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Das Haus der Düfte (eBook)

Roman | Der große Roman über die Parfümstadt Grasse
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
448 Seiten
Ullstein (Verlag)
978-3-8437-2578-1 (ISBN)
Systemvoraussetzungen
9,99 inkl. MwSt
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Eine junge Frau, die Erinnerung an einen Duft und ein altes Geheimnis Seit ihrer Kindheit träumt Anouk davon, eigene Parfüms zu entwickeln. Doch 1950 wird das Geschäft mit Düften von wenigen mächtigen Familien dominiert. Ein Zufall bringt Anouk an den einzigen Ort, wo sie das Handwerk lernen kann. In Grasse, der alten französischen Parfümstadt, nimmt die Familie Girard sie bei sich auf. Der Geruch von wilden Kräutern und eine alte Erinnerung an einen Augenblick des Glücks inspirieren Anouk zu neuen Kompositionen. Ohne es zu wissen, folgt sie damit dem Weg der Florence Girard, die als arme Lavendelpflückerin begann und eine Duft-Dynastie begründete. Schon damals setzte eine rivalisierende Familie alles daran, den Girards zu schaden. Anouk erlebt Liebe und Verlust, Erfolge und Niederlagen. Aber an ihren Träumen hält sie immer fest. **Ein opulenter Roman, voller Sinnenfreude und so erfrischend wie ein Tag in Südfrankreich**

Martina Sahler lässt sich bei der Gestaltung ihres eigenen Gartens am liebsten von den englischen Botanikern inspirieren und verbringt im Frühjahr, Sommer und Herbst viel Zeit mit der Recherche in England, bevorzugt in Sissinghurst und Kew Gardens. Mit ihren bisherigen historischen Serien hat sie eine begeisterte Leserschaft gewonnen. Sie lebt mit ihrer Familie in der Nähe von Köln.

Pauline Lambert ist das Pseudonym einer Bestsellerautorin, die mit diesem Roman der Stadt Grasse und der Welt der Parfüms ein Denkmal setzt. Sie wohnt mit ihrem Lebensgefährten in der Nähe von Köln. Ihre Recherchereise hat sie nach Berlin, Paris, in die Provence und an die französische Mittelmeerküste geführt. Mitgebracht hat sie ein Paket an historischen und aktuellen Geschichten rund um die Luxusindustrie sowie den unverwechselbaren Duft der Erinnerung.

1


November 1946

»Du tust mir weh, maman!« Anouk Romilly versuchte, ihre Hand aus dem Griff ihrer Mutter zu lösen. Zischend lief der Zug in den Bahnhof Gare du Nord ein. Dicht gedrängt neben den anderen Passagieren, Koffer und Reisetasche zwischen den Füßen, standen sie im Gang des dritten Waggons. Jemand stieß Anouk die Kante eines Kartons in die Knie, ihr Hut verrutschte, als ein Mann einen Sack aus der Gepäckablage über ihren Köpfen zog.

Isabell Romilly umklammerte die Finger ihrer Tochter. Dabei hatte Anouk vor wenigen Monaten ihren vierzehnten Geburtstag gefeiert, eine junge Dame, die sehr wohl ohne mütterlichen Schutz in einer Stadt zurechtkam, von der manche behaupteten, sie sei der feinste Ort der Welt. Paris.

Wie unwürdig, an der Hand der Mutter den ersten Schritt in ihr neues Leben zu setzen. Aber an diesem Tag kam sie gegen Isabell nicht an.

Durch die Scheiben sahen sie das Gewimmel der Menschen, elegante Herrschaften und Handwerker in ihrer Zunftkleidung, Bettler und Familien mit Kindern, Paare und Polizisten, Gruppen von dunkelhäutigen Männern und afrikanische Frauen mit Säuglingen im Tragetuch.

Endlich kam der Zug zum Stehen. Stationswärter rissen die Türen auf. Isabell und Anouk setzten sich mit den anderen in Bewegung.

»Pass auf den Koffer und deinen Rucksack auf.« Isabell sprang aus dem Zug. Kurz musste sie Anouk loslassen, drehte sich aber sofort zu ihr um, kontrollierte, dass sie sicher auf dem Bahnsteig landete.

Mutter und Tochter trugen ihre Ausweise und ihr Geld in Lederbeuteln am Hals unter den Jacken, dicht am Körper. In ihrem Gepäck lag alles, was sie besaßen. Drei Kleider aus Leinen, zwei aus Wolle, flache Schuhe für den Sommer, Haarspangen, Gürtel, Ledertaschen mit ihren Toilettenartikeln, ein paar Bücher. Ihr Hab und Gut war in der Normandie während der vergangenen Kriegsjahre geschrumpft. Wenn sie auf der Flucht vor den Gefechten von einem Ort zum nächsten wechselten, mussten sie stets einen Teil zurücklassen. Am Ende hatten sie den Familienschmuck bei einem Händler in Flers versetzt, der ihnen dafür genug ausbezahlte, um alle Brücken hinter sich abzubrechen und nach Paris zu reisen. Hier hatte Isabell von Tante Georgette eine Apotheke geerbt.

Es gab kein Zurück mehr.

Anouk sah sich um. Ob es einen größeren Bahnhof auf der Welt gab? Ein Monstrum aus schmutzigem Glas und Eisenstreben, angefüllt mit einem babylonischen Sprachengemisch, dem Quietschen der Eisenbahnbremsen und knarzenden Durchsagen.

Während Anouk all diese Eindrücke aufsaugte, zog Isabell die Schultern hoch und duckte sich, als witterte sie an jeder Ecke Gefahr. Panisch zerrte sie an Anouks Hand.

»Wir müssen uns nicht beeilen, maman. Die Apotheke nimmt uns keiner weg. Lass mich endlich los! Ich bin kein Kleinkind!«

»Ich muss raus.« An ihrem Keuchen bemerkte Anouk, dass ihre Mutter kurz vor einem Anfall stand. Ihre Ängste hatten sich in den letzten Jahren nach dem Tod ihres Mannes vervielfacht. Manchmal brachte Anouk Verständnis dafür auf, aber oft riss diese Furchtsamkeit an ihren Nerven, wie jetzt, da sie in der Menschenmenge ohnehin nicht schneller vorankamen, egal wie ungeduldig Isabell an ihr zog. Anouk hatte sich ihre erste Begegnung mit der Stadt, in der das Herz der Welt schlagen sollte, unbeschwerter gewünscht.

Ein brandiger Geruch umwehte Anouk, sie hob die Nase, versuchte die einzelnen Komponenten herauszuriechen. Diesel, Rauch und heißer Stahl, dazu Schweiß und Moder, faulige Atemluft, verschütteter Kaffee.

Da mischte sich ein Duft in die Bahnhofsluft, der sie stocken ließ. Er hüllte sie ein, ohne aufdringlich zu sein. Anouk kostete ihn aus. Er schmeckte nach Freiheit. Nach Abenteuer und Sehnsucht.

Wie von selbst entglitt ihre Hand der ihrer Mutter, sodass sie sich umdrehen konnte, die Nase erhoben, um diesem Parfüm nachzuspüren.

Ein Damenduft? Oder für Herren? Auf jeden Fall ein außergewöhnliches Parfüm, eine in Duftakkorden erzählte Geschichte, eine Poesie. Etwas Ähnliches hatte Anouk nie gerochen. Es brachte eine völlig unbekannte Saite in ihr zum Schwingen.

Sie sah stilvoll gekleidete Damen mit taillierten Mänteln und Schirmen, Herren in Anzügen und mit Mallory-Hüten. Ihr Blick glitt über Paare und Familien und die Frauen in ihren exotischen Gewändern, aber der Duft wehte davon. Anouk setzte drei Schritte zurück, bis sie ihn wieder mit voller Intensität wahrnahm. Ein warmes Sirren durchströmte sie. Es roch nach Sommernächten am Meer, nach Reisen um den Globus und einer immerwährenden Liebe.

Da drüben, die Dame mit dem breitkrempigen Hut …? Oder die Mutter in dem Kostüm mit dem Jungen an der Hand? Der Herr im Trenchcoat, der sich mitten in der Menschenmenge eine Gauloise aus der Schachtel schüttelte? Anouk schaute sich um. Bloß diesen Geruch nicht verlieren! Aber es gelang ihr nicht, die Quelle des Parfüms zu finden.

»Bist du von allen guten Geistern verlassen?« Isabells Gesicht war kalkweiß. In ihren Augen stand Entsetzen. Sie hob eine Hand zum Schlag, aber in letzter Sekunde behielt sie Gewalt über sich.

»Ich … entschuldige, maman

Isabell hakte sich bei ihr ein und zog sie in Richtung Ausgang.

Anouks Nase war immer wach, ob auf Blumenwiesen oder Firmengeländen, Kosmetikgeschäften, Märkten oder in fremden Häusern. Manchmal hatte sie sich schon gewünscht, sie ausschalten zu können, wenn Gerüche sie zu überrumpeln drohten. Es gab kein Stück Obst, keinen Salat, keinen Bissen Brot, die sie nicht erschnupperte, bevor sie sie aß. Ihre Mutter versuchte seit Jahren vergeblich, ihr diese Marotte auszutreiben.

Jeder Duft ist vergänglich, das wusste Anouk, doch dieser im Gare du Nord würde in ihrem Gedächtnis bleibende Spuren hinterlassen. Ein Willkommensgeschenk, das ihr Paris machte. Bienvenue. So würde sie ihn nennen, bis sie herausfand, was es war.

Nieselregen empfing sie auf dem Place Napoléon III, auf den Straßen standen Pfützen, um die die Menschen einen Bogen schlugen. Anouk war froh, dass sie ihre Pumps mit dem niedrigen Absatz trug. Mit ihren geliebten Ballerinas wäre sie nicht trockenen Fußes zur Métro gekommen. Auch die schmal geschnittenen Hosen fand sie praktisch. Sie wünschte nur, sie hätte so einen Mantel mit Webpelzkragen, wie ihn viele Pariserinnen trugen. In ihrer bis zur Hüfte herabhängenden Wolljacke war sie das Mädchen vom Land.

»Schau, da ist die U-Bahn.« Anouk übernahm die Führung, zog die Mutter hinter sich her. Sie hatte zwar keine Ahnung, welche Métro nach Saint-Germain-des-Prés fuhr, aber das würde sie herausfinden.

Isabell machte sich an ihrer Hand schwer wie ein Maulesel. Sie blieb am Treppenabsatz stehen, als Anouk die Stufen hinabhasten wollte. Anouk drehte sich zu ihr um und sah, dass die Knie ihrer Mutter zitterten. »Ich kann da nicht runter. Ich kann das nicht.«

Anouk presste die Lippen aufeinander. »Es ist die schnellste und billigste Art, in die Rue de Seine zu kommen. Ich bin müde, ich bin hungrig, und mir ist kalt. Ich will endlich ankommen.«

Mit einer ruppigen Handbewegung wischte sich Isabell eine Träne weg. »Ich kann nicht.«

Und nun? Ein Taxi war ausgeschlossen. Solange sie nicht wussten, wann sie Geld verdienen würden, mussten sie sich ihre Reserven einteilen.

»Zu Fuß?« Anouk musterte ihre Mutter von der Seite. Isabell war eine schöne Frau trotz der Spuren von Furcht und Verbissenheit in ihrem Gesicht. Der leichte Nieselregen lockte ihre dunklen Haare, die unter dem Hermès-Seidenschal hervortraten. Das Tuch war der einzige Luxusartikel in ihrer Garderobe.

Isabell nickte. Im Zug hatten sie sich den Stadtplan von Paris angesehen. Anouk wusste, sie wären eine gute Stunde unterwegs. »Ich hole den Schirm aus meinem Koffer.«

Kurz darauf schlugen sie den Weg in Richtung der Rue la Fayette ein, kreuzten die Boulevards, durch die vor zwei Jahren die Panzer der Alliierten vorgerückt waren und wo die Franzosen Freudentränen über die Befreiung von den Nationalsozialisten vergossen hatten. Paris war von der Zerstörung verschont geblieben und strahlte eine fast unberührte Schönheit aus.

Anouk fühlte sich überwältigt von der Menge und dem Lärm der hupenden Autos. Der Modergeruch des Kastanienlaubs mischte sich mit den Abgasen des Straßenverkehrs. Sie starrte in die Gesichter der Pariser, bestaunte die Fassaden der klassizistischen Gebäude mit ihren handtuchgroßen Balkonen. An manchen hingen Kästen mit verwelkten Sommerblumen. Sie erzählten von der Hitze im August, von der im Novemberniesel nichts mehr zu spüren war.

Der Schirm war zu klein für beide Frauen, Anouk ließ sich berieseln und strahlte ihre Mutter an. Der Ärger darüber, dass sie sich mit ihrem Gepäck diesen Weg antaten, war gewichen. Hier oben gab es mehr zu sehen, zu hören, zu riechen als im Untergrund.

Isabell erwiderte das Lächeln nicht. Sie hielt den Kopf wie eine Schildkröte, die sich in ihren Panzer zurückziehen wollte.

Über die Rue Poissonnière führte sie der Weg durch Les Halles, die Markthallen der Stadt, den Bauch von Paris....

Erscheint lt. Verlag 27.9.2021
Verlagsort Berlin
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Literatur Romane / Erzählungen
Schlagworte Chanel • Dallas • Denver Clan • Duft • Düfte • Falcon Crest • Familie • Familiensaga • Frankreich • Frau • Frauenroman • Generationen • Geschenk • Geschenk für Frauen • Grasse • Historische Romane • Liebe • Liebesromane • Literartur • No 5 • Parfum • Parfüm • Provence • Roman
ISBN-10 3-8437-2578-0 / 3843725780
ISBN-13 978-3-8437-2578-1 / 9783843725781
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