Blutige Nordsee. Ostfrieslandkrimi -  Dörte Jensen

Blutige Nordsee. Ostfrieslandkrimi (eBook)

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2021 | 1. Auflage
200 Seiten
Klarant (Verlag)
978-3-96586-376-7 (ISBN)
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Der wagemutige »Friesengott«-Wettbewerb erhitzt die Gemüter in Ostfriesland. Die Mutprobe findet vor laufender Kamera in den Fluten der Nordsee statt. Für einen Moment des Ruhms im Internet riskieren die Teilnehmer ihr Leben. Doch anstatt den anonymen Organisator dieses potenziell tödlichen Spiels ausfindig zu machen, wird Kommissar Joost Kramer zu einem eintönigen Auftrag verdonnert: Gemeinsam mit seinem Kollegen Robert Fengler soll er das Borkumer Model Lisa Schreiber rund um die Uhr bewachen. Die launische Inselschönheit fühlt sich nämlich von einem Unbekannten verfolgt. Aber gibt es den ominösen Schattenmann wirklich oder geht es der Diva nur um Selbstdarstellung? Bevor der ostfriesische Kommissar diese Frage sicher beantworten kann, ist es schon passiert: Lisa verschwindet spurlos und taucht wenig später in prekärer Lage live im Internet auf. In den Fluten der Nordsee...

Weinkeller


 

Borkum, August

 

»Ist die fette Sau endlich ersoffen?« Ansgar Kutscher lehnte sich in dem bequemen Sitzpolster in der VIP-Lounge zurück und griff nach dem giftgrünen Drink, der neben ihm auf einem kleinen Beistelltisch stand. Ohne dass es ihm bewusst war, wippte er mit dem rechten Fuß im Takt der Schlager­musik, die aus den Lautsprechern knallte.

»Im Gegensatz zu dir hat sie zumindest den Mut gehabt, an der Challenge teilzunehmen.«

Das auf einem roten Sofa neben ihm sitzende Model Lisa Schreiber sah ihren Freund missbilligend an. »Warum bewirbst du dich nicht als Teilnehmer? Als Friesengott könntest du deine Karriere wieder in Schwung bringen.«

Sie klappte den Laptop zu und griff nach ihrem Cocktail.

»Was willst du mir denn damit sagen? Nach meinem Sieg in der Castingshow Stimmwunder habe ich …«

»… nichts mehr auf die Reihe bekommen«, unterbrach ihn seine Freundin und deutete mit einer Geste auf die Gäste, die sich im angesagten Borkumer Nachtclub Neptun amüsierten. »Niemand von ihnen erkennt dich. Deine CD ist gefloppt und deine Tour wurde mangels Nachfrage abge­sagt. Deine Karriere ist vorbei, noch bevor sie richtig begonnen hat.«

»Bullshit. Für die schlechten Verkaufszahlen ist allein die Marketingabteilung verantwortlich. Wenn die Idioten meine Tour ordentlich promotet hätten, würde ich die großen Hallen locker füllen und könnte auch in Stadien auftreten.«

»Träum weiter. Darf ich dich daran erinnern, dass du nur in der VIP-Lounge sitzt, weil meinem Vater der Laden gehört, und keinesfalls, weil du so ein berühmter Star bist?«

»Mit der nächsten CD werde ich die Charts rocken. Die ersten Songs habe ich bereits aufgenommen. Ich bin …«

»… ein Feigling«, unterbrach Lisa ihn und leerte ihr Glas. »Soll ich dich für die nächste Challenge anmelden?«

»Nee, das ist voll nicht mein Ding.« Er winkte ab. »Wollen wir tanzen?«

»Heute nicht. Ich muss gleich ins Bett, da das Fotoshooting morgen beginnt. Wenn ich auf den Bildern nicht wie eine vom Sturm zerzauste Möwe aussehen will, brauche ich meinen Schönheitsschlaf.«

»Baby, du brauchst nur mich.« Ansgar legte den Arm um seine Freundin und zog sie an sich.

»Du ruinierst mir die Frisur«, fuhr sie ihn an und strich sich mit der linken Hand durch die dunkelblonde Löwenmähne.

»Mir gefällt dein wilder Look. Wenn du willst, können wir einen Abgang machen und uns unter die Decke kuscheln.«

»Du kannst gerne noch bleiben und dich auf Kosten meines Vaters betrinken.«

»Ich kann dich keinesfalls allein zu Bett gehen lassen.« Ansgar grinste anzüglich.

»In dieser Nacht wirst du ohne mich schlafen müssen. Wir sehen uns morgen.« Lisa stand auf. »Du kannst mich hier doch nicht sitzen lassen«, beschwerte sich der Sänger.

»Wenn du wirklich so berühmt bist, wie du glaubst, werden die Groupies über dich herfallen, sobald ich verschwunden bin.« Sie zwinkerte ihm zu und kämpfte sich dann durch die dicht gedrängt stehenden Urlauber, die in dieser Nacht ausgelassen feierten.

Wenige Augenblicke später trat sie aus dem Club, vor dessen Eingang sich eine längere Schlange gebildet hatte. Lisa ging über die Bismarckstraße Richtung Strandprome­nade.

Nachtschwärmer bummelten an den Geschäften vorbei, Liebespaare hielten sich an den Händen oder schlenderten Arm in Arm durch die Nacht. In den Bars und Kneipen saßen Freunde bei einem herben Bier oder einem Glas Wein zusammen, redeten und lachten.

Borkum schien auch in dieser Nacht eine friedliche Oase in einer verrückten Welt zu sein, die sich immer schneller drehte. Aber der Schein trog.

Niemand wusste das besser als Lisa.

Auch wenn sie ihren Verfolger nicht sehen konnte, spürte sie seine Blicke wie krabbelnde Spinnenbeine auf der Haut. Sie hätte den Club nicht ohne Ansgar verlassen sollen.

Als sie Schritte hinter sich hörte, die sich rasch nährten, wollte sie im ersten Moment wieder davonlaufen. Da sie ihre Angst aber nur besiegen konnte, wenn sie dem Feind direkt in die Augen blickte, blieb sie stehen und drehte sich abrupt um.

»Hoppla, meine Süße.« Ein beleibter Mann, der beinahe in sie hineingelaufen wäre, machte im letzten Moment einen Ausfallschritt.

»Musst du den jungen Dingern ständig schöne Augen machen?« Eine ebenso füllige Frau ergriff seine Hand und zog ihn weiter, als wäre er ein dressierter Köter.

»Niemand verfolgt dich. Das bildest du dir alles nur ein«, rief sich Lisa selbst zur Ordnung und setzte ihren Weg fort. Auf der Strandpromenade blieb sie stehen und blickte auf die Nordsee, deren Wellen träge an den Strand plätscherten.

Das Meer wirkte in dieser Nacht wie ein zahmes Haustier, das niemandem etwas zuleide tun konnte. Dabei verwan­delte es sich während eines Sturms in eine entfesselte Naturgewalt, die kein Mensch bändigen konnte. War die Nordsee für die heutige Teilnehmerin der Friesengott-Challenge zu einem feuchten Grab geworden?

Der Gedanke, dass sie einem Menschen beim Sterben zugesehen hatte, ließ Lisa frösteln und sie schlang die Arme um ihren Körper. Nach einer Weile setzte sie den Weg zum Luxushotel Friesenblick fort, das direkt an der Strand­promenade lag. Wenige Meter vor dem Eingang legte ihr jemand eine Hand auf die Schulter. Lisa schrie auf und wirbelte herum.

»Pardon.« Marcel Fournier hob die Hände, als wollte er sich ergeben. »Warum du um die Zeit nicht in Bett?«

Im ersten Moment wollte Lisa den Franzosen auf die Stolpersteine der deutschen Grammatik aufmerksam machen, entschied sich dann aber dagegen.

Der Fotograf war schließlich nicht auf Borkum, um ihre Muttersprache zu lernen, sondern um sie auf seinen Bildern wie eine Göttin aussehen zu lassen. Mit seinen siebenund­fünfzig Jahren war er in der Modewelt ein Star, der in seiner Laufbahn mit bisher fast allen bekannten Models und auch berühmten Schauspielerinnen gearbeitet hatte.

Die heißen Affären mit überwiegend jungen Geliebten, von denen in der Klatschpresse immer wieder die Rede war, standen seinem Erfolg nicht im Weg – im Gegenteil: Sein Ruf als charmanter Verführer schien seiner Karriere sogar förderlich zu sein. Lisa kannte kein Fotomodell, das nicht mit ihm zusammenarbeiten wollte. Das war keinesfalls verwunderlich, denn seine Bilder hatten einen eigenen Zauber, der jeden Betrachter sofort in seinen Bann zog.

»Ich wollte gerade schlafen gehen. Schließlich will ich zu unserem morgigen Fotoshooting nicht zu spät kommen.« Lisa lachte unsicher. In seiner Gegenwart fühlte sie sich wie eine Schülerin, die ihren Lieblingslehrer anhimmelte.

»Cherie, ich würde ewig warten auf dich.« Marcel lächelte charmant und deutete eine leichte Verbeugung an. »Trinkst du eine Glas Wein mit mir?«

»Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist. Bei dem Foto­shooting …«

»… wirst du vor meine Kamera eine Göttin sein.«

Lisa fühlte sich wie in einer Märchenwelt. Wahrscheinlich riss sie gleich ein Wecker aus ihren Karriereträumen. Statt von einem weltberühmten Fotografen in Szene gesetzt zu werden, würden wieder nur ein paar Idioten Schnappschüsse von ihr machen und diese mit dummen Bemerkungen ins Internet stellen.

Die Schwachköpfe verstanden von modischer Kleidung so viel wie ein Seehund, denn nach Meinung der Insulaner war man mit Ostfriesennerz und Gummistiefeln immer passend gekleidet. Die Ignoranten würden auch die neueste Kollek­tion der Edition Federkleid der Modedesignerin Wiebke Dierksen, die sie morgen tragen würde, nicht von Fummeln aus einem Altkleidercontainer unterscheiden können.

»Warum nicht?«, antwortete sie daher. »Mein Vater hat einige erlesene Tropfen im Keller seines Hotels, die er nur besonderen Gästen anbietet. Ich denke, dort werden wir eine Flasche für uns finden.«

»Nenn mich bitte Marcel. Sonst ich fühle mich so alt.«

»Okay.« Lisa nickte ihm verschwörerisch zu, als hätte er ihr ein Geheimnis anvertraut. Gemeinsam gingen sie zu dem Hotel, in dem ihre Familie das oberste Stockwerk bewohnte. Von ihrem Zimmerfenster aus hatte sie eine wundervolle Sicht über die Nordsee und die Seehundsbank.

»Moin Bernd«, grüßte Lisa den Angestellten hinter der Rezeption, ging mit dem Fotografen zu einer schweren Holztür und öffnete diese mit ihrem Generalschlüssel. Eine Steintreppe führte in den Keller. Wandlampen warfen ein gelbliches Licht auf den rauen Putz.

Bei den bisherigen Modernisierungsmaßnahmen war das untere Geschoss in seiner ursprünglichen Struktur erhalten geblieben, da es ausschließlich als Lager verwendet wurde.

Lisa führte den Fotografen durch einen schmalen Gang zu einer weiteren Holztür, die sie ebenfalls mit ihrem Schlüssel öffnete....

Erscheint lt. Verlag 28.5.2021
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
ISBN-10 3-96586-376-2 / 3965863762
ISBN-13 978-3-96586-376-7 / 9783965863767
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