Um unsere Webseiten für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend zu verbessern, verwenden wir Cookies. Durch Bestätigen des Buttons »Akzeptieren« stimmen Sie der Verwendung zu. Über den Button »Einstellungen« können Sie auswählen, welche Cookies Sie zulassen wollen.

AkzeptierenEinstellungen

Neues Land (eBook)

(Autor)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
244 Seiten
tredition (Verlag)
978-3-347-18695-8 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
5,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Eine Neubausiedlung, drei Frauen und ihre Freundschaft. Anna, Sandra und Vanessa ziehen gemeinsam mit ihren Familien in die Neubausiedlung einer schwäbischen Kleinstadt, wo sie sich durch große Fensterfronten zuwinken können. Über ihre Kinder lernen sie sich näher kennen und stellen sich der Herausforderung, trotz unterschiedlicher Lebenseinstellungen von Nachbarinnen zu Freundinnen werden zu können. Auf dem Weg dorthin verändern sie nicht nur ihre Einstellung gegenüber sich selbst, sondern auch gegenüber der Umwelt und entdecken, dass Freundschaft in Zeiten des Wandels die beste Art ist, dem Leben zu begegnen. Dabei wird die Geschichte dieser besonderen Nachbarschaft durch Alltägliches, aber auch Belastendes skizziert: Das Verschwinden von Freundschaften, der technische Fortschritt, der Immobilienwahnsinn, der Tod von Sandras Großtante, das (Über-)Leben von Annas Mutter in Hamburg, die Trennung zwischen Sandra und ihrem Mann, die Coronazeit und der zunehmende Klimawandel. Ein Buch, das fein, leise und langsam wachsend hinter die Fensterfronten schaut, hinein in einsame Herzen, in scheues Kennenlernen und in ein vorsichtiges Entstehen von Freundschaften und dabei nachhaltig aufzeigt, was im Leben wirklich wichtig ist.

Nicole Weis ist Ärztin und berät Krebspatienten zu naturheilkundlichen Begleittherapien. Sie wurde 1970 in Hamburg geboren, hat in Hamburg Medizin studiert und ist nach mehreren Kliniktätigkeiten im In- und Ausland vor mehr als zwanzig Jahren nach Süddeutschland gekommen, wo sie heute in einer Kleinstadt lebt. Seit ihrem 12. Lebensjahr schreibt sie Romane, Erzählungen und Gedichte. www.lyrikleben.de

Nicole Weis ist Ärztin und berät Krebspatienten zu naturheilkundlichen Begleittherapien. Sie wurde 1970 in Hamburg geboren, hat in Hamburg Medizin studiert und ist nach mehreren Kliniktätigkeiten im In- und Ausland vor mehr als zwanzig Jahren nach Süddeutschland gekommen, wo sie heute in einer Kleinstadt lebt. Seit ihrem 12. Lebensjahr schreibt sie Romane, Erzählungen und Gedichte. www.lyrikleben.de

Nachbarn

Mit den Nachbarn der anderen Häuser hatte Anna viel weniger Kontakt, obwohl die Abstände zwischen den Grundstücken eine Reihenhausreihe weiter auch dort nicht groß waren. Und obwohl sie mehrere Häuser weiter immer noch bis in die Küche hineinschauen konnte, weil niemand mehr Gardinen hatte, reichte der Blick dann doch nicht für ein Winken. Anna schaute in die Häuser, vielleicht auch durch die Ritzen der heruntergelassenen Jalousien, aber nicht in die Herzen der Menschen hinein. Und da sie nicht so direkten Kontakt bis ins Wohnzimmer hatte, traf sie im Winter die anderen Nachbarn nur, wenn sie die Mülleimer herausstellte.

Ja, die meisten Nachbarn waren nett. Aber man kannte sich zu wenig. Und schließlich konnte man auch nicht so wie auf Facebook mit jedem befreundet sein. Im wirklichen Leben war es dann doch etwas ganz anderes.

Zwischen den Männern war es noch schwieriger, Freundschaften zu schließen. Denn wer den ganzen Tag arbeitete, war fast nie zuhause. Und doch gab es Freundschaften, die langsam entstanden, zwischen den Radfahrern, den Gärtnern oder den Oldtimerliebhabern. Letztere fuhren dann mit geruchsintensiven Autos einmal durch die ganze Neubausiedlung, wie um zu zeigen, dass früher die Feinstaubbelastung noch viel schlimmer gewesen war.

Nein, Männer winkten sich nicht gegenseitig durch Fenster zu. Männer trafen sich auch nicht auf dem Spielplatz. Dafür standen sie im Sommer zusammen am Grill oder liehen sich Gartengeräte aus. Und im Winter gab es auch nette Nachbarn, die den Weg mit der Schneeschippe bis zum Eingang des anderen verlängerten, wenn die eigenen Männer es vergessen hatten.

Anna fand, dass sich im Vergleich zu früher nicht viel geändert hatte: Die Liebe zu alten Autos, die Rollenverteilung zwischen Mann und Frau. Sandra war da anderer Meinung: Schließlich gingen die Männer neuerdings sogar zu Grillseminaren, um kochen zu lernen. Anna, die Feministin und Hobbyköchin, musste ihr natürlich widersprechen: Das nennst Du kochen, wenn man nur ein Steak ankokelt? Bevor ein Streit entbrannte, lenkte Vanessa lieber ein: Ist doch alles halb so schlimm. Denkt doch nur mal daran, dass unsere Väter und Großväter noch in Schützengräben gelegen haben. Der Satz saß richtig, so spitz wie ein Pfeil. Und Anna, die Vergleiche liebte, verstummte und war froh, eine Geschichtslehrerin als Nachbarin und Freundin zu haben.

Die anderen Nachbarn hingegen wurden keine Freunde. Das zeigte sich schon recht früh, als sich die ersten Unterschiede offenbarten und die ersten Streitigkeiten über kleine und große Nichtigkeiten ausgetragen wurden. Am häufigsten wurde sich um Parkplätze gestritten, da einige Familien mehr als zwei Autos hatten, die dann nicht mehr in die Garagen passten. Wenn dann auch noch ein Oldtimer dazu kam, konnte es schon mal eng werden. Der Streit, wenn sich die Autos gegenseitig blockierten, war jedes Mal heftig, besonders weil sich alle im Recht fühlten. Worte fielen, die woanders ein Hausverbot zur Folge gehabt hätten. Für einen Moment vergaß man, dass man sich jeden Tag sah und nun im Gesicht des anderen im schlimmsten Fall das MoFu-Wort ablesen konnte.

Wie bei jeder guten Ehe gingen sich die Nachbarn danach aus dem Weg, auch wenn es eigentlich aufgrund der Grundstücksgrenzen unmöglich war. Zwangsläufig kam irgendwann der point of no return, an dem jeder sein eigenes Leben lebte und die jährlichen Straßenfeste im Sommer vergessen wurden. Es fand sich auch keiner mehr, der das Risiko eingehen wollte, sich bei den notorischen Nörglern wegen der nicht enden wollenden Suche nach einem passenden Termin unbeliebt zu machen. Nun blieb man eben unter sich, und aus dem Straßenfest wurde eine spontane Glühwein-Hocketse unter denen, die sich sowieso trafen, wenn ihre Kinder Schlitten fuhren. Wie bei einer guten Ehe, blieb es bei dem einen Mal Spontanität. Ist doch nicht weiter schlimm, entgegnete Vanessa, die sowieso nicht in der Kälte stehen wollte, um sich den Allerwertesten abzufrieren.

Nachdem die ersten Namensschilder angebracht waren, kamen auch die Hausierer. Die erste, die von Tür zu Tür ging, machte sich schon von weitem bemerkbar. Sie schlich nicht am Straßenrand entlang, sondern trippelte auf der Mitte der Straße, summte und kreiste mit den Armen als wäre sie eine Tänzerin, die Flugblätter für Zumbakurse verteilte. Neugierig wie anfangs alle waren, wurden die Türen geöffnet, wenn sie klingelte. Nachdem man jedoch herausbekommen hatte, was sie wirklich wollte, tat man lieber so, als wäre niemand da und als seien die lachenden Kinder hinter der Tür nur ein ganz normaler Klingelton.

Einmal klopfte sie bei Sandra vorne an die Fensterscheibe zum Treppenaufgang. Sandras Kinder spielten gerade im Flur. Sandra, die gerade keine Lust hatte, die Tür aufzumachen, robbte in den Flur und erklärte den Kindern, dass sie jetzt Indianer spielen würden. Gemeinsam robbten die Kinder ihr hinterher ins Wohnzimmer, außer Sichtweite der Treppe, wo Sandra das Chaos der gestrigen Tage überblicken konnte. Die Haufen aus Spielzeugautos und Kuscheltieren und die Reste vom Mittagessen, die noch auf dem Fußboden klebten. Nein, Besuch wollte Sandra an so einem Tag von niemandem empfangen, und schon gar nicht von Hausierern, die an die Fensterscheibe klopften.

An geeigneteren Tagen war die Hausiererin mit dem tänzerischen Hüftschwung jedoch gern gesehen, vorausgesetzt man hatte Zeit. Denn sie war ein echtes Unikat und verteilte als Ökomissionarin Flugblätter und gute Ratschläge und wies einem zur Begrüßung auf die neuesten Ökosünden hin: das vom Wind herbeigewehte Plastik im Vorgarten, der Brandgeruch der Komfortöfen oder das neueste Auto des Nachbarn. Wenn sie mit ihrem Das müssen wir erst noch lernen begann, machte man am besten gleich die Tür wieder zu, oder ließ sich von ihr eine halbe Stunde lang geduldig erklären, warum sie eine Palmölphobie hatte, eine Planetendiät durchzog und wie sie ihren Hund zum Vegetarier umerzogen hatte.

Wenigstens ihre Verabschiedung gab keine Rätsel auf, wenn sie einem in breitestem Schwäbisch ein Adeele entgegen trällerte.

Drei Jahre, nachdem fast alle eingezogen waren, wurden auch die letzten Häuser fertig gestellt. Bis auf ein Grundstück, das Jahre später zum Spekulationsobjekt wurde. In eines der letzten fertigen Häuser zog Annas frühere Kollegin aus der Klinik ein. Eine Krankenschwester und ein Architekt mit vier Kindern. Sie waren auch die ersten, die auf die Idee kamen, noch ein halbes Stockwerk obendrauf zu setzen, damit mehr Platz war für ihre Kinder. Unten Platz zum Spielen und unter dem Dach eine Bettenlandschaft, die fast wie ein kleines Baumhaus aussah, selbstgebaut von ihrem Mann, dem Allrounder.

Eigentlich war Susanne nicht zu beneiden. Denn die jüngsten Zwillinge waren so nicht geplant. Susannes Eltern starben kurz nach ihrer Geburt an einem Autounfall. Aber Susanne gehörte zu der Sorte Mensch, die sich nichts anmerken ließ. Sie war eine zierliche Frau, aber das konnte täuschen. Denn der Wirbelwind mit kurzem Bubikopf war immer gut gelaunt und durch nichts aus der Ruhe zu bringen. Obwohl ihr Mann als Architekt nicht viel verdiente und sie mit vier Kindern mangels Großeltern nicht mehr arbeiten konnte, sah man ihr die Anstrengungen der letzten Jahre und die schlaflosen Nächte nie an. Sie schien nicht zu altern, sie blieb immer auf dem Level einer dreißigjährigen Frau, die ihre besten Jahre jetzt und nicht erst in der Zukunft erlebte.

Wenn Herzlichkeit eine Währung war, dann war Susanne sehr reich. Außerdem hatte Susanne die Gabe, alles mit einem Lächeln unter einen Hut zu bringen: Als Ehrenamtliche im Sportverein, als Kochmutter in der Schulkantine, als Umzugshelferin für Flüchtlinge und schließlich als Anlaufstelle für herrenlose Hunde. Nein, Susanne war nichts zu viel. Das, was andere in ihrem ganzen Leben nicht hinbekamen, konnte Susanne in einer Woche erledigen. Und Anna fand schließlich, dass Susanne doch zu beneiden war, auch wenn ihr Optimismus manchmal anstrengend sein konnte. Denn immerhin, Susanne hatte das Potenzial, auf diese Weise sehr alt zu werden. Glücklich war sie ja schon.

Eine ähnlich lose Verbindung wie zu Susanne pflegte Anna auch mit ihrer einzigen noch erhaltenen Schulfreundin. Julia war nach München gezogen, in einen Stadtteil mit drei Bioläden und gefühlt vier Porsche-SUV vor jeder Haustür. Die Nachbarn von Annas Schulfreundin waren noch eine Spur verrückter als oben in Salzbach. Häuser aus Glas, deren Bewohner zum Bauern herausfuhren, um die Tomaten selbst vom Strauch zu pflücken. Dies war jedes Mal ein einmaliges Erlebnis, weil der Bauer fast jede einzelne Tomate mit Namen benennen konnte. Zurück ging es dreißig Kilometer mit dem SUV wieder nach Hause und dem Gefühl, etwas Gutes getan zu haben.

Alle sechs bis acht Wochen zu den Schulferien, wenn Anna sich eine kleine Auszeit nahm, kam Julia kurz zu Besuch, meist auf einen Kaffee. Julia, die kinderlos geblieben war, befand sich wie so...

Erscheint lt. Verlag 25.5.2021
Verlagsort Ahrensburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Freundschaft • Immobilien • Klimawandel • Mobilität • Umweltschutz • Zusammenhalt
ISBN-10 3-347-18695-8 / 3347186958
ISBN-13 978-3-347-18695-8 / 9783347186958
Informationen gemäß Produktsicherheitsverordnung (GPSR)
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,0 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Roman

von Wolf Haas

eBook Download (2025)
Carl Hanser Verlag München
18,99
Roman

von Percival Everett

eBook Download (2024)
Carl Hanser Verlag München
19,99
Roman

von Chimamanda Ngozi Adichie

eBook Download (2025)
S. Fischer Verlag GmbH
19,99