4.4.1444 -  Klaus Westphal

4.4.1444 (eBook)

Renaissance und Reformation, Wettbewerbsstrategien und -vorteile in der Hanse
eBook Download: EPUB
2022 | 1. Auflage
348 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7557-3176-4 (ISBN)
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4.4.1444 ist die Fortsetzung von 1426, Hanse, ein Städtebündnis unter Spannung aufkommender Nationalstaaten. Der Handlungszeitraum schließt die zweite Hälfte des 15. Jahrhunderts, das 16. und das 17. Jahrhundert, bis in die Zeit des Dreißigjährigen Krieges, ein. Die spannenden Zeiten der Vorreformation, Wirren der Reformation, vor allem im städtischen Bezugsfeld Lübecks, werden hautnah erlebbar. Die Protagonisten sind wie bisher dem Handels- und Schiffsbaukonzern von Alen in seinen Standorten Lübeck und Antwerpen zugeordnet. Von Alen und später VAVE, von Alen van Eyck, sind sehr bemüht, neue Wettbewerbsformen zu etablieren, um sich durch Differenzierung und Konzentration auf Schwerpunkte ihrer Produktportfolios Wettbewerbsvorteile in ihrer Branche zu verschaffen. Neu eingeführt wird das Handelshaus Bernd Pal mit seinen vielfältigen Gesellschaften und Netzwerkpartnern. Er ist der Prototyp des mittelständischen Großkaufmanns mit ausgezeichneten familiären Verbindungen zu städtischen Vertretern der Oberschicht. Auf die kam es damals uneingeschränkt an. Sein Handelsgebiet ist der gesamte Hanseraum, von Narva zu Reval, über Danzig nach Lübeck, von dort nach Brügge, Antwerpen, nach London und bis in die Brouage, Westfrankreich, an die Biscaya. Der traditionelle hansische Gesellschaftshandel steht im Vordergrund, ohne dass Eigenhandel für die kurzfristige Sicherstellung seines eigenen Lebensunterhalts ausgespart ist. Im 17. Jahrhundert löste der Eigenhandel in deutlich dezentralisierterer Form den Gesellschaftshandel ab. Es wird der Versuch unternommen, moderne Wettbewerbsstrategien und die Gewinnung, Behauptung und Verteidigung von Wettbewerbsvorteilen auf die Ära des 15. Jahrhunderts am Beispiel der Gesellschaften Bernd Pals zu übertragen. Angewendet werden Inhalte und Methoden von Michael E. Porter. Es ist erstaunlich, wie intensiv die wichtigsten heute angewandten Methoden, damals wohl intuitiv, ebenso ihre Wirkungen entfalteten.

Dr.- Ing. Klaus Westphal, Orts- Regional und Landesplaner, gebürtiger und begeisterter Lübecker. Lebt mit seiner Familie in Bad Segeberg

2. Diederich wird Ratsherr in Lübeck


Es war den Eingeweihten schon seit langem bekannt, dass Diederich von Alen den Wunsch hatte, Ratsherr in Lübeck zu werden. Schon im März 1433 auf einer für Diederich, AvA, kurz für Anna von Alen, und ihren Söhnen Paul und Gerhard sehr in die Zukunft hin ausgerichteten Familienkonferenz äußerte er erstmalig verbindlich seinen Wunsch, das Amt des Lübecker Ratsherrn anzustreben.

Diederich war damals kurz vor Vollendung seines 50. Lebensjahres, Anna 45, Paul 21 und Gerhard 19. Es ging nicht nur um die Zukunft des Handelshauses, die Regelung der Unternehmensnachfolge sondern auch um die für die Zukunft aufzustellenden persönlich ausgerichteten Lebensziele von Diederich und AvA.

Natürlich kannten die beiden Söhne schon jetzt die Abläufe und Organisationsstruktur in den vielfach gefächerten Unternehmenszweigen des Handelshauses von Alen sehr gut. Wichtig war Diederich und AvA aber die offizielle Ausbildung ihrer Söhne, auch in anderen freundschaftlich verbundenen Unternehmungen. Für beide Söhne sahen sie eine im Ausland stattfindende fünf Jahre dauernde Lehre vor, für Paul im kaufmännischen Bereich unter dem Schirm von Heinrich de Loen, mit Unternehmungen in Brügge, London und Lübeck, für Gerhard im technisch konstruktiven Sektor bei Cornelius van Eyck, Antwerpen und Brügge, ihren Begabungen angemessen.

Anna setzte vor gut sieben Jahren das von Diederich begonnene einvernehmliche Gespräch fort. „Wir sind uns einig, dass nach eurer Lehrzeit die Ausbildung im eigenen Betrieb weiter geht, aber schon mit Übernahme von Verantwortung. Nach der Lehre wollen wir vier alle Unternehmensteile gemeinsam führen, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten, so wie es die jeweiligen Fähigkeiten bestmöglich hergeben. Diese gemeinsame Zeit, so meinen Papa und ich, ist auch auf fünf Jahre bemessen, Anschließend übernehmt ihr das Handelshaus. Das wäre 1443. Danach sollte Diederich aus dem aktiven Führungsgeschäft des Handelshauses entbunden sein. Was meine und Papas Pläne anlangt: Wir fühlen uns in der Zirkelgesellschaft sehr wohl und wollen uns dort engagieren. Papa hat auch den Wunsch, seiner Heimatstadt Lübeck wieder etwas von dem zurückzugeben, welches er von ihr erhalten hat, nämlich Weltoffenheit, Rationalität, einen kühlen Kopf und Verhandlungskunst. Alles das beherrscht er, wie sein unternehmerischer Erfolg ja auch zeigt. Konsequent wäre es also, sich um einen Sitz im Senat als Ratsherr zu bewerben und sich auch wählen zu lassen. Das ist unser Ziel, was wir beide anstreben. Ich unterstütze ihn von innen her und berate ihn mit weiblicher Vernunft und Logik, damit nicht nur das männliche Element zum Vorschein kommt. Das Weibliche fehlt der Politik aus meiner Sicht sowieso.“ Anna hatte sich zum Ziel gesetzt, sich in der Zirkelgesellschaft für Frauen und die Jugend zu engagieren um der Entwicklung der persönlichen Freundschaften in der Zirkelgesellschaft eine Bühne geben. Sie entwickelte AvA's musikalisch, literarischen Salon in der Zirkelgesellschaft. Wie sich zeigte, mit sehr großem Erfolg.

Um die sich abzeichnenden Entwicklungen zu verstehen, ist es notwendig, auf dem rückwärts gerichteten Zeitstrahl in die Ägide des Neuen Rats und seiner Bürgerunruhen in Lübeck zurückzugehen. In vielen Hansestädten gärte es ebenso. Handwerker und ihre Ämter, ebenso wie viele aufstrebende Kaufleute waren unzufrieden mit ihrer nicht vorhandenen Mitgestaltung des Stadtregiments. Sie fühlten sich durch den Rat der Stadt bevormundet und in ihren eigenen Interessen nicht hinreichend vertreten. Sie gelangten durch politische Machtkämpfe und damit verbundenen Bürgerunruhen in eine stärkere Position, die es ihnen erlaubte, den alten Rat abzusetzen und durch einen neuen zu ersetzen. Mitglieder des Alten Rats wurden ihrer Ämter enthoben, Vermögen konfisziert und aus der Stadt gejagt.5 Um 1415 fühlte sich zudem der Unionskönig (Dänemark, Schweden, Norwegen) Erich von Pommern durch den Neuen Rat provoziert und begann massiv auf dessen Rücktritt zu drängen. Wohl auch durch diese Stellungnahme seines Vetters bestärkt, widerrief König Sigismund, der spätere Kaiser des Heiligen Römischen Reichs, alle seine Zusagen und forderte den Neuen Rat auf, sich mit dem Alten Rat zu vergleichen. In dieser für den Neuen Rat aussichtslosen Situation entschloss sich dieser zum Einlenken. Sieben wendische und pommersche Städte übernahmen die Vermittlung. Die Einigung kam für den Neuen Rat unter maßvollen Bedingungen zustande. Da sich die Anführer der bürgerlichen Oppositionsbewegung gegen den Alten Rat einst in ihrem Vorgehen von allen Exzessen zurückgehalten hatten, so waren jetzt auch die Bedingungen für die Rückkehr des Alten Rates und dessen Wiederaufnahme des Stadtregiments maßvoll.

Hermann von Alen war Sohn des Lübecker Bürgers Hinrich von Alen.6 Gemeinsam mit anderen Lübecker Bürgern im sog. Finanzkomitee wurde Hermann von Alen am 22. Februar 1408 vom Bürgerausschuss der Sechziger und der Gemeinen Bürgerschaft beauftragt, die Einnahmen der Stadt zu erheben, um die Begleichung der öffentlichen Lasten in der Stadt sicherzustellen. Weiter gehörte er zu den Bürgern, die mit den in der Stadt verbliebenen Angehörigen des Alten Rats über die notwendig gewordene Selbstergänzung des Lübecker Rates ergebnislos verhandelten, was zur Bildung des Neuen Rats führte. In diesem wurde Hermann von Alen sogleich zum Lübecker Bürgermeister gewählt und hatte dieses Amt bis zu seinem Tod im Jahr 1411 inne. Er vertrat die Stadt 1410 auf dem Hansetag in Wismar. Ende 1410 verhandelte er für die Stadt beim Abschluss des Münzvertrages mit den wendischen Städten Hamburg, Lüneburg und Wismar.

Hermann von Alen bewohnte von 1404 bis 1409 das Grundstück Breite Straße 18 und ab 1409 das Haus Johannisstraße 20. 1406 errichtete er sein Testament.7 Er wurde in St. Marien bestattet, wo ein Fragment seiner Grabplatte erhalten ist. Nach seinem Testament von 1406 wollte er eigentlich in der Katharinenkirche im Grab seines Vaters beigesetzt werden. Seine Kinder verließen nach seinem Tode die Stadt, seine Witwe Sophie geb. Ascheberg († 1421) heiratete 1412 den späteren Lübecker Ratsherrn Nicolas Robele.8 Diederich von Alen war vermutlich auch historisch belastbar ein Neffe von Hermann. Die politische Vernunft siegte. Verwandtschaftliche Bindungen waren sicher hierfür ausschlaggebend. Die von Alens waren schon intensiv in die Geschicke Lübecks eingebunden.

Die noch vorhandenen 10 Mitglieder des Alten Rates unter Jordan Pleskow übernahmen erneut das Stadtregiment. Dazu traten 5 Mitglieder des Alten Rates, die zur Zeit der Emigration der Übrigen in der Stadt geblieben waren. Diese 15 Ratsherren ergänzten den Rat durch Zuwahl von 7 Kaufleuten, zwei Mitgliedern der Zirkelgesellschaft und 5 Mitgliedern des ehemaligen Neuen Rats. Damit umfasste der Rat wiederum 22 Personen.

Nur in zwei bis drei Fällen scheint es zu Todesstrafen gegenüber früheren Aufrührern gekommen zu sein. Handwerksämter mussten dem Rat durch Eid ihre Ergebenheit versichern. Sie erklärten sich bereit, die Notwendigkeit einer Bürgerabgabe zur Abwicklung der Schulden bei König Sigismund, die auf 13.000 Gulden ermäßigt worden war, anzuerkennen. Jordan Pleskow und Hinrich Rapesulver waren dann die Vertreter einer Ratspolitik in den nächsten Jahren, die Versöhnung im Innern und eine zurückhaltende Politik nach Außen zur Richtschnur nahm. So war die Krise in der Bürgerschaft Lübecks wie auch in der Hanse überwunden worden, Lübeck war 1416 wieder zum Hansehaupt aufgestiegen.

Diederich bereitete seine Wahl zum Ratsherrn sehr intensiv vor, nachdem er Weihnachten 1442 das Handelshaus seinen beiden Söhnen überschrieben hatte. Paul hatte schon mit Elisabeth, geborene Meteler, eine neue Familie gegründet. Gerhard ließ sich mit der Familiengründung noch Zeit, aber er war verlobt mit Antje van Eyck, der Tochter des Cornelius van Eyck, Antwerpen, bei dem er seine konstruktive Lehrzeit für Schiffbau und ebenso modernem Hochbau, sehr erfolgreich abgeschlossen hatte. Diederich konnte somit seine Bewerbung um das Amt des Ratsherren in der Zirkelgesellschaft, der er angehörte, von handelsgeschäftlichen Führungsbelangen im eigenen Unternehmen entbunden, vorbereiten. Die Mitgliedschaft galt als eine der wichtigsten Voraussetzungen für das herausgehobene öffentliche Amt in der Stadt, das er entschlossen anstrebte. Die von Alen waren ja durchaus keine Unbekannten für dieses Amt. Sein Onkel Hermann war im Neuen Rat Bürgermeister und sein Vater ebenfalls Ratsherr. Er brauchte in der Zirkelgesellschaft lediglich seine Bereitschaft zu erklären, dass er für das Amt kandidieren wolle.

Wilhelm von Calven und Johann Lüneburg, den verantwortlichen Bürgermeistern dieser Zeit, vertraute er sich an dem nächsten Treffen nach der Messe in der Kapelle der Zirkelgesellschaft in der Katharinenkirche, an. „Wilhelm...

Erscheint lt. Verlag 24.2.2022
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur
ISBN-10 3-7557-3176-2 / 3755731762
ISBN-13 978-3-7557-3176-4 / 9783755731764
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