Caravaggios Schatten (eBook)

Kriminalroman
eBook Download: EPUB
2021 | 1. Auflage
304 Seiten
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH
978-3-462-32047-3 (ISBN)

Lese- und Medienproben

Caravaggios Schatten -  Bernhard Jaumann
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Ein Gemälde, zwei Verbrechen - und ein düsterer Schatten aus der Vergangenheit: Ein neuer packender Krimi aus der Kunstwelt von Bernhard Jaumann. Kunstdetektiv Rupert von Schleewitz ist mit einem alten Schulfreund in der Gemäldegalerie von Schloss Sanssouci, als der plötzlich ein Messer zieht und auf ein Caravaggio-Gemälde einsticht. Was hat es mit dieser Wahnsinnstat auf sich? Von Schleewitz wird mit einem düsteren Geheimnis aus der gemeinsamen Vergangenheit konfrontiert. Das beschädigte Meisterwerk - es handelt sich um den »Ungläubigen Thomas« - wird auf dem Transport in ein Spezialinstitut gestohlen. War das Attentat nur Mittel zum Zweck für einen Kunstraub? Der Attentäter schweigt eisern, während es von Schleewitz und seinen Kollegen Klara Ivanovic und Max Müller gelingt, Kontakt zu den Dieben herzustellen. Für die Rückgabe des Bildes fordern diese ein beträchtliches Lösegeld. Ein Katz-und-Maus-Spiel um die Abwicklung des Artnappings beginnt, doch der Schlüssel zur Lösung des Falls scheint in Rupert von Schleewitz' Jugendzeit zu liegen, die er gemeinsam mit dem Täter auf dem Internat verbrachte. Hatte der berüchtigte Kunstlehrer damals nicht ein Faible für Caravaggio? Und kam jener Lehrer später nicht unter fragwürdigen Umständen ums Leben? Immer tiefer gerät Rupert in den Strudel verdrängter Erinnerungen, während die Rettung des Gemäldes Klara in größere Gefahr bringt, als sie es sich vorzustellen vermochte ... Ein Krimi um Licht und Schatten, um Wunden und Heilung, um Zweifel und sinnliche Gewissheit.

Bernhard Jaumann, geboren 1957 in Augsburg, arbeitete nach dem Studium als Gymnasiallehrer. Zurzeit lebt er in Bayern und Italien. Er schrieb mehrere Krimiserien, für die er vielfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Friedrich-Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman 2003 und für die beste Kurzgeschichte 2008. Für seinen Roman »Die Stunde des Schakals« erhielt er 2011 den Deutschen Krimipreis. Seit 2018 erscheint bei Galiani seine Krimireihe um die Münchner Kunstdetektei von Schleewitz, deren ersten beiden Bände von der Presse als »raffiniert konstruierte Unterhaltung« (NDR) und »große Kunst« (Berliner Zeitung) gelobt wurden.

Bernhard Jaumann, geboren 1957 in Augsburg, arbeitete nach dem Studium als Gymnasiallehrer. Zurzeit lebt er in Bayern und Italien. Er schrieb mehrere Krimiserien, für die er vielfach ausgezeichnet wurde, u.a. mit dem Friedrich-Glauser-Preis für den besten deutschsprachigen Kriminalroman 2003 und für die beste Kurzgeschichte 2008. Für seinen Roman »Die Stunde des Schakals« erhielt er 2011 den Deutschen Krimipreis. Seit 2018 erscheint bei Galiani seine Krimireihe um die Münchner Kunstdetektei von Schleewitz, deren ersten beiden Bände von der Presse als »raffiniert konstruierte Unterhaltung« (NDR) und »große Kunst« (Berliner Zeitung) gelobt wurden.

Inhaltsverzeichnis

Klara hatte angeboten, einen Kunstdruck des Ungläubigen Thomas zu beschaffen, doch Rupert hatte sich lieber gleich selbst darum gekümmert. Im Internet hatte er eine entsprechende Firma ausfindig gemacht, eine hochwertige Ausführung auf Canvas Venezia ausgewählt, das Ding im größtmöglichen Format von zweiundsiebzig auf achtundneunzig Zentimeter bestellt und 119 Euro dafür bezahlt. Plus die Zusatzkosten für die Expresslieferung. Jetzt war das Paket da. Rupert riss die Verpackung auf und lehnte die Leinwand gegen seinen Computerbildschirm.

Der Druck war gar nicht so schlecht. In Kontrasten und Farbtönen glich er erstaunlich dem Eindruck, den das Original in Ruperts Erinnerung hinterlassen hatte. Nur die dunklen Stellen waren etwas undifferenzierter. Man musste wissen, dass zwischen den Gewändern von Jesus und Thomas eine Abstufung im Grau-Schwarz vorhanden war, um sie hier erahnen zu können. Rupert wunderte sich, wie genau er die Details des Originals im Kopf hatte, obwohl er das Bild nur ein paar Minuten betrachtet hatte.

Rupert setzte sich in seinen Schreibtischsessel und rollte ein wenig zurück, um erst einmal einen Überblick zu bekommen. Ein Halbbogen bestimmte die obere Hälfte der Komposition. Er verlief von Jesus’ Ellenbogen über die Stirn des hinteren Jüngers zum äußeren Arm des rechten Apostels. Die beiden Enden des Bogens hatte Caravaggio mit einer etwas wackeligen Geraden verbunden, die vor allem durch die drei in einer Waagerechten befindlichen Hände betont wurde. Zwei von den Oberarmen akzentuierte Diagonalen kreuzten sie von rechts unten und lenkten den Blick zum Kraftzentrum, der durch die vier Köpfe gebildeten Raute.

Hübsch gemacht, dachte Rupert, bloß zeigten ihm die Kompositionslinien keinen Weg zu den Antworten, die er eigentlich finden wollte. Wieso hatte Alban auf das Bild eingestochen? Warum in seiner Gegenwart? Was zum Teufel verband den Ungläubigen Thomas, Alban und ihn selbst? Der Schlüssel musste irgendwo in dem Gemälde liegen.

Die Köpfe. Keiner der abgebildeten Männer hielt den Kopf aufrecht, alle vier beugten ihn nach vorn, nach unten. Ob das etwas zu bedeuten hatte? Warum neigte man den Kopf? Aus Ehrerbietung, aus Verlegenheit, aus Scham? Oder weil man sich etwas zutuscheln wollte, was nicht für jedermanns Ohren bestimmt war? Es wirkte fast so, als sei da auf dem Bild eine geheimnisvolle Verschwörung im Gange. Zu welchem Zweck auch immer.

Im Internat hatte Rupert mit ein paar anderen Jungs mal einen Geheimbund gegründet, da mussten sie etwa elf oder zwölf Jahre alt gewesen sein. Alban war natürlich auch mit von der Partie gewesen. Die schwarze Hand hatten sie sich genannt. Wie sie auf den Namen gekommen waren, wusste Rupert nicht mehr. Vielleicht war bloß das markante Handsymbol, mit dem sie ihre chiffrierten Botschaften unterzeichneten, dafür ausschlaggebend gewesen. Ein bestimmtes Ziel hatte Die schwarze Hand Ruperts Erinnerung nach nicht verfolgt. Außer geheim zu bleiben und eine Gemeinschaft herzustellen, indem man andere bewusst ausschloss. Irgendwann hatte jemand die ganze Sache blöd gefunden, und dann war der Geheimbund sanft entschlafen.

Auf Caravaggios Gemälde wurde auch keine Verschwörung gezeigt. Dazu wäre eine Verständigung zwischen den Verschwörern nötig, aber die existierte nicht. Keiner schien etwas zu flüstern, und keinem der Männer hatte der Maler einen Augenkontakt zu einem der anderen gegönnt. Selbst die drei Apostel nahmen einander nicht wahr, auch wenn Körperhaltung und Blickrichtung sie als eine Einheit verstehen ließen. Der Jesus in der linken Bildhälfte gehörte nicht dazu. Der Farbton, das verschattete Gesicht, die ganze Stimmung, die er ausstrahlte, schienen zu beweisen, dass er sich in einer eigenen, von den anderen abgetrennten Sphäre aufhielt. Fast unwirklich kam sie Rupert jetzt vor.

War es das, was Alban eingefordert hatte? Hätte Rupert erkennen sollen, dass Jesus auf dem Bild gar nicht wirklich da war, sondern nur als Erscheinung, als eine Imagination der verwirrten Apostel? Rupert war weder Kunsthistoriker noch Theologe, doch ihm war schon klar, was es bedeutet hätte, wenn Caravaggio das tatsächlich so gemeint hätte. Es wäre Gotteslästerung gewesen, ein Leugnen der biblischen Überlieferung und der Grundwahrheit des christlichen Glaubens, dass Jesus in Fleisch und Blut von den Toten auferstanden sei. Eine solche Aussage hätte den Maler schnell auf den Scheiterhaufen bringen können.

Rupert wusste nicht, ob Caravaggio so viel Ketzerei und Risikobereitschaft zuzutrauen gewesen war. Aber selbst wenn diese Interpretation jeder historischen Grundlage entbehrte, konnte Alban das Gemälde durchaus so verstanden haben. Nur, was interessierten Alban theologische Fragen? Beruflich hatte er damit jedenfalls genauso wenig zu tun wie mit Malerei. Er hatte erzählt, dass er bei der Stadt Potsdam arbeite und hauptsächlich mit Liegenschaftsverwaltung befasst sei. Es hatte sich so langweilig angehört, dass Rupert auf Nachfragen verzichtet hatte.

Trotzdem, die Auferstehungserzählung und speziell die Anekdote um den Ungläubigen Thomas hatten Alban zweifellos beschäftigt. Und angesichts des Bilds seelisch ziemlich aufgewühlt. Bis zum Verrecken hätte man ihnen diese Geschichte im Internat eingebläut, hatte er gesagt. Bloß galt das für anderes religiös Erbauliches sicher genauso, denn damals in der Schule ging es doch die Bibel rauf und runter. Das Sankt-Georg-Internat im beschaulichen Rannertskirchen war eben ein katholisches Institut, das sich in seinen Erziehungsbemühungen auf die Grundwerte des christlichen Abendlands berief. Als Junge hatte Rupert das hingenommen, ohne sich groß darüber aufzuregen. Ob man die zwölf Apostel oder die Zahnformeln diverser Säugetiere auswendig lernte, hatte für ihn keinen Unterschied gemacht.

Seine Welt war eh eine andere gewesen, nämlich die der unendlichen Weiten ferner Sonnensysteme, in denen die Helden der Perry-Rhodan-Heftromane ihre Abenteuer erlebten. Vor allem die Mutanten mit ihren telekinetischen, telepathischen und sonstigen paranormalen Fähigkeiten hatten ihn fasziniert. Freilich hatte er auch als Zwölfjähriger die Science-Fiction-Geschichten ganz gut von der Realität zu trennen gewusst. Höchstens in einem ganz abgefahrenen Tagtraum hatte er sich vielleicht mal zusammenphantasiert, diesen oder jenen verhassten Lehrer allein mit der Macht der Gedanken aus dem Klassenzimmerfenster entschweben zu lassen.

Rupert konzentrierte sich wieder auf den Kunstdruck vor ihm. Konnte man die Thomas-Szene tatsächlich als Darstellung einer nur phantasierten Erscheinung verstehen? Die drei Jünger rechts mit ihren vom Leben gezeichneten Gesichtern und den abgetragenen, löchrigen Gewändern gehörten eindeutig der Alltagswelt an. Der bleiche Jesus mit seinem übergeworfenen hellen Grabtuch hatte dagegen zweifelsohne etwas Irreales an sich. Nur die Seitenwunde und der Finger, der in sie eindrang, störten. Sie griffen von der realen in die Erscheinungswelt über und waren so überwältigend körperlich gemalt, dass sie nicht imaginiert gemeint sein konnten. Die Wunde war echt, und selbst wenn der Thomas auf dem Gemälde sie nicht wirklich sehen konnte, so konnte er sie doch unzweifelhaft spüren. Der Eindruck der Berührung hallte in jeder Faser seines Körpers nach.

Den Finger in die Wunde legen. Hatte das Alban umgetrieben? Den Finger in die Wunde legen hieß, eine schmerzhafte Wahrheit auszusprechen, jemanden auf unangenehme Weise mit einem Übel zu konfrontieren oder ihn an etwas zu erinnern, was er glücklich vergessen zu haben glaubte. War Rupert vielleicht dieser Jemand? Aber wieso gerade er, den Alban gut fünfundzwanzig Jahre lang aus den Augen verloren und anscheinend nicht besonders vermisst hatte? Und wenn doch, warum hatte Alban dann nicht einfach gesagt, was ihm auf dem Herzen lag? Nein, das ergab keinen Sinn. Den Finger in die Wunde legen war nichts als eine Redensart. Deswegen stach man nicht auf ein unschätzbar wertvolles Gemälde ein. Rupert zupfte an dem Verband um seine linke Hand herum.

Auf Caravaggios Bild war die Seitenwunde Jesu auf seltsame Weise gedoppelt. Der zweite Schnitt dominierte den rechten Teil der Komposition, hatte ungefähr die gleiche Länge, lag auf der gleichen Höhe, war aber im Unterschied zur Wunde vertikal ausgerichtet. Und er stellte deutlich Profaneres dar: Am Gewand des Ungläubigen Thomas war nämlich die Naht aufgeplatzt, mit der der linke Ärmel am Wams befestigt war. Ein Stück helle Haut schimmerte unter dem Stoff hervor. War das nur ein verspieltes Detail, oder sollte es die innere Verlorenheit des Apostels unterstreichen? Ein Riss im Gewand als Echo auf die tödliche Verletzung der Haut des Meisters?

Wie war es eigentlich mit dem Ungläubigen Thomas weitergegangen? Rupert legte den Kunstdruck auf den Schreibtisch und fuhr den Computer hoch. Der Zweifler war in der Überlieferung schnell zum Heiligen mutiert. Er hatte den Osten missioniert, war durch Vorderasien bis nach Südindien gelangt, wo er christliche Urgemeinden gegründet und in Mylapore, dem heutigen Chennai, den Märtyrertod erlitten haben soll. Und zwar, indem er mit Lanzen durchbohrt wurde. Da schau mal einer an, dachte Rupert, Stichwunden, wohin man auch blickt. Ob auch Alban …?

Ruperts Handy meldete eine eingetroffene WhatsApp-Nachricht.

Wenn Alban sich irgendwie verletzt fühlte und er, Rupert, dabei eine Rolle spielte, dann musste er bis in die Internatszeit zurückdenken. Vielleicht war dieser kindische Mach-mal-die-Augen-zu-Prolog sogar dazu gedacht gewesen, Rupert in ihre gemeinsamen Kindheitsjahre zurückzuversetzen. Hatte er damals etwas getan, was Alban...

Erscheint lt. Verlag 1.5.2021
Reihe/Serie Kunstdetektei von Schleewitz ermittelt
Kunstdetektei von Schleewitz ermittelt
Verlagsort Köln
Sprache deutsch
Themenwelt Literatur Krimi / Thriller / Horror Krimi / Thriller
Schlagworte Artnapping • Caravaggio • Der ungläubige Thomas • Detektiv-Arbeit • Gemälde • Internat • Krimi • Krimi-Reihe • Kunst • Kunst-Krimi • Kunst-Raub • Kustdetektiv • Missbrauch-Skandal • Museum • Privatdetektiv
ISBN-10 3-462-32047-5 / 3462320475
ISBN-13 978-3-462-32047-3 / 9783462320473
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