Lady of the Wicked (eBook)
416 Seiten
Piper Verlag
978-3-492-99941-0 (ISBN)
Laura Labas wurde 1991 in der Kaiserstadt Aachen geboren. Schon früh verlor sie sich im geschriebenen Wort und entwickelte eigene fantastische Geschichten, die sie mit ihren Freunden teilte. Mit vierzehn Jahren beendete sie ihren ersten Roman. Spätestens da wusste sie genau, was sie für den Rest ihres Lebens machen wollte: neue Welten kreieren. Heute schreibt sie nach ihrem Master of Arts in Englisch und in Deutscher Literaturwissenschaft immer noch mit der größten Begeisterung und Liebe und vertieft sich in Fantasy, Drama und Romance. Mehrere ihrer Romane standen auf der Shortlist zum Lovelybooks Leserpreis.
Laura Labas wurde 1991 in der Kaiserstadt Aachen geboren. Schon früh verlor sie sich im geschriebenen Wort und entwickelte eigene fantastische Geschichten, die sie mit ihren Freunden teilte. Mit vierzehn Jahren beendete sie ihren ersten Roman. Spätestens da wusste sie genau, was sie für den Rest ihres Lebens machen wollte: neue Welten kreieren. Heute schreibt sie nach ihrem Master of Arts in Englisch und Deutscher Literaturwissenschaft immer noch mit der größten Begeisterung und Liebe und vertieft sich in Fantasy, Drama und Romance. Mehrere ihrer Romane standen auf der Shortlist zum Lovelybooks Leserpreis.
I
DARCIA
Das Herz der Hexe pulsierte in meiner Hand.
Ich drückte zu.
Das Gefühl des menschlichen Organs an meiner Haut überwältigte mich. Übelkeit stieg in mir auf.
In dieser Sekunde wäre jedes Zeichen von Schwäche tödlich, deshalb atmete ich tief durch die Nase ein und hielt meinen Blick auf das Gesicht der Hexe gerichtet. Ihr Mund war weit aufgerissen, in ihren Augen spiegelte sich meine dunkle Maske wider, wirkte verzerrt und monsterhaft.
Ich lächelte.
»Du warst zur falschen Zeit am falschen Ort«, sagte ich, obwohl es gelogen war. Ich hatte sie wochenlang verfolgt, war tagsüber in ihre Wohnung geschlichen und hatte mich nachts auf die Lauer gelegt. Am Ende hatte es keinen Aspekt ihres Lebens gegeben, der mir unbekannt gewesen wäre. Kein Geheimnis, das ich nicht aufgedeckt hätte. Keinen Atemzug, der mir entgangen wäre.
Wochen vorher war mir die Hexe zufällig aufgefallen, als ich aus einem Café getreten war. Ein Blick über meinen Kaffeebecher hinweg in ihre glasigen Augen hatte ausgereicht. Er hatte mir gezeigt, dass sie Magie ausübte. Nachdem ich mich umgesehen hatte, bemerkte ich ein Pärchen, das sich lautstark stritt. Ein Lächeln zierte die dunklen Lippen der Hexe, als sich das Paar gegenseitig wüste Beschimpfungen an den Kopf warf, um dann getrennte Wege zu gehen. Die Hexe war eine Unruhestifterin, die sich in das Leben ahnungsloser Menschen einmischte.
Ich folgte ihr aus dem French Quarter von New Orleans hinaus in die Esplanade Avenue und meine Befürchtung bestätigte sich. Die Hexe gehörte einem der Zirkel an, der sich ausschließlich dunkler Magie bediente. Für sie bedeutete dies grenzenlose Macht – und für mich?
Für mich war sie damit zu meinem nächsten Opfer geworden.
Das Blut wärmte meine Hand.
Mit einem Ruck zog ich das Herz aus der Brust der Hexe. Ein letzter Schlag. Im nächsten Augenblick kippte der leblose Körper zur Seite und ich blickte in das gähnende Maul der mit Hyazinthen bewachsenen Gasse.
Ein weiteres Herz. Ein weiterer Schritt hin zu meinem Ziel.
Das schrille Lachen einer Frau riss mich aus meinen Gedanken und ich erkannte mit Schrecken, dass ich eingenickt war.
Stirnrunzelnd rief ich mir meine Situation in Erinnerung. Ich hockte zwischen einem dunkelblauen SUV und einer Rotzeder eingequetscht, um die dreizehnte und somit letzte Hexe, die ich für meinen Plan benötigte, zu beobachten. Unglückseligerweise war sie vor einer ganzen Weile in ihrem weiß getünchten Haus mit der heruntergekommenen Veranda verschwunden und ich hatte den Kampf gegen meine Müdigkeit verloren. Mit offenen Augen war ich in die Vergangenheit gesunken.
Als ich mich halb aufrichtete, um meine eingeschlafenen Glieder zu schütteln und zu strecken, hörte ich das Lachen erneut und ging sofort wieder in Deckung. Die Hexe, Jemma, war aus ihrem Haus getreten. Mit der einen Hand schloss sie die blaue Eingangstür ab, mit der anderen hielt sie sich ihr Telefon ans Ohr. Ihr Lachen erklang ein weiteres Mal, bevor mich die Gesprächsfetzen, die zu mir herüberwehten, darüber aufklärten, dass sich die Unterhaltung dem Ende zuneigte. Sie wünschte der anderen Person einen schönen Abend und legte auf.
Es kribbelte in meinen Fingern.
Ich folgte Jemma die hell erleuchtete Straße entlang, taumelte von Schatten zu Schatten, da sich meine Knie noch wacklig anfühlten, und suchte fieberhaft nach einem Grund, die Sache nicht jetzt schon zu beenden. Natürlich, ich hatte bei Weitem nicht so viel Zeit darauf verwendet, Jemma zu beobachten, wie bei den zwölf Hexen vor ihr, aber ich kannte mittlerweile ihren Alltag, wusste um ihre schwarze Magie und ahnte, dass sie abgesehen von ihren Zirkelhexen über keinerlei soziale Kontakte verfügte. Es könnte heute geschehen.
Ich könnte die erste Phase des Rituals mit ihrem Herzen abschließen.
Noch eine Nacht.
Mein Herz klopfte heftig, als Jemma in eine dunkle Straße einbog, die auf der einen Seite an fensterlose Hauswände grenzte und auf der anderen an das Ufer des Mississippis. Jemma fühlte sich sicher. Als zweiundvierzigjährige, mäßig talentierte Hexe zu sicher. Sie hatte ihr mausbraunes Haar mit einer rosa Schleife zurückgebunden, der einzige Farbtupfer, den sie sich erlaubte. Graue Stoffhose, grauer Mantel, graue Schuhe bildeten den Rest ihres Outfits. Nichts Auffälliges. Nichts, das sie als böswillige Hexe gebrandmarkt hätte. Trotzdem wusste ich, dass sich auf ihrer Haut mehrere Tattoos verbargen. Zirkelhexen neigten dazu, sich gegenseitig zu markieren, um ihre ewig andauernde Zugehörigkeit erkennbar zu machen.
Als ich mich am Anfang der Straße an die Mauer presste, fiel mein Blick auf meine eigenen tätowierten Hände. Ein großer Hirschkopf prangte auf meinem linken Handrücken und jeder einzelne meiner Finger war mit Runen, Symbolen der Elemente und bestimmten Zaubern übersät. Striche, Augen, Pfeile, Punkte und Kreise. Immerhin besaßen sie eine tiefere magische Bedeutung und schützten mich vor den meisten Flüchen, die Hexen und Waiżen, Hexen mit besonderer Affinität für Flüche, gegen mich verwenden würden.
Jemma stand dem Ufer zugewandt und blickte auf das ruhige Gewässer hinaus. Die Mondsichel schien hell auf uns herab, erleuchtete die nebelverhangene Nacht.
Ich ließ mich hinreißen.
Der Ort war noch weit genug von der St Charles Avenue entfernt, wo sich die meisten Hexen aus den Zirkeln herumtrieben, wenn sie nicht einen der achtzig Friedhöfe aufsuchten. Keine Menschenseele befand sich in unserer unmittelbaren Nähe.
Jetzt.
Ich umfasste einen der Flüche, der fein säuberlich verpackt in einem der handtellergroßen Jutebeutel an meinem Gürtel befestigt war. Flüche setzten sich aus mineralischen und pflanzlichen Bestandteilen zusammen, die in langwierigen Prozessen miteinander verbunden wurden. Diesen Fluch löste ich langsam von der Schlaufe. Als Hexia, Halbhexe, war ich nicht sonderlich begabt, was Flüche und Zauber anging. Meine Spezialität war eher das Brechen von ebenjenen Flüchen und das Heilen von körperlichen Beschwerden. Mit genügend Vorbereitungszeit konnte selbst ich jedoch einen Unbeweglichkeitsfluch herstellen. Das Buch einer dreihundert Jahre alten Voodoohexe hatte mir dabei bisher gute Dienste geleistet.
Ich trat einen Schritt vor und begab mich dadurch in Sichtweite der Hexe.
Nicht mehr Jemma.
Keine eigenständige Person.
Ich musste sie einzig und allein als bösartige Zirkelhexe sehen, um das zu tun, was getan werden musste.
Die Erinnerung der letzten zwölf Male holte mich ein. Blut. So viel Blut. Jedes Mal ein gellender Schrei und das Flehen, das es nie über die Lippen schaffte. Die Wärme der Herzen, das hektische Klopfen, als würde ich einen kleinen Vogel in meiner Hand halten. Grenzenlose Macht gefolgt von dem Geruch nasser Erde, freigesetzt durch alte Magie …
»Wer …?« Als sie meine Bewegung wahrgenommen hatte, drehte sie sich zu mir um. »Darcia? Was machst du hier?«
Überrascht hielt ich inne. Ich hatte nicht damit gerechnet, erkannt zu werden. Ein großer Fehler.
Du hast zu überstürzt gehandelt. Dir war nicht klar, dass sie von dir gehört, dich schon mal gesehen hat.
Es änderte nichts. Ich würde heute, jetzt, handeln müssen, sonst wäre all meine Vorbereitung für die Katz gewesen. Mein Griff um den Beutel wurde fester und ich konnte das Prickeln in seinem Inneren fühlen. Ein so starker Fluch wurde nach einer Weile ungeduldig, flehte darum, endlich freigelassen zu werden. Wie ein Tier, das man eingesperrt hatte.
Ich machte mich bereit, den Fluch auf die Pflastersteine zwischen uns zu werfen und die Sache damit endgültig in Gang zu setzen, als ich laute Schritte vernahm. Auch Jemma wurde von dem Geräusch abgelenkt und ihr Blick fiel auf jemanden, der sich hinter mir näherte.
Eilig steckte ich den sich kläglich windenden Fluch zurück an meinen Gürtel, um in keiner prekären Situation zu landen, in der ich ihn erklären müsste. Sekunden später tauchte Tieno aus der Nebelwand auf. Jeder seiner Schritte ließ den Grund erbeben, obwohl er für einen Waldtroll ziemlich jämmerlich geraten war.
»Tieno? Was machst du hier?«, rief ich entgeistert und das Herz rutschte mir in die Hose. Die Gelegenheit war vertan. Es war kein Hellseher nötig, um die kommenden Minuten vorherzusehen. Jemma hatte mich erkannt und wusste somit auch, dass Tieno mein Waldtroll war, auch wenn er sich unter dem Schleier eines grobschlächtigen, riesigen Mannes verbarg. Seine wahre Gestalt offenbarte er nur in geschlossenen Räumen und unter seinesgleichen. Gleich blieben jedoch seine schwarzen glatten Haare, die breiten Schultern und das zerfurchte Gesicht mit der platten Nase, die ihn aussehen ließ, als hätte er einen heftigen Schlag abbekommen. Seine langen Beine steckten in einer dunklen Hose, unter deren Saum Wildlederschuhe hervorlugten, die ich ihm alle drei Monate neu kaufen musste, weil er die Sohlen so schnell durchlief.
Der sanfte Riese würde nicht zulassen, dass ich in seinem Beisein eine Hexe schlachtete, und diese Hexe würde sich auf den Weg zu ihrem Zirkel machen, um ihren Schwestern von der seltsamen Begegnung mit der Fluchbrecherin und ihrem Troll zu berichten.
Dies wäre das Ende.
Jemma war ihrem sicheren Tod dank meines Freundes von der Schippe gesprungen.
Ich verfluchte ihn innerlich. Natürlich ohne Magie.
»Wila«, sagte Tieno.
Jemma nutzte die Gelegenheit, um die unbeleuchtete Gasse zu verlassen. Sie warf mir einen letzten argwöhnischen Blick über die Schulter hinweg zu.
Die Wut kochte in mir hoch, aber ich hielt sie im Zaum, da ich Tieno mein Leben verdankte. Er war mein Freund und kannte jedes meiner drei...
Erscheint lt. Verlag | 1.9.2021 |
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Reihe/Serie | Lady of the Wicked |
Lady of the Wicked | |
Lady of the Wicked | |
Verlagsort | München |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Fantasy / Science Fiction ► Fantasy |
Schlagworte | Dilogie • fantasy ab 14 • fantasy buch • Fantasy Bücher • Fantasy für Frauen • Fantasy Reihe • Fluchbrecher • ghul • Heilerin • Hexe • Monster • Naturgeister • Neuerscheinung 2021 • New Orleans • Parallelwelt • Romantic Fantasy • Schattenstadt • Urban Fantasy • Young Adult |
ISBN-10 | 3-492-99941-7 / 3492999417 |
ISBN-13 | 978-3-492-99941-0 / 9783492999410 |
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