Die letzte Wahl (eBook)

Thriller

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
367 Seiten
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
978-3-7517-0972-9 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Die letzte Wahl -  Eric Sander
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Nominiert für den GLAUSER 2022 in der Kategorie 'Debütroman' - AUSZUG AUS DER JURYBEGRÜNDUNG: 'Ein echter Pageturner mit einer Hauptfigur, die Jäger und Gejagter zugleich ist. Eric Sander ist ein glaubwürdiger, packender und temporeicher Erstling gelungen'.

Die 'Volkspartei' will den Umsturz in Deutschland. Er will sie stoppen. Die Jagd beginnt

Als der Journalist Nicholas Moor mit seiner Tochter in einem abgelegenen Berghotel Urlaub macht, filmt er mit einer Drohne zufällig ein Geheimtreffen der aufstrebenden rechtspopulistischen Volkspartei. Die Aufnahmen sind brisant: Sie zeigen detaillierte Umsturzpläne für die Zeit nach dem erwarteten Wahlsieg. Die Security-Leute der Volkspartei haben die Drohne jedoch bemerkt, und sie sind gewillt über Leichen zu gehen, um zu verhindern, dass Nicholas die Pläne veröffentlicht. Er sieht nur noch einen ungeheuerlichen Ausweg, um den Staatsstreich zu verhindern ...



Eric Sander ist ein deutsch-französischer Journalist. Er hat Politikwissenschaft und Soziologie in Berlin und München studiert und schreibt für renommierte Medien wie die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Geschichte und Stern Crime. Die Gefahr durch Rechtsextremisten beschäftigt ihn, seit ihm seine Großmutter von der Besetzung ihres Heimatortes durch deutsche Soldaten erzählt hat.

Eric Sander ist ein deutsch-französischer Journalist. Er hat Politikwissenschaft und Soziologie in Berlin und München studiert und schreibt für renommierte Medien wie die Süddeutsche Zeitung, Spiegel Geschichte und Stern Crime. Die Gefahr durch Rechtsextremisten beschäftigt ihn, seit ihm seine Großmutter von der Besetzung ihres Heimatortes durch deutsche Soldaten erzählt hat.

1


Sieben Wochen vorher


Markus Hartwig ließ den Blick über die Menge schweifen. Der Marktplatz war völlig überfüllt. Mehrere tausend Menschen drängten sich an diesem Freitag im April zwischen den Fachwerkhäusern und der alten Kirche, zwischen den Bratwurstständen und den Geschäften mit den modernen Fassaden aus Glas und Stahl. Selbst in den Seitengassen standen noch Hunderte, die ihn reden hören wollten, obwohl sie von dort aus die Bühne kaum noch erkennen konnten.

Alle waren außer sich, klatschten, grölten und schwenkten die schwarzen Fähnchen mit dem Logo der Volkspartei. Und immer wieder brüllten sie seinen Namen: »Hartwig! Hartwig! Hartwig!«

Die Polizei hatte Mühe, die Männer und Frauen zurückzuhalten, die hinter den Absperrgittern standen und jetzt begeistert nach vorn drängten, um ihm nahe zu sein. Eine junge blonde Frau in der ersten Reihe warf ihm Küsse zu, ein Rentner mit einer ALDI-Tüte in der Hand hatte Tränen in den Augen. Ein paar Meter entfernt hielt ein Mann mit militärischem Kurzhaarschnitt sein Smartphone hoch und übertrug den Auftritt live bei Facebook.

Markus Hartwig blickte kurz zu seiner Pressefrau und lächelte. Er winkte, ballte die Fäuste und riss die Arme nach oben, wie er es in den vergangenen Wochen so oft getan hatte.

»Diese korrupte Koalition, dieses Regime hat endgültig abgewirtschaftet!«, rief er ins Mikrofon. »Die Kanzlerin ist so am Ende, dass sie nicht einmal die Vertrauensfrage im Bundestag überstanden hat. Diese Leute vertrauen nicht mal mehr sich selbst! Wie können wir ihnen dann vertrauen? Weg mit denen, sage ich!«

Wieder brandete Beifall auf.

Dann streckte er die Arme in Richtung der Menge aus. »Wenn ihr mir zujubelt, dann jubelt ihr auch euch zu.«

Seine Anhänger johlten.

»Wisst ihr, was der Unterschied ist zwischen mir und den Politikern der Altparteien? Ich spreche eure Gefühle aus, die die nicht ernst nehmen. Aber ich bin einer von euch – und wir sind das Volk! Und deshalb will ich bei der Wahl in sieben Wochen nicht einfach Kanzler werden, sondern Volkskanzler! Für euch!«

Die Masse tobte. Für einen Moment hatte er das Gefühl, sie würde nie mehr damit aufhören.

Es war wie im Rausch.

Aus den Augenwinkeln nahm Hartwig wahr, wie der schwarze Block, den seine Parteijugend gebildet hatte, nach vorn marschierte. Er näherte sich bedrohlich den wenigen Gegendemonstranten, die wütend in ihre Trillerpfeifen bliesen, was aber im Geschrei der Menge unterging. Hartwig wollte schon etwas brüllen und seine Anhänger noch mehr aufwiegeln, aber dann riss er sich zusammen und verneigte sich nur leicht in alle Richtungen.

Er durfte sich nicht zu sehr berauschen, sondern musste wachsam bleiben.

Er durfte den Plan nicht gefährden.

***

Sein Smartphone vibrierte. Schon zum fünften Mal. Dabei rutschte es jedes Mal näher an die Schreibtischkante. Nicholas Moor ignorierte es. Er wusste genau, wer ihn anrief, aber jetzt konnte er keine Ablenkung brauchen. Er starrte auf den Computermonitor in seinem Büro in der Redaktion des Münchner Abendblatts und fluchte. Nur noch zwanzig Zeilen, aber ihm fiel einfach nichts mehr ein. Dabei hatte er nur noch neun Minuten Zeit.

Er sah auf die hässliche große Uhr, die an der kahlen Bürowand hing, dann wieder auf den Bildschirm. Sogar der Cursor schien schneller zu blinken als sonst.

»Na, mal wieder am Schwitzen?«

Sein Kollege Lucas Wirtz stand in der Tür. Er trug wie immer sein überdimensioniertes Holzfällerhemd und lächelte wie jemand, der sich gnadenlos überlegen fühlt.

Der Online-Redakteur hatte seinen Text natürlich schon längst fertig. Wahrscheinlich hatte er sich sogar noch ein paar lustige YouTube-Videos mit tanzenden Kakadus angeschaut, bevor er mit seinem Kaffee in der Hand zum Nachbarbüro im siebten Stock des Verlagshochhauses gestapft war, um seinen Kollegen zu ärgern.

»Hmpfff«, machte Nicholas. Auf dem Bildschirm blinkte der Cursor immer noch. Hektisch. Aggressiv.

Noch fünf Minuten.

»Wieso schreibst du nicht einfach, dass es völlig egal ist, ob es bald noch mehr Obdachlose in München gibt? Schließlich sind es wegen der Wirtschaftskrise schon so viele, da kommt es auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr an. Wir bauen einfach ein paar neue Brücken, dann haben die auch einen Platz zum Schlafen.«

Nicholas schaute auf. Er wollte etwas Verächtliches erwidern, aber in diesem Moment klingelte das Telefon auf seinem Schreibtisch.

Er hob den Hörer ab. »Ich hab’s gleich, ich hab’s gleich!« Bevor seine Ressortleiterin am Ende der Leitung etwas sagen konnte, legte er wieder auf. Wenigstens hatte sich Lucas inzwischen verzogen.

Nicholas blickte sehnsüchtig durch die riesige Fensterfront und sah, wie am Horizont die Sonne über dem Alpenrand unterging. Er stellte sich vor, wie er auf einem Berg stand, ganz allein, ohne Abgabetermin, wie in der Bierwerbung, um ihn herum nur das Summen der Bienen und der beruhigende Geruch von Harz und Tannennadeln.

Das Smartphone vibrierte wieder. Diesmal rutschte es vom Schreibtisch und plumpste in den Papierkorb.

Nicholas starrte einfach weiter auf die Buchstaben auf dem Monitor, die immer weniger Sinn ergaben.

Das Handy brummte noch zweimal im Papierkorb, dann war endlich Ruhe.

Noch drei Minuten.

Das verhasste und doch so vertraute Gefühl von Panik stieg in ihm auf.

Früher hätte er so einen kleinen Kommentar in zwanzig Minuten heruntergerissen und sich nicht wie jetzt stundenlang damit abgemüht. Aber das war lange her – bevor die Katastrophe passiert war. Jetzt schwirrten ihm die Gedanken durch den Kopf, rasten von einer Ecke seines Gehirns in die andere und waren nicht zu greifen. Er setzte sich wie immer viel zu sehr unter Druck, selbst dieser kleine Kommentar sollte perfekt sein.

Es war doch egal.

Es war nicht egal.

Endlich akzeptierte er, dass es so einfach nicht funktionieren würde. Er griff in seine Schreibtischschublade und öffnete eine kleine Blechdose. Mit zittrigen Fingern nahm er eine der weißen Pillen und steckte sie in den Mund.

Er atmete tief ein und wieder aus und stellte sich vor, dass der Cursor eine Antenne war, mit der er Botschaften von seinem früheren Ich empfing.

Dann begann er zu schreiben.

***

Der Citroën CX fuhr auf der Wasserburger Landstraße, Richtung stadtauswärts. Es wurde schon langsam dunkel, und Nicholas war zu spät dran. Er war angespannt, wie immer, wenn er sich auf den Weg zu seiner Ex-Frau Sandra machte. Aber wenigstens hatte sich der übliche Stau bereits aufgelöst, der jeden Freitag entstand, wenn sich die Münchner gleichzeitig ins Wochenende stürzten.

Auf der Rückbank des alten Wagens stapelten sich abgegriffene Magazine und Zeitungen, am Boden standen seine Winterstiefel. Die beiden leeren Bierkästen im Kofferraum klapperten jedes Mal, wenn er scharf um eine Ecke bog. Hinter dem Beifahrersitz lag in einem großen Karton die Drohne, die ihm Lucas noch mitgegeben hatte.

Man sah dem Wagen nicht an, wie sehr Nicholas ihn mochte. Dabei hatte er wochenlang im Internet gesucht, um genau dieses seltene Modell von 1975 mit der hellbraunen Metallic-Lackierung zu finden. Er hatte es schließlich einem alten Polizisten aus Frankreich abgekauft, der steif und fest behauptet hatte, das Auto habe früher Alain Delon gehört. Nicholas hatte den CX schon als Kind geliebt, als Bekannte seiner Eltern einen fuhren. Die flache, futuristische Karosserie, die hydro-pneumatische Federung, die den Wagen fast schweben ließ, und der seltsame eckige Tacho wie in einem Raumschiff – der CX stammte aus einer Zeit, als sich die Menschen noch auf die Zukunft freuten. Die Dellen und tiefen Kratzer von dem Unfall vor zwei Jahren hatte er längst entfernen lassen, sie waren nur noch zu erkennen, wenn man sehr genau hinsah.

Nicholas schaltete das Autoradio ein. In den Nachrichten ging es ausschließlich um den Wahlkampf. Nach einer gescheiterten Vertrauensfrage vor zwei Monaten war die Kanzlerin zurückgetreten, es waren nur noch sieben Wochen bis zur vorgezogenen Bundestagswahl Mitte Juni, und die Medien wurden immer hysterischer. Ständig wurden Politiker interviewt, ständig gab es Diskussionsrunden, in denen aber nie wirklich diskutiert wurde, weil nie jemand seine Meinung änderte. Im Studio analysierten Experten die Politikersprüche, dann interviewten sich die Experten gegenseitig, und Meinungsforscher und Social-Media-Redakteure verkündeten die jüngsten Umfrageergebnisse.

Es war wie bei einem Pferderennen. Es ging nur darum, wer gerade aussichtsreich in Führung lag, wer dicht dahinter lauerte, wer ins Feld zurückgefallen war und wer nur noch weit abgeschlagen hinterhertrabte. Nicholas kannte dieses Spiel zur Genüge, er hatte es schließlich jahrelang selbst mitgespielt. Bis der Unfall alles verändert hatte. Jetzt war das nicht mehr seine Welt.

Er wollte schon den Sender wechseln, als der Moderator zu einem Wahlkampfauftritt von Markus Hartwig schaltete.

»Wenn ich komme, dann räume ich auf mit dem Filz der Altparteien«, brüllte der Spitzenkandidat der Volkspartei, »dann wird wieder Politik für uns gemacht, für das Volk. Deutschland zuerst!«

Seit Kurzem beendete Hartwig jeden seiner Auftritte mit dieser Parole. Die anderen Parteien und die meisten Medien hatten ihn dafür kritisiert, aber seit er seinen Ton verschärft hatte, legte er in den Umfragen ständig zu. Und auch jetzt hörte man, wie seine Zuhörer in lauten Jubel...

Erscheint lt. Verlag 30.7.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Bundestagswahlen • Journalist • Politthriller • Spannung • Thriller • Umsturz • Verschwörung • Verschwörungsthriller
ISBN-10 3-7517-0972-X / 375170972X
ISBN-13 978-3-7517-0972-9 / 9783751709729
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