Anfang Oktober (eBook)
228 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-38060-8 (ISBN)
Achim Goldenstein ist Kind der 70er, aufgewachsen in Ostfriesland und lebt in Papenburg (Niedersachsen). Er machte 1990 das Abitur und findet, es ist nötiger Menschen zu studieren als Bücher. Anfang 2021 erschien sein Roman "Die brennende Giraffe", der seit September 2021 neu aufgelegt unter dem Titel "Anfang Oktober- Elisa und die brennende Giraffe" im Handel erhältlich ist. Seine Kolumnen und andere Geschichten wurden im Herbst 2019 im Verlag-Co-Buch veröffentlicht. Ein zweiter Band wird im Oktober 2021 unter dem Namen "Die Akte Tropen-Helmut" ebenfalls im Co-Buch-Verlag erscheinen. 2017 gewann er den renommierten Wettbewerb "Vertell doch mal" von NDR, Radio Bremen und Ohnsorg-Theater. Er schreibt für die Mediengruppe der NOZ monatliche Kolumnen und ist für satirische und illustre Beiträge auf seinem Social-Media-Profil als "Tropen-Helmut" bekannt. Durch sein breitgefächertes Wirken genießt Achim Goldenstein eine hohe mediale Aufmerksamkeit - exemplarisch im NDR-Fernsehen. Zu seinen Hobbies zählen das Lesen, Musik und Reisen. Die große Leidenschaft Achim Goldensteins ist jedoch das Schreiben.
Achim Goldenstein ist Kind der 70er, aufgewachsen in Ostfriesland und lebt in Papenburg (Niedersachsen). Er machte 1990 das Abitur und findet, es ist nötiger Menschen zu studieren als Bücher. Anfang 2021 erschien sein Roman "Die brennende Giraffe", der seit September 2021 neu aufgelegt unter dem Titel "Anfang Oktober- Elisa und die brennende Giraffe" im Handel erhältlich ist. Seine Kolumnen und andere Geschichten wurden im Herbst 2019 im Verlag-Co-Buch veröffentlicht. Ein zweiter Band wird im Oktober 2021 unter dem Namen "Die Akte Tropen-Helmut" ebenfalls im Co-Buch-Verlag erscheinen. 2017 gewann er den renommierten Wettbewerb "Vertell doch mal" von NDR, Radio Bremen und Ohnsorg-Theater. Er schreibt für die Mediengruppe der NOZ monatliche Kolumnen und ist für satirische und illustre Beiträge auf seinem Social-Media-Profil als "Tropen-Helmut" bekannt. Durch sein breitgefächertes Wirken genießt Achim Goldenstein eine hohe mediale Aufmerksamkeit - exemplarisch im NDR-Fernsehen. Zu seinen Hobbies zählen das Lesen, Musik und Reisen. Die große Leidenschaft Achim Goldensteins ist jedoch das Schreiben.
Kapitel 3 - Süße Spezialität
Zu Anfang hatte Maylène im Lokal ihres Onkels in der Küche und im Service geholfen und einfache Arbeiten erledigt. Sie spülte Geschirr, schälte Kartoffeln, gab Bestellungen auf, erledigte Besorgungen, polierte Gläser. Mehr und mehr jedoch fand sie Gefallen am Kochen. Und sie entdeckte ihr Talent. Die Kreation der wechselnden Tagesmenüs wurde Maylène alsbald übertragen. Ihr Onkel lehrte sie die Standards der Speisenzubereitung und weihte sie in die mystischen und raffinierten Rezepturen ebenso ein wie in die Geheimnisse der richtigen Würze. Er paukte ihr Verständnis dafür ein, eine schwere gusseiserne Pfanne stets einer modernen Edelstahlvariante vorzuziehen. Er instruierte sie, ausschließlich mit scharf geschliffenen Messern Kräuter zu hacken. Und er maßregelte sie, als sie sich anschickte, eine Bouillon in antihaftbeschichtetem Geschirr und nicht etwa im Kupfertopf kochen zu wollen. Nie konnte er indessen ganz verheimlichen, dass er sie um ihre vom Himmel verliehene Begabung insgeheim beneidete.
Antoine unterrichtete sie mit Eifer und Hingabe bis zu einem nebeligen Tag im April, als Maylène früh morgens mit Filou von einem Strandspaziergang zurückgekehrt war. Sie hatte Sand von ihren gelben Gummistiefeln geklopft und ihren mit markanten schwarzen Hornknebelknöpfen versehenen roten Düffelmantel an die Garderobe gehängt. Mit dem edlen Kleidungsstück, das zu leisten Maylène sich selbst nicht im Stande sah, war sie anlässlich des letzten Weihnachtsfestes von Antoine bedacht worden. Sie goss für den durstigen Hund frisches Wasser in dessen Schale und hielt Ausschau nach ihrem Onkel. Sie fand Antoine schließlich auf dem Boden des Warenlagers liegend im hinteren Teil der Küche. Unförmig und seltsam krumm waren die Arme und Beine unter seinem Körper verrenkt. Er regte sich nicht, doch er atmete.
Wochenlang lag Antoine auf der neurologischen Station des Bezirkshospitals. Zunächst hatten die behandelnden Ärzte noch Hoffnung gehabt, doch nach einem nächtlichen Rückschlag verschlechterte sich sein Zustand körperlich wie geistig zusehends. Er redete wirr und zusammenhanglos. Seine Stimme war kaum zu verstehen. Er beschimpfte das Pflegepersonal, sprach Maylène nicht nur einmal mit Célestine, dem Namen seiner Jugendliebe, an und plauderte eifrig von Gewürzen und Pflanzen, deren Namen sie nie zuvor gehört hatte und deren Existenz sie anzweifelte. Maylène hörte ihm trotzdem bei jedem ihrer Besuche aufmerksam und geduldig zu. Bei einem ihrer Aufenthalte an seinem Krankenbett sprach Antoine von einer außergewöhnlich bemalten Schatulle, die sich angeblich in einer alten Truhe befände. Er fantasierte von Feuer und davon, dass Dinge brennen müssen. Irgendetwas, das Maylène nicht verstand und auch nicht verstehen wollte, brächte Unheil. Fester als üblich drückte er an jenem Tag Maylènes Hand. „Ne jamais jouer à Dieu, mon enfant. Jamais!“, sagte er mit gequälter und heiserer Stimme.
Als am nächsten Tag das Telefon im Restaurant klingelte, offenbarten ihr die Ärzte, sie würden Antoine ob des Mangels einer positiven Prognose in ein Pflegeheim überstellen.
Von den Folgen des Hirninfarktes erholte sich Antoine nicht wieder. Bettlägerig und zunehmend geistesabwesend bewohnt Maylènes Onkel seither eine städtische Pflegeanstalt in einem benachbarten Arrondissement. Dort vegetiert er mehr als dass er lebt. Maylène vermisst seine Kauzigkeit und sein schrulliges Benehmen. An jedem ersten Sonntag im Monat, und manchmal auch unter der Woche, besucht ihn Maylène. Zu jedem Besuch bringt sie Antoine kleine Geschenke mit, und jedes Mal zermürbt sie sich den Kopf darüber, ob sie es ihrem Onkel gegenüber aus Freundlichkeit macht oder um sich selbst gut leiden zu können. Heute hat Maylène einmal mehr kandierte Pruneaux d'Agen im Gepäck. Die süße Spezialität hatte Antoine am liebsten nach einem deftigen Essen genascht. Er hatte die gezuckerten Pflaumen jedem noch so aufwendigen Dessert vorgezogen und sie stets gierig verschlungen. Heute muss man Antoine die Früchte einzeln zum Mund führen, und selbst das Kauen bereitet ihm große Mühe. Maylène hat den Verdacht, die meisten der Pflaumen wandern in die Münder der Schwestern des Pflegeheimes, sobald sie wieder den Heimweg angetreten hat.
Stets kehrt sie betrübt von ihren Besuchen zurück. Ihre Miene trübt sich noch mehr ein, wenn sie Filou auf dessen Stammplatz vor dem Lokal, unverdrossen auf sein Herrchen wartend, vorfindet. Beinah täglich schleppt sich der altersschwache Hund vom Ort über die kilometerlange Strandstraße dorthin und sehnt, nicht müde werdend, Antoine zurück.
*
Elisa ist mit ihren einunddreißig Jahren eine Angestellte höheren Kaders in einem Filialunternehmen, das der Finanzdienstleisterbranche nahesteht. Die schlanke, sportliche und aparte junge Dame weiß nicht nur um ihre geschäftlichen Kompetenzen. Sie hat auch das nötige Bewusstsein, was ihre Tragweite auf Männer betrifft. Darüber hinaus ist sie ein bisschen stolz auf ihre ausgeprägte Vorliebe für edle Dessous. Ihre schönsten und reizvollsten Exemplare befinden sich in der ledernen Reisetasche auf der Rückbank ihres Autos. Zu ihrem engen hellgrauen Pullover mit weitem Rundhalsausschnitt trägt sie einen dunklen Rock und darunter halterlose Strümpfe. Als Unterwäsche hat sich Elisa für das marineblaue transparente Höschen und den zugehörigen Büstenhalter entschieden. Beide sind mit goldfarbener floraler Stickerei besetzt. Ihr Ausschnitt gibt einen Blick auf die Träger ihres BHs frei, den ein moderner rot-gemusterter Schal verschleiert.
Seit mehr als zehn Kilometern ist Elisa auf den verschlafenen Straßen der Tiefebene kein Fahrzeug mehr begegnet. Die entvölkerte und menschenleere Gegend, durch die sie fährt, wird zunehmend umhüllt von Nebel, der von der nahen See aufzieht. Um kurz nach halb zwei Uhr nachts erreicht Elisa die Zufahrtstraße, die zu einer Plattform inmitten eines Naturschutzgebietes führt. Das Verkehrszeichen Nummer 251 untersagt es ihr, die Straße in der Zeit von 22:00 bis 9:00 Uhr zu befahren. Das Verbot ignorierend, fährt Elisa über den von Schlaglöchern und Bodenwellen geprägten Deichweg. Ihre Aufregung ist groß, als sie die Plattform erreicht. Sie betätigt das Fernlicht, das Mühe hat, die feinen Wassertropfen des dichten Nebels zu durchdringen. Elisa fährt langsam einmal quer über den Platz. Ein weiteres Fahrzeug kann sie nicht ausmachen. Sie ist offenbar allein auf dem Areal.
Elisa lässt den Fuß auf dem Bremspedal, und die drei Bremslichter tränken die Nebelschwaden in ein verschwommenes Rot. Sie schaltet das Autoradio stumm, tastet nach dem Schalter des Fensterhebers und lässt die Scheibe eine Handbreit herab, um hinauszulauschen. Bis auf ein paar Windgeräusche ist es still. Nicht einmal das sanfte Rauschen der brandenden Wellen ist zu hören. Der Nebel wirkt unheimlich, und Elisa ist mulmig zumute. Angespannt und nervös zugleich schaltet sie die Scheinwerfer nicht aus und lässt auch den Motor laufen, als sie es einige Minuten später wagt, aus ihrem Fahrzeug auszusteigen. Sie stellt sich hinter die beiden in Verfall geratenen Holzbänke. Bei Tageslicht hat man von hier einen beeindruckenden Rundumblick auf die gut hundert Quadratkilometer große Meeresbucht.
Der Nebel ist so dicht, dass das Licht der Autoscheinwerfer, das Elisa wie eine einsame Künstlerin auf einer Bühne anstrahlt, keine Schatten wirft.
Als sich Elisa vor Jahren zum ersten Mal an diesem Ort befand, die Hände auf die Rückenlehne einer der Holzbänke abgestützt, stand er dicht hinter ihr. Dabei hatte er seine Hand unter ihren Rock geschoben, ihre Pobacken gestreichelt und geknetet und ihr seine Lust ins Ohr gehaucht. Diese konnte Elisa ebenso deutlich spüren wie hören, als er seinen Harten an sie presste. Wäre nicht zur selben Zeit ein Transporter eines handwerklichen Kleinbetriebes auf die Plattform gefahren, hätte er ihr seinen bereits aus der Hose befreiten Schwanz eingeführt. So jäh unterbrochen wurde damals schnell die Kleidung zurechtgezupft, und sie huschten zurück ins Auto, kurz bevor der Transporter in unmittelbarer Nähe parkte. Dieses Gefühl des Ertapptwerdens hatte Elisa seitdem nicht wieder losgelassen. Es lässt die lüsterne Spannung auf ein Höchstmaß anschwellen. Es kommt Elisa vor, als wäre sie an jenem Tag gebrandmarkt worden. Einen Partner, der diese Vorliebe mit ihr teilt, hat sie bis heute nicht gefunden. Dass ihre Suche danach als höchst unmotiviert beschrieben werden darf, liegt an ihrer unmissverständlichen Auffassung, dass sie dem Personenkreis zuzurechnen ist, der für gewöhnlich nicht gesucht, sondern vielmehr gefunden wird.
Aufgekratzt und etwas wehmütig denkt Elisa an diesen besonderen, hocherotischen Moment zurück. Nun aber fröstelt es ihr...
Erscheint lt. Verlag | 11.8.2021 |
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Verlagsort | Ahrensburg |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Abenteuer • Dali • Erotik • Fernweh • Frankreich • Kulinarik • Lust • Musik • Mut • Reisen • Roadmovie • Sex • Spannung |
ISBN-10 | 3-347-38060-6 / 3347380606 |
ISBN-13 | 978-3-347-38060-8 / 9783347380608 |
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