Das Brauhaus an der Isar: Das Vermächtnis (eBook)

eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
464 Seiten
Rowohlt Verlag GmbH
978-3-644-00850-2 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Das Brauhaus an der Isar: Das Vermächtnis -  Julia Freidank
Systemvoraussetzungen
7,99 inkl. MwSt
  • Download sofort lieferbar
  • Zahlungsarten anzeigen
Die große Familiensaga um das traditionsreiche Brauhaus Brucknerbräu. In den Schicksalsjahren am Ende des Zweiten Weltkriegs stellt sich für das Familienunternehmen die Frage: Wer führt die Brauerei in die Zukunft? Wer bewahrt das Erbe der Brauereikunst in München und auf dem Oktoberfest? Die siebzehnjährige Lotte ignoriert alle Warnungen ihrer in die USA emigrierten Eltern und arbeitet Ende 1944 für eine Schweizer Hilfsorganisation gegen die Nationalsozialisten. Nach einem dramatischen Flugzeugabsturz im Grenzgebiet schlägt sie sich bis München durch. Dort halten ihre Großeltern Antonia und Melchior allen Wirren zum Trotz das Brucknerbräu am Laufen. Als Lotte lernt, wie eine Brauerei funktioniert, ist ihre Leidenschaft für die Braukunst entfacht. Doch hier gilt sie als 'Halbjüdin'. Mitten in diesen letzten Kriegsmonaten, während das Flächenbombardement München in eine brennende Hölle verwandelt, verliebt sich die temperamentvolle Lotte in den charmanten und einfühlsamen Wissenschaftler Gero. Aber er arbeitet an einem brisanten Projekt, das ihn und ihre Beziehung belastet. Lotte ist entschlossen, das Erbe ihrer Familie und die Liebe über den Krieg zu retten. Noch ahnt sie nicht, welche Herausforderungen auf sie und das Brauhaus warten, sobald der langersehnte Frieden da ist.

Julia Freidank ist das Pseudonym einer vielfach veröffentlichten Autorin von Romanen und Sachbüchern. Als gebürtige Münchnerin hat sie die aufregende Geschichte ihrer Heimatstadt immer schon sehr fasziniert. Da München ohne das Brauereiwesen nicht zu denken ist, lag es nahe, irgendwann einmal über ein Münchner Brauhaus zu schreiben. Das Ergebnis ist die mehrbändige große Familiensaga «Das Brauhaus an der Isar».

Julia Freidank ist das Pseudonym einer vielfach veröffentlichten Autorin von Romanen und Sachbüchern. Als gebürtige Münchnerin hat sie die aufregende Geschichte ihrer Heimatstadt immer schon sehr fasziniert. Da München ohne das Brauereiwesen nicht zu denken ist, lag es nahe, irgendwann einmal über ein Münchner Brauhaus zu schreiben. Das Ergebnis ist die mehrbändige große Familiensaga «Das Brauhaus an der Isar».

– 1 –


Zürich, November 1944

Unter den Reifen knirschte hartgefrorener Schnee, brach krachend in stumpf glänzende Kristalle wie Knochen unter einem Mühlstein. Während das Automobil die Bergstraße hinaufkroch, langsam wie ein vom leichten Wind bewegtes Sandkorn, blickte Lotte zurück. Hingeduckt zwischen Berg und Wasser, umarmte die Stadt das Nordwestende des Zürichsees. Saphirblau zog sich die langgestreckte Zunge ins Tal, ein dunkler, nur hie und da von der Spur eines Dampfers durchzogener glatter Spiegel. Die tiefstehende Sonne warf einen rötlichen Schimmer auf die Felsen, die beinahe die Farbe des Himmels angenommen hatten. Ein langes violettes Wolkenband zerteilte den Himmel, trennte Rosa und Hellblau. Von den Gipfeln bis weit herab lag zartrosa glänzender Schnee. Auf den Matten und Wäldern an den Hängen wurden die Schatten länger. Es hätte idyllisch sein können, wäre ihr Vorhaben nicht so gewagt gewesen.

Das Automobil überquerte die Kuppe, tauchte erneut in den Wald ein, und wie eine Vision versank Zürich hinter ihnen. Lotte sah zu Frau Katzenstein, die neben ihr das große lederbezogene Steuerrad hielt. Ihr ebenmäßiges, wie gemeißeltes Gesicht mit den scharfen blauen Augen war von einem rosigen Schimmer übergossen. Das im Nacken geknotete Haar zeigte noch immer mehr Blond als Grau, obwohl sie schon weit über fünfzig war. Sie bemerkte Lottes Blick, wies aber nur sichtlich angespannt mit dem Kinn nach vorn. Dort öffnete sich jetzt das Glatttal. Die graue Piste des Flughafens Dübendorf mit dem langgestreckten Hauptgebäude und den Hangars war schon von weitem zu erkennen.

Die einmotorige Piper L-4 verschmolz mit der grau bereiften Wiese seitlich der Startbahn, als der Wagen die Ebene erreichte und auf das Rollfeld fuhr. Ihr olivgrün lackierter Körper mit dem hölzernen Propeller vorn war lächerlich niedrig, dachte Lotte, als der Wagen anhielt und sie ausstiegen. Immerhin schützten Scheiben die beiden Sitze unter dem Flügelpaar. Die bei der Air Force liebevoll «Grasshopper» genannte Maschine konnte bis auf 12000 Fuß steigen und über 140 Stundenkilometer erreichen. Trotz der Scheiben und des ungewöhnlich guten Wetters während der letzten Tage würde es kalt werden. Der Abendwind peitschte Lottes schulterlange, seitlich gescheitelte braune Locken, und fröstelnd zog sie den Mantel enger um die Schultern.

«Sie wissen Bescheid», sagte Frau Katzenstein und reichte ihr die schmale Ledertasche. «Im Grenzgebiet ist die SS unterwegs, aber ein Flugzeug können sie nicht überwachen. Ich habe Ihren Eltern versprochen, Sie nicht in Gefahr zu bringen. Sie übergeben die falschen Pässe für die jüdischen Flüchtlinge an unseren Kontakt und kommen sofort zurück. Keine waghalsigen Ausflüge, verstehen wir uns? Das Letzte, was wir gebrauchen können, ist ein heimlicher Schnappschuss von Ihnen in einer Nazi-Akte.» Sie betrachtete ihre Assistentin und hob die Brauen. «Sie glauben, es sei eine Stärke, immer mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Alles auf eigene Faust zu machen. Aber es gibt nicht nur Küche oder Krieg. Und deshalb: Mehr ist nicht drin für ein junges Ding wie Sie.»

Lotte steckte die Pässe ein und setzte das Barett seitlich auf die Locken. Ihr Mundwinkel zuckte verstohlen. Ehe sie im Oktober nach Europa abgeflogen war, hatte sie genau deswegen einen heftigen Streit mit ihrer Mutter gehabt. Immerhin hatte sie sie gehen lassen. Bei ihrem Vater wäre das viel schwerer durchzusetzen gewesen, aber der war als Kriegsberichterstatter irgendwo im Nirgendwo bei der Air Force. Ältere Leute hatten immer Angst um einen, aber wo war der Unterschied, ob man vor Langeweile starb oder bei so etwas? Sie wusste schon, was sie tat. Sie war abenteuerlustig, aber nicht schwachsinnig.

Der Pilot, ein hagerer Bursche von vielleicht fünfundzwanzig, hatte seine Maschine inspiziert und kam herüber, die Brille auf die Haube hochgeschoben. Er hatte den Ledermantel mit dem Pelzkragen geöffnet, und an seinen weiten Hosen, die in Stiefeln steckten, zerrte der leichte Wind. In seinem Mundwinkel klemmte eine Zigarette, und die hellen Augen musterten kurz das achtzehnjährige Mädchen in weiten Hosen, das sein Passagier sein sollte. «Es zieht zu», meinte er. «Wir sollten los. Wenn die Sonne untergeht, sollten wir oben sein.»

Frau Katzenstein drückte Lotte die Hand. «Alles Gute.»

«Verlassen Sie sich auf mich.» Lotte bemühte sich, ihr Lächeln nicht zu breit ausfallen zu lassen.

Frau Katzenstein sah ihr nach, während sie ins Flugzeug kletterte und sich auf den hinteren der beiden lederbezogenen Sitze fallen ließ. Ihr Gesicht war angespannt. Natürlich fragte sie sich, ob es nicht zu gewagt wäre, ein so junges Mädchen auf diese Mission zu schicken. Dabei war es nur ein Botengang. Die Auftragsmörder der Nazis würden nicht einmal von ihrer Existenz erfahren.

Als die Maschine anrollte und sich langsam, zunächst leicht schwankend in die Luft erhob, überfiel Lotte das vertraute Gefühl von Freiheit. Es war so unglaublich schön, dass sie den Anlass ihres Flugs beinahe vergaß. Die Weite des Horizonts, das Gefühl, nur von der Luft getragen zu werden, war jetzt, nach der vierwöchigen Enge zwischen den Bergen, einfach atemberaubend. Die Piper beschrieb eine Schleife und glitt langsam höher, wie eine Schwalbe im Aufwind. Sie flogen direkt über den Zürichsee und dann nach Osten. Die Sonne fiel von hinten auf die schneebedeckten Gipfel und tauchte sie in feuerrotes Licht. Die Felsen glühten. Federleichte Wolken, dünn wie Gaze, zogen vorbei, und unter ihnen lag die langgestreckte Wasserfläche, deren Saphirblau immer dunkler wurde.

«Waren Sie mal in Deutschland?», fragte der Pilot mit einem Blick über die Schulter. Seine Stimme war vor dem Motorengeräusch nur schwer zu verstehen, und das Funkgerät im Hintergrund knackte und summte. «Sie kommen aus Amerika, hieß es. Aber Ihr Deutsch ist perfekt.»

«Ich bin in München geboren», rief Lotte. «Meine Eltern sind 1933 ausgewandert.»

«Weil Sie Juden sind?»

«Mein Vater. Er war einer der ersten Journalisten, die Berufsverbot bekamen und verhaftet wurden.» Sie war damals erst sechs Jahre alt gewesen, aber der Abend stand ihr noch so klar vor Augen, als wäre es gestern gewesen. Vermutlich war es der Familie seiner Frau Clara zu verdanken, die eine Brauerei in München besaß, dass René Kurowsky einige Tage später freigekommen war. Kaum zurück, hatte er seine Frau wortlos ins Kontor gezogen. Und als sie wieder herauskamen, hatte Clara ihrer Tochter eröffnet, dass sie für einige Zeit in ein fernes Land ziehen müssten. Anfangs hatten sie alle gehofft, dass es nur für ein paar Jahre wäre. Aber schnell war klar geworden, dass Hitler die einmal errungene Macht nicht freiwillig wieder aufgeben würde.

«War nicht einfach, will ich meinen», bemerkte der Pilot.

«Das ist es nie. Mein Vater hatte immerhin schon vorher ein paar Jahre in New York gearbeitet.» Er war ein Zugvogel, der überall zu Hause war. Aber die Mutter sehnte sich noch immer nach München.

«Haben Sie keinen Verlobten, der Sie vermisst?»

«Nein», erwiderte sie kurz. Männer verstanden das nicht, aber nicht jedes Mädchen war wie Melanie in Vom Winde verweht. Sie brauchte eine Aufgabe, keine Abhängigkeit. Die Energie in ihrem Inneren pulsierte so stark, dass es schmerzte. Manchmal hatte sie das Gefühl, die schiere Lebenskraft könne sie zerreißen. Sie brauchte ein Ventil für diese ungebändigte Kraft, sonst wurde sie noch verrückt. Lotte hatte keine Lust, sich weiter zu unterhalten, und blickte aus dem Fenster, wo der Himmel über den Bergen in feurigen Farben schillerte. Der Pilot hatte bereits die Lichter eingeschaltet. Das gleichmäßige Blitzen an den Flügeln machte sie müde. Der Propeller war nur noch als sausender Schatten zu sehen, und das monotone Summen des Motors lullte sie ein.

«Schlafen Sie ruhig ein bisschen, wenn Sie müde sind», meinte er. «Wird etwa eine Stunde dauern, je nach Wind.»

Lotte hatte eigentlich nicht vorgehabt, dem Rat zu folgen, aber irgendwie musste sie doch eingenickt sein. Das gleichmäßige Summen war in ihrem Unterbewusstsein, wie auf dem Flug vor wenigen Wochen, als sie über den Atlantik gekommen war. Sie dachte an ihre Familie, die Freunde, die sie in New York zurückgelassen hatte. Sie fehlten ihr, aber etwas hatte sie nach Europa gezogen. Vielleicht das Gefühl, dass ihr Leben hier gewaltsam unterbrochen worden war. Dass etwas zu Ende gebracht werden musste. Zugvögel kehrten jeden Sommer zurück. Bei ihr hatte es elf Jahre gedauert. Elf Jahre, in denen sich die ganze Welt verändert hatte. Sie erinnerte sich an die Schwalben unter den Dachsparren des Brucknerschlössls. An das Zwitschern jedes Jahr, wenn die Jungen schlüpften. An die pfeilschnellen Körper, die über den Boden oder hoch im Himmel schwerelos schwebten wie …

Sie erwachte von einem gewaltigen Stoß in die Seite. Es war dunkel, und um das Flugzeug herum sausten dichte weiße Schleier. Eisige Zugluft drang durch die Ritzen, und fröstelnd zog sie den Mantel enger.

«Ein Gewitter!», rief der Pilot. «Hier oben pfeift es ganz schön. Sind Sie angeschnallt?»

Lotte kontrollierte den Gurt und bejahte. «Ist es schlimm?»

Sie hörte ein Lachen. «Wird schon. Solange uns der Wind nicht über den Bodensee treibt, jedenfalls.»

«Kann das passieren?»

Ein Knacken, dann ein weiterer Stoß in die Seite der Maschine. «Möglich ist alles. So, Schätzchen, und jetzt halten Sie besser den Mund und lenken mich nicht mehr ab.»

Beunruhigt blickte Lotte hinaus in die vorbeijagenden...

Erscheint lt. Verlag 20.7.2021
Reihe/Serie Die Brauhaus-Saga
Eine München-Saga
Verlagsort Hamburg
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Historische Romane
Schlagworte 1949 • Anne Jacobs • Antisemitismus • Auswanderung • Bier • Bomann • Brauerei • Brauhaus • bücher für frauen • Deutsches Atomprogramm Hitler • Dirndl • Ende des zweiten Weltkriegs • Erbe • Exil • Familiendynastie • Familientradition • Hefeweizen • Heimat • helles • historische Romanreihe • Historischer Roman • Judentum in Deutschland • Liebe • Liebesromane • Löwenhof • München • Nachkriegszeit • Oktoberfest • Schicksal • Stunde Null • Wiederaufbau • Wirtschaftswunder • Zweiter Weltkrieg
ISBN-10 3-644-00850-7 / 3644008507
ISBN-13 978-3-644-00850-2 / 9783644008502
Haben Sie eine Frage zum Produkt?
Wie bewerten Sie den Artikel?
Bitte geben Sie Ihre Bewertung ein:
Bitte geben Sie Daten ein:
EPUBEPUB (Wasserzeichen)
Größe: 3,9 MB

DRM: Digitales Wasserzeichen
Dieses eBook enthält ein digitales Wasser­zeichen und ist damit für Sie persona­lisiert. Bei einer missbräuch­lichen Weiter­gabe des eBooks an Dritte ist eine Rück­ver­folgung an die Quelle möglich.

Dateiformat: EPUB (Electronic Publication)
EPUB ist ein offener Standard für eBooks und eignet sich besonders zur Darstellung von Belle­tristik und Sach­büchern. Der Fließ­text wird dynamisch an die Display- und Schrift­größe ange­passt. Auch für mobile Lese­geräte ist EPUB daher gut geeignet.

Systemvoraussetzungen:
PC/Mac: Mit einem PC oder Mac können Sie dieses eBook lesen. Sie benötigen dafür die kostenlose Software Adobe Digital Editions.
eReader: Dieses eBook kann mit (fast) allen eBook-Readern gelesen werden. Mit dem amazon-Kindle ist es aber nicht kompatibel.
Smartphone/Tablet: Egal ob Apple oder Android, dieses eBook können Sie lesen. Sie benötigen dafür eine kostenlose App.
Geräteliste und zusätzliche Hinweise

Buying eBooks from abroad
For tax law reasons we can sell eBooks just within Germany and Switzerland. Regrettably we cannot fulfill eBook-orders from other countries.

Mehr entdecken
aus dem Bereich
Die Geschichte eines Weltzentrums der Medizin von 1710 bis zur …

von Gerhard Jaeckel; Günter Grau

eBook Download (2021)
Lehmanns (Verlag)
14,99
Historischer Roman

von Ken Follett

eBook Download (2023)
Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG
24,99