Angel (Band 1): Dein Weg zu mir (eBook)
472 Seiten
Sternensand Verlag
978-3-03896-188-8 (ISBN)
C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (?Alia-Saga?, ?Greifen-Saga?) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.
C. M. Spoerri wurde 1983 geboren und lebt in der Schweiz. Sie studierte Psychologie und promovierte im Frühling 2013 in Klinischer Psychologie und Psychotherapie. Seit Ende 2014 hat sie sich jedoch voll und ganz dem Schreiben gewidmet. Ihre Fantasy-Jugendromane (›Alia-Saga‹, ›Greifen-Saga‹) wurden bereits tausendfach verkauft, zudem schreibt sie erfolgreich Liebesromane. Im Herbst 2015 gründete sie mit ihrem Mann den Sternensand Verlag.
Kapitel 1 - Einundzwanzig, zweiundzwanzig
Angel
Das Erwachen aus einem Albtraum war jedes Mal das Schlimmste. Nicht nur wegen der Bilder, die in mir nachhallten – es zeigte mir gleichzeitig auf, wie verloren ich war. Wie hilflos. Den verfickten Erinnerungen ausgeliefert, die ich nicht mehr verändern konnte.
Und dennoch waren die Gefühle genau gleich wie an jenem Tag, der sich in mein Leben gebohrt hatte wie ein Granatsplitter in schutzloses Fleisch.
Ich schaltete das Licht an und brauchte einen Moment, um zu begreifen, dass ich mich nicht zu Hause in meinem New Yorker Apartment, sondern auf einem Kreuzfahrtschiff im Mittelmeer befand. Der Jetlag machte mir zu schaffen, aber das war nicht der Grund, warum ich kaum geschlafen hatte.
Schwer atmend lag ich auf dem Bett in meiner Kabine und verfluchte wieder einmal Gott und die Welt.
Nun ja, vor allem die Welt, denn einen Gott gab es definitiv nicht, das hatte ich im Krieg oft genug erlebt. Gäbe es einen Gott, wäre ich jetzt tot und hätte nicht so viel Leid über Menschen gebracht, die ich noch nicht einmal kannte.
›Todesengel‹ hatten sie mich in meiner Einheit genannt … ja, das war ich auch. Ich hatte so oft getötet. Unzählige Male. Männer, Frauen, Kinder … Ihre Blicke, ehe ich ihnen mit ihrem Leben das Letzte nahm, was sie noch besaßen, verfolgten mich fast genauso in meinen Albträumen wie jener verhängnisvolle Tag vor einem dreiviertel Jahr, der meinem Leben als Navy SEAL ein abruptes Ende setzte.
Aber im Krieg hieß es: entweder sie oder du … da machte es keinen Unterschied, wer mit einer Waffe in der Hand auf einen zulief. Es gab nur Schwarz und Weiß – Verbündete und Gegner. Freunde, denen man Deckung gab, Feinde, die niedergeschossen werden mussten. Selbst wenn der Feind vor einigen Stunden noch mit einem Teddy im Arm geschlafen hatte.
Genau diese gottlose Welt hasste und verfluchte ich.
Ein Teil von mir war viel zu lange ein Stück davon gewesen und daran elendiglich krepiert. Verreckt wie ein Regenwurm in der Sonne. Der andere Teil hatte den Krieg mit nach Hause gebracht. Mit einem Regiment an Dämonen, die mich nicht mehr losließen.
Ich bemühte mich täglich, zu vergessen, zu verarbeiten und irgendwie zu begreifen, wie tief ein Mensch sinken konnte. Was man alles tat, nur weil es irgendwo auf einem Papier stand und jemand den Befehl gab, die Worte zu befolgen.
»¡Mierda!«, fluchte ich in meiner Muttersprache Spanisch, ballte die Hand zur Faust und schlug damit auf die Bettdecke, die ein hässliches Blumenmuster aufwies. »Scheiße!«
Doch die Stimmen verbannte ich damit nicht aus meinem Kopf. Den Nachhall des Albtraums.
›Angel! Renn!‹
»¡Vete!«, zischte ich den Dämon zwischen zusammengepressten Zähnen an, der mich gerade mit den Worten meines toten Kameraden heimsuchte. »Verschwinde, lass mich in Ruhe.«
Ich kniff die Augen so fest zusammen, dass es fast schon wehtat. Aber der Dämon war lauter als ich.
›Bring dich in Sicherheit, verdammt!‹
»No«, flüsterte ich in die Stille meiner Schiffskabine.
Damals hatte ich das Wort geschrien. Jetzt … ich hatte kaum noch Kraft, es zu hauchen.
Der Film lief weiter vor meinem inneren Auge ab. Ich sah meinen besten Freund, wie er auf dem verstaubten Boden lag, hilflos dem Scharfschützen ausgeliefert, der irgendwo zwischen den Ruinen eines zerbombten Hauses hockte. Rick war angeschossen worden, konnte sich nicht aus eigenen Kräften aus der Gefahrenzone bringen.
Ich beobachtete mich selbst, wie ich zu ihm rannte, versuchte, ihm auf die Beine zu helfen.
Und dann …
Mein Körper zuckte zusammen, als würde ich erneut von der Kugel getroffen. Ich stöhnte, presste mir die Faust auf den Mund und riss die Augen auf.
Wie von selbst tastete meine andere Hand nach meinem rechten Knie, das damals zertrümmert worden war.
Por todos los demonios …
Ich verfluchte den Typen, den ich nie gesehen hatte. Aber in meinen Albträumen besaß er immer ein Gesicht. Manchmal war es ein Mann, manchmal eine Frau, ab und an sogar ein Kind. Und immer hatte der Schütze dieses diabolische Lächeln auf den Lippen, ehe er Rick in meinen Armen erschoss – und dann die Waffe nochmals auf mich richtete.
Der Knall ertönte zum tausendsten Mal in meinem Kopf, bevor die Welt ebenso wie der Schmerz in meiner Schulter explodierte, als ich von einer weiteren Kugel getroffen wurde.
Bis heute war ich mir sicher, dass der Scharfschütze mich extra nicht tödlich verwundet hatte. Das verfluchte Schwein wollte, dass ich diese Scheiße überlebte. Und hetzte mir in dem Moment, in dem er mir die zweite Kugel verpasste, die Dämonen auf den Hals, die mir ab sofort dieses klägliche Leben zur Hölle machten.
Joder … Fuck …
Wieder kniff ich die Augen zusammen und atmete tief durch, wie es mich der Psychiater gelehrt hatte, den ich nach meiner Entlassung aus dem Dienst ein halbes Jahr lang wöchentlich zu Gesicht bekam. Der meinen Dämonen den Namen PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) verpasste. Das endgültige Aus für meine Einsätze bei der Navy, denn mit dieser Diagnose war es so gut wie unmöglich, die Security Clearance zu behalten – die Sicherheitseinstufung, die notwendig war, um an die hochgeheimen Informationen für die Missionen zu gelangen. Instabile SEALs wurden aussortiert. So einfach war das. Aber ich hatte nach Ricks Tod ohnehin genug von all dem Mist, und mit meinem kaputten Knie hätte ich sowieso keine Einsätze mehr geschafft.
Mein Psychiater Dr. Turner war jung, frisch von der Uni und hatte weiche unschuldige Hände, die ich kaum zu schütteln wagte, wenn ich in sein Sitzungszimmer trat. Seine Finger versanken förmlich in meinen Pranken und ich hatte immer das Gefühl, einen Teil von dem Blut, welches ich berührt hatte, an ihn abzugeben. Obwohl da schon lange kein Blut mehr klebte. Das war abgewaschen, meine Hände sauber. Was man von meiner Seele nicht behaupten konnte, denn in solch tiefe Abgründe vermochte nicht einmal Wasser zu sinken.
Dr. Turners Mondgesicht und der rundliche Bauch standen in krassem Gegensatz zu meinem durchtrainierten Körper, den ich auch nach meiner Entlassung aus der Army täglich mit Yoga und Fitnesstraining in Form hielt.
Ich hatte den Kerl abstoßend gefunden, als ich ihm das erste Mal gegenüberstand. Ein Bürohengst, der keine Ahnung vom richtigen Leben da draußen besaß und dessen größte Herausforderung des Tages wahrscheinlich darin bestand, ein Bier am Abend vor dem Fernseher zu öffnen.
Unsere erste Sitzung war eine Katastrophe gewesen und ich hatte mir geschworen, nie wieder zu diesem Psychodoktor zu gehen.
Diesen Vorsatz hielt ich eine ganze Woche lang durch und als ich das nächste Mal vor seiner Tür stand, öffnete er mir ohne Vorwürfe oder unnötige Vorträge und bat mich herein. Da wusste ich, dass ich ihm eine Chance geben sollte.
Und diese Chance hatte sich gelohnt, denn er hatte es nach unzähligen Therapiesitzungen geschafft, dass ich zumindest tagsüber kaum mehr Flashbacks bekam und auch nicht mehr bei jedem lauten Knall zusammenzuckte (trotzdem hasste ich Feuerwerke wie die Pest). Aber gegen die Albträume in der Nacht war selbst er machtlos.
Sie kehrten immer wieder.
Jede. Verdammte. Nacht.
Inzwischen ging ich nur noch sporadisch zu den Sitzungen mit ihm. Bei einer der letzten hatten wir diese Reise besprochen, auf der ich mich nun befand. Die mir helfen sollte, wenigstens mit einem Teil meiner Vergangenheit abzuschließen und damit vielleicht die Albträume zu vertreiben.
Ich bezweifelte, dass das jemals möglich war, aber eine andere Lösung hatte ich nicht parat, daher buchte ich die Kreuzfahrt. Schaden konnte es ja nicht.
»Im Hier und Jetzt bleiben«, murmelte ich mein Mantra und öffnete die Augen einen Spalt, um mich zu fokussieren.
Die geschmacklos eingerichtete Schiffskabine, die ich seit gestern Abend bewohnte, half mir nicht sonderlich dabei, schöne Bilder heraufzubeschwören. Aber wenigstens vermochte ich meine Gedanken zu sortieren, während ich auf den schwarzen Flatscreen gegenüber dem Bett starrte. Direkt daneben befand sich eine Duschkabine, das Bad mit dem Klo lag zu meiner Rechten in einem separaten Raum neben der Kabinentür.
Einundzwanzig. Zweiundzwanzig.
Einatmen.
Einundzwanzig. Zweiundzwanzig.
Ausatmen.
Langsam verblassten die Bilder, und die Stimme des Dämons wurde leiser, ließ mich endlich los und in die Gegenwart zurückkehren.
Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass es noch sehr früh war, um aufzustehen. Dennoch wusste ich, dass ich keine Chance mehr haben würde, wieder einzuschlafen, ohne dass die Erinnerungen mich weiter verfolgten. Wenn sie so real waren und ich sogar Ricks Stimme hörte, blieb ich besser wach und wartete, bis mich meine verfluchte Vergangenheit vollständig aus ihren Klauen entließ.
Manchmal half ein Schluck Alkohol – oder mehrere. Von Drogen...
Erscheint lt. Verlag | 12.3.2021 |
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Reihe/Serie | Angel |
Angel | |
Verlagsort | Hirzel |
Sprache | deutsch |
Themenwelt | Literatur ► Romane / Erzählungen |
Schlagworte | erotische Szenen • gay romance • Homossexuell • Humor • Liebe • New Adult • Schwule |
ISBN-10 | 3-03896-188-4 / 3038961884 |
ISBN-13 | 978-3-03896-188-8 / 9783038961888 |
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