Stadtgeschichte
Ingólfurs Landnahme und die Geschichte mit den Holzbalken: Die überlieferte Story zur Besiedlung ist geradezu mythisch: Um das Jahr 870 hatte laut Landnahmebuch Ingólfur Arnarson, wie es Brauch war, seine mit geschnitzten Götterabbildungen verzierten Hochsitzpfeiler in die Meeresfluten geworfen. Die Strömung trieb sie westwärts in die karge Bucht mit den rauchenden Quellen beim Esja-Massiv - hier sollte der norwegische Wikinger und offiziell der erste Siedler seinen Hof errichten, nachdem sein Knecht die Holzbalken hier gefunden hatte. Der Landnehmer Ingólfur gab dem neuen Zuhause den Namen „Rauchbucht“, obwohl der Recke wohl eher Dampf als Rauch erblickte. Heute thront sein Denkmal mitten im Zentrum auf dem Hügel Arnarhóll. Der Bericht des Landnahmebuchs wird archäologisch gestützt. Bei Grabungen konnten die Grundmauern eines nordischen Langhauses in der Nähe des Sees Tjörnin entdeckt werden, die in einer kurzweiligen Ausstellung zu bestaunen sind (→ Link). Von geschichtlicher Bedeutung war der Ort ansonsten für Jahrhunderte nicht - es gab lange Zeit einfach nur drei Bauernhöfe in Nes (heutige Halbinsel Seltjarnarnes), in Reykjavík und in Laugarnes. Blick von der Hallgrímskirche
Vom Bauernhof zum Bischofssitz: Die dänische Krone kam im 13. Jh. in den Besitz von Bessastaðir, Gufunes und später in den von Nes, dessen Anwesen mit der Insel Hólmur zur Handelsstation wuchs und damit hochinteressant war. Im 17. Jh. verleibte sich das Königshaus den wichtigen Hof Reykjavík ein.
Die Basis dafür, dass Reykjavík eine wichtigere Rolle in Wirtschaft und Politik spielen konnte, legte Skúli Magnússon, der heute als „Vater der Stadt“ gilt. Er betrat 1749 als damaliger Landvogt mit Residenz in Bessastaðir (→ Halbinsel Reykjanes) die politisch-ökonomische Szene. Er bewirkte zahlreiche Entwicklungen, die zum Aufschwung der Rauchbucht führten. Skúli vertrat vor dem König seine Pläne und engagierte sich für das Wohlergehen der Isländer in der Zeit des entwicklungshemmenden dänischen Handelsmonopols. Wenig später konnte der Betrieb von Fell- und Wollverarbeitung aufgenommen werden. Der Gewerbeaufseher, der fachkundige Arbeitskräfte nach Island holte und so die Weiterentwicklung förderte, blickt von seinem Denkmalsockel in der Aðalstræti, ein Werk Guðmundur Einarssons von 1951. Die dänischen Monopolisten stellten sich einem solchen, für sie schädlichen Einsatz natürlich vehement entgegen und wussten geschickt das Aufblühen einer eigenen isländischen Wirtschaft zu verhindern. Der restriktive dänische Umgang mit Island änderte sich allerdings nach der Laki-Katastrophe von 1783, als der Not entgegengewirkt werden musste und eine neue Handelspolitik umgesetzt wurde. Von Skúlis Anstrengungen war zwar nicht viel übrig geblieben, aber immerhin wurde in seiner Zeit der Stadtkern angelegt.
Mit der Verleihung des Stadtrechts 1786 ernannte der dänische König den Ort mit dreißig Wohnungen und 167 Einwohnern zum „kaupstaður“ - aus dem Bauernhof war eine Handelsstadt geworden und das Handelsmonopol ein weiteres Stückchen gelockert worden. Nicht nur im Bereich der Fischerei steigerte sich allmählich die Bedeutung der Stadt, sondern auch mit der Verlegung des Bischofssitzes und der Lateinschule 1784 von Skálholt in die Rauchbucht. 1843/44 siedelte auch das Recht sprechende Alþingi nach Reykjavík über - nun schon mit etwa 1500 Einwohnern. Dänische Kaufleute, die nicht gerade gern gesehen waren, übten weiterhin einen starken Einfluss aus, zumal die Handelseinschränkungen noch bis 1854 galten. Die Fischer lebten gleichwohl noch lange in ärmlichen Verhältnissen.
Weiterhin schwierig blieb die Versorgung Reykjavíks auf dem Landwege. Lavafelder und die Berge des Hochlands waren große Hindernisse auf dem Weg zu anderen Zentren und den landwirtschaftlich genutzten Gebieten. Die Entwicklung schritt langsam weiter. 1842 verbot die Verwaltung der Stadt den Bau von Torfhäusern. 1874 erhielt das Parlament Gesetzgebungsbefugnis. Die Stadt konnte schließlich mit dem Aufbau eines ausgebauten Wegenetzes ihren Aufschwung nehmen.
Tricks und Tipps zur Stadterkundung
Stadtplan Liegt an vielen Stellen kostenlos aus.
Parken Falls Sie mit einem Wagen reisen, lassen Sie ihn lieber bei der Unterkunft stehen, in der Innenstadt geht es zu wie in anderen europäischen Städten, und Parkplätze sind knapp (es gibt Abstellmöglichkeiten am Straßenrand, wenige Parkhäuser und einige Parkplätze auf Brachflächen).
City Card Enthält viele Eintrittstickets (Museen, Busse und Schwimmbäder) und gilt für 24, 48 oder 72 Std., ab ISK 4000. Erhältlich in der Touristinformation, am Campingplatz, in einigen Hostels oder an Busterminals. Mit kleiner Broschüre. Infos auch unter www.visitreykjavik.is (Onlinekauf möglich). Buspässe Siehe unter Stadtbusse
Fahrrad- & E-Bike-Verleih Z. B. bei Borgarhjól, Hverfisgata 50 (im Zentrum), Tel. 5515653, www.borgarhjol.is, oder in der Jugendherberge bzw. am Campingplatz. Rechnen Sie mit ISK 5000/Tag. Tipp: an der Küste entlang fahren! Einige Radwege wurden eingerichtet.
Touren durch die Stadt Citywalk: Die englischsprachige Stadttour (mit einem Einheimischen) kann man über die Homepage citywalk.is buchen. Um eine angemessene Spende wird gebeten. freewalkingtour.is: Genaue Infos über diese 1½ Std.-Tour gibt es im Netz bzw. bei Facebook. Geführte Radtouren organisiert u. a. Reykjavík Biketours. Geführt werden sie von der freundlichen Deutschen Ursula und dem Isländer Stefán; 2½ Std. und 7 km für ISK 7500. Tel. 6948956, www.icelandbike.com. Per App: „Reykjavik Culture Walks“.
Das moderne Reykjavík: Die Einwohnerzahl stiegen im Zuge der Technisierung der Fischwirtschaft deutlich an, innerhalb der ersten zehn Jahre des 20. Jh. verdoppelte sie sich auf knapp 12.000 - und Reykjavík war immer noch weit von einer Großstadt entfernt. „Eine merkwürdige Stadt“, es gebe „kein Militär, keine Droschken und keine Trambahn und nur drei Polizisten“, krittelte 1923 der Reisende Pudor überheblich. Dass es einmal einen großen Flughafen geben würde, konnte er nicht ahnen, mit den Schienenfahrzeugen sollte er allerdings Recht behalten. Das Zeitalter der Wellblech-Architektur ging zu Ende (nach dem Brand von 1915 wurde der Bau von Holzhäusern verboten), der Hafen wurde ausgebaut, die Insel wurde ans Telegrafennetz angeschlossen, zudem die Universität und die isländische Schifffahrtsgesellschaft Eimskip wurden gegründet. Die britische Besatzung in Reykjavík löste ab Mai 1940 einen Nachfrage- und Modernisierungsschub aus, der ein Motor für die Stadtentwicklung war. Mit der Hallgrímskirche wurde 1986 ein markantes Wahrzeichen der Stadt fertiggestellt, es folgten der Umbau eines Heißwasserreservoirs 1991 zum „Perlan“ (→ Link) und 2011 die großdimensionierte Konzerthalle Harpa. Gratis Warmwasser und beheizte Gehwege
Rund 50 Bohrlöcher, die durchschnittlich 500-2000 m tief reichen, versorgen Reykjavík mit Warmwasser. Professionelle Bohrungen begannen in Reykjavík ab 1928 im Laugardalur, man förderte 14 Liter Wasser pro Sekunde mit einer Temperatur von 87 °C. 1930 wurde das erste Gebäude, eine Schule, mit dieser natürlichen Energieform beheizt. Seit 1970 sind nahezu alle Wohnhäuser der Stadt mit Heißwasser versorgt. Das geothermal erhitzte Wasser stammt hauptsächlich aus der Umgebung. Den Rest der Versorgung deckt das Hengill-Hochtemperaturgebiet. Das dortige Wasser wird aufgrund seiner aggressiven Mineralien und Gase nicht direkt ins Rohrleitungsnetz gespeist, sondern zur Erwärmung kalten Wassers verwendet. In der Innenstadt werden einige Gehsteige von einem Gewirr an Warmwasserleitungen erwärmt und eisfrei gehalten.
Einige Gehsteige der Innenstadt bekommen eine Heizung
Minimetropole und touristischer Hotspot im 21. Jahrhundert: Reykjavík ist heute - nach einem im Land...