Weltrettung braucht Wissenschaft (eBook)

Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit

***** 1 Bewertung

Franca Parianen (Herausgeber)

eBook Download: EPUB
2023 | 1. Auflage
320 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01440-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Weltrettung braucht Wissenschaft -
Systemvoraussetzungen
12,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Wie sähe die Welt aus, wenn wir auf Wissenschaft hören? Franca Parianen macht sich auf die Reise quer durch die Republik und fragt zwölf Wissenschaftler:innen, was ihre Disziplin uns für die Zukunft rät. Woraus bauen Plastikforscher die Welt? Wie landet ihr Baustoff auf unserem Teller? Haben Klimatologinnen eigentlich noch Hoffnung, und weiß der Historiker da mehr? Kann künstliche Intelligenz rassistisch sein? Oder Medizin zu männlich? Wie weit tragen uns erneuerbare Energien? Und macht Gentechnikern ihre eigene Forschung manchmal Angst? Wer tief genug gräbt, findet Zukunftsmusik. Wissenschaft, die nicht nur mahnt, sondern Auswege bietet und völlig neue Ideen - mit Glück sogar solche, die funktionieren. Die die Welt artenreicher machen, das Wasser trinkbarer und die Menschheit (viren-)freier. Wir müssen nur zuhören! Denn dort, wo wir es tun, verschwindet Blei aus den Wänden, FCKW aus der Atmosphäre, Cholera aus dem Wasser und Polio aus der Welt.

Dr. Franca Parianen, Jahrgang 1989, arbeitete am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig in der Arbeitsgruppe soziale Neurowissenschaften.Die letzten Jahre erforschte sie am Helmholtz Institut der Utrecht University den Ursprung und Aufbau des menschlichen Zusammenlebens auf der Ebene der Neuronen und Hormone. Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und slamt u.a. auf medizinischen Kongressen, in Theatern und auf Messen. Als Finalistin trat sie bei den deutschen Meisterschaften und der Ideenexpo an und gewann 2017 den Neuro-Slam der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Bei Polaris erschienen bisher «Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt» (2020) und «Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage» (2017).

Dr. Franca Parianen, Jahrgang 1989, arbeitete am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig in der Arbeitsgruppe soziale Neurowissenschaften.Die letzten Jahre erforschte sie am Helmholtz Institut der Utrecht University den Ursprung und Aufbau des menschlichen Zusammenlebens auf der Ebene der Neuronen und Hormone. Seit 2014 ist die Wahlberlinerin als Science-Slammerin aktiv und slamt u.a. auf medizinischen Kongressen, in Theatern und auf Messen. Als Finalistin trat sie bei den deutschen Meisterschaften und der Ideenexpo an und gewann 2017 den Neuro-Slam der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. Bei Polaris erschienen bisher «Hormongesteuert ist immerhin selbstbestimmt» (2020) und «Woher soll ich wissen, was ich denke, bevor ich höre, was ich sage» (2017).

Aufbruchstimmung


Was, wenn wir einfach auf die Wissenschaft hören? Immerhin beginnt jeder Katastrophenfilm damit, dass man sie ignoriert – kurz bevor sich die Erde auftut, das Virus ausbreitet, der Komet einschlägt, die Flut flutet und der Weiße Hai alle Badenden auffrisst. Würden wir auf die Wissenschaft hören, wären Katastrophenfilme durchschnittlich zehn Minuten lang, und es gäbe weitaus weniger Rollen für Dwayne «The Rock» Johnson. Dort, wo wir’s im echten Leben tun, verschwindet Blei aus den Wänden, Cholera aus dem Wasser und Polio aus der Welt.

Es ist vor allem dem wissenschaftlichen Fortschritt zu verdanken, dass unsere Lebenserwartung heutzutage Zeit für eine Midlife-Crisis lässt. Dass dieses Leben kürzlich ziemlich aus den Fugen geraten ist, verdanken wir dagegen u.a. einer Politik, die Wissenschaft viel zu oft ignoriert – konnte ja auch keiner ahnen, dass sie mal so wichtig werden würde. Jahrzehntelang sind wir schließlich ganz gut damit gefahren, wesentliche wissenschaftliche Erkenntnisse auch mal zu missachten, z.B. dass Schule zu früh beginnt, Diesel sich schlecht in der Lunge macht und Düngemittel besser weniger Nitrat hätte. Die Wissenschaft warnt. Vor Waldsterben und Nuklearkatastrophen. Vor rohem Plätzchenteig und strukturellem Rassismus. Und wir reagieren darauf, indem wir alle einmal sehr, sehr ernst mit dem Kopf nicken.

Trotzdem schien uns die moderne Welt im Großen und Ganzen auf Rationalität gebaut. Wenigstens darum bemüht. Auf jeden Fall liefen überall Experten rum! Solche, die uns sogar ziemlich oft erklären konnten, warum es sehr vernünftig ist, wenn die Politik gerade eben nicht überall auf die Wissenschaft hört. Das passte sehr gut zu der Einstellung in unserem Privatleben, wo die meisten auch von Wissenschaft im Allgemeinen überzeugt sind – wie von der Existenz von Schwerkraft und Bakterien, aber nicht unbedingt im Speziellen. Also da, wo sie uns betrifft. Da leben wir die Kompromisslösung, in der wir zwar an die Wirkung von Desinfektion glauben, aber auch an die Drei-Sekunden-Regel, nach der die Bakterien uns nichts anhaben können, wenn wir runtergefallene Sachen schnell aufheben (was eigentlich schon eine gute Vorbereitung ist auf «Klar muss man bei einer OP Masken tragen, aber wenn ich die beim Einkaufen anziehen muss, fall ich tot um»).

Ansonsten lösen auch wir unsere Probleme, indem wir einfach sehr geschickt nicht so genau darüber nachdenken. Z.B. darüber, dass man vor dem Einschlafen besser nicht stundenlang aufs Handy starrt oder dass Essen aus angekratzten Teflonpfannen wahrscheinlich nicht ideal für uns ist.

Bis jetzt sind wir daran nicht gestorben, nicht mal an dem rohen Keksteig. Gab es etwas wirklich Wichtiges, wie das Ozonloch, dann hat uns schon irgendwer informiert. Auch die Politik hat in solchen Momenten meist noch die Kurve gekriegt, bevor irgendeine wissenschaftsferne Entscheidung zum Super-GAU geführt hat. So konnten sich auch die Forschenden bequem darauf ausruhen, dass Wissenschaftskommunikation im Unialltag nun wirklich nicht vorgesehen ist und sich komplexe Themen dem Laienpublikum ohnehin sehr schlecht erklären lassen. Um ehrlich zu sein, war man ja schon froh, wenn zwischen den ganzen Forschungsgeldanträgen überhaupt Zeit für Forschung blieb – da war es sehr viel verlangt, diese Forschung jetzt auch noch zu kommunizieren. Immerhin in den Fachartikeln standen ihre Ergebnisse ja drin.

So oder so ähnlich hat das Zusammenleben im Großen und Ganzen ziemlich lange ziemlich gut funktioniert (für die reichen Länder, versteht sich). Oder jedenfalls schien es so, bis die Erde plötzlich angefangen hat, abwechselnd zu brennen oder zu überfluten, Preise steigen, Fehlinformation wütet, Demokratien wackeln und wir uns fragen, ob uns zuerst die Virusvarianten oder die griechischen Buchstaben ausgehen. Auf einmal starren uns die Folgen von Wissenschaftsleugnung und Ignoranz ziemlich offensichtlich ins Gesicht.

Wie selten wir tatsächlich auf Wissenschaft hören, merkt man spätestens daran, dass fast jede Zeitung davon berichtet, wenn wir es tun: «Werden wir jetzt von Virologen regiert?» So und ähnlich lauteten die Schlagzeilen am Anfang der Pandemie, und das ist ja mal eine Befürchtung, die sich so überhaupt nicht bewahrheitet hat. Man merkt es auch daran, dass wir dabei offensichtlich in völlig neuem Fahrwasser navigieren. Mit der doppelten Herausforderung, gleichzeitig auszuhandeln, wie das geht. Wo liegen die fließenden Grenzen, wo die scharfkantigen Fakten? Sind wir sicher, dass der Kompromiss nicht dazwischen ist? Am Ende segeln wir wild umher, halten uns an einiges, ignorieren vieles und umschiffen den Rest weiträumig. Zwischendurch bricht das Ruder, und während wir noch dabei sind, die Überreste zusammenzuschrauben, taucht am Horizont schon drohend die Frage auf: Wie wird das erst mit dem Klima?! Und warum ist das auch schon wieder so wenig kompromissbereit? Offensichtlich kann man jahrelang eine Krise durchleben, ohne danach annähernd Meister im Krisenmanagement zu sein. Oder wenigstens die Gravität von Krisen zu verstehen.

Dabei sind Corona und Klima ja längst nicht die einzigen Themen, zu denen uns die Wissenschaft etwas sagen (oder wahlweise «an den Kopf werfen») kann: Medizinerinnen warnen vor Plastikstoffen, Programmierer vor Algorithmen, und Hirnforscherinnen machen sich schon aus Prinzip Sorgen um uns alle. Wieder andere haben uns vor jeder aktuellen Plage bereits Jahrzehnte im Vorhinein gewarnt. Wer weiß, was in deren Artikeln noch alles drinsteht?

Es gibt mehrere Gründe, warum die Krise immer mehr zu unserem natürlichen Lebensraum wird und unsere Strategie des besorgten Kopfnickens hart an ihre Grenzen gerät, z.B. angesichts der Globalisierung, die uns nicht nur mit den anderen Menschen auf diesem Planeten verbindet, sondern auch mit ihren Lieferschwierigkeiten, Datenkraken und Viren. Oder auch infolge unseres Versuches «Turbokapitalismus und unendliches Wachstum auf einem endlichen Planeten», der langsam einen Punkt erreicht, an dem wir alle Fässer zum Überlaufen bringen. Neun solcher möglichen Grenzüberschreitungen hat die Forschung identifiziert. Die Integrität von biochemischen Kreisläufen und Biodiversität haben wir längst überschritten, die Zahl an menschengemachten chemischen Substanzen kürzlich, genauso wie die des Frischwassers für Pflanzen – eine von zwei Arten der Frischwassernutzung. Abholzung und Erhitzung sind im gelben Bereich, und an der vollständigen Übersäuerung der Ozeane kratzen wir gefährlich. Immerhin, der Ozonschicht geht es einigermaßen. Die Partikelverschmutzung der Atmosphäre hat bis jetzt niemand so genau gemessen. Aber als Forschende zum bisher tiefsten Tauchgang in den Marianengraben antreten, ist eine Plastiktüte schon da.

Und neben all dem stehen wir und versuchen irgendwie unser Leben zu planen, als ob nicht sämtliche Gewissheiten längst weggebrochen wären. Die Antwort auf die Frage, wo wir uns in fünf Jahren sehen, löst genauso ein Schulterzucken aus wie die nach dem nächsten Herbst. Die Zukunft ist bis auf Weiteres so eine Art Wolke. Immerhin darin, dass es sich um eine Gewitterwolke handelt, sind wir uns einig. Laut Umfragen des Instituts für Demoskopie in Allensbach sehen selbst das nächste Jahr nur noch 19 Prozent der Deutschen positiv und unterbieten damit den bisherigen Tiefstwert vom Koreakrieg noch mal um acht Punkte.[1] Von den unter 25-Jährigen glauben nur noch 8 Prozent, dass es der nächsten Generation mal besser gehen wird.[2] Und wo 2013 noch 70 Prozent der jungen Leute lieber in der Zukunft leben wollten, wünscht sich 2022 die Mehrheit in die Vergangenheit zurück![3]

Von wegen, die Jugend interessiert sich nur für ihr Smartphone: Für ein paar mehr Jahre auf einem bewohnbaren Planeten wäre sie anscheinend ohne zu zögern bereit zu lernen, was eine Wählscheibe ist. Wobei «jung» hier eigentlich «alle bis Mitte 30» heißt, und nein, ich akzeptiere dazu keine konstruktive Kritik. Der Punkt ist: Wenn diejenigen, die einen Weg am längsten gehen sollen, überzeugt sind, dass sie am Ende schlechter dastehen oder am liebsten gleich auf der Stelle umkehren wollen, dann muss es schon ein ziemlicher Holzweg sein.

Aber, muss ja. Also setzen wir zögerlich und widerwillig einen Fuß vor den anderen, halten uns an die Gegenwart, ans Hier und Jetzt und versuchen nicht so genau daran zu denken, was da vor uns liegt. Sehr ungewöhnlich für eine Spezies, die sonst gern ihre Zeit damit verbringt, das Morgen zu planen und zusammenzuzucken über das, was sie vor zehn Jahren mal gesagt hat. Oder die sich sehr viel auf die Fähigkeit einbildet, heute auf einen Marshmallow verzichten zu können, wenn es morgen zwei gibt. Als könnte heute noch irgendjemand die morgige Marshmallow-Situation vorhersagen. Ich vermisse die Zukunft. Pläne, Perspektiven, irgendwas, auf das man absichtsvoll zugeht! Weil man sich zumindest erhofft, dass es da besser ist. Natürlich auch auf die Gefahr hin, dass man nie ankommt oder dass die Erwartungen enttäuscht werden und es ist einfach wie Duisburg. Die Zukunft ist immer ein unbekanntes Land. Aber können wir nicht wenigstens versuchen, eins anzusteuern, für das es sich lohnt zu kämpfen?

Also, wie kommen wir dahin?

Das meiste Übel dieser Welt ist wie Zahnpasta – leichter aus der Tube zu bekommen als wieder hinein. Das heißt, es reicht nicht, nur auf die Bremse zu treten, wir müssen auch die Kurve kriegen. Aufräumen, ausräumen. Die Dinge besser machen. Wir brauchen...

Erscheint lt. Verlag 14.2.2023
Co-Autor Maria-Elena Vorrath, Daniel Meza, Sebastian Lotzkat, Lydia Möcklinghoff, Jonas Betzendahl, Janina Isabell Otto, David Spencer, Christian Krumm, Ann-Kathrin Vlacil, Simon McGowan, Sarah Hiltner
Zusatzinfo Mit Abbildungen
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Algorithmen • Big Data • Corona virus • Endlager • Fake News • Fridays For Future • Gender Medizin • Gentechnik • Gleichberechtigung • Katastrophe • Klimawandel • Neurowissenschaft • Popular science • Rassimus • Regenerative Medizin • Sachbuch Naturwissenschaft • Science Slam • youtube
ISBN-10 3-644-01440-X / 364401440X
ISBN-13 978-3-644-01440-4 / 9783644014404
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:

5 Slammies ihr gebt mir Hoffnung

von , am 18.02.2023

Danke! So viele wichtige Themen und so gut zu verstehen. Ich habe unendlich viel gelernt und habe wieder etwas Hoffnung bekommen, dass wir die Erde doch als lebenswerten Ort erhalten können.
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,8 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
16,99