Alexanders Erbe: Die Schlacht um den Thron (eBook)
512 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01457-2 (ISBN)
Robert Fabbri, geboren 1961, lebt in London und Berlin. Er arbeitete nach seinem Studium an der University of London 25 Jahre lang als Regieassistent und war an so unterschiedlichen Filmen beteiligt wie «Die Stunde der Patrioten», «Hellraiser», «Hornblower» und «Billy Elliot - I Will Dance». Aus Leidenschaft für antike Geschichte bemalte er 3 500 mazedonische, thrakische, galatische, römische und viele andere Zinnsoldaten - und begann schließlich zu schreiben. Mit seiner epischen historischen Romanserie «Vespasian» über das Leben des römischen Kaisers wurde Robert Fabbri in Großbritannien Bestsellerautor.
Robert Fabbri, geboren 1961, lebt in London und Berlin. Er arbeitete nach seinem Studium an der University of London 25 Jahre lang als Regieassistent und war an so unterschiedlichen Filmen beteiligt wie «Die Stunde der Patrioten», «Hellraiser», «Hornblower» und «Billy Elliot – I Will Dance». Aus Leidenschaft für antike Geschichte bemalte er 3 500 mazedonische, thrakische, galatische, römische und viele andere Zinnsoldaten – und begann schließlich zu schreiben. Mit seiner epischen historischen Romanserie «Vespasian» über das Leben des römischen Kaisers wurde Robert Fabbri in Großbritannien Bestsellerautor. Anja Schünemann studierte Literaturwissenschaft und Anglistik in Wuppertal. Seit 2000 arbeitet sie als freiberufliche Übersetzerin der verschiedensten Genres und hat seitdem große Romanprojekte und Serien von namhaften Autorinnen und Autoren wie Philippa Gregory, David Gilman sowie Robert Fabbri aus dem Englischen ins Deutsche übertragen. Historische Romane sind eines ihrer Spezialgebiete: Von der Antike bis zum Mittelalter, in die frühe Neuzeit sowie bis ins 20. Jahrhundert verfügt sie über einen reichen Wissensschatz, der ihre Übersetzungen zu einem gelungenen Leseerlebnis macht.
Antigonos
der Einäugige
Ehrgeiz war eine Motivation, die sich selbst verstärkte, das hatte Antigonos spät im Leben gelernt. Sie nährte sich von ihren eigenen Erfolgen, und er war ihr verfallen.
So war es nicht immer gewesen. Vor dem Tod Alexanders, des dritten Makedonenkönigs, der diesen Namen trug, war Antigonos als Satrap von Phrygien recht zufrieden gewesen. Alexander hatte ihn auf dem Posten zurückgelassen, damit er die Eroberung Zentralanatoliens vollendete, während der große Herrscher selbst weiter nach Osten zog, um ein anderes riesiges Reich dem seinen einzuverleiben. Und Antigonos war mit seinem Los glücklich gewesen, denn er liebte nichts mehr als den Kampflärm, die Gerüche und die Erregung der Schlacht. Sein Zelt war sein Zuhause, seine Männer waren seine Familie und seine Waffen seine Werkzeuge. Jahrelang hatte er praktisch für nichts anderes gelebt als für seine Feldzüge und das Glücksgefühl der Schlacht. Ja, er hatte sich eine Frau genommen, Stratonike, und ja, er hatte auch die Zeit gefunden, mit ihr zwei Kinder zu zeugen. Aber diesen Ausflug in die Häuslichkeit hatte er erst mit Ende vierzig unternommen und vorher nicht geplant.
Nun aber genügte es Antigonos nicht mehr, um des Kämpfens willen zu kämpfen, auch wenn er es noch immer in vollen Zügen genoss. Sein Blick war auf einen leeren Thron gefallen, und er hatte beschlossen, diesen zu beanspruchen, um ihn später einmal seinem ältesten Sohn Demetrios zu vererben. Antigonos würde eine Dynastie begründen, darauf war nun all sein Streben gerichtet. Gut, technisch gesehen saßen derzeit zwei andere auf diesem Thron – wenigstens war das sein Kenntnisstand –, aber der eine war ein Kind von fünf Jahren und der andere ein Schwachsinniger. Das Kind, Alexanders gleichnamiger Sohn, stammte aus dessen Ehe mit der asiatischen Wildkatze Roxane und war daher mit dem Makel behaftet, nur zur Hälfte makedonischer Abstammung zu sein. Der Schwachsinnige war Alexanders älterer Halbbruder, nunmehr als Philipp bekannt. Sein Verstand war beeinträchtigt, weil Olympias, Alexanders Mutter, Philipps Mutter in der Schwangerschaft vergiftet hatte, um den Weg zum Thron für ihren eigenen Sprössling frei zu halten. Das Gift hatte das Ungeborene nicht getötet, jedoch dazu geführt, dass sein Geist für immer der eines Achtjährigen blieb.
Antigonos konnte keinen der beiden als Herrscher anerkennen. Überhaupt war er nicht mehr bereit, sich irgendjemandem unterzuordnen, seit Alexander seinen letzten Atemzug getan hatte. Während er im Kreise seiner sieben Leibwächter sein Leben aushauchte, warteten sie gespannt darauf zu hören, wem er sein Weltreich hinterlassen würde. Doch Alexander sagte nur: «dem Stärksten». Den großen Ring von Makedonien gab er Perdikkas – dem Ranghöchsten, wenngleich nicht dem Ältesten der sieben. Wer «der Stärkste» sein mochte, sagte der sterbende Herrscher allerdings nicht.
Es hatte nicht lange gedauert, bis das Reich in einen Bürgerkrieg abgeglitten war. Und schon bald war Perdikkas den Dolchstößen seiner Widersacher zum Opfer gefallen.
Dann war der letzte Mann, den Antigonos wirklich respektiert hatte, mit fast achtzig Jahren gestorben: Antipatros, der in Alexanders Abwesenheit als Regent über Makedonien geherrscht hatte. Und Antipatros’ Nachfolger wurde nicht etwa sein Sohn Kassandros, sondern Polyperchon, ein Niemand, für den Antigonos keinerlei Achtung aufbrachte. Da war die Saat des Ehrgeizes in Antigonos gekeimt und gewachsen, denn er hatte erkannt: Wenn das makedonische Großreich nicht zerfallen sollte, musste ein einziger Mann die Herrschaft ergreifen. Und für Antigonos war klar, dass er dieser Mann sein konnte. Er verlangte mit jeder Faser seines Seins danach.
Allerdings standen ihm noch viele im Weg, nicht zuletzt sein einstiger Freund Eumenes, ein Grieche aus Kardia. Dieser hatte dem Herrscherhaus der Argeaden stets unerschütterlich die Treue gehalten. Kürzlich hatte Eumenes gegen eine Vereinbarung mit Antigonos verstoßen und sich geweigert, unter ihm zu dienen. Eumenes hatte seine Armee aus seiner Satrapie Kappadokien hinunter nach Syrien geführt, um Söldner anzuwerben und Schiffe zu bauen. Antigonos hatte Jagd auf ihn gemacht, denn er musste Eumenes vernichten – das Vertrauen zwischen ihnen beiden war ein für alle Mal zunichte.
Und so empfand Antigonos gemischte Gefühle, als er seinen alten Freund und Kameraden Philotas empfing. Er saß unter einem Baldachin, trank geharzten Wein und überblickte das Lager seiner Armee an der Küste bei Issos – dem Schauplatz von Alexanders verblüffendem Sieg gegen den Perserkönig Dareios fünfzehn Jahre zuvor.
«Wie ich sehe, bringst du mir weder Eumenes in Ketten noch seinen Kopf in einem Sack. Ich schließe daraus, dass du nicht erfolgreich warst», bemerkte Antigonos und deutete auffordernd auf den Weinkrug, der auf dem Tisch stand.
«Ich habe getan, was du mir aufgetragen hast: Ich habe mit dreißig unserer Jungs sein Lager infiltriert und versucht, Eumenes’ Männer gegen ihn aufzuwiegeln.» Philotas setzte sich und schenkte sich einen Becher voll.
«Und?»
«Und er ist abgezogen, vor fünf Tagen. Nach Osten in Richtung Mesopotamien.»
Antigonos knurrte und hielt ihm seinen leeren Becher zum Nachschenken hin. «Mit seiner Armee oder als Flüchtling?»
«Mit seiner Armee. Aus dem Osten hört man, dass Peithon, der Satrap von Medien, versucht hat, seinen Bruder in Parthien als Satrapen einzusetzen, nachdem er den vorigen Amtsinhaber getötet hatte. Peukestas und die übrigen östlichen Satrapen haben sich gegen ihn verbündet und ihn geschlagen. Ich nehme an, Eumenes hofft darauf, die dreißigtausend Mann starke Armee dieses östlichen Bündnisses mit seiner Streitmacht zu vereinen.»
«Dann wären sie ein starker Gegner für uns.» Antigonos dachte kurz über diese Neuigkeiten nach und kratzte sich dabei in seinem dichten grauen Bart, als wolle er ein kleines Nagetier daraus entfernen. «Und die Silberschilde waren gar nicht in Versuchung, Eumenes im Stich zu lassen?»
«Ich habe mich nach Kräften bemüht, sie zu überreden, aber da war nichts zu machen. Es ist bemerkenswert, wie sie ihm die Treue halten.»
«Wenn man bedenkt, dass er Grieche ist, und noch dazu ein listiger kleiner Grieche.» Wie konnte es nur dazu kommen, dass die beste Elitetruppe der gesamten Armee fest hinter Eumenes steht?, sinnierte Antigonos, während er mit seinem verbliebenen Auge finster aufs Meer hinausblickte. Das andere Auge war in der Schlacht von Chaironeia einem griechischen Pfeil zum Opfer gefallen. Nun sickerte aus der vernarbten Augenhöhle eine blutige Träne. «Welche Gründe haben ihre Befehlshaber dir denn genannt, weshalb sie ihn unterstützen?»
«Antigenes und Teutamos trauen dir nicht. Sie fürchten, du würdest sie hinrichten, falls sie zu dir überlaufen. Sie sagen, da Eumenes Grieche ist, hat er nur wenige Freunde, deshalb ist davon auszugehen, dass er die paar, die er hat, am Leben lässt.»
«Bei meinem Arsch! Sie trauen einem Griechen mehr als mir! Bei meinem verschwitzten, haarigen Arsch! Sie sind makedonische Offiziere wie ich, und sie trauen mir nicht. Warte nur, bis ich sie in die Finger kriege, dann werde ich …» Antigonos trank ein paar große Schlucke Wein, um sich zu beruhigen.
«Das ist ja genau das, was sie befürchten, alter Freund. Und ich sah mich genötigt einzuräumen, dass sie vermutlich nicht so falschlagen.»
«Du hast was getan?»
«Du hast mich schon verstanden.» Philotas beugte sich hinüber, um Antigonos’ Becher abermals nachzufüllen. «Nun tu nicht so entrüstet, Antigonos. Du und ich, wir haben an die siebzigmal Schulter an Schulter in vorderster Front gekämpft, also kann ich wohl behaupten, dich ganz gut zu kennen. Natürlich hättest du sie getötet. Die Silberschilde sind die erfahrenste und gefürchtetste Einheit der gesamten Armee, dreitausend Mann in den Sechzigern oder darüber, die ihr ganzes Erwachsenenleben lang nichts als Krieg gekannt haben. Und darum sind sie auch die eigensinnigsten und einflussreichsten Männer in der Armee. Sie waren es, die Alexander damals in Indien zur Umkehr zwangen. Sie haben den Thronanspruch des schwachsinnigen Philipp unterstützt und uns damit in die missliche Lage gebracht, zwei Könige zu haben. Sie haben gegen Antipatros rebelliert, weil er ihnen den ausstehenden Sold nicht zahlte, du erinnerst dich? Antipatros wäre ermordet worden, hättet du und Seleukos ihn nicht gerettet. Muss ich noch mehr sagen? Nein, natürlich nicht. Diese Männer neigen dazu, Ärger zu machen. Wäre es mir gelungen, sie zum Überlaufen zu bewegen, dann wäre das einzig Vernünftige gewesen, die Anführer hinzurichten und den Rest der Truppe in irgendein entlegenes Drecksloch am äußersten Rand des Reiches zu schicken – nicht nur um deines Seelenfriedens willen, sondern auch um die Moral der gesamten Armee aufrechtzuerhalten. Also noch einmal, alter Freund: Tu nicht so entrüstet.»
Antigonos knurrte und blickte finster drein, sagte jedoch nichts. Er wusste selbst, dass Philotas recht hatte. Der Kern des Problems war, dass Eumenes ohne die Silberschilde im Herzen seiner Armee nicht überleben konnte, Antigonos hingegen schon, und das war allen Beteiligten klar.
«Ptolemaios hat auch Unterhändler geschickt», fuhr Philotas fort, «allerdings nur zu Antigenes und Teutamos, nicht zu den Männern. Die Aufforderung war aber die gleiche: Sie sollten Eumenes töten und zu ihm überlaufen.»
«Und sie fanden die Aussicht, nach Ägypten zu gehen, nicht verlockend?»
Philotas...
Erscheint lt. Verlag | 15.11.2022 |
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Reihe/Serie | Das Ende des Alexanderreichs |
Das Ende des Alexanderreichs | |
Übersetzer | Anja Schünemann |
Zusatzinfo | Mit 11 s/w-Abb. |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Historische Romane |
Schlagworte | Abenteuerroman • Abenteuerserie • Alexander der Große • Alexander III. • Alexandria • Antike • Babylon • Ben Kane • Bernard Cornwell • David Gilman • Diadochenkriege • Diadochenreiche • Erbe • Game of Thrones • Griechenland • historienromane • historische Romane 2022 • historische romane neuheiten • Historischer Roman • Historische Serie • Imperium • Macht • Makedonien • makedonisches Königreich • Ring • Simon Scarrow • Vespasian • Weltenreich • Weltreich |
ISBN-10 | 3-644-01457-4 / 3644014574 |
ISBN-13 | 978-3-644-01457-2 / 9783644014572 |
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