Inside Affair (eBook)
300 Seiten
Sieben Verlag
978-3-96782-008-9 (ISBN)
Kapitel 1
Xander
„Das ist alles von uns hier bei Global News an diesem Donnerstagabend. Ich bin Alexander Thorne, danke fürs Zuschauen und gute Nacht.“
Ich richtete mein vertrautes Lächeln auf Kamera Eins und beobachtete, wie die letzten Worte auf dem Teleprompter verschwanden. Dann hörte ich in meinem Ohr: „Uuund, wir sind raus. Alles klar.“
Ich nickte dem Kameramann zu und gab ihm damit das Zeichen, dass wir startklar waren. Dann schloss ich den Laptop. Die Tür des Studios öffnete sich und Jim Berkel – mein Produktionsleiter – kam herein.
Er hatte die Kopfhörer noch auf, das Mikrofon jedoch ausgeschaltet, und ging durch den Gang auf mich zu. Sein müdes Gesicht wirkte angespannt, er versuchte zu lächeln, scheiterte aber kläglich.
„Ausgezeichnete Show heute Abend. Gute Arbeit. Besonders die A und C Blocks. Die liefen sehr glatt.“
Ich sammelte die Papiere vor mir zusammen und betrachtete meinen Produktionsleiter aufmerksam. Jim und ich arbeiteten jetzt seit fast sechs Jahren zusammen, er versorgte mich über meinen Ohrstöpsel mit den wichtigsten Fakten und Informationen über einige der größten Nachrichtenereignisse, die es in diesem Land je gegeben hat. Aber in der ganzen Zeit, seit ich ihn kannte, hatte er sich noch nie wegen einer ganz normalen Sendung so bei mir eingeschleimt.
Während der letzten vierundzwanzig Stunden war nichts Katastrophales passiert, was bedeutete, dass die Storys, die wir heute Abend gebracht hatten, nicht Last Minute und daher gut vorbereitet gewesen waren. Also konnten die grimmige Linie um seinen Mund und der Stress, der in seinen müden Augen lauerte, nur eins bedeuten – irgendetwas war im Haus vorgefallen. Etwas, das mir nicht gefallen würde.
„Ich bin deiner Meinung, es war ein guter Abend. Und so sehr ich auch deine persönliche Zusammenfassung und Rezension der Show zu schätzen weiß, warum hörst du nicht auf, mir Honig ums Maul zu schmieren und sagst mir, warum du wirklich hier bist?“
„Das ist der wahre Grund.“
„Irgendwie bezweifle ich das ernsthaft.“ Ich schob mich vom Tisch zurück, stand auf und zog den Ohrstöpsel heraus. „Du stürmst nach einer Show nur hier rein, wenn ich etwas verpatzt habe oder Marcus auf dem Kriegspfad ist …“
„Marcus will in seinem Büro mit dir sprechen.“
Verdammt. Ich hasste es, recht zu haben. Denn wenn Marcus St. James, der Präsident der Nachrichtenabteilung, unter vier Augen mit einem reden wollte, war das nie etwas Gutes. „Warum?“
„Ich weiß es nicht.“
„Weißt du es wirklich nicht? Oder weißt du es und willst es mir nur nicht sagen?“
„Macht das einen Unterschied?“
Nicht wirklich. Wenn Marcus rief, sprang man. So lief es einfach, selbst wenn man die Nummer eins in der Nachrichtenwelt war. „Sag ihm, dass ich komme, sobald ich mich umgezogen habe.“
„Er sagte, jetzt.“
Okay. Ich wusste selbst am besten, dass, wenn Marcus sagte ‚spring’, die einzige Antwort ‚wie hoch?’ lauten durfte.
Ich nahm Mikrofon und Ohrstöpsel ab und gab sie Jim, während wir aus dem Studio gingen. Jetzt, wo der Abend sich dem Ende neigte – zumindest unser Teil davon – verwandelte sich die Nachrichtenabteilung in eine stumme Version ihrer selbst. Köpfe waren über Tastaturen geneigt, Blicke klebten an Computerbildschirmen, denn alle beendeten für heute ihre Arbeit und bereiteten sich darauf vor, innerhalb der nächsten Stunde zu gehen. Aber als ich am Schreibtisch meines Assistenten Ryan vorbeikam, sah er auf und zeigte mit seinem Stift in meine Richtung.
„Marcus …“
„Will mich sehen, ich weiß.“
Ryan warf Jim, der mir auf den Fersen folgte, einen Blick zu und fügte hinzu: „Ja, aber du sollst allein kommen.“
Fantastisch. Das verhieß nichts Gutes. Dieser scheinbar so unkomplizierte Abend wurde langsam immer rätselhafter und nerviger. Es gab nur zwei Gründe, warum eine Person überhaupt ins Büro von Marcus St. James gerufen wurde, und einer endete üblicherweise damit, dass diese Person nie wieder einen Fuß in dieses Gebäude setzte.
Aber ich hatte nichts falsch gemacht, jedenfalls erinnerte ich mich an nichts, also war es mir ein Rätsel, was der Allmächtige da oben von mir wollte.
„Okay. Sagst du ihm dann bitte, dass ich auf dem Weg nach oben bin?“
Als ich auf die doppelflügelige Tür der Nachrichtenabteilung zuging, hörte ich Ryan rufen: „Klar, Boss.“ Ich ging durch die Tür und schnurstracks zu den Fahrstühlen.
Marcus’ Büro war zwei Etagen höher, und als ich in den Flur hinaustrat, begrüßte mich ein wandgroßes Poster meines Gesichts, über dem Global News mit Alexander Thorne stand. Es war die neue Werbung, die der Sender für den Sommer geplant hatte, und als ich dort stand und mich selbst musterte, entschied ich, dass sie keinen schlechten Job gemacht hatten.
Die Kulisse des neuen Studios, das hinter mir in Weiß und Blau beleuchtet wurde, brachte meine Augen und die silbernen Strähnen in meinem dunklen Haar zur Geltung. Das Ganze sah klassisch, elegant und weltgewandt aus. Mit anderen Worten, genauso wie der Fernsehsender es geplant hatte.
Ich ging den Flur hinunter auf Marcus’ Büro zu und kam an dem Schreibtisch vorbei, wo normalerweise Carmen, seine Assistentin, saß. Offenbar war sie in den Feierabend geschickt worden, nach ihrem leeren Platz und der so gut wie verlassenen Abteilung zu urteilen. Als ich bei seiner Bürotür ankam, konnte ich nur glückliche Carmen denken.
Ich nahm mir eine Sekunde, um mich zu wappnen, und klopfte dann an.
„Es ist offen.“
Ich schob die Tür auf und betrat den einen Raum im Gebäude, den ich aktiv zu vermeiden versuchte. Und als mein Blick auf den Mann fiel, der hinter dem protzigen Schreibtisch saß, wartete ich darauf, dass Marcus hochblicken und meine Anwesenheit zur Kenntnis nehmen würde. Er tat es nicht.
„Du bist spät dran. Die Übertragung war vor fünfzehn Minuten zu Ende.“
Mein Rücken versteifte sich bei dem anschuldigenden Tonfall. Seine Stimme war die eines Schulrektors, der sich an ein bockiges Kind wendet, und nicht an den Anchorman Nummer eins des Senders und des Landes.
Als ich nicht sofort antwortete, sah Marcus endlich von dem auf, was er las und fixierte mich erwartungsvoll. Aber ich wollte mich auf keinen Fall entschuldigen.
„Ich brauchte ein paar Minuten, um das Mikro loszuwerden und hierherzukommen.“
„Ich verstehe.“ Marcus schob sich vom Tisch weg, stand auf und war mit seinen über einsneunzig eine beeindruckende Gestalt, das musste man ihm lassen. Dazu kamen sein selbstherrliches Auftreten, schlaue Augen und ein Kopf voll goldblondem Haar – womit er mich an einen Löwen erinnerte, der seine nächste Mahlzeit abschätzte.
Mit zweiundvierzig galt Marcus in der Welt der Fernsehsender als jung. Aber das hatte ihn nicht davon abgehalten, sich den Ruf einzuhandeln, mörderisch und zäh zu sein, wenn es um seinen Job ging. Er hatte einen Blick, mit dem er Glas schneiden konnte und ein Gemüt, bei dem es einem eiskalt wurde, und in der ganzen Zeit, seit ich ihn kenne, hatte ich ihn meiner Erinnerung nach nicht einmal lächeln sehen.
„Du hast heute Abend eine gute Show gemacht.“ Die Bemerkung war eher sachlich als schmeichelhaft. Er ging um seinen Schreibtisch herum.
„Das stimmt.“ Ich sagte nichts weiter, denn ich schuldete ihm nicht wirklich etwas. Ich arbeitete jetzt seit Jahren für ENN – fast zehn – und kannte meinen Wert genauso gut wie Marcus. Wenn er also ein Problem hatte, oder ihm etwas auf der Seele lag, dann konnte er es ebenso gut gleich sagen.
Marcus verschränkte die Hände hinter dem Rücken und blieb vor mir stehen. „Es gibt keine leichte Möglichkeit, das zu sagen …“
„Warum sagst du es dann nicht einfach?“ Bei meinem frostigen Tonfall kniff Marcus die Augen zusammen, aber nachdem ich wie ein kleiner Praktikant hierher gerufen worden war, verlor ich langsam die Geduld.
„Also gut. Heute Morgen wurde auf unserer Webseite eine Drohung gegen dich veröffentlicht.“
Okay. Das hatte ich nicht erwartet. Ein heftiger Tadel wegen etwas, das ich getan hatte … vielleicht. „Eine Drohung?“
„Ja.“
Jetzt hatte er auf jeden Fall meine Aufmerksamkeit. Es war nicht so, dass ich in der Vergangenheit nicht schon bedroht worden wäre. Ich war ein Nachrichtensprecher, der kein Geheimnis...
Erscheint lt. Verlag | 30.10.2021 |
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Reihe/Serie | Prime Time Trilogie |
Prime Time Trilogie | |
Übersetzer | Sylvia Pranga |
Verlagsort | Brensbach |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | Contemporay Romance • gay for you • gay romance • Liebesroman • Nachrichten • News • Schwule Literatur • USA • zeitgenössischer Liebesroman |
ISBN-10 | 3-96782-008-4 / 3967820084 |
ISBN-13 | 978-3-96782-008-9 / 9783967820089 |
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