Tankred: Weihrauch und Schwert (eBook)

Historischer Roman | Für Fans von James L. Nelsons Wikinger-Romanen
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2022 | 1. Auflage
432 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01200-4 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Tankred: Weihrauch und Schwert -  Michael Römling
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Kämpfe und Abenteuer, Machtspiele und Intrigen, Liebe und Rache: die Wikinger an Rhein und Maas. Januar 882: Die Normannen nähern sich brandschatzend dem Kloster Prüm in der Eifel. Die Mönche fliehen, doch einer bleibt: Tankred, der Bibliothekar. Während die Plünderer die Kirche stürmen, rettet er den berühmten Bücherschatz, bevor er aus dem brennenden Gemäuer entkommt. Der im Kampf ausgebildete Adelssohn schlägt sich nach Aachen durch, wo seine Schwester Judith lebt, doch er kommt zu spät: Das Mädchen wurde von den Normannen verschleppt. Es beginnt eine atemlose Jagd voller Gefahren, bei der ihn seine eigene Vergangenheit einholt: In einem unbeherrschten Moment hatte er vor Jahren seine Waffe gezogen - mit fatalen Folgen. Um Judith zu retten, muss er nun erneut zum Schwert greifen. Der kämpfende Bibliothekar ist ein Held, wie man ihn noch nie erlebt hat: ein verwegener Kämpfer, der Literatur und Wissenschaft genauso liebt wie sein Schwert.

Michael Römling, geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen, Besançon und Rom, wo er acht Jahre lang lebte. Nach der Promotion gründete er einen Buchverlag, schrieb zahlreiche stadtgeschichtliche Werke und historische Romane. 

Michael Römling, geboren 1973 in Soest, studierte Geschichte in Göttingen, Besançon und Rom, wo er acht Jahre lang lebte. Nach der Promotion gründete er einen Buchverlag, schrieb zahlreiche stadtgeschichtliche Werke und historische Romane. 

1


Sie kamen am Epiphaniastag.

Schon seit einiger Zeit waren ihre Kundschafter in der Umgebung unterwegs, schlichen um die verschneiten Dörfer und pirschten durch die Wälder, um die Wege auszukundschaften, flink, lautlos und aufmerksam wie die Füchse.

Gerüchte geisterten durchs Land. Im November waren die Dänen angeblich mit Hunderten von Schiffen in die Maasmündung eingelaufen, hatten Maastricht und Lüttich geplündert und sich in Asselt bei Roermond festgesetzt. Von dort aus hatten sie sich nach Osten gewandt und im Dezember Jülich, Neuss, Köln und Bonn überfallen. Und dann? Rheinaufwärts nach Koblenz, glaubten die einen zu wissen. Am Eifelrand entlang in Richtung Aachen, vermuteten die anderen. Bitte nicht Aachen, dachte ich.

Vielleicht stimmte sogar beides. Ihr Heer, wenn man diesen Haufen von Räubern, Vergewaltigern und Mördern nun unbedingt so nennen will, teilte sich und fand wieder zusammen wie ein Vogelschwarm; sie fuhren die Flüsse hinauf und hinunter und schleppten ihre Schiffe über Land, wenn sie nicht unter den Brücken durchfahren konnten. Sie waren schneller als die Nachrichten von ihren Gräueltaten, wenn sie überhaupt jemanden am Leben ließen, der davon berichten konnte.

Vor allem auf die reichen Klöster hatten sie es abgesehen. Dort fanden sie überhaupt keine Gegenwehr; was nicht rechtzeitig in Sicherheit gebracht worden war, nahmen sie mit. Kein Versteck war vor ihnen sicher, denn wenn sie noch irgendjemanden antrafen, folterten sie ihn, bis er alles preisgab. Altargerät und Kerzenleuchter aus Silber hackten sie in Stücke, um sie besser aufteilen zu können, und wenn sie abzogen, nahmen sie alle Vorräte mit und steckten anschließend die Gebäude in Brand.

Die Tore der schlecht gesicherten und kaum verteidigten Städte rammten sie mit Baumstämmen auf; die Befestigungen überstiegen sie mit Leitern, wenn die Mauern nicht ohnehin so verfallen waren, dass sie nur über ein paar Trümmer steigen mussten. Auch dort plünderten sie die Kirchen, erfolterten die Geldverstecke der Bewohner, vergewaltigten die Frauen und verschleppten Mädchen und Jungen, um Geld zu erpressen oder um sie auf den Sklavenmärkten in Mainz oder Verdun zu verscherbeln. In den Dörfern plünderten sie die Scheunen leer und schlachteten das Vieh. Wo auch immer sie hinkamen: Wenn sie weiterzogen, ließen sie rauchende Trümmer zurück.

So trieben sie es, seit sie aus England verjagt worden waren und den Kontinent heimzusuchen begonnen hatten, anstatt in ihre kalte Heimat zurückzusegeln. Nun, ganze drei Jahre später, ließ König Ludwig von Ostfranken angeblich endlich ein Heer aufstellen, um ihnen entgegenzutreten, aber wo dieses Heer sich sammeln sollte und wann es abmarschbereit sein würde, das war nicht zu erfahren.

Zwei Wochen vor dem besagten Epiphaniastag kam die Nachricht, dass die Dänen Stablo und Malmedy geplündert hatten, bei trockenem Wetter gerade mal drei Tagesmärsche von uns entfernt. Ein Streifzug vom Lager an der Maas aus? Eine Abteilung auf dem Rückweg vom Rhein? Niemand wusste das, nur eins wurde immer klarer: Bald würden sie auch über uns herfallen.

Natürlich blieben die dänischen Kundschafter in unserer Gegend nicht unbemerkt, doch sie traten selten offen in Erscheinung. Gelegentlich stahlen sie, aber nie war es viel: Nachts holten sie hier eine Gans und dort ein Lamm aus dem Stall, mehr nicht. Manchmal entdeckte man vereinzelte Reiter zwischen den Bäumen. Mit ihren dicken Pelzen sahen sie aus wie Riesen mit viel zu kleinen Köpfen.

Einen von ihnen erwischten die Bauern dann doch, in Rommersheim, kaum eine halbe Stunde Fußweg von unserer Abtei entfernt. Er war so unvorsichtig, in der Dämmerung mitten durchs Dorf zu reiten, und ein Bauer war so tollkühn, ihm einen Stein an den Kopf zu werfen. Der Däne fiel vom Pferd, und ehe er sich aufrappeln konnte, stürzte sich das ganze Dorf auf ihn und schlug ihn mit Hacken und Schaufeln tot wie einen Marder im Hühnerstall.

Als die Nachricht am nächsten Tag bei uns eintraf, war aus dem einen Dänen ein halbes Dutzend geworden und aus dem Steinwurf ein Gefecht. Entsprechend groß war die Aufregung.

Dann kam die Leiche des Dänen. Sie brachten sie auf einem Karren und luden sie im Kräuterbeet hinter dem Küchentrakt ab, weil sie nicht wussten, wie sie einen Heiden bestatten sollten; wahrscheinlich hatten sie Angst, er würde sich wieder aus der Erde wühlen und sie heimsuchen, wenn sie es falsch machten.

Sie ließen den Abt holen. Der Abt ließ den Prior holen. Der Prior ließ mich holen. Offenbar hielten sie mich irgendwie für kompetent in Sachen Mord und Totschlag. Die Vergangenheit holt einen eben immer wieder ein.

Wie ein Werwolf sah der Tote aus: zottelige Haare, riesige Pranken und ein dunkelbrauner Bärenpelz um die Schultern. Von seinem Gesicht war nicht mehr viel zu erkennen, aber die spitz gefeilten Zähne im zerschlagenen Kiefer fielen mir auf.

«Hättet ihr den nicht am Leben lassen können?», fragte ich.

«Warum?», fragte der Bauer zurück, der in Rommersheim den Stein geworfen hatte. Er hieß Goswin.

Ich konnte meinen Unmut nur schwer zügeln. Begriffsstutzigkeit gehört zu den Eigenschaften, für die mir die Geduld fehlt.

«Vielleicht, um ihn zu befragen?»

«Die können nicht sprechen.»

«Gott im Himmel! Der Mann war Kundschafter! Wie teilt so einer den anderen wohl mit, was er ausgekundschaftet hat, wenn er nicht sprechen kann? Schreibt er Berichte? Mit verzierten Initialen in Gold und Ultramarin?»

Goswin blickte mich nur ratlos an. Es war hoffnungslos. Wir standen noch eine Weile um den Toten herum und berieten. Spätestens jetzt war völlig klar, dass die Abtei so schnell wie möglich geräumt werden musste. Reliquien und Schätze mussten in Sicherheit gebracht werden. Ein merkwürdiger Gedanke streifte mich: Würde das das Ende meiner Verbannung bedeuten?

Goswin plusterte sich auf. «Wir werden das Kloster verteidigen», sagte er und gab der Leiche einen Tritt. «Ich kann hundert Männer zusammenrufen. Mit Gottes Hilfe jagen wir diese Teufel in die Hölle zurück, aus der sie gekommen sind!»

Abt Ansbald betrachtete ihn mit einer Mischung aus Wohlwollen und Einfalt. Sein grauer Haarkranz war nur noch ein Flaum, fein wie Daunenfedern. Er schlug das Kreuz. Jetzt würde wieder eine seiner Phrasen kommen; mit dem Alter wurde es immer schlimmer.

«Der Herr ist mit den Standhaften», sagte er.

«Mit den Schwätzern ist er nicht», sagte ich.

Das wollte Ansbald mir vor den anderen nicht durchgehen lassen. Er fasste mich am Arm, zog mich mit einer für seine magere Statur beachtlichen Kraft hinter den Küchentrakt, wo vor einer Bruchsteinmauer ein paar Apfelbäume ihr kahles Geäst in den Winterhimmel reckten. An der Dachtraufe hingen mächtige Eiszapfen.

Ansbald sah mich wütend an. «Was fällt dir ein?»

«Was der vorhat, ist völliger Wahnsinn», erklärte ich aufgebracht. «Die Dänen mähen diesen Bauernhaufen ab wie ein Kornfeld.»

«Hast du kein Gottvertrauen?», fragte er halb tadelnd, halb enttäuscht.

«Ach, darum geht’s? Warum räumen wir dann überhaupt die Abtei? Nehmen wir doch die Reliquien und ziehen den Heiden voller Gottvertrauen entgegen!»

Zugegeben, das war eine ziemliche Unverschämtheit dem Abt gegenüber, aber angesichts der Dummheiten, die ich mir hier anhören musste, konnte ich mich einfach nicht beherrschen. Ich wusste, dass Ansbald es mir nachsehen würde; uns verband eine große gegenseitige Wertschätzung. Zwölf Jahre vor diesen Ereignissen war ich nach Prüm verbannt worden, zerfressen von Hass und Wut. Ansbald hatte mich aufgenommen und bald darauf zum Bibliothekar gemacht. Ich verdanke ihm meine Heilung, und er verdankt mir den Ruf seiner Bibliothek. Leider hatte das Alter seine Gottesfurcht zu einer bizarren Frömmigkeit gesteigert. Und obwohl er offene Worte immer noch schätzte, erreichten meine Einwände ihn nicht. Ich versuchte noch eine Weile, ihn davon zu überzeugen, dass er Goswin sein Vorhaben ausreden müsse. Aber Ansbald wollte davon nichts hören. Wenn Goswin sich mit seinen Leuten den Dänen entgegenstellen wolle, dann solle er das tun. Was für ein Abt er denn wohl sei, wenn er einen Märtyrer vom Martyrium abhalte?

Ich gab es auf. Wenn Ansbald es nicht für nötig hielt, diesen Bauern daran zu hindern, sich freiwillig in eine dänische Klinge zu stürzen, konnte ich nichts tun.

Als wir wieder um die Ecke bogen, waren die Bauern mit ihrem Karren verschwunden. Der Däne lag zwischen den Kräutern. Ein breiter Kranz von Fußspuren im Schnee verriet, wo sie um den Toten herumgestanden hatten. Noch nicht einmal das Schwert hatte Goswin ihm abgenommen, dieser Schwachkopf. Irgendwo klapperte eine Stalltür im Wind, ansonsten war es fast unheimlich still, als hätte sich alles Leben in die hintersten Winkel der Abtei verzogen.

Ich trat heran und zog das Schwert aus der Scheide. Das scharfe metallische Geräusch berührte mich wie die Stimme eines seit Kindertagen vertrauten Menschen, der unerwartet in der Tür steht.

Das Schwert war eine fränkische Arbeit mit Silbertauschierungen am Knauf und an der Parierstange. Wahrscheinlich hatte der Däne es einem Adligen abgenommen. Ich schwang es ein paarmal hin und her, stach zu, parierte. Die Klinge sauste wie von selbst durch die Luft. Die Spitze war schmal, was den Schwerpunkt zum Griff hin verlagerte und die Waffe führiger machte, ihr aber auch etwas von ihrer Wucht nahm. Umso besser lag sie mir in der Hand: Meine Muskelkraft hatte über den Büchern etwas nachgelassen, aber die Bewegungen waren mir auf unheimliche Weise vertraut. Es kam mir vor, als hätte...

Erscheint lt. Verlag 1.12.2022
Reihe/Serie Im Kampf gegen die Wikinger
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
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ISBN-10 3-644-01200-8 / 3644012008
ISBN-13 978-3-644-01200-4 / 9783644012004
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