Meine Lebensmelodie -  Hans Jakob Schmitt

Meine Lebensmelodie (eBook)

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2020 | 1. Auflage
300 Seiten
Books on Demand (Verlag)
978-3-7519-8620-5 (ISBN)
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Die Griechen versuchen, den Ursprung der Welt aus der Welt selbst zu verstehen, wenden sich dem immer gültigen Allgemeinen zu. Die Juden vertrauen sich dem Schöpfer der Welt an, der aus dem Nichts schöpfte - so sind Menschen einmalige Geschöpfe Gottes, Personen. In vier "Instrumentalsätzen" schilder der Autor seine Lebensmelodie, in Verbindung griechischen und jüdischen Denkenes - einem Konzert lebendiger Verspannung. Einstimmung: Das Werden des Lebendigen in unserer Welt Vorspiel: Die schöpferischen Verspannungen des Lebendigen Konzert: Begegnung - Person (aus dem Etruskischen) Nachklang: Verspannung des Endgültigen mit der Geschichte unserer Zeit

Hans Jakob Schmitt. Jahrgang 1926. Aufgewachsen in Guntersblum am Rhein. Nach der Gefangenschaft Studium: Griechisch, Latein, Philosophie, Theologie. Oberstudiendirektor a. D. des Gauß-Gymnasiums in Worms. Prediger a.D.

In der Hütte

Der korpulente Wirt empfängt die beiden recht erschöpften Flachländer mit breitem Grinsen. Bald steht für sie der dampfende Schmorbraten aus der winzigen Küche auf dem glattgehobelten Tischchen in der Ecke. Davor geht es schon recht laut zu. Das gekühlte Bier in den grauen Krügen mundet auch den beiden Neulingen. Der Lärmpegel wird allmählich höher. Wanderlieder werden auf der Terrasse angestimmt. Die beiden Spätlinge empfinden den Gesang eher laut als schön. Aber nach einer Weile sind sie ins Singen hineingezogen. Der Wirt bedient eifrig den Zapfhahn, um die Stimmung geschmeidig zu halten.

„Alles hat seine Zeit“. So werden die Stühle nacheinander leer. Auch die am Tisch in der Ecke zieht es aufs Nachtlager. Sind sie schon Freunde? Noch nicht so recht. Auf ihren Feldbetten liegen die beiden unterm Dach. Ein hartes Lager! Nicht für die Übermüdeten – schnell schlummern sie ein.

Leben in der Hütte

Der erste Ferientag.

P. (lachend): „Wir beide schlafen in einer camera, da sind wir doch Kameraden.“

H. (der Ältere) versteht das Angebot, bietet P. das kameradschaftliche „Du“ an. Nach ausgiebigem Frühstück lassen sich die neuen Kameraden vom Wind auf der Terrasse Schlafreste aus den Augen wischen. Die Zeit bis zum Mittagessen reicht zu einem Gang durch den Wiesengrund hin zum nahen Wäldchen. Der Mittagsschlaf verschlingt ihnen fast den ganzen sonnigen Nachmittag. Am Abend schlagen sie die Einladung zum Skat nicht aus, genießen die lockere Stimmung.

Die Hütte wird ihnen fast schon zum Heim.

Welt des Sehens – wird erfüllt im Denken

Die Rucksäcke sind gepackt, die Feldflaschen nicht vergessen. Die Morgenröte zieht die beiden aus der Hütte.

„Auf geht’s!“, ruft P.

Der nächste imposante Berggipfel ist ihnen Tagesziel.

Einmal will H. ermattet umkehren, aber der Jüngere zieht ihn mit sich. Endlich!

„Geschafft!“, ruft P.

H. sieht sich um. Ein sonniges Plätzchen neben dem großen Stein bietet sich zum Ausruhen an. Die belegten Brote und der noch warme Tee sind den Kameraden geschätzte Helfer, ihre Kräfte aufzufrischen.

Die herrliche Umsicht läßt beide verstummen. Nach einer Weile stößt der noch erschöpfte H. vor: „Die Strapaze hat sich doch gelohnt.“ Wieder Schweigen. Fast eine Stunde sitzen die beiden Flachländer nebeneinander, können sich gar nicht satt sehen.

Nach einer Weile P.: „Dahinten! Die in der Sonne glitzernde Bergspitze ist zum Greifen nahe – aber mindestens 20 Kilometer nach meiner Landkarte entfernt.“

Später H.: „Der Blick in unser Tal scheint mir wie in ein Paradiesgärtchen.“

P. packt die Zeltplane aus, die ihm den Rücken belastet. Nach dem Schlummer wollen die beiden gar nicht so recht aufstehen, ein Wind kommt auf, regt allmählich ihre Körperkräfte an, dann auch ihren Geist zum Nachdenken.

H.: „Mein Enkel besuchte während des Studiums in Norwegen die Lofoten–Insel, dort scheint die Sonne nur kurz, die Selbstmordrate sei dort unverhältnismäßig hoch!“

P.: „So ist es, Licht ist und bleibt uns Lebenselixier.“

Beide überlassen sich ihren Erinnerungen an sonnige, glückliche Tage.

Auf einmal überfällt H. wieder die Angst aus den düsteren Bunkern im Krieg. Mit einer unwillkürlichen Handbewegung will er das Vergangene wegwischen.

P.: „Ist dir nicht gut?“ Der Kamerad ist besorgt.

H. schüttelt den Kopf. Den mit der Gnade der späten Geburt will er nicht mit Schrecklichem aus dem Krieg belasten. Sein Banknachbar aus dem Gymnasium steht ihm plötzlich vor Augen.

Der Freund drängt ihn zu berichten.

H.: „Vor zwei Jahren hatte mein Klassenkamerad diamanten Hochzeitstag. (65 Jahre verheiratet). Seine Frau und seine sechs Kinder hat er nie gesehen. Mit 18 Jahren wurde er im Krieg blindgeschossen.“

P. nach einer Pause: „Manche scheinen mit unverletzten Augen blind für die Schönheit der Natur.“

H. (noch von der Vergangenheit gepackt): „Da taumelte einer nach einigen Tagen Haft aus seinem Verlies. Nicht der Hunger, die Dunkelheit hatte ihn niedergedrückt. Licht schenkt Leben.“

P.: „Sonnenlicht ist Lebenswärme.“

H.: „Auch das Glitzern des Fernsehers?“

P.: „Im wärmenden Licht wird Geschehenes wieder lebendig.“

Die beiden genießen die kraftvollen Sonnenstrahlen, die jetzt aus dem Süden kommen, schweigend. Nach der Teepause.

P.: „Schade, meine Brille habe ich vergessen.“

H.: „Was sähest du deutlicher? Die paar Steine um uns herum, das spärliche Gras, die krümelige Erde?“

P.: „Vom Tal her sah allerdings unser Berg gewaltig beeindruckend aus.“

H. lächelt in sich hinein: „Der Berg ist eben nicht für sich schon Berg. Erst vom Tal her wird er mächtig.“

P.: „Und hier vom Berg her erfreuen wir uns erst recht an dem anheimelnden Tal da unten.“

H.: „Einzelnes wird erst aus seiner Hinwendung zum Anderen verständlich.“

P.: „Da ist das Leben also auf Vergleiche angewiesen?“

H.: „Konsequent gedacht, mein Freund. Leben ist zum Umsehen.“

P.: „Da können wir manches übersehen.“

H.: „Wie oft täuschen wir uns, wenn wir den Überblick verlieren.“

P.: „Gestern meinte ich, auf unserem Hausberg Feuer zu sehen. Der Hüttenwirt belehrte mich – es war Wetterleuchten.“

H.: „Wenn wir heute Abend jeweils einen Bericht über unsere Erlebnisse auf unserem Weg schrieben, vermutlich wären es verschiedene Berichte. Der Überblick läßt sich nicht vereinheitlichen.“

P.: „So ist Leben auf die Umsicht angewiesen. Sehen erfüllt sich im Denken, wird vom Denken heimgeholt.“

H.: „Dank unserem Gipfel. Er vermittelt uns einen weiten Horizont.“

P.: „Wir sind immer auf unseren Horizont angewiesen, er bestimmt die Weite unseres Lebens und die Struktur dessen, was wir sehen. Dabei meinen wir zu sehen, was wirklich ist.“

Die beiden genießen eine Weile ihre Erhabenheit.

H. (herausfordernd): „Du siehst doch nur eine Front der Hütte.“ Er streckt die Rechte aus. „Sieh mal, unsere Hütte da unten sieht doch aus wie eine Hundehütte.“

P.: „Wenn du so willst: Wer hat schon einmal ein Haus gesehen? Wir setzen es doch aus den Teilen, die wir gesehen, zusammen.“

H.: „Wodurch?“

P.: „Durch unser Denken ist es. Auch denken wir dazu, was wir noch gar nicht gesehen haben, weil es dazugehört.“

H. (lächelt): „Wir denken es dazu. – Sehen wird vom Denken eingeholt, erfüllt sich im Denken.“

Vernachlässigen wir unsere Sinne nicht neben dem Sehen?

H.: „Noch einmal denke ich an meinen blinden Freund. Wir gingen zusammen, plötzlich griff er an meinen Arm: Der da oben singt ja falsch! Das Zwitschern des Vogels hatte ich gar nicht bemerkt. Bei unseren Fahrten durch unsere Stadt wußte er auf dem Beifahrersitz oft besser als ich, wo wir gerade fuhren.“

P.: „Er schätzte wohl den Zeitverzug ein.“

H.: „So erinnerte er mich daran, daß Sehen nur einer unserer Sinne ist.“

P. (plötzlich): „Sieh´ doch, auf der Kuppe ein Reh.“

H.: „Ah, mit einem prächtigen Geweih.“

P.: „Du bist zu laut, weg ist das Reh. Na ja, am Bach wird es seinen Abend–Schoppen finden.“

H.: „In meinen Knochen spüre ich es. Die Dämmerung naht“.

Das Gespräch gerät ins Stocken.

P.: „Auch der Schlaf gehört zum Leben, ist stärker als Dein Denken.“

Nach dem Nachtessen vertrauen sie sich zugleich Morpheus, dem Gott der Träume, an, der die Schlafenden zuweilen ganz anders sehen läßt.

Umkehr zum Ursprung – Die Philosophen vor Sokrates

Ihren Spaziergang über die Hochebene dehnen die Freunde nicht so sehr aus. Die Beinmuskeln müssen sich erst noch an das ihnen ungewohnte Marschieren gewöhnen. Zudem wollen beide Kraft für den Abend – zum Gespräch – aufsparen.

P.: „Unser Gespräch erscheint doch nicht zufällig. In meinem Koffer habe ich ein Werk, das die zu Wort kommen läßt, die den radikalen Umbruch vom Sehen zum Denken, wie du es ausdrückst, wagten: Im Original in Altgriechisch und eine Übersetzung.“

H. klatscht freudig in seine Hände: „Meine Vorsokratiker!“

Das Abendessen war schmackhaft wie am Vortag. Der flinke Wirt hatte wieder gut vorgesorgt. Am gut geschürten Kanonenofen mundete ihnen auch das Weizenbier trefflich. Wenn auch zunächst zögerlich – sie kamen mit ihren Hüttenkameraden ins Gespräch.

P. konnte verschiedene Dialekte...

Erscheint lt. Verlag 30.9.2020
Sprache deutsch
Themenwelt Geisteswissenschaften Philosophie Metaphysik / Ontologie
ISBN-10 3-7519-8620-0 / 3751986200
ISBN-13 978-3-7519-8620-5 / 9783751986205
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