Tankred: Hammer und Kreuz (eBook)

Historischer Roman | Für Fans von 'Vikings'
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2023 | 1. Auflage
448 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01199-1 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tankred: Hammer und Kreuz -  Michael Römling
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Kämpfe und Abenteuer, Machtspiele und Intrigen, Liebe und Rache: die Wikinger an Rhein und Maas.  Juli 882: Tankred hat noch eine Rechnung offen. Seine Stiefmutter Uta hat ihn vor Jahren um sein Erbe betrogen. Um endlich zu seinem Recht zu kommen und Uta zu Fall zu bringen, braucht er mächtige Unterstützung. Doch die bekommt er nicht ohne Gegenleistung: Im Auftrag des Kaisers soll der gebildete Kämpfer in einen erbarmungslosen Krieg gegen die Normannen ziehen, die sich unweit seiner Heimatstadt Maastricht verschanzt haben. Zusammen mit seinen Mitstreitern wagt er sich in die Höhle des Löwen und steht dabei plötzlich einem alten Widersacher gegenüber. Band 2 der spannenden Reihe um den Bibliothekar Tankred, der mit dem Schwert in der Hand gegen Wikinger, Intrigen und die Geister seiner Vergangenheit kämpft.

Michael Römling, geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen, Besançon und Rom, wo er acht Jahre lang lebte. Nach der Promotion gründete er einen Buchverlag, schrieb zahlreiche stadtgeschichtliche Werke und historische Romane. 

Michael Römling, geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen, Besançon und Rom, wo er acht Jahre lang lebte. Nach der Promotion gründete er einen Buchverlag, schrieb zahlreiche stadtgeschichtliche Werke und historische Romane. 

1


Es dämmerte schon, als das Dorf in Sicht kam. Eigentlich war es eher eine Ansammlung armseliger Katen, in denen wahrscheinlich Fischer, Handwerker und Tagelöhner ihr Dasein fristeten. Es gab keine Kirche und keinen Haupthof, und nicht eines der Gebäude hatte ein Steinfundament; noch nicht einmal Schornsteine waren zu sehen. Die Hütten standen kreuz und quer durcheinander. Sie waren aus schiefen Pfosten, Balken und Brettern zusammengezimmert, und die flachen Dächer waren mit Schindeln aus Baumrinde gedeckt. Rauch von feuchtem Brennholz quoll aus Löchern und Ritzen. Überall waren halb vermoderte Boote aufgebockt.

Weiter würden wir an diesem Tag nicht kommen. Eine unbequeme Nacht stand bevor.

«Ist dir nicht gut genug, was?», fragte Bodo, der meinen Blick bemerkt hatte. Er stemmte sich gegen das Ruder, um den Frachtprahm näher ans Ufer zu bringen. Die beiden Ochsen vor uns auf dem Treidelpfad trotteten unbeeindruckt weiter hinter Severin her. Das Seil, das von den Jochen der Tiere zum Bug des Prahms führte, spannte und lockerte sich abwechselnd, hob sich triefend aus dem Wasser und tauchte wieder ein.

«Wird wohl gehen», sagte ich mürrisch. «Ist ja nur für eine Nacht.»

Ich hockte auf einer Ladung Bauholz, die Bodo rheinaufwärts verschiffte. Hinter mir stand mein Pferd, zitternd, die Ohren angelegt, den linken Vorderhuf auf die Spitze gestützt. Kleine Wellen prallten plätschernd gegen den Rumpf.

Bodo hatte ich am Vormittag zufällig kennengelernt. Sleipnir hatte auf der Uferstraße plötzlich zu lahmen begonnen, und ich war abgesessen, um den Huf zu untersuchen. Während ich schwitzend und in verrenkter Haltung versucht hatte, die Stelle zu ertasten, die man aufschneiden musste, ohne dass das Pferd mir vor Schmerzen durchging, hatten plötzlich die beiden Ochsen mit dem Treiber neben mir gestanden, alle drei mit gleich stumpfem Gesichtsausdruck. Dahinter Bodo in seinem Prahm, der mit einem schrammenden Geräusch auf dem Uferkies zum Stehen kam.

Freundlicherweise hatten Bodo und Severin dann das Pferd festgehalten, während ich das Geschwür aufgeschnitten und die Wunde mit Wolle verstopft hatte. Mir war klar gewesen, dass mindestens zwei Tage lang nicht an eine Fortsetzung der Reise zu denken sein würde, jedenfalls nicht im Sattel. Also hatte ich Bodo gefragt, ob an Bord noch Platz sei.

«Wohin soll’s denn gehen?», hatte er gefragt.

«Nach Worms», hatte ich geantwortet.

Er hatte mich überrascht angeblickt, ein altes, faltiges, von struppigen Haaren eingerahmtes Gesicht, wässerige Augen, Tränensäcke wie schlaffe Lederbeutel. «Oho, Worms. Zum Kaiser. Gehörst du zum Aufgebot?»

«Ja», hatte ich knapp erwidert. Streng genommen gehörte ich zu keinem Aufgebot, aber ich musste den Kaiser treffen, und ich hatte keine Lust gehabt, Bodo die ganze Geschichte zu erzählen, also hatte ich es dabei belassen. Es hatte eine Weile gedauert, bis wir das lahme Pferd auf den Prahm bugsiert hatten, aber schließlich war es gelungen. Bodo hatte sofort begonnen, mich auszufragen, und auf dem beengten Raum hatte es kein Entkommen gegeben. Nachdem er herausgefunden hatte, dass ich mich in Fragen des Bußsakraments auskannte, hatte er mir zu entlocken versucht, wie man die Fastengebote umgehen konnte. Ob Schweineschmalz unter das Verbot des Fleischverzehrs falle? Ob er in dieser Zeit wenigstens die Magd besteigen dürfe, wenn schon nicht seine Frau? Mit solchen Fragen war er mir den ganzen Tag über auf die Nerven gegangen. Das war der Preis dafür gewesen, dass er mich mitgenommen hatte.

Und jetzt also das Dorf. Bodo kannte dort jemanden, bei dem wir gegen geringe Bezahlung ein Nachtlager finden würden, und weil es weit und breit keine Herberge gab und wir die Reise im Dunkeln nicht fortsetzen konnten, hatten wir keine Wahl. Als der Prahm aufsetzte, rannten ein paar zerlumpte Kinder ans Ufer und begrüßten uns mit aufgeregtem Geschnatter. Während Bodo sein Gefährt vertäute, führte ich das Pferd von Bord und ließ es saufen.

Unser Gastgeber war ein wortkarger junger Fischer namens Sebastian, der im Gegensatz zu Bodo keine Fragen stellte. Er war hager und unrasiert und trat unbehaglich von einem Bein auf das andere. Bodo erklärte ihm, dass heute ein Strohsack mehr gebraucht würde als sonst, und ich zählte dem Fischer unaufgefordert ein paar Münzen in die Hand. Er schien keine Familie zu haben, jedenfalls lebte er allein in seiner Hütte, an deren Wänden sich Netze, Seile und eingeklappte Gestelle zum Trocknen von Fischen stapelten.

Die Feuerstelle hatte keinen Abzug. Immerhin servierte Sebastian uns frische Forellen, die wegen des dichten Qualms mehr geräuchert als gebraten waren. Während wir aßen, schwadronierte Bodo weiter über Fastengebote und gab Sebastian ungefragt Ratschläge, die er sich aus meinen Angaben zusammengesponnen hatte. Da der junge Fischer weder die Wahl zwischen Fleisch und Schmalz noch zwischen Ehefrau und Magd zu haben schien, ließ er den Wortschwall mit abwesendem Gesicht über sich ergehen. Nur Severin warf ab und zu ein paar Fragen ein, die verrieten, dass er genauso wenig von der Materie begriffen hatte wie der Kahnführer.

Nach dem Essen legten wir uns hin. Bodo begann unverzüglich, zufrieden zu schnarchen, Severin warf sich raschelnd hin und her, und Sebastian gab keinen Laut von sich. Ich starrte vor mich hin und versuchte auszurechnen, wie lange ich bei diesem Tempo bis nach Worms brauchen würde. Wir befanden uns irgendwo zwischen Koblenz und Mainz, wo Bodo seine Fracht löschen würde, um anschließend die Rückfahrt flussabwärts anzutreten. Ich würde mir also eine neue Mitfahrgelegenheit suchen oder tatenlos darauf warten müssen, dass das Pferd nicht mehr lahmte. Über diesen Gedanken schlief ich ein.

Als ich aufwachte, wusste ich nicht, ob Minuten oder Stunden vergangen waren.

Etwas hatte mich geweckt.

Ich hob den Kopf und spähte in die Dunkelheit. Die Ritzen in den Fensterläden und im Dach der Hütte hoben sich als dunkelgraue Streifen vor der Schwärze der Wände ab. Vom Feuer war bis auf ein winziges Glutnest unter der Asche nichts geblieben. Ich lauschte. Und obwohl nichts zu hören war, war ich sicher, dass dort draußen etwas im Gange war. Es gibt zwei verschiedene Arten von Stille: eine natürliche Abwesenheit von Geräuschen und eine unnatürliche. Den Unterschied kann man nicht hören, aber man ahnt ihn: Tiere hören auf zu rascheln, weil sie wittern, dass sich etwas nähert. Ein Fensterladen, der die ganze Zeit im Wind geknarrt hat, steht plötzlich still. Menschen halten im Halbschlaf den Atem an und horchen.

Und dann war da doch etwas: ein leises Knirschen in der Ferne. Ich erkannte es sofort: das Geräusch eines Schiffsrumpfes, der über Kies schrammt.

Von einem Augenblick zum anderen war ich hellwach. Dieses Knirschen kannte ich nur zu gut, seit ich zu Anfang des Jahres Bekanntschaft mit den Dänen gemacht hatte. Aber war es möglich, dass sie sich so weit nach Süden vorwagten? Bisher waren sie nicht über Koblenz hinausgekommen, und seit der Schlacht von Remich waren sie geschwächt. Alle Kundschafter hatten berichtet, dass sie sich in die Festung Asselt an der Maas zurückgezogen hatten und nur noch weit im Norden raubten und brandschatzten. Hatte ich mich verhört? Oder war das vielleicht bloß einer der Männer aus dem Dorf, der von einem nächtlichen Fischzug zurückkehrte?

Ich setzte mich auf und lauschte. Es war still. Zu still. Kein Vogel, kein Atmen, kein Fensterladen.

Ich schlug die Decke zurück, erhob mich, griff mir mein Schwert und tastete mich zur Tür. Ohne ein Geräusch ließ sie sich öffnen. Ein kühler Hauch wehte herein. Auf einem der anderen Strohlager grunzte jemand und wälzte sich herum.

Ich trat ins Freie. Der Rhein glänzte glatt und dunkelgrau im schwachen Mondlicht, das von irgendwoher durch die Wolken drang. Davor zeichnete sich die Silhouette meines Pferdes ab, das ich vor der Hütte angepflockt hatte. Sleipnir schlief nicht. Er stand da wie ein Standbild, den linken Vorderhuf angehoben, die Ohren gespitzt. Irgendwo in der Dunkelheit knarrte das Seil, mit dem Severin die Ochsen an einen Baum gebunden hatte.

Sebastians Hütte stand am Rand der winzigen Siedlung, zwanzig Schritte weiter nördlich reichte ein kleines Gehölz fast bis ans Ufer und verdeckte die Sicht. Ich schlich zwischen die Sträucher, kniete mich hin und spähte über den Strand.

Und dann sah ich sie.

Hundert Schritte flussabwärts, halb verdeckt von Bodos Frachtprahm, lag tatsächlich ein Boot auf dem Strand, größer als die Kähne der Fischer und mit hohen Steven. Ein dänisches Boot. Durch das Geäst sah ich ein Dutzend Gestalten, die sich schleichend in einer lang gezogenen Kette voranbewegten. Während die ersten schon zwischen den Bäumen verschwanden, stiegen die letzten gerade über die Bordwand. Sie traten so leise auf, dass der Kies unter ihren Füßen kaum hörbar klickerte. Alle waren bewaffnet, einige trugen Schwerter, die meisten hatten Äxte in den Händen.

Dänen. Ganz offensichtlich wollten sie das Dorf umrunden und von der Landseite her angreifen, um niemanden in den Wald entkommen zu lassen.

Ohne noch einen Augenblick zu zögern, sprang ich auf, riss das Schwert aus der Scheide und rannte zurück zum Dorf, immerfort brüllend: «Die Dänen kommen! Bringt euch in Sicherheit! Die Dänen!»

Sofort erhob sich in den Hütten ein großes Geschrei. Fensterläden und Türen wurden polternd aufgerissen, Gestalten rannten ins Freie. Einer hatte in aller Eile eine Fackel entzündet, deren Licht die Schatten an den Holzwänden tanzen ließ und die entsetzten Gesichter von Männern, Frauen und Kindern...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2023
Reihe/Serie Im Kampf gegen die Wikinger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
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ISBN-10 3-644-01199-0 / 3644011990
ISBN-13 978-3-644-01199-1 / 9783644011991
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