Sisi: Das dunkle Versprechen (eBook)
448 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-01300-1 (ISBN)
Elena Hell, geb. 1989, studierte Drehbuch an der Hochschule für Fernsehen und Film sowie Psychologie, Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie entwickelte und schrieb die Drehbücher zur Serie «Sisi» mit. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin unterrichtet Elena Hell Yoga und kreatives Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in München.
Elena Hell, geb. 1989, studierte Drehbuch an der Hochschule für Fernsehen und Film sowie Psychologie, Kommunikationswissenschaft und Politikwissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie entwickelte und schrieb die Drehbücher zur Serie «Sisi» mit. Neben ihrer Tätigkeit als Autorin unterrichtet Elena Hell Yoga und kreatives Schreiben. Sie lebt mit ihrer Familie in München. Robert Krause wurde 1970 in Dresden geboren. Mit 19 Jahren floh er in die Bundesrepublik und studierte in München und Los Angeles Film. Heute arbeitet er erfolgreich als Regisseur und Drehbuchautor und ist Professor für kreatives Schreiben. Mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen lebt er in Miesbach bei München. «Dreieinhalb Stunden» ist sein erster Roman.
Ungarische Post
Die zwei Pferde, die Graf Richard ihrem Vater verkaufen wollte, sahen wirklich umwerfend aus. Eines schwarz, das andere weiß, pulsierten unter ihrem Fell die kräftigen Adern englischer Vollblüter.
«Was für Klepper hast du mir heute mitgebracht?» Max trat neugierig an die Pferde heran, und Sisi sah, dass er versuchte, sein Staunen zu verbergen, um den Preis nicht in die Höhe zu treiben. Sie war nicht zum ersten Mal dabei, wenn der Graf mit ihrem Vater Geschäfte machte.
Richard hielt die Tiere fest an den Zügeln. «Beide haben ein Stockmaß von eins siebzig. Vater englisches Vollblut. Mutter Trakehner», verkündete er stolz.
Max wiegte nur zweifelnd den Kopf hin und her. «Was soll der Spaß kosten?», begann er zu feilschen. «Hoffentlich weniger als beim letzten Mal.»
«Na ja … Es sind die prächtigsten Tiere, die ich habe.»
Richard kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, als könnte er Max dadurch besser taxieren. Doch der ließ sich nicht in die Karten schauen.
Sisi hatte sich so im Stall positioniert, dass sie einen möglichst ungehinderten Blick auf die beiden Männer hatte. Ihre zarten Finger schlossen sich fest um zwei Walnüsse, und unter dem kräftigen Druck ihrer Hand gab eine Schale schließlich knackend nach.
Heinrich, der neben ihr saß, schenkte ihr einen bewundernden Blick, und Sisi wünschte, sie könnte den Pferdezüchter genauso leicht beeindrucken wie den jungen Stallburschen, mit dem sie quasi aufgewachsen war. Grinsend beobachtete sie, wie Heinrich heftig mit seiner Nuss zu kämpfen hatte. Sie streckte ihm wortlos die Hand entgegen. Als er nicht sofort reagierte, fächelte sie auffordernd mit den Fingern. «Nun gib schon her.»
Peinlich berührt reichte Heinrich ihr die Nuss und wich Sisis Blick aus, als sich ihre Hände dabei flüchtig streiften. Sisi hatte praktisch ihre halbe Kindheit im Stall verbracht, entsprechend gut kannte sie Heinrich und entsprechend nah standen sie sich auch. Zumindest war es so gewesen. Bis zu diesem Kuss. Seitdem war ihr Umgang nicht mehr ganz so unbeschwert. Dabei war diese Intimität noch nicht mal von Heinrich ausgegangen. Sisi hatte ihm befohlen, sie zu küssen, und er hatte sich fügen müssen. Sie mutmaßte, dass es ihm durchaus gefallen hatte, aber da sie ihm auch befohlen hatte, mit niemandem über den Kuss zu sprechen, nicht einmal mit ihr, konnte sie es nicht mit Gewissheit sagen. Es ziemte sich nicht für eine Herzogin, einen einfachen Stallburschen zu küssen. Eigentlich ziemte es sich überhaupt nicht für Sisi, irgendjemanden zu küssen. Und doch hatte sie der Neugierde nicht widerstehen können, wie sich diese Sache wohl anfühlte. Sie hatte es hier und da schon mal beobachtet, nicht bei ihren Eltern, aber bei anderen Erwachsenen. Allerdings hatte sie auch mit Heinrich nicht viel darüber herausfinden können, denn sie hatten nur kurz ihre Lippen aufeinandergepresst, in der dunklen Ecke hinter den Sätteln. Und wenn es nicht so verboten gewesen wäre, hätte Sisi es in etwa genauso aufregend gefunden, einen Laib Brot zu küssen wie einen Mann. Ob es sich mit Graf Richard wohl anders anfühlen würde?
Sisi warf einen sehnsüchtigen Blick hinüber zu Richard, der mit eisernem Bemühen versuchte, ihrem Vater einen guten Preis abzuringen. «Beide knapp drei Jahre alt, schmiedefromm und eben erst angeritten.»
Mit konzentrierter Miene studierte Max die Prachthengste, und es war offensichtlich, dass ihm gefiel, was er sah. Seine kräftige Hand strich fasziniert über das glänzend gestriegelte Fell, und so war es Richard möglich, Sisis Blick kurz zu erwidern. Sisi lächelte, und einen Moment vergaß sie sogar, das vor Heinrich zu verbergen. Wie sehr beneidete sie doch ihren Vater! Nicht um das Verkaufsgespräch selbstredend, sondern darum, dass er so nah beim Grafen stehen konnte, ohne dass es die Etikette verletzte.
Als Max sich umdrehte und Heinrich Zeichen gab, die Pferde zu testen, nahm Sisi ihren Mut zusammen und packte ihren Freund am Ärmel.
«Das übernehme ich!»
Heinrich schickte seinem Herzog einen fragenden Blick, doch Sisi war schon aufgesprungen, um Richard die Zügel aus der Hand zu nehmen.
«Darf ich?»
Sie warf ihm einen fordernden Blick zu, der auch ihrem Vater nicht entging. Und wie Heinrich, so wusste auch Richard nicht, wie er mit der Situation umzugehen hatte. Fragend sahen sie beide Herzog Max an.
Sisi war sich durchaus bewusst, dass sie mal wieder gegen alle Regeln verstieß. Noch dazu vor dem Grafen! Und genau das bereitete ihr ein noch viel größeres Vergnügen.
«Eure Hoheit, ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist», warnte Richard besorgt. «Diese Pferde haben kaum die Grundausbildung absolviert und sind von eher temperamentvoller Natur.»
Amüsiert blickte Max seine Tochter an, und Sisi konnte an seiner Miene ablesen, dass ihn weniger ihr freches Verhalten besorgte als vielmehr der Preis, den sie durch ihre Begeisterung in die Höhe treiben könnte.
«Na, das trifft sich doch, denn bei mir ist es nicht anders», erwiderte sie keck und schwang sich entschlossen auf den Schimmel. Mit einer geschickten Bewegung schnappte sie sich auch die Zügel des schwarzen Hengstes und trieb beide Pferde in das Rondell einer kleinen Manege, die ihr Vater in Possenhofen eingerichtet hatte. Er liebte den Zirkus, und in jeder freien Minute übte er mit seinen Kindern Kunststücke auf seinen Pferden. Sisi war schon weit sicherer, als sie eben zugegeben hatte. Tatsächlich saß sie fest im Sattel, und auch als Artistin auf dem Pferderücken machte sie sich immer besser. Wenn es ihr hier nicht gelingen würde, den Grafen zu beeindrucken, wo sonst?
Doch was Sisi sich vorgenommen hatte, war durchaus gewagt. Selbst für eine so geübte Reiterin wie sie.
Die Ungarische Post war eine schwierige Übung, die sie erst kürzlich zum ersten Mal gemeistert hatte. Nicht auszudenken, wie sie wohl vor Richard dastehen würde, wenn sie an dem Kunststück scheiterte! Unwahrscheinlich war das nicht. Im Stehen auf zwei Pferderücken zu balancieren, erforderte nicht nur ein hervorragendes Gleichgewicht. Es musste ihr auch gelingen, die Tiere in derselben Geschwindigkeit und eng beieinander zu führen. Sisi wischte den Zweifel beiseite und trieb die Hengste an. Sie liebte es, sich mit den rhythmischen Bewegungen zu verbinden und diese Kraft unter sich zu spüren. Tief atmete sie den würzigen Geruch der Pferde ein und schloss voller Vertrauen die Augen.
Sie holte tief Luft, unterdrückte ihren letzten Funken Angst und erhob sich langsam auf dem Rücken des Schimmels. Als sie stehend ihre Position gefunden hatte, setzte sie vorsichtig einen Fuß auf den Rappen, suchte dort nach Halt, glitt jedoch ab – und verlor das Gleichgewicht. Mit einem dumpfen Plumps landete Sisi auf dem Boden. Die Scham trieb ihr die Hitze ins Gesicht. Wie dumm von ihr! Doch entgegen ihren Befürchtungen zeigte das Missgeschick eine ganz andere Wirkung als erwartet. Bestürzt eilte Graf Richard zu ihr und beugte sich über sie.
«Habt Ihr Euch etwas getan?», fragte er sichtlich erschrocken.
Sisi strich sich verlegen die zerzausten Haare aus dem Gesicht und musste husten. Ihr Sturz hatte den trockenen Sand aufgewirbelt. Immer noch verärgert über den peinlichen Vorfall schüttelte sie nur kurz den Kopf und ließ sich widerwillig von Richard beim Aufstehen helfen. Ihr war die übertriebene Sorge des Grafen unangenehm, der sie jetzt auch noch zu stützen versuchte. Sie war ja nun wirklich nicht aus Zucker. Und schon gar nicht war sie eines jener Püppchen, die vor Schmerz aufschrien, wenn sie beim Spaziergang vom Schloss zum See mal über eine Wurzel stolperten.
«Es geht schon, danke.»
Sisi strich sich am Rock den Dreck von den Händen und lief auf ihren Vater zu, der mit Heinrich routiniert die Pferde eingefangen hatte.
«Lass es mich noch einmal versuchen.» Sie setzte ihre Engelsmiene auf. «Bitte, Papa. Ich kann doch jetzt nicht aufgeben. Wer fällt, muss sofort wieder in den Sattel, oder nicht?»
Max zögerte, doch dann gab er die Zügel mit einem Lächeln frei. «Von wem du diesen Starrsinn wohl hast», sagte er mit hörbarem Stolz in der Stimme.
Kaum einen Wimpernschlag später saß Sisi schon wieder auf dem Rücken des Schimmels, und ehe Heinrich sich’s versah, hatte sie ihm die Zügel des schwarzen Hengstes wieder aus der Hand genommen. Das temperamentvolle Tier mit der wilden schwarzen Mähne ließ sich nur widerwillig auf ihre Führung ein, doch Sisi gab nicht nach. Die Zügel fest in der Hand, brachte sie den Hengst dazu, zum Schimmel aufzuschließen, und beschleunigte die Pferde dann nebeneinander vom Trab in den Galopp. Sisi schnalzte vor Vergnügen mit der Zunge, und während sie damit rang, beide Pferde zu koordinieren, spürte sie die atemlosen Blicke der Männer auf sich. Gebannt starrten Heinrich, Richard und Max auf die Manege, in der Sisi jetzt erneut ansetzte aufzustehen, kurz taumelte, das Gleichgewicht zurückgewann, den einen Fuß übersetzte und schließlich mit je einem Fuß auf den Rücken der Pferde stand. Stolz straffte sie ihren Körper und hoch erhobenen Hauptes drehte...
Erscheint lt. Verlag | 1.12.2021 |
---|---|
Reihe/Serie | Sisi |
Sisi | |
Verlagsort | Hamburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | 19. Jahrhundert • Abenteuer • Allison Pataki • Bad Ischl • Bestseller • Blockbuster • Desirée Nosbusch • Die Kaiserin • Dominique Devenport • Erotik • Film • Franz Joseph • Historischer Liebesroman • Historischer Roman • Hofprotokoll • Jannik Schümann • Kaiser • Kaiserin • Kaiserin Elisabeth • Kaiserin wider Willen • Krone • Liebesgeschichte • Liebesroman • Possenhofen • Roman zur Serie • Romy Schneider • RTL • Schicksal • Schicksalsroman • Schloss Laxenburg • Schwesterngeschichte • Serie • Sissi • SPIEGEL-Bestseller • Spiegel Bestsellerliste aktuell • Starke Frau • Starke Frauen • Starnberger See • Sven Bohse • TVnow • TV-Serie • Verfilmung • Wien • Wiener Hofburg |
ISBN-10 | 3-644-01300-4 / 3644013004 |
ISBN-13 | 978-3-644-01300-1 / 9783644013001 |
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR) | |
Haben Sie eine Frage zum Produkt? |

Größe: 7,8 MB
DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasserzeichen und ist damit für Sie personalisiert. Bei einer missbräuchlichen Weitergabe des eBooks an Dritte ist eine Rückverfolgung an die Quelle möglich.
Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belletristik und Sachbüchern. Der Fließtext wird dynamisch an die Display- und Schriftgröße angepasst. Auch für mobile Lesegeräte ist EPUB daher gut geeignet.
Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise
Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.
aus dem Bereich