Aquitania (eBook)

Das Blut der Könige
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2022 | 1. Auflage
416 Seiten
S. Fischer Verlag GmbH
978-3-10-491512-8 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Aquitania -  Eva García Sáenz
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Der spannende, prämierte Mittelalter-Topseller der spanischen Star-Autorin Eva Garcia Sáenz Das Jahr 1137: Der Herzog von Aquitanien, der umkämpftesten Region Frankreichs, wird in Santiago de Compostela tot aufgefunden. Seine Leiche ist durch den »Blutadler« entstellt, eine alte normannische Foltermethode.  Seine Tochter Eleonorehält König Louis VI. von Frankreich für den Mörder. Sie beschließt, Rache zu nehmen, und heiratet dessen Sohn, Louis VII. Doch während der Hochzeitsfeierlichkeiten kommt der König unter den gleichen Umständen ums Leben wie Eleonores Vater. Hat jemand ein Interesse daran, das unerfahrene Paar auf dem Thron zu sehen? Eleonore und ihr neuvermählter Gatte versuchen es herauszufinden - mit Hilfe ihrer Spione, der legendären »Aquitanischen Katzen«. Ausgezeichnet mit dem Premio Planeta 2020 - Jahresbestseller Nummer eins in Spanien.

Eva García Sáenz stammt aus Vitoria im Baskenland, wo auch ihre Bücher spielen. Ihre Krimi-Serie um den Ermittler Ayala alias »Kraken« machte sie mit einem Schlag berühmt und gelangte auch in Deutschland direkt nach ganz oben auf die Bestsellerliste. Die drei Bände haben sich bis heute über eine Million Mal in Spanien verkauft, die Bücher werden in viele Sprachen übersetzt. Der erste Band, »Die Stille des Todes«, wurde verfilmt und läuft u.a. auf Netflix.

Eva García Sáenz, geboren in der baskischen Stadt Vitoria, lebt in Alicante, Spanien, und schreibt seit mehr als einem Jahrzehnt erfolgreich historische Romane und Krimis. Ihre mit Preisen ausgezeichnete Serie um den Ermittler Ayala alias »Kraken« verkaufte sich in Spanien über eine Million Mal und wurde in mehr als zwanzig Sprachen übersetzt. Der erste Band, »Die Stille des Todes«, wurde verfilmt und war u.a. auf Netflix zu sehen.Ihr historischer Roman »Aquitania« war 2020 der spanische Jahresbestseller Nummer eins und wurde mit dem begehrten Premio Planeta gekrönt.

Intrigen im Mittelalter, temporeich und unterhaltsam dargeboten.

[...] erzählerische Wucht [...].

Hochspannend

1 Der blaue Tod


Eleonore

Bordeaux 1137

»Sie werden nie aufhören, dich zu unterschätzen. Lass sie dafür bezahlen.«

Dies waren die letzten Worte, die mein Vater, unter dem Pilgerumhang verborgen, vor seiner Abreise an mich gerichtet hatte.

Nun behaupteten Boten mit gesenktem Blick, er sei just am Karfreitag vor dem Hochaltar der Kathedrale von Santiago de Compostela gestorben, nachdem er aus einem vergifteten Brunnen getrunken hatte. Als könnte Wasser einem Giganten wie ihm etwas anhaben. Als hätte er nicht stets sein Stück Kohle bei sich getragen, das jedes Gift aufsaugte. Als wäre er nicht gestählt von tausend Schlachten und widrigen Umständen.

Als wären die vermeintlichen Herolde nicht Teil eines geschickt eingefädelten Ränkespiels. Sie behaupteten, sie seien gemeinsam gekommen, doch die Beinlinge von Rufus, dem Waliser, waren vom langen Ritt durchfeuchtet, und sogar von meinem erhöhten Platz aus roch man den Schweiß seines Pferdes.

Der Bretone Otho wiederum wirkte ausgeruht. Er behauptete, Soldat zu sein, doch die Tonsur, die von einer Vergangenheit hinter den Mauern eines Klosters zeugte, war noch nicht zugewachsen. Und bei seinem schlechten Augenlicht – er stolperte zweimal auf den Stufen – konnte er kein Mann der Tat sein.

»Lüge …«, flüsterte Rai, mein Onkel, mein Geliebter.

Er sah mich vielsagend an, und ich erwiderte den Blick lange.

Ich ahnte bereits, dass unvermittelt das Ende eines Lebensabschnitts gekommen war. Dass dies mein Abschied von ihm war. Und so bewahrte ich die Erinnerung an diese letzten Stunden in meinem Gedächtnis. Für das, was kam, würde ich schöne Erinnerungen brauchen.

Mit der Abenddämmerung brach Rai Richtung Navarra auf, um die Leiche seines geliebten Bruders sowie Erklärungen für dieses Unheil zu suchen. Ich blieb allein an der Spitze des weitläufigen Reichs Aquitanien zurück. Die Nachricht, dass Guilhem X., Graf von Poitiers und Herzog von Aquitanien, nicht mehr unter den Lebenden weilte, blieb das Geheimnis weniger.

Es waren nicht die ersten Neuigkeiten, die uns vom Weg des Apostels erreichten. Und alle widersprachen sie sich.

Die einen erzählten, Vater sei vor dem Hochaltar tot zusammengebrochen, nachdem er allein gegen einen kleinen Jungen gekämpft habe. Ein winziger David habe einen Goliath besiegt.

Wie sollte man ein solches Ammenmärchen glauben?

Andere vermeldeten, er sei durch eine grauenvolle normannische Folter, den »Blutadler«, gestorben: Man habe ihm die Rippen herausgerissen und die Lungen über den Rücken gehängt wie blutige Flügel.

Die hanebüchenste Nachricht lautete, er habe einen Säugling auf die Stirn geküsst, und dabei seien beide gestorben.

Und diese letzten Boten sprachen nun von einem vergifteten Brunnen. Welcher Fassung sollten wir Glauben schenken? Alle Boten stimmten allerdings halb sprachlos, halb verstört darin überein, Vaters Leiche habe eine ungewöhnliche dunkelblaue Färbung gehabt.

An jenem verhängnisvollen Tag sah ich, seine dreizehnjährige Erbin, mich gezwungen, wieder zu sprechen.

Fünf Jahre lang hatte ich kein Wort gesagt, nachdem zwei verfluchte Kapetinger mich unter einer Brücke über die Garonne mit Gewalt genommen hatten, während ihr Haar mir ins Gesicht hing. Seitdem hasste ich weizenblondes Haar. Ich hasste das Blau und das Gelb der Fleur-de-Lys an den Leibern, die mich ins Gras gedrückt hatten.

Nur Rai, dem mir unzertrennlich verbundenen Rai, fiel meine Abwesenheit beim Leichenzug von der Kathedrale Saint-André auf. Er kam zu spät, doch wie spät genau für mich und meinen Mädchenkörper, erfuhr er nie. Ich leugnete die Tat, es hätte bedeutet, Aquitanien – und mich – den Königen der nebligen Île-de-France zu überlassen.

»Willst du, dass ich sie töte?«, fragte Rai, als er uns fand, und zum ersten Mal las ich Erschütterung in den blauen Augen meines Onkels.

Aufgewühlt richtete ich meine Kleidung, verbarg das Blut, das mir an den Beinen hinablief. Nicht einmal er durfte es wissen.

»Oc«, erwiderte ich in unserer Muttersprache. »Ja.«

Ein Wort, zwei Buchstaben. Zwei Männer, zwei Hiebe für jeden.

Einen Schnitt durch die Kehle, der ihr Schweigen auf ewig besiegelte. Ein weiterer trennte ihre Männlichkeit ab, Rache für das, was sie mir und meiner ersten Liebe genommen hatten.

Rai war kein Mann des Mittelwegs, das war seine Sache nicht. Ihn zeichnete aus, dass er sich um alles kümmerte und die Dinge zu Ende brachte. Er war Poiteviner wie ich, das Haar schwarz, die Augen hell und mandelförmig, die Haut gebräunt von der ewigen aquitanischen Sonne.

Mein Großvater, der furchtbare Guilhem, der erste Troubadour, war hochgewachsen und ein Hurenbock wie nur wenige gewesen. Vater, ich sagte es bereits, war ein Gigant, der zur Verblüffung aller bei Banketten für zehn aß. Über Raimund von Poitiers, seinen Bruder – meine Liebe – sagte man, er sei »der schönste der Fürsten des Landes, umgänglich und anmutig im Gespräch«. Das kann ich bezeugen, und seit Kindertagen waren wir füreinander bestimmt, Onkel und Nichte, durch neun Jahre getrennt, durch alles Übrige vereint.

Wir kehrten zurück von der Beisetzung meiner Mutter und des kleinen Aigret, der Herzog von Aquitanien hätte werden sollen und es nicht werden würde, weil er den Pocken zum Opfer gefallen war. König Louis VI. von Frankreich, genannt der Dicke, hatte sich mit höflichen Lügen entschuldigt und Verwandte zu den Trauerfeierlichkeiten gesandt. Alle wussten, dass die Ruhr ihn an sein Lager fesselte.

Doch der König begehrte das üppige Aquitanien. Er begehrte unsere Weinberge und unsere Mühlen, die Weiden und die Tiere, die dort grasten. Er begehrte den Frohsinn unserer Troubadoure und die Farbenpracht unserer Kleidung. Er begehrte den glanzvollen Hof von Poitiers und unseren prächtigen Palast in Bordeaux. Le Midi – der Mittag – nannten die mürrischen Nordländer unser Land ein wenig abschätzig.

Mein Vater war Louis’ Vasall und dennoch reicher als dieser, mächtiger, seine Gebiete waren fünfmal so groß. Sein hohes Ansehen und seine Taten hatten ihm schon zu Lebzeiten den Ruf eines Heiligen und Helden eingetragen, und das demütigte den König.

Er wollte mich haben.

Seit dem Augenblick, in dem Aigret starb, wollte er mich haben.

Er betraute mehrere seiner Brüder mit diesem schändlichen Auftrag. Als Rai kurz unachtsam war, taten zwei von ihnen mir Gewalt an, um auf diese Weise Aquitanien an sich zu bringen. Es war eine weitverbreitete Sitte, Erbinnen zu schänden und sie danach zur Ehe zu zwingen, um an die Mitgift zu gelangen. Mutter hatte es mir schon in der Wiege eingeschärft: »Sollte das geschehen, wird es deine Schuld sein.« Aber nein, es geschah nicht, es gelangte nicht in die Chroniken. Nur ich wusste davon, und ich beschloss, dass es nicht stattgefunden hatte, und so war es auch nicht geschehen.

»Damnatio memoriae«, befahl mir Großvaters Geist. Tilge es aus deinem Gedächtnis.

Vergiss den Feind der Vergangenheit. Denke nicht an ihn, sprich nicht von ihm, schreibe nicht über ihn, kehre nie an den Ort zurück, an dem du verletzt wurdest.

Ich starb beinahe vor Schmerz, als sie mich innerlich zerrissen. Im Dämmerlicht unter dieser Brücke lernte ich, dass das Fleisch eines Mädchens nachgeben muss, denn ein Mann, der sich einen Weg in sie hineinbahnen will, gibt nie nach. Es war eine kriegerische Handlung, und das Schlachtfeld, ihr feigen Hunde, war der Körper eines kleinen Mädchens.

Meine erste Lektion fürs Leben: Suche dir andere Waffen.

Rai und jene zwei Buchstaben waren meine Waffen. Die Brüder des Kapetingerkönigs starben, ohne dem Dicken davon berichten zu können, dass sie in mein Fleisch und damit in Aquitanien eingedrungen waren. Rai gegenüber stritt ich es immer ab. Er gab vor, mir zu glauben, und ruderte mit den Franzosen bis zu einem Seitenarm der Garonne, den kaum jemand kannte. Großvater hatte von seinem Kreuzzug einige riesenhafte Fische mitgebracht, und diese lebten seither dort. Es waren Fleischfresser. In jenem Gewässer verschwanden die Kapetinger. Wir sprachen niemals darüber. Auch Vater erfuhr nichts, er hatte genug mit seiner Trauer zu tun. Auch meine Damen und meine Tanten erfuhren nichts. Die kleine Aelith, meine Schwester, mein anderes Ich, war noch nicht im rechten Alter für die Vertraulichkeiten, die später kommen würden.

Ich verstummte. Alle schrieben es der schlecht verwundenen Trauer um meine Mutter und meinen Bruder zu.

Meine Worte konnten töten.

Ich beschloss, auf sie zu verzichten, obwohl ich Worte schon immer geliebt hatte.

Stumm und unsichtbar – das Schweigen hatte auch seine Vorzüge.

Damit ich die Worte nicht gar zu sehr vermisste, flüchtete ich mich in Großvaters und Vaters Bibliothek. Ich lernte den Leitfaden für das Leben der Herzöge von Aquitanien auswendig, eine bunte Mischung von Ratschlägen, die meine Familie aufzeichnete, seit einer meiner Vorfahren zum Herrn meines Volkes ernannt worden war.

»Rudere auf deinem eigenen Schiff«, die Maxime von Euripides, die Rai sich seit Kindertagen täglich vorsagte, Seite neun. Oder: »Denke an den Rat des alten Schiffers: Wenn jemand kurz davor ist, die Beherrschung zu verlieren,...

Erscheint lt. Verlag 12.10.2022
Übersetzer Alice Jakubeit
Zusatzinfo 1 s/w-Abbildung
Verlagsort Frankfurt am Main
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte Abenteuer • eintauchen • Eleonore von Aquitanien • Entspannen • Feinde • Frankreich • Frauen-Schicksal • Freundschaft • Geschichte • historische Romane für Männer • Historischer Roman • Jahresbestseller Spanien • König • Königin • Liebe • Macht • Mittelalter • Nervenkitzel • Premio Planeta • Schicksal • Spanische Literatur • Spannung • Spion • Unterhaltung
ISBN-10 3-10-491512-1 / 3104915121
ISBN-13 978-3-10-491512-8 / 9783104915128
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