Liebesglück (eBook)

Auf der Suche nach dem Leben vor dem Tod - Eine Geschichte, die Ihr Leben verändern wird
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
360 Seiten
Gräfe und Unzer Autorenverlag, ein Imprint von GRÄFE UND UNZER Verlag GmbH
978-3-8338-8204-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Liebesglück -  Prof. Dr. Martina Leibovici-Mühlberger
Systemvoraussetzungen
16,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Tagtäglich erlebt Martina Leibovici-Mühlberger in ihrer Wiener Praxis, wie ihre Patientinnen und Patienten mit der eigenen Liebesfähigkeit ringen. Echte Gefühle werden überlagert durch ein Hin- und Hergerissensein zwischen Autonomie und Bindung. Die erfahrene Therapeutin legt in ihrem neuen Buch diese vergrabenen Gefühle frei, indem sie dazu einlädt, sich in der parabelhaften Fallgeschichte zu spiegeln. Erst durch das Mitfühlen wird der Heilungsprozess möglich, den die versierte Therapeutin mit klugen Fragen unterstützt und lenkt.

Martina Leibovici-Mühlberger ist eine der bekanntesten Psychotherapeutinnen und Soziologinnen Österreichs. Sie ist Autorin mehrerer Bestseller und ist als Beraterin für Politik- und Bildungsinstitutionen tätig.

Martina Leibovici-Mühlberger ist eine der bekanntesten Psychotherapeutinnen und Soziologinnen Österreichs. Sie ist Autorin mehrerer Bestseller und ist als Beraterin für Politik- und Bildungsinstitutionen tätig.

Hinweis zur Optimierung
Impressum
Ein Vorwort oder auch eine Gebrauchsanleitung für dieses Buch
Prolog
I
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
Epilog
Die Autorin

II


Die nächsten sechs Wochen vergingen äußerlich in der routinierten Weise ihres gewohnten Lebensflusses. Von Stefan hörte sie natürlich nichts. Seine beiden Anrufe und die wenigen Nachrichten, die er rund um seine unerfüllte Ankündigung, sie im Krankenhaus zu besuchen, an sie verschickt hatte, verblassten zu geisterhaften Erscheinungen. Sie erschienen ihr zunehmend unwirklicher, wie akustische oder optische Täuschungen, selbst wenn sie die Gespräche mit Stefan genau in Erinnerung behalten hatte und sich auf ihrem Handy-Display seine Worte und Emojis abrufen ließen.

Trotzdem hatte sich Grundlegendes für Katharina verändert. Sie wunderte sich am Rand ihres Bewusstseins, dass sie sich mehrmals ertappte, wie sie in den kurzen Ordinationspausen Videos von Jungkatzen aufrief und mit der Idee zu spielen begann, sich eine zuzulegen.

Wieder lag ein langer, erfüllter Praxistag beinahe abgeschlossen hinter ihr. Erst in mehr als einer Stunde würde ihr heute letzter Patient eintreffen. Eine außerplanmäßige Krisensitzung, um die er dringlich gebeten hatte, stand auf dem Programm. Er war im Bankenwesen tätig und arbeitete lange. Weil sie Grund hatte, die Ernsthaftigkeit seines Strebens nach unbarmherziger Selbstreflexion als gesichert anzunehmen, hatte sie sich zu der so kurzfristigen wie späten Terminvergabe verleiten lassen.

Sie hatte genügend Zeit und gönnte sich ein paar Minuten Stille, die eigentlich ein Nachklingen des bisherigen Tages waren, um die Notizen zu ihren heutigen Patienten, die sie heimlich „alle meine Lieben“ nannte, durchzugehen.

Jeder von ihnen musste bereit sein, sich hart zu fordern, diese Vivisektion der Seele auf ihrer Couch anzustreben. Wehleidige und solche, die in konspirativer Symbiose ihren Obolus zahlen wollten, um sich besser in ihren Störungen einnisten und die eigene Abwehr perfektionieren zu können, vertrieb sie freundlich, aber mit bestimmter Unnachgiebigkeit sehr rasch. Denn sie betrachtete es als ein Privileg ihrer Seniorität, sich nur mehr Freude in ihrer Arbeit gönnen zu wollen.

Fremdenführer in den Katakomben des Kindheitsschreckens mit dem aufgespannten Rettungsschirm eines lebenslangen Opferstatus und muntere, zuversichtliche Einrichtungsexperten, die sich mit einem neuen Wandanstrich im Seelengebäude ihrer Patienten zufriedengaben oder sich selbst nicht mehr zutrauten, gab es zuhauf. Dort waren jene, die Stoff für ihren Small Talk oder die Rechtfertigung ihrer Misere suchten, gut aufgehoben.

Gemeinsam mit ihren exorbitanten Honoraren hatte dies dazu geführt, dass sich eine schillernde Klientel der sogenannten intellektuellen gesellschaftlichen Spitze aus Hochfinanz, Industrie, Politik und Kunst ihre Klinke in die Hand gab.

Therapie war nichts für Feiglinge, fand Katharina, weder aufseiten des Klienten noch auf der des Therapeuten. Es war allein die Beziehung, die zu heilen vermochte. Dafür musste man bereit sein, sich auszusetzen, sein Bestes zu geben. Das betraf beide Partner dieses Prozesses.

Katharina bewunderte die großen alten Meister ihrer Kunst, die Begründer von Schulen, ihre Rückhaltlosigkeit und Radikalität in der Entwicklung ihrer Gedanken und Erkenntnisse. Obwohl es ihnen ein Leichtes hätte sein können, einen umjubelten Platz in etablierter Position einzunehmen, hatten sie oft das Wagnis unternommen, die Symptome und Leiden ihrer Patienten an der hinterfragenden spannungsgeladenen Grenzlinie zwischen Gesellschaft und Individuum zu deuten. Um ihrem inneren Auftrag folgen zu können, waren sie dabei vielfach genötigt gewesen, das Risiko einzugehen, traditionell anerkannte und in der Wissenschaftsgemeinschaft respektierte Wege zu verlassen.

Interaktion und Beziehung mit ihrem Patienten waren ihnen dabei Leuchtturm und Verführung in einem gewesen, eine Herausforderung, der es sich mit Kraft und Herzensklarheit zu stellen galt. Nicht alle waren erfolgreich gewesen. Man musste wachsam sein, zuallererst auf sich selbst, so schwer das manchmal auch sein konnte.

Katharina beschloss, dass es an der Zeit wäre, einen baldigen Termin mit ihrem Supervisor zu vereinbaren. Er war bereits in seinen Achtzigern und hatte sie über nahezu vier Jahrzehnte in wechselnder Intensität begleitet, seit sie als Teenager an der Wende zu den Achtzigerjahren, vollkommen aufgerissen von der Tiefe ihres Fühlens, vorübergehend in seiner Praxis gestrandet war.

Sie hatten sogar eine kurze sexuelle Beziehung unterhalten, sich einander intim offenbart, was sich in ihrem Fall entgegen jedem Standeskodex auf die gemeinsame Arbeit nur förderlich ausgewirkt hatte. Katharina ging ihren Kalender durch und schrieb ihrem Supervisor eine SMS mit möglichen Terminanfragen. Er würde ihr sicher erst morgen antworten, denn er unterwarf sich keiner Tyrannei elektronischer Medien. Darin war er zuverlässig.

Katharina legte die Blätter mit ihren Aufzeichnungen auf den Stapel anderer Notizen, der bereits mehrere Zentimeter maß. Sie müsste ihre Assistentin wieder mit der Aufarbeitung und Einordnung beauftragen. Niemand anderer als sie selbst konnte mit ihren Festhaltungen aus den Therapiestunden etwas Sinnvolles anfangen. Einzelne Worte, manchmal Wortgruppen, äußerst selten ein gefügter Satz, wechselten mit Zeichnungen oder Mustern und scheinbar wahllos sich überkreuzenden Strichen. Für sie selbst aber waren es präzise Anagramme der Sitzung, ihres Inhalts, der Übertragungsbeziehung sowie der eigenen Stimmung und Gegenübertragung, verdichtete Bilder, die in ihrem Inneren eine intensive Auferstehung der einzelnen Sitzung bewirkten. Den Gesetzen der Wissenschaftlichkeit und Sozialversicherung entsprachen sie allerdings ganz sicher nicht.

Weit unten fuhr der Bus in seinem monotonen Abendrhythmus durch die Geschäftsstraße, in der sie ihre Praxis hatte. Seit dieser Abschnitt der Straße, die unmittelbar ein paar Dutzend Meter weiter vorne in einen der traditionell größten Einkaufsboulevards mündete, genauso wie dieser ebenfalls zur Begegnungszone erklärt worden war, drang das Geräusch des kräftigen Motors mit neuer Intensität in ihr Praxiszimmer.

Früher hatte man den Menschen im Begriff der Fußgängerzone zumindest noch überlassen, was sie zu Fuß hinaustrieb, und ihnen keine Weisung gegeben.

Draußen war es stockdunkel und kalt. Der Winter wollte noch immer nicht weichen. Katharina warf erneut einen Blick auf ihre Armbanduhr. Es war noch Zeit bis zum Eintreffen dieses so beeindruckend erfolgreichen und dabei gleichzeitig von so existenzieller Fragilität in seiner Gefühlslandschaft beherrschten Mannes, der ihr Patient war. Ein Strahlemann auf dem öffentlichen Parkett, der wie eine Chimäre zu zerfallen drohte, sobald der Scheinwerfer ausgeknipst wurde. Es schien, als hielte ihn nur der äußere Applaus als Kitt zusammen.

Katharina seufzte. Die Kindheit schweißt uns nur allzu oft eine Brille auf, durch die wir die Welt mit allerlei Monstern bevölkert sehen. Und dann gestalten wir unsere eigene Welt nach dieser Vorlage. Therapie war der Versuch, dem Blick auf die Welt und auf sich selbst Freiheit zu geben.

Zu Hause wartete heute niemand. Ihre jüngste Tochter übernachtete bei einer Freundin. Sie würde also auch nach dem Termin keine Eile haben. Es gab Zeit für sie selbst. Der Abend gehörte ihr.

Katharina überließ sich ihren Gedanken, die ziellos wie freigelassene Jagdhunde durch ihre Seelenlandschaft streiften. Plötzlich fiel ihr die Trennung von ihrem vergangenen Liebhaber wieder ein, den sie in einem Dorf in der Toskana kennengelernt hatte. Die Beziehung zu ihm war der letzte Höhepunkt eines seit Langem an der Lebenslinie der Liebe verlaufenden Prozesses gewesen, in dem Glauben und Hoffnungslosigkeit miteinander gerungen hatten.

In magisch anmutender Weise hatte sich dann gerade er, der ideal für die rückhaltlos offen und in totalem Bekenntnis geführte Begegnung erschien, als größtmögliche Herausforderung ihrer Liebeskraft erwiesen. Es war am Ende nicht leicht gewesen, den notwendigen Schnitt und Abschluss in der Beziehung zu ihm zu setzen. Viel schwerer, als der rasche Abgleich im Gespräch mit Stefan hätte vermuten lassen. Sie hatte es heruntergespielt, wie ihr eben wieder bewusst wurde. Den ganzen Herbst über hatte er sie noch verfolgt, ja sogar bedroht. Es war, als könnte er ihr Gehen einfach nicht wahrhaben, als hätte sie gegen ein, nein: sein Naturgesetz verstoßen. Allein diese Erfahrung ließ es klug erscheinen, derartige Verstrickungen der Gefühle in Zukunft nicht mehr zuzulassen.

Sie hatte ihn in ganz unmittelbarer animalischer Art geliebt, seinen breiten Brustkorb und die schweren Arme, unter deren immer gebräunter Haut sich die Muskulatur wie Schiffstaue zu verknoten schien. Die Konturierung seines Körpers war martialisch, jene eines Mannes, der daran gewohnt war, seinen Leib mit Kraft einzusetzen.

Als sie ihn kennengelernt hatte, trug er dicke, verfilzte Rastalocken, die ihm weit über die Schultern bis zum mittleren Rücken hinabfielen. Sein Gesicht war kantig, sein Blick intelligent, wachsam und so dunkel wie seine Vergangenheit. Er hatte nie viel preisgegeben, sich in Schweigen gehüllt und nur eröffnet, dass die Grausamkeit des Lebens, das ihm seine Liebe geraubt hatte, der Wendepunkt gewesen war. Katharina respektierte das Geheimnis, das ihn umgab, ja es gefiel ihr sogar, denn es schien ihr, dass ihre Begegnung...

Erscheint lt. Verlag 2.6.2021
Verlagsort München
Sprache deutsch
Themenwelt Sachbuch/Ratgeber Geschichte / Politik Politik / Gesellschaft
Sachbuch/Ratgeber Gesundheit / Leben / Psychologie Lebenshilfe / Lebensführung
Geisteswissenschaften
Sozialwissenschaften Politik / Verwaltung
Schlagworte Beziehungen • Beziehungsratgeber • Emotion und Gefühl • Gemeinsam • Gemütszustände • Glück • GU • Liebe • Liebe finden • Paar • Parabel • partner finden • Partnerschaft • Psychologie • Ratgeber • ratgeber beziehung • Ratgeber Liebe • ratgeber partner • Sachbuch • Sachbücher • Selbstheilung • Strelecky • zusammen
ISBN-10 3-8338-8204-2 / 3833882042
ISBN-13 978-3-8338-8204-3 / 9783833882043
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 4,9 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Die globalen Krisen und die Illusionen des Westens

von Carlo Masala

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
12,99
Wie aktivistische Wissenschaft Race, Gender und Identität über alles …

von Helen Pluckrose; James Lindsay

eBook Download (2022)
C.H.Beck (Verlag)
16,99