselparadies, das wir ursprünglich gebucht und auch schon bezahlt hatten. Das Gute daran ist, dass außer Liam und mir niemand hier sein wird. Wir werden die einzigen Menschen auf dieser Insel sein und in einer zu einem luxuriösen Ferienhaus umgebauten Schmiede aus dem achtzehnten Jahrhundert wohnen. Eine ganze Woche lang werden wir uns vor dem Kaminfeuer zusammenkuscheln, Wälder und keltische Ruinen erkunden, wilde, windgepeitschte Strände entlangwandern und die Vergangenheit nach Möglichkeit hinter uns lassen – das rede ich mir zumindest ein. Ich bete, dass es funktioniert.

Liam beendet sein Gespräch mit dem Fährmann und eilt über den Kiesstrand auf mich zu. Er ist groß und dunkelhaarig; selbst aus der Ferne bemerke ich das Eisblau seiner Augen.

Meine Mum fand, er sähe aus wie Leonardo DiCaprio, damals in Titanic. Ganz falsch ist das nicht: Die beiden haben eine gewisse Ähnlichkeit, dieses Funkeln in den Augen und der jungenhafte Charme. Als Liam jetzt über den Kiesstrand auf mich zu läuft, kommt es mir vor, als hätte jemand »Action« gerufen und ich wäre eine Schauspielerin in einem Film. Ich kann es immer noch nicht wirklich glauben, dass wir verheiratet sind; dass ich Liams Frau bin. Bei dem Grinsen, mit dem er mein Lächeln erwidert, spüre ich sofort ein Flattern im Bauch. Vermutlich ist es normal, wenn Frischverheiratete so empfinden. Manchmal frage ich mich aber auch, ob sich die Schmetterlinge je verziehen. Ich kann es mir nicht vorstellen.

»Der Mann sagt, er bringt uns sofort rüber, sobald sich das Wetter beruhigt«, verkündet Liam, als er mich erreicht. Der Fährmann ist verschwunden. Vermutlich wartet er irgendwo besseres Wetter ab.

»Und wann wird das sein?« Ich schaue skeptisch in den launischen Himmel.

Liam zuckt mit den Schultern. »Lange kann es nicht mehr dauern. Er schien der Meinung zu sein, dass es bald aufklart. Komm, wir trinken ein Bier, um uns die Wartezeit zu vertreiben.«

»Gute Idee.«

Liam führt uns vom Rand des Wassers weg den Strand hinauf. Gegenüber vom Pier, in einem der hübschen, alten Steinhäuser des Städtchens, liegt ein Pub. Eigentlich ist Arduaine zu klein, um Städtchen genannt zu werden. Im Grunde handelt es sich um nicht mehr als eine Ansammlung von Häusern, die dem Wetter trotzen. Auch der Pub ist klein, mit niedrigen Decken und engen Gängen; seine Wände sind so dick wie Gefängnismauern, und die Fenster liegen tief in ihnen, wie gierige Knopfaugen.

»Zum Bluteimer«, lese ich auf dem verwitterten Holzschild, das an einen Türflügel genagelt ist.

Liam öffnet die Tür. »Steht zu hoffen, dass sie hier zumindest ein anständiges India Pale Ale servieren«, meint er lachend, als ich unter seinem Arm hindurch in den Pub schlüpfe.

Im Innern ist es gemütlicher, als der Name an der Tür erwarten lässt. Im Kamin knistert ein Feuer, und die angeschwärzten Messingarmaturen glänzen, als hätten sie die Politur von Jahrhunderten in sich aufgenommen. Der Gastraum ist leer, abgesehen von dem Wirt, einem Mann mittleren Alters, dessen Gesicht so verwittert ist wie das Schild draußen, und einem weiteren Mann von Mitte, Ende zwanzig in Tarnjacke, der am anderen Ende des Tresens hockt und sich über sein Pint beugt.

»Guten Abend«, sagt der Wirt lächelnd, als wir unsere Kapuzen abstreifen und näher treten. »Was darf ich Ihnen anbieten?«

Liam, der in solchen Situationen immer freundlich und liebenswürdig ist, vertieft sich sofort in ein Gespräch über die hiesigen Fassbiere. Ich ziehe die Jacke aus und will mich aus meinem Schal pellen, als ich plötzlich innehalte, weil ich einen Blick auf mir ruhen fühle. Als ich mich umdrehe, bemerke ich, dass der Mann am Ende der Theke mich anstarrt. Ich schenke ihm ein höfliches Lächeln, aber seine Miene bleibt kalt und bohrend. Ich wende mich ab. Was ist sein Problem? Vielleicht gefällt es ihm nicht, dass Fremde seinen Pub besuchen. Schnell wickele ich mir den Schal wieder um den Hals und spüre, wie es mir trotz des prasselnden Kaminfeuers kalt den Rücken hinabläuft. Mit einem Mal scheint es eher Winter zu sein als ein Sommer, der in den letzten Zügen liegt.

»Limo mit Sprudelwasser?«, fragt Liam mich.

Ich nicke. »Ja, bitte.«

»Ich dachte, mit dem Essen warten wir, bis wir auf der Insel sind«, sagt Liam.

Wieder nicke ich. Ich habe ohnehin keinen Hunger. Der Arzt erklärte mir, dass Depressionen häufig mit Appetitlosigkeit einhergehen; ich solle warten, bis die Antidepressiva ihre Wirkung entfalten. Allerdings nehme ich die nun schon seit einem Monat und verspüre noch keinerlei Besserung, jedenfalls nicht, was meinen Appetit betrifft. Meine Stimmung hingegen hat sich schon ein wenig gehoben – ein Lichtblick im Dunkel. Aber wer weiß? Am Ende der Woche wird dieses entsetzliche Gewicht, das mich wie ein riesiger Felsbrocken niederdrückt, vielleicht abgefallen sein; dann kann ich wieder frei durchatmen.

Es ist ja nicht so, dass ich nicht glücklich sein möchte. Ich sehne mich sogar nach Glück. Aber in meiner Erinnerung ist das Glück wie die Schokoladentorte, die meine Mutter mir jedes Jahr zum Geburtstag buk, üppig bedeckt mit Schokobuttercreme und verziert mit Schokolinsen. Ich sehe sie deutlich vor mir – spüre sogar die Zinken der Gabel an der Zunge und die klebrige Wärme des ersten Bissens am Gaumen –, aber der Geschmack will mir beim besten Willen nicht in den Sinn kommen.

Als Liam unsere Getränke an den Ecktisch bringt, schenke ich ihm einen dankbaren Blick, weil es seine Idee war, die Flitterwochen, die wir so überstürzt abbrechen mussten, doch noch nachzuholen. Er hatte gedacht, es ziehe mich in die Sonne, und ein Hotel auf Santorini vorgeschlagen. Mir war aber nicht danach, mich so weit von zu Hause wegzubewegen und in der gleißenden Sonne an einem Pool zu liegen. Und nach Schottland wollte ich immer schon. Meine Mum und ich hatten oft darüber gesprochen, da wir uns beide in die Romane der Outlander-Serie verliebt hatten, aber wir schafften es nie, dorthin zu reisen. Liam hat schottische Wurzeln und interessiert sich brennend für Geschichte, daher sprang er sofort darauf an, als ich ihm diese Insel vorschlug.

»Cheers«, sagt er und stößt mit mir an.

»Cheers«, antworte ich.

»Auf uns«, fügt er hinzu, beugt sich über den Tisch und küsst mich. »Ich liebe dich.« Seine Lippen liegen warm auf meinen.

»Ich liebe dich auch.« Ich erwidere seinen Kuss. »Auf unsere Flitterwochen.«

Liam streicht mir eine Haarsträhne hinters Ohr und lässt seine Finger über meine Wange gleiten. Mir läuft ein Schauer über den Rücken. Als er grinst, blitzt vor meinem geistigen Auge der Moment auf, als ich ihn zum ersten Mal sah. Was mir als Erstes an ihm auffiel, waren das strahlende Blau seiner Augen und dieses Lächeln, das jungenhafte Sorglosigkeit und Abenteuergeist ausstrahlt. Außerdem eine innere Kraft, wie ich sie mir selbst immer gewünscht hatte. Ich verliebte mich sofort in ihn.

Nach einem weiteren Schluck Bier springt Liam auf. »Ich geh nur schnell aufs Klo«, verkündet er und schlendert zu einer Tür in einer fernen Ecke des Pubs.

Ich nippe an meinem Getränk und schaue mich um. Der Wirt sitzt auf einem Barhocker und liest den Sportteil der Scottish Times. Mein Blick wandert zu dem Mann am Ende des Tresens. Zu meiner Überraschung betrachtet er mich immer noch; derselbe bohrende Blick, die Augen finster zusammengekniffen.

»Ihr wollt nach Shura?«, erkundigt er sich leise, mit einem gerollten schottischen R.

Ich nicke, da ich den Namen der Insel herausgehört habe. »Ja.«

»Bleibt ihr lange?«, knurrt er.

»Eine Woche.« Warum will der Typ das wissen?

»Ihnen ist schon klar, dass es dort spukt?«

»Was?« Ich lache nervös. Der Mann will mich offenbar auf den Arm nehmen. Allerdings lächelt er nicht. Seine Miene ist todernst.

Der Wirt sieht von seiner Zeitung auf. »Tja«, sagt er und schielt zu dem grimmigen Gast hinüber, bevor er sich mir zuwendet. »Da hat er nicht ganz unrecht. Auf Shura spukt es wie nur was.«

Ich schaue zwischen den beiden Männern hin und her und überlege, ob die beiden sich einen Scherz mit einem Neuankömmling erlauben wollen oder ob es sich um eine Art Insiderwitz handelt. Aber der Jüngere lächelt immer noch nicht, und die Miene des Wirts ist bierernst. Wieder nickt er. »Dort hat ein grausamer Mord stattgefunden.« Nach einem weiteren Blick auf den Jüngeren fügt er hinzu: »Ich meine, es haben eine Menge grausamer Morde dort stattgefunden.«

Mir muss die Kinnlade heruntergefallen sein, denn seine Stimme ist sanfter, als er fortfährt: »Die Wikinger haben dort gewütet.«

»Oh«, bringe ich heraus.

»Auf Shura gab es einst ein Kloster. Leichte Beute. Viele Mönche wurden getötet. Man konnte ja nirgendwohin rennen. Oder sich verstecken.«

»Aha …« Ich weiß nicht, was ich sonst antworten soll.

»Sie...

Erscheint lt. Verlag 18.1.2023
Übersetzer Claudia Franz
Sprache deutsch
Original-Titel The Stalker
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte 2023 • deutsche Erstausgabe • eBooks • Geheimnis • Krimi und Triller • Neuerscheinung • Neuerscheinung 2023 • Schottland • spannende Bücher • Spannung • Taschenbuch • Thriller
ISBN-10 3-641-29211-5 / 3641292115
ISBN-13 978-3-641-29211-9 / 9783641292119
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,6 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Psychothriller

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2022)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99
Krimi

von Jens Waschke

eBook Download (2023)
Lehmanns Media (Verlag)
9,99
Psychothriller | SPIEGEL Bestseller | Der musikalische Psychothriller …

von Sebastian Fitzek

eBook Download (2021)
Verlagsgruppe Droemer Knaur
9,99