Verrat im Yellowstone -  Birgit Schmidt

Verrat im Yellowstone (eBook)

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2021 | 1. Auflage
338 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7543-8156-4 (ISBN)
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Ein neuer Anfang, an einem neuen Ort, mit einer neuen Liebe - und mit neuen Gefahren... Anna Behringer ist eine erfolgreiche Ärztin, aber sie träumt von einem anderen Leben, in dem sie die Schatten der Vergangenheit endlich hinter sich lassen kann. Als sie die Möglichkeit bekommt, an einem Wolfsforschungsprojekt mitzuarbeiten, scheint ihr Traum in Erfüllung zu gehen. Sie folgt dem Ruf des indigenen Rangers Bill und fliegt zu ihm in den Yellowstone-Nationalpark. Doch schon bald setzt ein Verräter ihrem neuen Leben mit Bill ein jähes Ende. Die beiden geraten ins Visier skrupelloser Jäger und der Polizei. Und selbst die atemberaubende Natur scheint sich gegen sie zu verbünden. Eine mörderische Jagd beginnt...

Birgit Schmidt ist ein Kind des Ruhrgebietes. Geboren 1964 wuchs sie in Dortmund und Gelsenkirchen auf. Nach ihrem Abitur studierte sie in Essen und promovierte in der Humanmedizin. Von 1990 bis 2016 arbeitete sie in der Klinik, später in der eigenen Praxis. In ihrem zweiten Leben widmet sie sich der Kunst und ist als Malerin, Fotografin und Autorin tätig. Ihre Ölgemälde wurden in den vergangenen 20 Jahren in diversen Ausstellungen präsentiert. In ihren Fotografien beschäftigt sie sich hauptsächlich mit Landschaften und der Tier- und Pflanzenwelt Nordamerikas. Zahlreiche Reisen führten sie quer über den Kontinent von Alaska und dem Yukon, hinein in die Wüsten und Canyons, bis hin zu den Großen Seen und in die tropischen Everglades. Sie sind eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration, besonders für ihre schriftstellerische Tätigkeit. 2019 veröffentlichte sie anlässlich des Weltfrauentages eine Anthologie mit Short Storys verschiedener Autorinnen unter dem Titel »Es geschah hier und anderswo«. Im Jahr darauf er-schien ihr erster Roman »Flucht zum Crater Lake«, der Auftakt der Anna-Behringer-Reihe. 2021 gab sie eine weitere Anthologie mit Kurzgeschichten unter dem Titel »Frauen geben niemals auf« heraus. Weitere Bände der Anna-Behringer-Reihe sind in Planung, jeder Roman ist eine in sich abgeschlossene Geschichte.

DER BRIEF


Berlin würde auf sie warten müssen, die geplante Fortbildung würde sie sausen lassen. Anna liebte diese Stadt; wann immer sie durch ihre Straßen schlenderte oder auch nur an sie dachte, fiel ihr spontan eine Zeile aus Frank Sinatras »New York, New York« ein. Sie summte die Melodie vor sich hin. »I want to wake up in a city that never sleeps«. Wie der Big Apple schlief auch Berlin niemals. Doch jetzt brauchte sie dringend diese vier freien Tage, um endlich Ruhe zu finden und zu überlegen, wie es weitergehen sollte. Nach ihrer Rückkehr aus Oregon hatte sie sich um Pauls Beisetzung gekümmert, alle behördlichen Angelegenheiten geregelt und etliche Versicherungen kontaktiert. Doch binnen weniger Tage hatte die Klinik sie wieder in Beschlag genommen, schließlich konnte die unfallchirurgische Abteilung nicht länger auf eine kompetente Leitung verzichten. Aber nun war der Moment gekommen, da sie Zeit für sich benötigte, denn seit ihrer Rückkehr aus den Staaten hatte sie nicht einen Tag innegehalten. Außerdem wollte sie aufräumen und sich von Pauls Sachen trennen.

»I’ll make a brandnew start of it.« Wieder kam Anna eine Liedzeile in den Sinn. Der Text traf es auf den Punkt. Ein Neustart, das klang verheißungsvoll. Ol’ Blue Eyes ausdrucksstarker, leicht metallischer Bariton blieb in ihrem Kopf. Sie öffnete die Tür zum Kleiderschrank, nahm die ersten drei von Pauls Anzügen heraus und warf sie auf das Bett. Der Stapel wuchs, sie legte Jacken und Hosen dazu, riss einen blauen Müllsack von der Rolle ab und packte so viel wie möglich hinein. Oben mit Malerkrepp zukleben, fertig. Hemden, Pullis, Schuhe – die Anzahl der Säcke reichte eben aus, um seine sämtlichen Klamotten einzutüten. Einen nach dem anderen schleppte Anna in den Keller. In den nächsten Tagen würde sie alles zum Roten Kreuz bringen. So würde Paul wenigstens posthum eine gute Tat verrichten.

Auf dem Rückweg vom Keller fischte sie einen Stapel Post aus dem Briefkasten. Achtlos legte sie die Briefe auf den Küchentisch und kochte einen Kaffee. Nicht den aus dem hochmodernen Vollautomaten, den Paul letztes Jahr unbedingt kaufen musste, sondern einen selbstgemahlenen und von Hand aufgebrühten. Einen, bei dem man schon während der Zubereitung langsam die Aromen in sich aufnahm und sich mit jedem Aufguss mehr auf den ersten genussvollen Schluck freute. Paul hatte das nie verstanden. »Was soll der altmodische Quatsch?«, hatte er gesagt. »Niemand brüht heute Kaffee noch im Filter auf. Die Leute denken bestimmt, wir können uns keine anständige Maschine leisten.« Typisch Paul. Was die Leute dachten, war wichtiger als alles andere. Wieder einmal hatte er nicht kapiert, worum es ihr dabei ging. Wie bei so vielen Dingen. »Wenn ich einen Kaffee trinken will, machst du mir einen ordentlichen aus dem Automaten«, war seine abschließende Anweisung gewesen. Und Anna hatte gelernt, dass es besser war, sich daran zu halten. Zu viele schmerzhafte Erfahrungen hatte sie in den fünfzehn Ehejahren gemacht, wenn sie sich ihm widersetzt hatte.

Mit geschlossenen Augen sog sie den betörenden Duft ein, nahm einen Schluck und spürte mit jeder Geschmacksknospe ihrer Zunge dem Aroma nach. Dann schaute sie in Ruhe die Post durch. Werbeschreiben, Bettelbriefe, Zeitungen, Zeitschriften.

Das Übliche. Zuunterst lag ein Brief mit einer von Hand geschriebenen Adresse. Sie besah ihn sich genauer, aber die Schrift war ihr gänzlich unbekannt. Oben rechts klebte eine bunte amerikanische Briefmarke und daneben ein blauer Aufkleber mit der Aufschrift »Air Mail«. Auf der Rückseite stand lediglich B.M., 82190 YNP, Wyoming, USA. Wie ein offizielles Schreiben sah es nicht aus. Außerdem hatte die Polizei in Oregon die Untersuchungen zu Pauls Tod längst abgeschlossen. Anna trug den Brief in ihr Arbeitszimmer. Der obersten Schublade ihres Schreibtisches entnahm sie einen Brieföffner mit Holzgriff und schlitzte vorsichtig den Umschlag auf. Auf einem dünnen Blatt aus recyceltem Papier standen nur wenige handgeschriebene Zeilen, die Buchstaben waren mit einem feinen schwarzen Filzroller sorgfältig gemalt.

Hi Anna!

Es ist schon ein paar Monate her, seit Du zurückgeflogen bist nach Deutschland. Ich hoffe, Dir geht es gut. Ich habe eine neue Aufgabe gefunden. Seit Anfang November arbeite ich im Yellowstone National Park an einem Wolfsprojekt. Es ist ein gutes Team, aber wir suchen noch Helfer. Vielleicht hast Du Interesse, bei uns mitzumachen. Ich habe mit Jeff gesprochen. Er ist unser Projektleiter und könnte dir ein Volontariat für drei Monate anbieten. Dazu musst du nicht einmal ein Visum beantragen. Wenn es dir gut gefällt, könntest du auch länger bleiben. Ich würde mich freuen.

Bill

Ein Brief von Bill. Binnen Sekunden verschwammen die Buchstaben, stattdessen flammten vor ihrem geistigen Auge die Bilder der Ereignisse des vergangenen Sommers auf.

Viele Jahre hatte sie die gewalttätigen Demütigungen ihres psychopathischen Ehemanns ertragen, aber als er ihr vor allen Kollegen zu Unrecht an dem Tod eines Menschen die Schuld gab, war sie Hals über Kopf von Deutschland nach Oregon geflohen. Nachdem sie dort ahnungslos einen gesuchten Mörder im Auto mitgenommen hatte, war sie von der örtlichen Polizei verhaftet worden. Durch glückliche Umstände gelang es ihr zu entkommen, doch in der Folge war ihr nicht nur die Staatsgewalt auf den Fersen, sondern auch Paul, der es nicht verwinden konnte, dass sie ihn verlassen hatte. In Bill fand sie einen wahren Freund, der ihr half, sich vor ihrem rachsüchtigen Ehemann in Sicherheit zu bringen und ihre Unschuld zu beweisen. Auf der Flucht vor Paul tötete dieser Bills Vater Grey Owl durch einen Schuss in den Rücken. Am Ende wurde ihm seine rasende Wut zum Verhängnis und er stürzte in den schroffen Felsen der Insel Phantom Ship im Crater Lake in den Tod.

In jenen nur anderthalb Wochen war Anna in eine gänzlich andere Welt eingetaucht. Fernab von ihrer geregelten Arbeit in der hierarchischen Struktur eines Krankenhauses streifte sie mit Bill durch die Wildnis Oregons und kam in intensiven Kontakt mit der Natur und wilden Tieren. Vor allem die Begegnung mit einem Wolf erweckte in ihr ein Verlangen nach einem anderen, einem freieren Leben, das sie niemals zuvor ersehnt oder auch nur erahnt hatte.

Zurück in Deutschland hatten die Verpflichtungen sie allzu schnell in die triste Realität zurückgeholt. Doch in den darauffolgenden Wochen empfand sie das tägliche Leben seltsam unwirklich und falsch, als ob sie in einem fremden Körper steckte oder in einem surrealen Film mitspielte. Ständig hatte sie das Gefühl, wie ein Schatten neben sich herzulaufen und sich selbst bei ihrem Tun verständnislos zu beobachten. Nachts träumte sie von Bill und tagsüber fragte sie sich, was sie hier in Frankfurt noch hielt. Niemandem hatte sie von diesen Zweifeln und Gefühlen erzählt; nicht einmal ihrer Schwester, mit der sie sonst über alles sprach, hatte sie ihre Sehnsucht nach einem neuen, freieren Leben gestanden. Zweimal hatte sie eine E-Mail an Bill verfasst, sie dann aber doch nicht abgeschickt. Eine unsichtbare Kraft zog sie zu ihm hin, doch gleichzeitig nagte tief in ihr die Angst, sich nach ihren traumatischen Erfahrungen mit Paul wieder jemandem anzuvertrauen. Insgeheim hoffte sie, dass es nur eine momentane Gefühlsduselei war, die sich mit der Zeit geben würde. Doch jetzt hielt sie Bills Brief in den Händen, und mit einem Schlag war jede Minute des vergangenen Sommers wieder so präsent, als wäre alles erst gestern passiert.

Sie schaute aus dem Fenster. War nicht vorhin der Himmel noch grau und nieselig gewesen? In dieser Sekunde blitzte ein leuchtend-heller Sonnenstrahl zwischen zwei dicken Regenwolken hindurch und verscheuchte das trübe deutsche Herbstwetter mit einem Schlag.

Immer wieder las sie die wenigen Zeilen. Keine versteckte, geheime Botschaft, nur die schlichte Frage, ob sie kommen würde, um mit ihm zu arbeiten. Wie ein Stich ins Herz fuhr ihr der Gedanke an ihren Abschied am Crater Lake, als sie ihm versprochen hatte zurückzukehren. Nun war der Tag da, und es hieß, Farbe zu bekennen. Wollte sie das noch immer? Sie schloss die Augen und sah sich mit Bill neben seinem sterbenden Vater in der verborgenen Grotte am Crater Lake sitzen. Kurz vor seinem Tod hatte der alte Mann wie ein Prophet in die Zukunft geschaut und sie gebeten, Bill zu helfen. Und sie hatte es Grey Owl auf dem Totenbett versprochen.

Mit Bedacht hatte Anna den Brief in die unterste Schreibtischschublade gelegt.

Schlaf drüber. Dann wirst du klarer sehen.

Das sagte sie sich jeden Tag. Abends vor dem Einschlafen sah sie sich den Brief in die Schublade legen und die Lade zuschieben. Morgens wachte sie auf und dachte an die akkurat gemalten Buchstaben auf dem grauen Papier. Doch sie sah nicht klarer. Nicht ein bisschen.

Wie ein ausgelutschter Kaugummi zogen sich die Tage in der Klinik hin. Irgendwer musste geredet haben, aber das war keine Überraschung. Ein Krankenhaus war die Nachrichtenbörse und Gerüchteküche schlechthin. Hatte sie ausnahmsweise Zeit für eine Mittagspause in der Cafeteria, sprachen die Kollegen sie an: »Was ist...

Erscheint lt. Verlag 5.8.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
ISBN-10 3-7543-8156-3 / 3754381563
ISBN-13 978-3-7543-8156-4 / 9783754381564
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